Welche Schulen braucht die Johannstadt? – Eine Debatte bringt Licht in dunkle Wolken

eingestellt am 10.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Regenbogen über der Johannstadt. Foto: privat

In der Online-Diskussionsrunde “Welche Schulen braucht die Johannstadt?” am Mittwochabend sprach Bildungsbürgermeister Jan Donhauser klare Worte. Für den Standort der 101. Oberschule gab es lang ersehnte Zugeständnisse. Der Neubau des Bertolt-Brecht-Gymnasiums dagegen “wackelt” noch immer.

Mit dem Regenbogen, der sich am Mittwochabend über das Viertel spannte, schien das Wetter einen Kommentar zur Diskussion “Welche Schulen braucht die Johannstadt?” beizusteuern: Wenn Druckgebiete aufeinander treffen, es zu Entladungen und Austausch kommt, kann ein Spektrum von Perspektiven in die Zukunft weisen.

Unter der Moderation von Gastgeber Thomas Löser stellte sich Jan Donhauser Fragen und Kritik von Schulleiter*innen in der Johannstadt. Auch das Publikum hakte nach. “Wohlwollen und Befriedigung” über lang ersehnte Zugeständnisse äußerte vor allem die Schulleiterin der 101. Oberschule, Juliana Dressel-Zagatowski.

Kurs auf die Cockerwiese

Jan Donhauser sieht die Zukunft der 101. Oberschule ganz klar dreizügig in einem eigenen Gebäude am gut angebundenen Standort Cockerwiese. In dem Neubau soll es Platz für Werkstätten geben, in denen Schüler*innen praxisbezogen und berufsorientiert lernen können. Insgesamt zehn Gewerke sollen so erprobt werden, sieht das Konzept vor. Für Dresden sei diese Entscheidung eine Chance, sich als weltoffen, kulturbegeistert und zukunftsorientiert zu präsentieren, fasste Juliana Dressel-Zagatowski in einem flammenden Plädoyer zusammen.

Durch die zentrale Lage rechne man mit Zulauf für die Oberschule, zumal die 150. Oberschule an der Freiberger Straße entfalle, so Donhauser. Derzeit laufe die Kosteneinschätzung vor das Bauvorhaben, das bis spätestens 2028 abgeschlossen sein soll.

Die 101. Oberschule könnte Modell für die schulische Zukunft sein. Foto: Philine Schlick

Die 101. Oberschule – die einzige in der Johannstadt – zeichnet sich durch ein hohes Maß an Interkulturalität aus und meistert mit ihrer jahrelangen Expertise täglich die Herausforderung, neben Unterricht Integrationsarbeit zu leisten. Sie hat diesbezüglich Modellcharakter. Der Einzug des Gymnasiums Johannstadt mit drei fünften Klassen im vergangenen September ließ Ängste vor Verdrängung aufkommen. Kann die 101. Oberschule dreizügig bleiben? Was passiert mit dem in Dresden einzigartigen Projekt “Schulklub”, das den Schüler*innen außerhalb des Unterrichts einen geschützten Raum für Austausch bietet?

Interims-Unterricht in mobilen Räumen

An diesem Mittwoch konnte Jan Donhauser die Wogen glätten. Um die Dreizügigkeit der aufstrebenden 101. zu erhalten, sind für den Übergang “mobile Raumeinheiten” geplant. Das bedeutet Unterricht in Containern, wobei der Bildungsbürgermeister sogleich auf die modernen Standards dieser Behelfe hinwies.

Wo diese auf dem Schulgelände platziert werden, sei noch zu besprechen. Auch sei ein zügiger Abschluss der Bauarbeiten an der Cockerweise schon im Interesse der Kosten angestrebt. Das begrüßte Juliana Dressel-Zagatowski: “Ich möchte noch vor meiner Rente den Schulbau erleben.” Bis dahin teilen sich die 101. Oberschule, das Gymnasium Johannstadt und das Abendgymnasium das Haus an der Pfotenhauerstraße.

Das Gymnasium Johannstadt. Foto: Philine Schlick

“Vertragt euch miteinander”, brachte Jan Donhauser es salopp auf den Punkt. Das wollen die Schulen gern, verlangten dafür aber Unterstützung. Dem beiderseitigen Wunsch, den von Schulsozialarbeiter*innen betreuten Schulklub mit entsprechender Aufstockung des Personals auch für Schüler*innen des Gymnasiums zu öffnen, konnte Agnes Scharnetzky, bildungspolitische Sprecherin der Grünen Stadtratsfraktion, nicht viel Hoffnung auf Erfüllung machen. Da es sich um unterschiedliche Träger handle, müsse man sich hier an dem gesetzlichen Rahmen orientieren. Sie wolle das Thema jedoch mitnehmen und beim Jugendamt in Anbetracht der besonderen Lage um eine fachliche Bewertung bitten.

Frustration am Bertolt-Brecht-Gymnasium

Für das Bertolt-Brecht-Gymnasium klärte sich die Zukunft nicht so eindeutig auf. “Leidend und geduldig” beschrieb Schulleiter Marcello Meschke den aktuellen Gemütszustand. Er und sein Kollegium sprächen von der Schule als “dem Jahrtausendprojekt”. “Im Vergleich hierzu ist der Berliner Flughafen lächerlich”, brachte er seinen Ärger zum Ausdruck.

Foto: Bertolt-Brecht-Gymnasium.

Seit dem Jahr 2006 folge ein Rückschlag auf den anderen. Was als Baustelle für ein Jahr angekündigt worden sei, zog sich insgesamt über zehn Jahre lang hin, bis die Schule um Baustopp bat. Seitdem finde “Unterricht auf der Baustelle” statt. Das Bertolt-Brecht-Gymnasium zieht einen Abbruch und anschließenden Neubau seiner zwei Gebäude an Dürer- und Lortzingstraße vor. Eine Variante, die auch Donhauser persönlich befürwortet. Allein, es geht ums “große Ganze” und “Graue Energie”.

Auch andere Schulen in Dresden – z.B. die Uni-Schule – haben Sanierungsbedarf, brachte Agnes Scharnetzky die Vogelperspektive aufs Stadtgebiet ein. Deshalb sei zu klären, ob eine Entkernung und anschließende Sanierung zumindest eines Gebäudes einem Neubau vorzuziehen sei. Diese Frage hatten Mitglieder des Stadtrates gestellt. Stichwort sei hier die “Graue Energie”, so Donhauser. Gemeinsam mit Expert*innen und Baupolitischen Sprecher*innen wolle er hier nochmals eine Diskussion anstoßen.

Marcello Meschke zeigte sich frustriert über den erneuten Kurswechsel und sprach vom “Verschleiß der Schulgemeinschaft” ob der langen Wartezeit. Er willigte in ein Treffen mit Agnes Scharnetzky und Thomas Löser ein, um einer Lösung näherzukommen.

Lichtblick für das “BSZ AE DD”

“Neidvoll und staunend” äußerte sich Anja Unger, Leiterin des BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung an der Canalettostraße, ob solch zukunftsträchtiger Debatten. In Bezug auf “ihren DDR-Bau” sei von Sanierung noch nicht einmal die Rede gewesen. Als Sorgenkind benannte sie die Zweigstelle in Altroßthal, deren Turnhalle in einem Zustand fern jeder Tragbarkeit sei. “Man fühlt sich als Schulgemeinschaft vergessen und verschoben”, sagte sie und berichtete von einem Gefühl der Verzweiflung im Kollektiv.

Hier konnten Jan Donhauser und Agnes Scharnetzky mit einer frohen Botschaft aufwarten: “Wir können bauen!” Rund 28 Millionen Euro seien für Sanierungen und Erweiterungen angedacht. Bis zur Umsetzung dauere es aber noch, so Donhauser. Ende nächster Woche sei mit konkreteren Perspektiven zu rechnen.

“Welche Schulen braucht die Johannstadt?” – Online-Diskussion vom 5. Mai 2021

Der mit der Sonne lacht – Johanns Eisfenster hat einen neuen Besitzer

eingestellt am 07.05.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Mit dem neuen Besitzer von Johanns Eisfenster steht die Sonne hinter der Theke Foto: Anja Hilgert

Einer, der sich wie kein anderer freut, wenn die Sonne scheint, steht hinter weit offenem Fenster und verbreitet gute Laune. Milad ist der neue Mann in Johanns Eisfenster am Bönischplatz. Mit seinen gerade 24 Jahren zählt er zu den jüngsten Gewerbetreibenden im Stadtteil, und er beschert dem beliebtesten Fenster der Johannstadt einen neuen Start in die Saison.

Der mit der Sonne lacht

Es fühlt sich immer noch an wie neu zu starten, sagt Milad, der bereits im vergangenen Jahr ins Gespräch mit den Vorbesitzern gegangen war, um die Schlüssel für den verschlossenen Eisladen zu übernehmen. Während es im Stadtteil lange stilles Rätselraten gegeben hatte, ob sich zu der lange gesuchten Nachfolge für Johanns Eisfenster überhaupt etwas regte, liefen die Verhandlungen bereits über die Zielgerade: „Es gab viele Bewerber“, sagt Milad, „den Laden wollten einige Leute haben.“ Der Vermieter hat sich für ihn entschieden.

Der eigene Laden im Viertel, das sein Zuhause ist Foto: Anja Hilgert

 

Mit dem Thema verbunden sei er schon lange, sagt Milad, der vor seiner Selbständigkeit in der Altmarktgalerie in einem Eiscafé gearbeitet hat. Einmal war er auf dem Nachhauseweg mit dem Fahrrad am Bönischplatz entlang gefahren und hatte bemerkt, daß schon lange niemand mehr am Eisladen gestanden und Eis gegessen hatte. Da entdeckte er den Zettel am Fenster: Nachfolger gesucht und wusste, dass das ihm galt: „Das ist schon immer meine Bestimmung, ich wollte schon immer ein Eiscafé haben. Ich habe schon mit 16 angefangen, in einem Eiscafé zu arbeiten, so nebenbei. Und ich wohne auch schon lange in der Johannstadt.“

Gesattelt mit langjähriger Erfahrung, dazu ortsverbunden und positiv gestimmt für einen Berufsstart im Stadtteil, wurde er mit den Vorbesitzern Leander Bienert und Martin Petzold schnell vertragseinig. – Letztes Jahr im Oktober war es dann soweit für den frühen Schritt in die Selbständigkeit.

Absolut der Typ dafür

Optimistischer als einer, der zum Zeitpunkt kurz vor dem ‚harten’ lock down im Herbst 2020 sein erstes eigenes Ladengeschäft eröffnet, kann kaum jemand sein – doch das ist Milad, wie er in seiner eigenen Eisdiele steht und lacht. Nach den ersten Tagen der Öffnung musste er unmittelbar wieder schließen und ist mit dem Eisladen erst einmal in den Winterschlaf gegangen. Die Eis-Saison endet ohnehin Ende Oktober und beginnt mit Frühlingserwachen – dieses Jahr war es Mitte April soweit. Seitdem ist Milad vor Ort und hält das Eisfenster weit geöffnet.

Soft oder aus der Truhe – die Auswahl ist gewachsen Foto: Anja Hilgert

 

„Es läuft gut“, strahlt Milad, „natürlich bezogen auf die Tage, wo man aufmachen kann, da lief es gut.“ Für Eisdielenbesitzer sind blauer Himmel und Sonnenschein der alles setzende Maßstab.
Natürlich ist wetterbedingt auch öfter einmal geschlossen, „letzte Woche war verregnet, da war komplett zu“, kommentiert Milad das Warten auf den Wonnemonat Mai. Enthousiastisch fügt er an: „Aber die Saison kommt ja erst, bis Oktober wird dann durchgezogen.“

Geöffnet ist jeden Tag, von Montag bis Sonntag, vormittags ab 11 oder 12 Uhr bis abends zwischen 18 und 20 Uhr, je nach Sonnenstand und Witterung eben. Dann steht Milad durchgängig in der Eisdiele. Für ein halbes Jahr, „und danach ist dann wieder ein halbes Jahr Freizeit“, erklärt der jugendliche Ladenbesitzer: „Wenn du selbständig bist, also selbst-ständig, dann macht dir das nichts aus, im Gegenteil, da bin ich absolut der Typ dafür.“

 

Waffel oder Becher

Blitzblank und top in Schuss sieht alles aus. Dabei wurde nur ein wenig umgebaut: Dort, wo vorher von aussen uneinsichtig noch Raum für die Eisproduktion war, ist nun reine Verkaufsfläche. Das Ganze wirkt großzügig, offen und übersichtlich, alles steht griffbereit am festen Ort. Für einen, der allein nach allen Seiten hantiert, muss es genau so sein. Alles perfekt abgestimmt also.
Alles, was die Ladentheke betrifft, hat sich dezent verändert: Nicht mehr nur Kinder steigen das Bänkchen hinauf, um zum Eisfenster hineinschauen zu können, sondern jetzt ist da ein Stufenplateau, auf dem sich alle, die Eiskund*innen werden, einen Schritt weit vom Straßenpflaster abheben.

 

Neue Theke – neuer Blick Foto: Anja Hilgert

Anstelle des Tischs, der gleich hinter dem Eisfenster als old style-Theke stand, ist nun eine offene Eisvitrine: „Die Leute sehen jetzt direkt das Eis, ich glaube das gefällt den Kund*innen gut. Und ich kann von hier aus direkten Fensterverkauf machen, das ist ein Vorteil“, berichtet Milad. 

 

Die gute alte DDR-Maschine

Zu Anfang hatte Milad noch eine italienische Softeis-Maschine, war damit aber gar nicht zufrieden. Jetzt hat er die Maschine in Betrieb, die auch vorher im Laden stand: Eine der altmeisterlichen Produktionsmaschinen noch aus DDR-Zeiten, mit denen Vorbesitzer Martin Petzold seinerzeit das Johannfenster-Softeis produziert hatte, ist in den Besitz des jungen Nachfolgers übergegangen: „Das ist heftig – da sind die alten DDR-Maschinen noch besser als die tollen italienischen Maschinen. Hier hat man nur einen Bruchteil an Teilen zu reinigen und das Eis ist leckerer als bei den italienischen. Seit drei Wochen im Einsatz, ich bin super zufrieden.“

Verkauf und Softeisproduktion vereint im eigenen Laden Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Nachfrage nach Softeis ist unverändert hoch. Darauf vertrauen Altkund*innen blind und Kinder des Wohnumfelds sind damit groß geworden – keine Sonnenscheinwoche im Quartier verging ohne dieses Eis, zweifarbig, aus der Düse, mit geschwungenem Zipfel. Einige staunen nicht schlecht, wenn jetzt Milad auf sein Eisangebot verweist: „Softeis ist für heute leider aus, kommt aber morgen wieder!“ Kaum eine*r geht ohne. Dann wird eben umgewählt: Noch ein Stracciatella auf die Mango! Oder anstatt des bewährten himmelblauen Schlumpfeises dann eben Crèpes-Schoko, Zartbitter-Orange oder, was am meisten gefragt ist, nicht nur bei Kindern, ist Oreo-Eis: „Das ist der Renner!“, sagt Milad und bekennt sich damit zu seinem persönlichen Lieblingseis.

„Die Sorten passe ich danach an, was die Kund*innen gerne mögen. 18 Sorten habe ich immer da, 16 passen in die Vitrine, da gibt es dann immer einen Wechsel. Alle Sorten sind laktosefrei, ausser Giotto, und vegan ist auch die Hälfte.“ Ein Punktesystem weist den Weg zum richtigen, gut verträglichen Eis, auch für Allergiker.

Das Fenster fürs Glücklichsein in der Johannstadt. Foto: Anja Hilgert

Das Eis kommt von der Sächsischen Eismanufaktur aus Freiberg, „wirklich handgemacht, aus einer kleinen Manufaktur.“ Warum er das so anbietet? „Es schmeckt besser. Da käme ich nicht ran, da braucht es ganz andere Maschinen und viel mehr Platz.“

Bei Eis ist sowieso jede*r immer glücklich

Am Eisstand am Bönischplatz trifft sich die Johannstadt – aus seinem Fensterausschnitt sieht Milad den Stadtteil „total multikulti“. „Ich lebe hier schon seit ich sechs bin, also ich kenne hier in der Johannstadt alles. Die machen die Johannstadt gerade richtig schön. Zum Beispiel das Güntzareal. Ich mag es hier sehr, manche fragen mich, warum es noch Johanns Eisfenster heisst – aber das ist für mich klar – es steht ja für Johannstadt. Bei Eis ist sowieso jede*r immer glücklich. Arabien, Türkei, Afghanistan, Tschetchenien, Deutschland, Russland, Afrikanische Länder, Vertreter*innen aller Kulturen kommen hierher, alle verstehen sich, keiner guckt den Anderen schief an, ich finde das steht für eine gelungene Integration.“

Fenster und Türe weit offen für die kommende Saison Foto: Anja Hilgert

Aufklappbare Tische

Eisladen, Eisdiele oder Eiscafé? – Da würde doch eine Terrasse dazugehören…! Apropos Wermutstropfen…Was ist eigentlich mit der Sonnenschirm bestandenen Wagenpritsche des guten alten Barkas? 

Auch wenn der vielleicht sogar teuer zu erwerben wäre vom Vorbesitzer – die Lage vor Ort hat sich verändert: Der Gehweg ist seit der Umgestaltung des Bönischplatzes breiter geworden. Milad sieht auf dem gesamten Platz mehr Aufenthaltsqualität mit mehr Sitzbänken. Die Parkplätze vor dem Laden verlangen einen Parkschein, sodass der Pritschenwagen hier nicht ohne Weiteres abgestellt sein könnte.

Doch die gute Nachricht lässt nicht auf sich warten: Tische werden – so es denn einmal wieder möglich sein wird – in der nächsten Saison sicher draußen aufgestellt: „Das bekommen wir hin“, versichert Milad. Und wenn gar die Saison gut läuft, denkt er schon darüber nach, vielleicht sogar noch jemanden einzustellen, der oder die mit ihm Eis verkauft.

Johanns Eisfenster

  • am Bönischplatz in Johannstadt-Nord
    wetterabhängig täglich geöffnet :
    ab 10 Grad Celsius Montag bis Sonntag ca. 12 bis 18.30 Uhr
    ab 16 Grad Celsius Montag bis Sonntag ab 11 bis 19/20 Uhr

Stadtteilrunde entwirft Rätsel-Spaziergang durch’s Viertel

eingestellt am 05.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Das Schaufenster des Stadtteilladens an der Pfotenhauerstraße 66 ist eine Station des Rundgangs. Foto: Philine Schlick

Die Stadtteilrunde hat einen Familien-Spaziergang entworfen, bei dem an den Stationen Fragen über die Johannstadt locken. Wissen und Wandern werden so verknüpft. Die Aktion läuft noch bis April 2022 und führt in einer großen Runde zu verschiedenen wichtigen Anlaufstellen.

Spazierengehen – eine Freizeitbeschäftigung, die durch die Pandemie unsagbar an Bedeutung gewonnen hat. Ziellos flanieren ist allerdings nicht jedermenschs Sache. Manche schätzen Abenteuer und Unterhaltung. Eine Kombination von beidem hat die Stadtteilrunde mit ihrem Spaziergang durch die Johannstadt versucht. Das Angebot richtet sich an Kinder, Jugendliche und ihre Familien.

Die entworfene Route umfasst neun Stationen, die in beliebiger Reihenfolge angesteuert werden können. An jeder wartet eine Reihe kniffliger Fragen, die gut sichtbar nach außen angebracht sind. Ob diese korrekt beantwortet wurden, lässt sich anhand des Ergebnisses einer finalen Rätselfrage überprüfen. Es empfiehlt sich, das Smartphone einzustecken.

Die Aktion soll über ein Jahr lang bis zum April 2022 laufen und kann zu jeder Zeit durchgeführt werden. Neben Bewegung an der frischen Lust und Beobachtungen in der Nachbarschaft, bringt der Spaziergang Wissenswertes über die Johannstadt, ihre Organisation und Veranstaltungen zutage.

Die Stationen müssen nicht an einem Tag “abgearbeitet” werden, sondern können auch unabhängig voneinander aufgesucht werden. Um Abwechslung zu garantieren, werden die Stationen mindestens einmal umgebaut.

Stadtteilspaziergang der Stadtteilrunde

Stationen:

  • 102. Grundschule „Johanna“ – Pfotenhauerstraße 40
  • Jugendtreff Trini – Dürerstraße53 (Eingang Permoserstraße)
  • Streetwork City – Park Holbeinstraße Fußballkäfig
  • Dinglingerschule – Schulzaun Ecke Dinglingerstraße/Georg-Nierlich-Straße
  • Jugendhaus Eule – Marschnerstraße 33
  • Johannstädter Kulturtreff – Elisenstaße 35
  • Kindertreff JoJo -Elisenstaße35
  • Wir sind Paten / Willkommen in Johannstadt e.V. – Bundschuhstraße 2 (Seiteneingang links)
  • Stadtteilbeirat Johannstadt – Pfotenhauerstraße 66

Ehemalige Stephanienstraße: Die Pläne reifen

eingestellt am 04.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Quelle: LHD Handzettel zur Bürgerbeteiligung, Darstellung: Dipl.-Ing. Annika Schwippl nach Planungsgruppe Brücken-, Ingenieure- und Tiefbau Part GmbB, Beratende Ingenieure

Bei der elften Stadtteilbeiratssitzung am Donnerstag stellte Anke Ostermeyer vom Stadtplanungsamt die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zur Gestaltung der ehemaligen Stephanienstraße vor und gab erste Einblicke, wie das Gelände gestaltet werden könnte.

Noch ist die ehemalige Stephanienstraße ein recht wüstes Areal – das soll sich ändern. Die Wegeverbindung zwischen der Johannstädter Rettungswache an der Gerokstraße und dem Schulstandort Pfotenhauerstraße wird umgestaltet. Damit dies nach den Wünschen von Johannstädter*innen geschehen kann, rief das Quartiersmanagement  im vergangenen September zur Bürgerbeteiligung auf.

Keine Ballspiele, keine Skaterbahn

Es gingen zahlreiche Ideen, Wünsche und Vorschläge ein, die vom Stadtplanungsamt auf Machbarkeit überprüft wurden. Anke Ostermeyer gab am Donnerstag erste Einblicke.

“Es mag schwer vorstellbar für Leute sein, die nicht mit Planung beschäftigt sind, aber es handelt sich hier um eine Verkehrsfläche”, stellte Anke Ostermeyer klar. Das bedeutet bei der Gestaltung einige Einschränkungen, wie sie ausführte. Zum Beispiel könnten keine Ballspielplätze oder eine Skaterbahn gebaut werden. Auch essbares Grün sei aufgrund des Verkehrs und der damit einhergehenden Abgasbelastung zu überdenken.

Ein Kultur-Pavillon und Wasserspiele

Dafür soll bis zur Gerokstraße entlang der Fahrbahn eine doppelreihige Baumallee aus großkronigen Eschen Schatten spenden. Ein Wasserspiel ähnlich dem Fontänen-Ensemble an der Hauptstraße ist angedacht, bei dem kühles Nass aus Düsen am Boden sprudelt. Dafür entfalle allerdings ein Trinkbrunnen. Dieser wurde das Budget sprengen. Anke Ostermeyer verwies an dieser Stelle auf den unweit gelegenen Trinkbrunnen am Bönischplatz. Ebenso sei dort das Büchertauschregal beheimatet, weswegen ein weiteres an der Stephanienstraße nicht angedacht sei.

Kleinere Spielgeräte wie ein in den Boden eingelassenes Trampolin, eine kleine Kulturfläche überdacht von einem Pavillon, Abfallbehälter und Sitzmöglichkeiten sind in den Planungen ebenso bedacht wie Pkw-Stellflächen im unteren Bereich des Areals. Bei der optischen Gestaltung habe man sich am Thema “Wasser” orientiert und schwungvolle Linien gewählt.

Um die Fläche ökologisch zu gestalten, seien eine Bienenwiese, ein Insektenhotel und Nistkästen durchaus denkbar, so Ostermeyer. Da die Planungen noch immer laufen, sind die Gestaltungspläne noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Noch können sich Änderungen ergeben. Ende Juni aber soll es so weit sein.

Gestaltung ehemalige Stephanienstraße

Die 11. Stadtteilbeiratssitzung: Volles Programm für die Johannstadt

eingestellt am 03.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die elfte Sitzung des Stadtteilbeirates in der JohannstadtHalle. Foto: Torsten Görg

Familienbasteln, Keramikmalen, mobile Blumenkübel, ein Seecontainer als Werkstatt und die Berichte der Stadtteilredaktion über all das: Der Großteil der in der Stadtteilbeiratssitzung am Donnerstag vorgestellten Bürgerprojekte fand Zustimmung und wird die Johannstadt im kommenden Jahr bereichern. Für zwei Projekte reichten die Ja-Stimmen allerdings nicht.

Die Stadtteilbeiratssitzung am Donnerstag verlangte vor allem eines ab: Geduld. Zum zweiten Mal wurde hybrid getagt. Ein Teil der Beirät*innen kam in der weitläufigen JohannStadtalle zusammen, der andere wurde online zugeschaltet. Das barg das ein oder andere Verbindungsproblem. Stadtteilvereinsvorsitzende Andrea Schubert übernahm das Dolmetschen zwischen der digitalen und der analogen Welt, sodass die Abstimmungen letztendlich gelangen.

Andrea Schubert, Vorsitzende des Stadtteilvereins, auf der Beamerleinwand. Foto: Philine Schlick

Einen gewohnt großen Teil der Zusammenkunft nahmen die Anträge auf die Förderung von Bürgerprojekten ein. Für den Verfügungsfonds gab es zwei Anwärter*innen: einen Familien-Keramikmalkurs und das Bönischplatzfest 2021. Zur Finanzierung durch den Stadtteilfonds wurden acht Projekte vorgestellt, von denen sechs bewilligt wurden.

Ein neuer Anlauf für das Bönischplatzfest

In diesem Jahr nimmt Lutz Hoffmann einen neuen Anlauf für das Gelingen des Bönischplatzfests. Nach der baubedingten Verlegung in die Bundschuhstraße bezieht es wieder seinen Stammplatz und findet deshalb unter seinem bewährten Namen statt. Der neu gestaltete Bönischplatz bietet Raum und bessere Aufenthaltsqualität – jetzt muss am 10. Juli nur noch das Wetter mitspielen. Im vergangenen Jahr musste das Straßenfest, ebenso wie das Wohnhof-Fest am gleichen Tag, wegen Sturzregen entfallen.

Bönischplatzfest 2018. Quelle: M. Blank (JOKT)

Ein erstes Organisationstreffen hat Lutz Hoffmann bereits abgehalten. Zwei Wünsche traten dort besonders deutlich hervor: Die Aufteilung in themenbezogene Arbeitsgruppen bei der Vorbereitung und das Bestreben nach einer noch besseren Einbindung von Anwohner*innen. Claudia Windisch von der WGJ sicherte noch während der Sitzung eine Spende über 1500 Euro zu.

Fortsetzung des Familien-Keramikmalkurses

Aufgrund des Zuspruches für einen bereits abgehaltenen Familien-Keramikkurs im Johannstädter Kulturtreff setzte sich Susi Jaeschke mit ihrem Antrag für eine Fortsetzung ein und konnte ausreichend Ja-Stimmen für ihr Projekt sammeln. In 15 kostenlosen, zweistündigen Kursen im Johannstädter Kulturtreff sollen 300 Keramikstücke bemalt, gebrannt und hernach verteilt werden. Die Kurse werden unter coronakonformen Bedingungen von Mai bis Oktober angeboten. Nach Möglichkeit sollen sie im Garten des Kulturtreffs stattfinden.

Der Keramikmalkurs richtet sich besonders an sozial schwache Familien. Foto: Susi Jaeschke

Mobile Stauden und eine Werkstatt im Container

Um Förderungen aus dem Stadtteilfonds bewarben sich insgesamt zehn Bürger*innen. Zwei Projekte allerdings bekamen aus dem Beirat nicht ausreichend Zustimmung. So können künstlerisch gestaltete Fensterfolien zum Schutz vor Vogelschlag am Johannstädter Kulturtreff nicht mit diesen Mitteln umgesetzt werden. Auch eine Sitzgruppe für den Hinterhof der Blumenstraße 73 , fand nicht ausreichend Unterstützer*innen.

Beweglicher Staudengarten am Thomas-Müntzer-Platz 3 (Foto: Maike Heinrich)

Grüner wird es dafür am Wohnhaus Thomas-Müntzer-Platz 3. Maike Heinrich beantragte nach Kübeln zur Begrünung des versiegelten Hofes noch fünf größere Kübel mit lokalen Stauden, um Menschen und Bienen gleichermaßen zu erfreuen.

Die internationalen Gärten können eine offene Gartenwerkstatt umsetzen. Dafür wird ein Seecontainer mit einem Solarstromgenerator und Werkzeugen bestückt. Perspektivisch ist der Betrieb eines kleinen Repaircafés angedacht. Die Idee hatte die Geschicklichkeit eines älteren Herrn geliefert, der regelmäßig im Garten zugange ist und findig mit alltäglichen Reparaturen aushilft. “Mit einer offenen Werkstatt kann jeder seine persönlichen Fähigkeiten einsetzen”, hofft Christian Bärisch auf noch mehr Mitgestaltung im Garten.

Familienbasteln, Tausch-Partys und dazu ein Kaffee für alle und Berichte der Stadtteilredaktion

Positiv beschieden wurde auch Claudia Riedrichs Projekt “Familienbasteln am Wochenende”.  In Präsenz werden Anleitungen zu handwerklichen Aktivitäten wie Laubsägearbeiten, Holzschnitzereien und Filzen gegeben. Ergänzt wird das Angebot mit einem Online-Programm, bei dem unter professioneller Begleitung gemeinsame Familienkonzerte stattfinden.

Filzfiguren, die beim Familienbasteln entstanden sind. Foto: Susi Jaeschke (2020)

Begegnungen auf nachhaltige Art sollen Kleidertauschpartys  und Bienenwachstuch-Workshops des Leihladens ermöglichen. Die Fördermitteln werden unter anderem dafür eingesetzt, den LeihLaden und seine Veranstaltungen entsprechend zu bewerben. Mehr Bekanntheit und einen größeren Freundeskreis hat sich auch das Café für alle als Ziel gesetzt.

Auch die Stadtteilredaktion konnte aufatmen: Bis zum Ende des Jahres wurde Geld genehmigt, um Berichte wie diesen zu finanzieren und die Arbeit von johannstadt.de und dem Magazin Zeile zu verstetigen. In Planung sind ein Spendenbutton auf der Webseite und ein mobiles Redaktionsbüro, das ab Juni einmal monatlich im Viertel präsent sein wird.

11. Stadtteilbeiratssitzung

  • einen Überblick über alle geförderten Bürgerprojekte gibt es hier
  • einen Überblick über die gesamte 11. Sitzung gibt es hier

QueerePlatte: Ein Projekt des Kulturtreffs nimmt Vielfalt in den Fokus

eingestellt am 30.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Lisa Metziger und Frederike von Bothmer organisieren die Veranstaltungsreihe "QueerePlatte". Foto: Philine Schlick

“QueerePlatte” heißt das Jahresprojekt, das Frederike von Bothmer im Rahmen ihres FSJ mit dem Johannstädter Kulturtreff plant. Es durfte dank Fördermitteln überraschend größer werden als gedacht. Ein guter Einstieg für die queere Pionierarbeit in der Johannstadt.

Frederike von Bothmer und Lisa Metziger blinzeln in die helle Frühlingssonne. Im Garten des Johannstädter Kulturtreff platzen die Knospen – ein treffendes Sinnbild, denn der Auftakt dieses Jahres ist gleichzeitig der Beginn eines Projektes, das in der Johannstadt bunte Blüten treiben und tiefe Wurzeln schlagen soll.

“QueerePlatte” ist eine Veranstaltungsreihe aus Workshops und Filmen, die einerseits einen Raum für geschützten Austausch, als auch ein Podium für Diskussionen bieten soll. Frederike von Bothmer gestaltet das Projekt im Rahmen ihres FSJ im Johannstädter Kulturtreff und betreibt mithilfe von Lisa Metziger damit Pionierarbeit. Dank überraschend verfügbarer Fördermittel kann das Projekt über einen Ferienworkshop hinaus breiter und vielfältiger geplant werden.

“Mache ich halt selber eins!”

Frederike wollte eigentlich mit “Weltwärts” ein Jahr in Indien verbringen. Corona warf diese Pläne durcheinander – deshalb entdeckt sie jetzt die Johannstadt. “Ich bin in Leipzig geboren und habe hier in der Region Anknüpfungspunkte”, sagt sie. Für das FSJ kam sie im September aus Frankfurt/Main nach Dresden. Sie betreute bereits kleinere Projekte und baute gemeinsam mit Freund*innen eine queere Jugendgruppe auf.

Pionier*innen der queeren Johannstadt: Frederike von Bothmer und Lisa Metziger. Foto: Philine Schlick

“In Dresden konzentrieren sich die meisten queeren Projekte auf die Neustadt”, musste sie feststellen. In der Johannstadt war in dieser Richtung wenig zu verzeichnen. “Also mache ich halt selber eins!”

Queer ist ein Wort mit einer bewegten Geschichte. Ursprünglich in den USA als Schimpfwort für homosexuelle Menschen verwendet, wandelte es sich in den 90ern zur positiven Selbstzeichnung mit politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung.

Vielfalt kennenlernen

Der Anglizismus “queer” bezeichnet das breite Spektrum geschlechtlicher und sexueller Spielarten jenseits des als “normal” empfundenen Mann-und-Frau-Schemas. Das klassische Bild ist: Ein Baby kommt auf die Welt, wird aufgrund seiner äußeren Geschlechtsmerkmale als männlich oder weiblich kategorisiert und wächst mit dieser Entsprechung auf.

Für die Vielfalt des Lebens greift dieses Konstrukt zu kurz: Es gibt Menschen, die mehr als ein Geschlechtsmerkmal aufweisen, die trotz offenbar eindeutiger biologischer Merkmale ein anderes Geschlecht fühlen, Menschen desselben Geschlechts lieben … Es gibt ein körperliches, ein soziales Geschlecht und ein empfundenes Geschlecht und viele, viele verschwimmende Grenzen.

Verwirrt? Neugierig? Einen Einstieg in das weite Feld der LSBTIAQ* bietet der kostenlose Online-Workshop “Diversity für Anfänger:innen und Fortgeschrittene*” am 10. Mai um 18 Uhr. Anne Liebeck vom Gerede e.V. gibt Einblicke in die Thematik und hilft dabei, Fragen mit der nötigen Sensibilität anzubringen. Der Gerede e.V. mit Sitz in der Neustadt ist der wichtigste Kooperationspartner des Projekts.

Workshop: Drag-Queen Make-up

Ein Ferienworkshop im Sommer richtet sich an queere Jugendliche. In Gesprächen entwickelte Ideen und eigene Erfahrungen sollen fotografisch umgesetzt werden. Hilfestellung und Anleitung geben Foto-Profis. Die entstandenen Bilder werden in einer Vernissage präsentiert und sollen auf Wanderausstellung gehen. Zusätzlich entsteht ein Ausstellungskatalog.

Darüber hinaus winken ein Drag-Queen-Make-up-Workshop, ein queerer Stadtrundgang und ein Reisevortrag.

Die angedachte Filmreihe soll nach Möglichkeit coronakonform im Garten stattfinden. “Ich habe lange recherchiert, um neue, unbekannte Filme zum Thema zeigen zu können”, sagt Frederike. Beim Salzgeber-Verleih wurde sie fündig. Die Filme sollen zum anschließenden Austausch einladen.

“Wir möchten unser Haus für neue Zielgruppen öffnen”, sagt Lisa. “Die Angebote von QueerePlatte richten sich auch an unsere Mitarbeiter*innen und sollen in das Programm des Kulturtreffs integriert werden.” Das Ziel ist es, regelmäßige Treffen von queeren Menschen zu etablieren und den Themenbereich auch zukünftig in die Angebote einfließen zu lassen.

QueerePlatte

  • eine Veranstaltungsreihe des Johannstädter Kulturtreffs, organisiert von Frederike von Bothmer. Weitere Infos auf der Webseite
  • Instagram: @queereplatte_dd und @jokt_e.v
  • kostenloser Online-Workshop am 10. Mai um 18 Uhr: Diversity für Anfänger*innen und Fortgeschrittene*, Anmeldung: anmeldung@johannstaedterkulturtreff.de
  • Filmtermine:
    28. Mai, 18.30 Uhr   UFERFRAUEN

    9. Juni, 19.30 Uhr   Futur Drei

    20.Juni, 17 Uhr   Viva

    24. Juli, 17 Uhr   Port Authority

    4. September, 17 Uhr Rafiki

Radfahrer angefahren und verletzt

eingestellt am 26.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Ein Radfahrer ist am Käthe-Kollwitz-Ufer bei einem Unfall leicht verletzt worden.

Am Sonntagnachmittag war ein 81-Jähriger mit seinem Renault in Richtung Stadtzentrum unterwegs, als er beim Linksabbiegen an der Schubertallee einen Radfahrer erfasste, der in der Gegenrichtung unterwegs war.

Der Fahrradfahrer stürzte und wurde leicht verletzt. Die Polizei ermittelt zur genauen Unfallursache.

Doris Müller: “Erstbezug, ist ja klar!”

eingestellt am 25.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto: Philine Schlick

Doris Müller wohnt seit 1973 im zwölften Stock eines WGJ-Hauses am Käthe-Kollwitz-Ufer. Akribisch hat sie alle Dokumente bewahrt, die den Erstbezug in das moderne Hochhaus begleiteten. Sie erinnert sich glücklich an diese schöne, aufregende Zeit. Heute teilt sie die Wohnung mit ihrem Hund Kiro – und vielen Erinnerungen. Zum Beispiel an die Sache mit den Fliesen, die sich anhört wie eine Variation des Märchens „Hans im Glück“. 

Ich bin aus Eisenach, und habe im Rennkollektiv  gearbeitet, mein Mann auch. Er war dort Versuchsleiter. Das Automobilwerk hatte noch diese Nebenstelle in der Rennautos gebaut, gefahren und erprobt wurden. Auch auf dem Nürburg-Ring waren die Eisenacher Autos. Ich habe gezeichnet und wir haben uns kennengelernt. Er war praktisch mal mein Chef.

Blick vom Westbalkon aus in Richtung Altstadt. Foto: Philine Schlick

„Die Tierhalter haben sich Wannen voll Brot geholt“

Und dann ist mein Mann nach Pirna gegangen. Es sollten Autos mit einer Gasturbine gebaut werden, das hat sich aber zerschlagen. Später  war  die Luftfahrtindustrie dort. Eine Maschine ist bei Leipzig abgestürzt. Die Sowjetunion hat dann ihre eigenen Flugzeuge gebaut und so wurde der Betrieb aufgelöst. Es sind verschiedene andere Firmen entstanden, z.B. wurden u.a. auch Generatoren für die Feuerwehr gebaut.

Mein Mann ist zehn Tage auf einem Schiff gefahren und hatte dann vier Tage frei, sie haben Generatoren und Turbinen im Dauertest geprüft, ob sie u.a. auch für Schiffe möglich sind. Später ist er als Dienststellenleiter zum Amt für Standardisierung und Warenprüfung gegangen.

Ich habe in Pirna einen Teilkonstrukteur-Lehrgang gemacht und gezeichnet. Als Teilkonstrukteur habe ich vielleicht um 580 Mark verdient? Aber eine Straßenbahnfahrkart von Pillnitz bis Radebeul kostete 20 Pfennig, oder die Brötchen .. es war alles unter Wert. Die Tierhalter haben sich teilweise Wannen voll Brot geholt und es dann verfüttert. Das hat nicht gestimmt! Aber heute stimmt ja leider auch nicht alles.

Doris Müller in ihrer Wohnung im zwölften Stock. Foto: Philine Schlick

“Eigentlich schön, aber hundekalt”

In Dresden habe ich nach einem weiteren Lehrgang zum Plantechniker in einer Nachfolgeeinrichtung von den Verkehrsbetrieben gearbeitet, im Büro für Stadtverkehr, und hatte einen Krippenplatz von den Verkehrsbetrieben.

In Johannstadt – da war das Straßenbahn- Depot und das Büro der Verkehrsbetriebe, musste ich die Krippe Gebühr bezahlen. Dort war auch eine Wohnungsverwaltung und ich habe gefragt, ob ich mich für eine Genossenschafts-Wohnung anmelden kann.

Sie haben gesagt, ja, wenn Sie eine zum Tausch haben. Wir hatten in der Müller-Berset-Straße eine Zwei-Zimmer-Wohnung, Erdgeschoss mit Balkon. Eigentlich schön, aber hundekalt. Die Zudecken im Schlafzimmer haben wir am Kachelofen abends angewärmt und unsere Tochter haben wir nachts viele Male wieder zugedeckt.

Ich bin so gegen vier Uhr aufgestanden. Der Kachelofen war zu heizen und musste dann längere Zeit durchbrennen, ehe er geschlossen werden konnte. Auch der Badeofen wurde geheizt für das warme Badewasser unserer Tochter. Einen Warmwasser-Boiler gab es auch in der Küche nicht. Mein Mann ist auch noch mit unserem Hund “gerannt”.

Um sechs musste ich dann schon an der Krippe sein. Sie öffnete sechs Uhr. Mein Dienst begann 6.45 Uhr. Gleit-Arbeitszeit gab es damals nicht, Straßenbahnen waren 1970 mit Kinderwagen voll beladen, und so bin ich von der Borsbergstraße bis zum Schillerplatz gelaufen. Mein Mann war damals viel dienstlich unterwegs und musste sehr oft noch zeitiger losfahren und konnte mich nicht zur Krippe bringen.

„Eine Stunde wurde mit 2,20 Mark berechnet“

Diese Wohnung in der Müller-Berset-Straße hatte ich im Angebot und da haben sie mich aufgenommen. Unsere alte Wohnung kam 32 Mark Miete, die war dann auch begehrt bei der Wohnungsgenossenschaft.

Einzahlen musste man 2400 Mark, die sind in der Genossenschaft geblieben, gehören aber uns oder den Erben. Und für 2400 Mark musste man Eigenleistungsstunden erbringen. Die Stunden hätten auch bezahlt werden  können … Eine Stunde wurde mit 2,20 Mark berechnet. Heute undenkbar!

Wir haben zum Teil bezahlt und auch mit gearbeitet. Wir waren in der Stübelallee und haben Gräben geschaufelt, in die dann Rohre gelegt wurden. Es war eine harte, primitive Arbeit. Aber wir dachten, wenn wir schon die schöne Wohnung bekommen, können wir auch arbeiten.

Doris Müller hat sich für Ihre Wohngegend eine maßstabsgetreue Zeichnung besorgt. Foto: Philine Schlick

Ich war das erste Mal beim künftigen Hochhaus zum Gucken im Februar und im Dezember. Noch vor Weihnachten sind wir dann eingezogen. Ich bin mit dem Kinderwagen hergefahren und man sah damals schon die Grundrisse. Der Kindergarten in der Blumenstraße war noch nicht gebaut und ich bin mit dem Fahrrad noch zum Kindergarten in die Anton-Graff-Straße gefahren.

„Ein Glas Speckfett hat sie beruhigt“

In der alten Wohnung standen viele,viele Kisten mit Büchern zum Transport für das Hochhaus. Die Kartons waren mühsam auch von Freunden gesammelt, denn man konnte ja nicht einfach zu Aldi gehen und sich Bananenkisten holen. Die Möbelpacker waren sehr empört und haben gesagt, noch niemals mussten sie für so einen Verrückten so viele Kartons schleppen. Ich habe gesagt, wir machen in der neuen Wohnung was zum Stärken, und außerdem kann das Auto bis fast zum Aufzug fahren.

Blick in Essbereich und Küche. Foto: Philine Schlick

Wir saßen dann alle auf dem Fußboden in er neuen Wohnung und u.a. ein Glas „Speckfett“ handgearbeitet hat sie wieder beruhigt. So ein Glas  haben aber auch andere Helfer immer wieder „angefordert“:  geschnittener Speck, geschnittene Zwiebeln, geschnittene Äpfel, alles einzeln im Tiegel knusprig gebraten, in den Topf mit Majoran und weißem Fett, unterrühren erstarren lassen, fertig. Und niemand hat die Kalorien gezählt!

„Es ist rundum gut“

Der Einzug hat mir viel bedeutet. Man kann sich es gar nicht vorstellen, wie das war. Man macht die Heizung an und es wird sofort warm. Oder den Hahn auf, und es kommt warmes Wasser raus.

Man konnte so viel Warmwasser nehmen, wie man wollte, da gab es keinen Zähler. Die Heizung und das warme Wasser waren im Mietpreis für gesamt 114,80 Mark enthalten. Auch die Küchenmöbel, der Herd und die Spüle waren schon dabei. Die Heizungskörper hatte einen kleinen Hebel an der Seite, mit dem konnte die Klappe im Heizkörper zum Öffnen oder Schließen gekippt werden. War es noch zu warm mußte eventuell die Balkontür geöffnet werden, denn damals liefen die warmen, unisolierten Rohre noch an der Wand entlang. Das war aber schon eine große Verschwendung.

Später  hat sich die Miete erhöht auf 143 Mark für 78 Quadratmeter. Das kann man niemandem mehr erzählen. Aber natürlich gab es auch keine “Spitzengehälter”.

Beleg zur Schlüsselübergabe. Foto: Philine Schlick

Die Sonne hängt an der Kirchturmspitze

Es war eine große Aufregung als die Karte für die Schlüsselübergabe kam. Diese fand in einem Saal der Verkehrsbetriebe statt.

Man wusste nicht, was man für eine Seite erhält. Ich hatte dem Wohnungsmann vorher gesagt, dass ich sehr gern auf die Westseite ziehen würde – aber er sagte, er hätte keinen Einfluss. Und dann – bekam ich den Schlüssel für die Westseite!

Mit der Abend-Sonne! Manchmal ist der Fluss rot und der Himmel bunt. Man sieht die Sonne wandern im Laufe des Jahres von “rechts nach links” bis zum zum Windberg. Und dann hängt die Sonne manchmal an einer Kirchturmspitze  Es ist eine so schöne Sicht auf die Stadt, und ich schätze es auch nach so vielen Jahren noch sehr. Die Ostseite ist auch schön. Dort hat man ja auch den den Blick auf den Fluss und die Hänge. Und die andere Süd-Seite ist auch gut, mit dem Blick z. B. ins Erzgebirge, der Sächsische Schweiz und auch die Babisnauer Pappel ist zu sehen. Es ist also rundum schön, und wir lassen uns das Hoch-Haus nicht abreißen!

„Eine Fete für’s ganze Haus“

Es gab für das Haus eine Hausgemeinschaftsleitung, auf jeder Etage war ein* Vertreter*in. Also, ich auf unserer Etage, einmal im Monat haben wir uns unten im Clubraum dann getroffen, was gibt‘s zu tun, wer will was? – und dazu haben wir natürlich ein Bier getrunken.

Und einmal haben wir auch eine „Fete“ fürs ganze Haus organisiert; „drüben“ im Sportcasino (da war‘s noch nicht so vornehm) und sehr viele sind gekommen, wir haben getanzt und diskutiert bis spät. Auch im Sportcasino war es jeden Sonnabend früh möglich Skat zu spielen. Das Bier war ja sehr billig, Kaffee auch und eigentlich haben sie an uns nichts verdient.

“Man hat sich geholfen. Das war normal. Es ging nicht anders”. Foto: Philine Schlick

Jedes Mitglied musste im Jahr zehn Pflichtstunden u.a. für die Grünanlagen leisten. Auch die konnten für 2,20 Mark bezahlt werden. Aber wenn an der Haustür ein Zettel zum “Einsatz” hing, waren viele da. Wir haben zwei Stunden Unkraut gezupft und dann zwei Stunden im oder – bei Sonne – außerhalb es Klubraumes noch gequatscht. Ein Mieter hatte den Wasserkessel zum Warmmachen für die Würste und natürlich auch “gutes” Bier mitgebracht. Das wurde dann von allen bezahlt.

Theater für eine Mark

1973 waren im Hochhaus überwiegend jüngere Menschen eingezogen, die meisten hatten Kinder. Damals waren Anrechte für Konzert und Schauspiel spottbillig, sodass fast alle auch diese Abos hatten.

Das hat aber auch dazu geführt, dass die Karten verfallen gelassen wurden, wenn es wichtige Sportereignisse gab. Im Theater konnte man deshalb für eine Mark eine Karte kaufen und nach dem letzten Klingeln auf die freien Plätze stürmen.

Bei einem Theaterbesuch hatte ein Nachbar immer  den Wohnungsschlüssel und hat nach den Kinder geguckt. Einmal haben  Nachbarkinder sehr geweint, wir haben sie in unsere Betten getragen, einen Zettel an die Tür geklebt: Ihre Kinder sind in unseren Betten. So einfach war das.

Wir mussten ja auch noch die Hausordnung machen und alle Außentürfenster putzen. Wenn man in den Urlaub fuhr musste dann ein Tausch organisiert werden, dazu hing der Kalender an der Tür und jeder wusste, wann er dran war.

Streit hat es auf unserer Etage noch niemals gegeben, alle reden mit einander, wenn wir uns sehen, aber alle reden sich auch nach so langer Zeit noch mit “Sie” an. Leider sind schon vier Menschen inzwischen gestorben, da gibt es von allen gemeinsam einen schönen Blumenstrauß. Meine Nachbarin hat angeboten auch mal meinen Hund zu nehmen, wenn ich ein Kurzreise machen will. Mein Nachbar bringt mir die Getränke bis an die Tür. Ich bin schon froh, in diesem Umfeld zu wohnen.

Kleine Frühlingsboten. Foto: Philine Schlick

„Er war 91 Jahre alt“

Das Hobby meines Mannes waren Burgen und Schlösser … Mein Mann hat auch selbst einige Bücher geschrieben.

Aber das war außerhalb seines Berufes. Er hat auch Vorlesungen in der Volksschule gehalten mit insgesamt 72 Exkursionen  nach z.B.  Spanien, mehrfach Portugal, Israel, Syrien. Auch China war dabei, u.a. mit der Großen Mauer, aber natürlich außerhalb der großen Touristenströme.

Er ist voriges Jahr gestorben, und war 91 Jahre alt. Wir haben am 24. Dezember 1959 geheiratet, weil mein Mann den Hochzeitstag nicht vergessen wollte, waren also 62 Jahre verheiratet. Meine Schwiegermutter hatte größte Probleme Weihnachten 1959 einen Hochzeitsstrauß zu erhalten. Schnittblumen gab es im Winter nicht für den “Normalverbraucher”. 

Als mein Mann nicht mehr da war, war es sehr einsam für mich, denn ich bin kein Fernsehgucker und sammel’ auch keine alten Ansichtskarten oder Briefmarken mehr. Deswegen habe ich auch wieder einen kleinen Hund, da habe ich zu tun. Er wartet, dass ich mit ihm raus gehe und freut sich mit aufgeregten Sprüngen.

Die große Renovierung

Es gab im Jahr 2000 eine große Renovierung, da haben wir gedacht, das überstehen wir nicht. Wir holen uns eine andere Wohnung. Aber die waren es vom Grundriss her nicht. Hier ist die eine Wand im Arbeitszimmer über sechs Meter lang und auf der anderen Seite ist auch nur die Tür, also man kann viele Regale stellen, die uns alle ein Tischler gebaut hat.

Bei der Renovierung ist ja alles raus gekommen. Alle Rohre. Alles, alles. Mein Mann hatte im Wohnzimmer eine Art Zelt aus durchsichtigen Planen gebaut, da haben wir drin gefrühstückt und auch sonst gegessen. Es war ja überall Staub, weil der Fußboden in der Küche und im Bad raus gehackt wurde. Das ging so viele Tage lang und war ganz schön hart.

Danach haben wir uns eine neue Küche gekauft. Dann war ja auch die Wende und es gab alles. Hier unten im Nebenhaus war ein Tischler, der hat die Küchen verkauft – er hat gesagt, das war das Geschäft seines Lebens. Bei uns waren ja Pressspanmöbel drin. Und der Herd hatte noch die runden Eisenplatten. Aber das war auch früher gut!

Hund Kiro ist acht Jahre alt. Foto: Philine Schlick

Meine Tochter hat nämlich mit ihren Schul-Freunden manchmal bei uns gekocht. In riesengroßen Töpfen und Tiegeln, haben sie die auf den “Eisenplatten” hin und her gezogen, immer wurden Nudeln aller Art gekocht.

Mit dem neuen Herd wäre das gar nicht gegangen Ich habe gesagt, ihr könnt alles machen, solange keine Ketschup-Nudeln an den Fliesen kleben und auch, dass sie die Ranzen nicht so chaotisch in den Hausflur schmeißen sollen, nehmt sie mit rein, aber so,dass ich dann auch noch reinkomme. Unsere Tochter war ja  allein, und für mich war das kein Problem, zumal die Kinder auch immer ordentlich aufgewaschen hatten.

Später hat meine Tochter in Irland studiert und in Dresden promoviert und ist Historikerin.

Die Sache mit den blau-weißen Fliesen

Und dann möchte  ich Ihnen das mit den Fliesen erzählen. Also, 1973 als wir die Wohnung bekommen haben, war ja gar nicht daran zu denken, dass die mit Fliesen waren. Und da sind zwei meiner Kollegen mit mir zur Baustoffversorgung gegangen, und da haben wir uns jeder für zwei Quadratmeter weiße Fliesen auf einer Warteliste eintragen dürfen. Die Zeit haben wir abends eingearbeitet, man musste ja tagsüber dort hin.

Die Fliesen haben ja nicht gereicht. Ich wollte im Bad auch die Wanne eingefliest haben. Da hat uns jemand gesagt, bei den Tschechen gibt es die Fliesen, ihr müsst nach Decin fahren.

Blick auf die Baustelle des neuen WiD-Hauses. Foto: Philine Schlick

Erst waren wir in Antiquariaten und haben Bücher gekauft, dann sind wir wandern gewesen und haben nach den Fliesen gefragt. Ein Mann war uns wohlgesonnen und hat uns einen Zettel geschrieben mit einer Adresse in einem kleinen Nachbarort. Das haben wir auch gefunden und haben einige Kisten von blauen Fliesen eingeladen. Das Auto stand wie eine Rakete beim Start.

Wir konnten kein Fernlicht anmachen und sind mit Standlicht nach Dresden gefahren. Wir hatten natürlich auch Angst an der Grenze. Beim Zoll hatte man früher immer Angst. Wir hätten auch nicht so viel Geld tauschen dürfen. Meine Schwiegermutter hatte für uns getauscht und mein Schwiegervater hatte auch für uns getauscht. Im Antiquariat hatte man uns auch noch einhundert Mark getauscht. Wir hätten das, was wir im Auto hatten, niemals mit dem erlaubten Umtauschgeld kaufen können und waren schon aufgeregt.

Blick in das Arbeitszimmer. Foto: Doris Müller

In die Zollerklärung, die musste man damals noch ausfüllen, hat mein Mann reingeschrieben: Sechs mal “Wandkeramik”. Aber die Bücher waren‘s! Damit  haben die Zölllner  sich eine halbe Stunde lang beschäftigt. Weil es alte Bücher waren haben sie gedacht, es ist Naziliteratur und haben viel durchblättert, da waren unsere Fliesen untergegangen. Wir waren ganz schön erleichtert und heilfroh!

„So ein Fell will ich haben!“

Da hatten wir die Fliesen in der Garage, aber keinen Fliesenleger! Es war undenkbar damals, wenn man kein Westgeld hatte, einen Handwerker zu finden!

Hier im Haus habe ich es klopfen gehört. Ich dachte, das kann nur ein Fliesenleger sein, habe die Wohnung gesucht, und es war ein Fliesenleger! Ich habe gesagt, wir haben die Fliesen und können Zement besorgen – können Sie nicht mal kommen und gucken? Er sagte, er schaut es sich mal an.

Im Schlafzimmer hatte ich ein riesengroßes braunes Schaffell, ungeschoren und mit langen Zotteln, liegen. Er hat gesagt, ich komme zu Ihnen, aber so ein Fell will ich haben!

Wir hatten ein Wochenendhaus hinter Pirna und da war ein Nachbar mit dem wir öfter mal Bratwürste gegessen und Bier getrunken haben am Wochenende, der hatte das Fell besorgt. Er kannte jemanden, der Schafe hatte. Da sind wir zu ihm hingefahren, haben gesagt, bitte besorge uns  noch so ein Fell.

Er hat gesagt, das geht in Ordnung. Ich habe gesagt, wir  wollen aber  nur das Fell haben. Das war aber nicht gegerbt! Ich hatte auf Arbeit einen Kollegen, der kannte wieder jemanden, der hat in Freital in der Lederfabrik gearbeitet. Er hat gefragt und gesagt, das macht er für dich und hat auch die Bottiche und die Brühe und was man alles so braucht.

Bücherliste von Heinz Müller. Foto: Philine Schlick

Auf jeden Fall hat der Bauer ein Schaf geschlachtet, das Fell mit Salz bestreut und eingerollt, (die Kosten dafür waren einvernehmlich verhandelt und o.k.)  Mein Mann hat die Rolle geholt, ich habe sie  meinem Kollegen gebracht, der hat die dem Mann aus Freital gegeben und der wollte aber kein Geld, sondern einen Kasten Radeberger.

Radeberger gab es aber auch nicht! Da durfte man im Konsum manchmal fünf Flaschen entnehmen, mehr nicht. Wirklich, das stand dran! Und da kannte ich wieder jemanden aus dem Gaststättengewerbe und der hat gesagt, ich kann und darf euch keinen Kasten Bier verkaufen, aber ich kann es von meinem Depotat nehmen. Er hat uns auf jeden Fall diesen Kasten Radeberger (zum “normalen” Preis gegeben) und er brauchte auch absolut nichts von uns.

„Ich habe die so mühsam erkämpft!“

Dann hatte ich das große Fell. Der Fliesenleger war gekommen und hatte auch gleich noch die Küche gefliest.

Beim Wohnungsbau 2000 musste alles raus. Ich habe gesagt, das geht nicht! Ich habe die Fliesen so mühsam erkämpft! Die Genossenschaft hat gesagt, ich könnte sie dran lassen, aber ich müsste unterschreiben, dass, wenn wir ausziehen, alles neu gemacht werden muss. Da habe ich lange gegrübelt und gedacht, da müssen sie eben raus, aber das hat mir richtig weh getan. Einige haben wir dann noch mit in den Garten geschleppt und nie gebraucht.

Blick vom Hochgeschosser Pfeifferhannsstraße in Richtung Altstadt. Foto: Philine Schlick

In der DDR musste man Freunde haben. Anders ging das oft gar nicht. Wir haben dann natürlich auch geholfen. Ein Kasten Bier und paar Bockwürste, dann sind  alle da.  Die Freunde kamen aber auch so manchmal abends in unsere Hütte und brachten ihre Zelte mit. Ich hatte ein Schifferklavier. Bis morgens um vier haben wir zuweilen gefeiert und, aber nicht allzu laut, gesungen. Auf der anderen Elb-Seite waren ja Häuser und die Gesänge sicher trotzdem zu hören. Da gab es aber noch kein Telefon oder gar Handys für “normale” Bürger, also, die Polizei konnten sie nicht anrufen.

Wir hatten nach der Wende alle noch Kontakt, sind zusammen verreist, aber leider werden es immer weniger für immer, oder sie  können wegen Krankheiten  nicht mehr aus dem Haus.

Wir alle haben damals sehr viel gelesen, Bücher getauscht und über die Bücher diskutiert, mein Mann hatte “Beziehung” zum Antiquariat Sauermann und deshalb auch viele Lizenzausgaben kaufen können.

Manchmal denke ich mit Sorge, alles muss einmal geräumt werden, das ist eine ganz schlimme Arbeit. Aber eine Weile wäre ich schon noch gerne hier, in dieser schönen Wohnung.

Das Seelsorgezentrum des Uniklinikums feiert 20. Jubiläum

eingestellt am 23.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Das Seelsorgezentrum auf dem Uni-Klinik-Gelände. Foto: Philine Schlick

Ende der 90er haben Freistaat, Kirche und Klinik auf dem Gelände des Carl-Gustav-Carus-Krankenhauses ein ökumenisches Seelsorgezentrum beschlossen. Es entstand ein Ort der Ruhe und Einkehr, exponiert platziert auf dem ehemaligen Standort der 1945 zerbombten Kirche im Innenhof. Vier Seelsorger*innen sind für die Patient*innen da: Bei der täglichen Arbeit geht es um Leben, um Tod und das breite Spektrum dazwischen.

“Jeder Moment darf Schönheit entwickeln. Auch das Sterben”, sagt Michael Leonhardi. Gemeinsam mit Katrin Wunderwald, Peter Brinker und Christoph Behrens steht er am Uniklinikum in Dresden für fast 1500 Patient*innen als Seelsorger zur Verfügung.

Seelsorger Michael Leonhardi. Foto: Philine Schlick

Seine Arbeit bedeutet heißt, begleiten, Raum für Gefühle und ihre Bewältigung zu schaffen. Er wird zu Taufen gerufen, hält Sterbenden die Hand und fungiert in Corona-Zeiten als Dolmetscher zwischen Patient*innen und ihren Angehörigen. Er hält die Brücke in Form des Telefonhörers – oder richtet ganz altmodisch Grüße aus.

Der Seelsorger empfängt in seinem Büro: Ein breites Sofa, viele Stühle, mit Bücherregalen gefüllte Wände, bodentiefe Fenster zum Garten hinter dem Zentrum, für das er nicht nur aufgrund seiner Architektur schwärmt: “Es ist etwas ganz Besonderes. An diesem Ort ticken die Uhren anders.”

Seelsorge war nur geduldet

Einen “Anders-Ort inmitten eines Anders-Ortes” nennt Peter Brinker frei nach Foucault das Seelsorgezentrum. Der Diplom-Theologe und Seelsorger hat die Entstehung des eigens gebauten Hauses “aus der zweiten Reihe” begleitet.

Das Zentrum wurde dort errichtet, wo bis 1945 eine Kirche stand. Eine Bombe zerstörte das sakrale Gebäude im Februar. In der DDR entschied man sich gegen einen Wiederaufbau und ließ die Überreste Anfang der 50er Jahre beräumen. Übrig blieb eine grüne Wiese.

Blick auf die ehemalige Kirche. Foto: Archiv Uni-Klinikum

Seelsorge fand im Krankenhaus zwar statt, hatte aber bis zur Wende einen wenig prominenten Posten in drei kleineren Zimmern unter dem Dach, erinnert sich Peter Brinker. Ein Raum für die Patientenaufnahme wurde für Andachten genutzt. “Seelsorge war geduldet, aber nicht erwünscht”, fasst er zusammen.

Momentaufnahme vom Neubau. Foto: Archiv Uni-Klinikum

Umso bedeutsamer war es, dass sich Ende der 90er-Jahre ein Förderverein mit Mitgliedern aus Kirche und Klinik gründete, der für die Seelsorge auf dem Uni-Gelände ein eigenes Gebäude schaffen wollte. Das  kam für viele überraschend, auch für Peter Brinker: “Auf einen Neubau hatte ich nicht zu hoffen gewagt.”

“Alle sind hier willkommen”

Zu Beginn der Initiative waren die finanziellen Möglichkeiten mehr als begrenzt. Das besserte sich im Jahr 2000, berichtet Peter Brinker. Sozialminister Hans Geisler sprach ehemalige SED-Vermögensmittel der Verwendung zu sozialen Zwecken zu. “So gab es einen Grundstock.” Im selben Jahr konnte der Verein einen bundesweiten Architekturwettbewerb ausrufen, den das Büro Kister, Scheithauer und Gross für sich entschied.

Das Kreuz erinnert an die historische Architektur Jerusalems. Foto: Philine Schlick

Architekt Kister war es auch, der das Kreuz über dem Altar in der Kapelle entwarf und sogar selbst brannte, erzählt Michael Leonhardi. Es ist aus rauer Keramik geschaffen und besteht aus verwinkelten Räumen mit Säulen, die an die Architektur der multi-religiösen Stadt Jerusalem erinnern.

Der Zugang zum den in erdfarbenen Tönen gehaltenen Andachtsraum beschreibt einen leichten Bogen, sodass sich der Raum in sich selbst zu winden scheint wie ein Schneckenhaus. Von außen ist er als raumgreifende Rundung gut zu erkennen. Er lädt unabhängig von Konfession oder Anliegen zum Verweilen ein. “Alle sind hier willkommen, ohne sich erklären oder rechtfertigen zu müssen”, sagt Leonhardi.

Blick von oben auf das Seelsorgezentrum mit Andachtsraum. Foto: Archiv Uni-Klinikum

Eine Pinnwand rechts vom Altar ist mit Zetteln gespickt. Dort schreiben Gäste ihre Wünsche und Sorgen auf. Sie werden in einem dicken Buch gesammelt. Mitunter entwickeln sich an dieser Stelle anrührende Dialoge. “Einmal stand als Wunsch auf einem Zettel: ‘Lieber Gott, bitte lass Dynamo gewinnen'”, erzählt Leonhardi. “Auf einem anderen Zettel darunter stand wenig später: ‘Dann müssen sie besser spielen! Gezeichnet, Gott.'”

Linkerhand befindet sich eine kreuzförmige Osterkerze. Darunter steht eine Schüssel mit Steinen. Hier können Gäste “Gewicht lassen”, wenn ihnen danach ist. Ein Stein verdeutlicht eine Bürde und wird unter der Kerze abgelegt. Wem danach ist, kann auch ein Licht entzünden und es auf einer kleinen steinernen Treppe platzieren.

Blick in den kleinen Altarraum. Foto: Philine Schlick

Michael Leonhardi erinnert sich: “An meinem ersten Tag, das war 2010, stand ich hier und habe eine Kerze angezündet. Über dem Haus setzte der Rettungshubschrauber zur Landung an. Das war so ein Gegensatz und ich dachte: ‘Beides rettet Leben.'”

“Der Ort bietet Raum für heilsame Begegnung”, erklärt Peter Brinker. “Er hat einen eigenen Charakter und bricht die vorherrschende Struktur.” Dabei fühlen sich Patient*innen von der Atmosphäre im Alltag ebenso angesprochen wie Mitarbeiter*innen der Klinik.

In einer eigens angefertigten Metallwanne können Steine als Symbol für Sorgen niedergelegt werden. Foto: Philine Schlick

Der “Sitz der Seele”

In direkter Nachbarschaft zu diesem Raum für Spiritualität und Ritual haben funktionale Räume ihr Quartier: Das Familienbüro hat hier ebenso seinen Sitz wie die Nachlassbearbeitung und die verschiedenen Seelsorger mit ihren Büros. Es gibt einen kleinen Saal für Konferenzen.

Da dieser Saal nach Mekka ausgerichtet ist, wurde er bereits von einer muslimischen Gemeinde zum Beten genutzt.

Das Gebäude fügt sich mit all seinen Aufgaben ein in den Korpus der Klinik – und ist insbesondere der “Sitz der Seele”, an dem starke Gefühle zusammenlaufen. Die Seelsorger*innen haben eine ebenso exponierte Position wie das Gebäude: “Wir arbeiten am Klinikum, sind aber keine Mitarbeiter”, beschreibt es Peter Brinker, denn die seelsorgerischen Angebote werden von der katholischen und evangelischen Kirche getragen.

“Lieber Gott, ich hau jetzt ab”

“Für einen Arzt im OP gehört die Distanz zum Beruf. Bei uns Seelsorgern ist es anders herum”, sagt Michael Leonhardi, der vorher viele Jahre als Dorf- und später Studentenpfarrer gearbeitet hat. “Ich bin ein Landei”, gibt er lächelnd zu. Dreizehn Jahre lang begleitete er eine Gemeinde in Nordsachsen. Ihm ist die ländliche Mentalität vertraut. Als einmal ein Schäfer hier im Krankenhaus lag und am allermeisten seine Tiere vermisste, konnte er diesen Schmerz gut verstehen.

Michael Leonhardi: “Die Arbeit entwickelt einen Sog.” Foto: Philine Schlick

Nach einem anspruchsvollen Tag in der Seelsorge zieht es ihn ebenfalls hinaus in die Natur. Beim Radfahren und Laufen bekommt er den Kopf frei. Wenn er die Klinik am Freitagabend verlässt, spricht er in der Kapelle ein Gebet: “Lieber Gott, ich hau jetzt ab. Du musst hier bleiben und aufpassen, bis ich am Montag wieder da bin.”

Er erinnert sich an einen Moment, als ein Patient verstorben war. Leonhardi lud den Arzt und die Schwestern zum Innehalten ein. Er beschreibt einen magischen Moment, an dem die Zeit kurz still stand, alle durchatmeten. Eine Schwester öffnete das Fenster: “So macht man das bei uns, damit die Seele raus fliegen kann.” Es sind Augenblicke wie dieser, die Michael Leonhardi meint, wenn er sagt: “Schönheit ist überall möglich.”

Herbert ist schnell genervt

Der fünfte Seelsorger, der in keinem Impressum auftaucht, ist nicht aus Fleisch und Blut. Er lebt von dem Atem, den man ihm einhaucht: Es handelt sich um Herbert, die Handpuppe.

Herbert ist schnell genervt und auch mal vorlaut. Genau deswegen ist er so beliebt. Foto: Philine Schlick

Michael Leonhardi bezeichnet ihn als sein alter ego, denn Herbert darf, was ihm nicht in den Sinn käme: Widersprechen, laut und genervt sein. Herbert ist die Ansprechperson für Kinder. Michael Leonhardi erweckt ihn zum Leben, um Kontakt aufzubauen, einen Verbündeten zu geben, der an die Regeln aneckt, belehrt und gleichzeitig belehrt werden darf. Es kommt vor, dass das Telefon klingelt und Herbert verlangt wird. Dann ist sind die beiden zur Stelle.

Ein Stückchen Weg gemeinsam gehen

Das Schöne an seiner Arbeit, sagt Michael Leonhardi, ist die Begegnung. “Alles, was berührt, stärkt. Auch wenn das eine gewisse Verletzlichkeit berge und deshalb Mut erfordere. Er hoffe für die nächsten Jahrzehnte, dass die Haltung, die in der Religion steckt, wiederentdeckt werde und durch alle Wirrnisse äußerer Verhältnisse tragen möge. “Darin liegt eine ungeheure Kraft.”

Eine ähnliche Vision teilt Peter Brinker: “Ich weiß nicht, welche Form der Seelsorge die Menschen in zwanzig Jahren brauchen werden”, sagt er. “Vielleicht ist es eine humanistische, eine buddhistische, eine muslimische? Aber ich wünsche mir, dass die Menschen im Klinikum offen bleiben für die Fragen, die über die medizinisch-technische Bewältigung von Krankheit hinausgehen.”

Im Hinblick darauf werden die vergangenen 20 Jahre mit vielen kleinen Veranstaltungen gefeiert.

Das Seelsorgezentrum am Uni-Klinikum feiert

  • Klinik-Gelände, Haus 50, zu erreichen über das Eingangstor an der Fetscherstraße 74
  • “Spurensuche”, Ausstellung von Sylvia Graupner, Vernissage am 27. April um 17 Uhr unter freiem Himmel. Mit Musik von Jan Heinke.
  • Christi Himmelfahrt wird vor dem Zentrum der “Himmelsbaum” von Birgit Merten gestaltet und lädt zu einem Spaziergang ein
  • Das Seelsorgezentrum im Internet

Verletzter Falke am Tatzberg vor Rabenangriffen gerettet

eingestellt am 22.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Die Feuerwehr hat am Mittwoch einen flugunfähigen Falken geborgen.

Aufmerksame Passanten hatten die Feuerwehr verständigt, weil ein verletzter Falke von etwa acht Raben attackiert wurde und aus eigener Kraft nicht mehr wegfliegen konnte.

Mit einem Fangnetz wurde der Raubvogel gesichert und zur Wildvogelauffangstation transportiert, wo er weiter versorgt wird.

Im Einsatz waren zwei Feuerwehrleute mit einem speziellen Gerätewagen der Wache Übigau.

Transporter mit Diebesgut gestoppt

eingestellt am 21.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

An der Dürerstraße haben Polizisten zwei Männer geschnappt, die mit einem Transporter voller Diebesgut unterwegs waren.

Zwei Männer waren Mittwochnacht beobachtet worden, wie sie an der der Dürerstraße mehrere Fahrräder in einen Transporter mit Hänger verluden. Diesem Hinweis ging die Polizei nach. Der orangefarbene Mercedes Sprinter konnte kurze Zeit später gestoppt werden.

Foto: Polizei Dresden

Im Wagen befanden sich unter anderem vier Fahrräder und zahlreiche Fahrradteile, etwa 2.800 Euro Bargeld, mehrere original verpackte hochwertige Elektrogeräte samt Zubehör sowie Sperrmüll.

Die Polizei ermittelt wegen Diebstahls und versucht die Herkunft der Gegenstände zu klären.

Auto liegt nach Zusammenstoß auf der Seite

eingestellt am 21.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

An der Güntzstraße ist die Feuerwehr am Dienstag zu einem umgekippten Pkw gerufen worden.

Am Dienstagnachmittag gegen 16 Uhr stießen ein Mitsubishi und ein Audi an der Güntzstraße zusammen. Infolge der Kollision kippte der Mitsubishi auf die linke Seite. Die Feuerwehr rückte an, weil in einem Notruf von aufsteigendem Qualm die Rede gewesen war.

Der Fahrer konnte sich unverletzt aus seinem Fahrzeug befreien. Die weitere Lageerkundung ergab, dass niemand verletzt wurde und durch Feuerwehr und Rettungsdienst keine weiteren Maßnahmen getroffen werden mussten.

Der Polizei wurde die Einsatzstelle übergeben. Diese hat die Ermittlungen zur Unfallursache aufgenommen.

Balkonbrand an der Pfeifferhannsstraße

eingestellt am 21.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Die Feuerwehr rückte am Dienstagabend mit 38 Einsatzkräften zur Pfeifferhannsstraße aus.

Gegen 18.30 Uhr wurde der Feuerwehr ein Balkonbrand in einem Wohnhaus gemeldet. Bereits bei der Anfahrt sahen die Einsatzkräfte Flammen aus dem Balkon schlagen, woraufhin der Einsatzleiter eine Erhöhung der Alarmstufe anwies.

Die Mieterin der Brandwohnung konnte sich mit ihrem Kind in Sicherheit bringen. Ein Trupp unter Atemschutz drang unverzüglich mit einem Strahlrohr zum Brandherd vor und konnte den Brand auf den Balkonbereich begrenzen und löschen.

Mittels Drucklüftern wurde der Rauch aus der Wohnung entfernt. Verletzt wurde niemand. Zur Brandursache ermittelt jetzt die Polizei.

Elektrowerkzeuge aus Lager an der Fetscherstraße gestohlen

eingestellt am 20.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Von einer Baustelle sind am Wochenende elektrische Werkzeuge entwendet worden.

Wie die Polizei mitteilt, sind am vergangenen Wochenende sind Unbekannte in ein Baustellenlager an der Fetscherstraße eingebrochen. Die Täter hebelten die Eingangstür auf und stahlen elf Elektrowerkzeuge samt Zubehör. Zu dem entstandenen Schaden liegen noch keine Angaben vor.

Wohnhof wird Modellprojekt und bekommt dafür 27.500 Euro

eingestellt am 19.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die zum teils bereits fertig sanierten Häuser des Wohnhofes. Foto: Philine Schlick

Ein Projekt so groß wie die Häuser, die es miteinander verbinden soll: Knapp 27.500 Euro sprach der Stadtbezirksbeirat am Mittwoch dem Wohnhof Hopfgarten-/Pfotenhauer/Elisenstraße und seiner Nachbarschaftlichkeit zu. Das Konzept entwickelten der Verein Willkommen in Johannstadt, die Vonovia und das Quartiersmanagement gemeinsam mit Bewohner*innen. Am Ende des Jahres steht ein Ziel, das Maßstäbe setzen könnte. 

“Wir haben es hier mit einem äußerst ambitionierten Projekt zu tun”, führte Amtsleiter André Barth das Thema am Mittwoch vor dem Stadtbezirksbeirat ein. “Es ermöglicht uns, dorthin zu gehen, wo es weh tut, und den Zusammenhalt in den teils anonymen Wohnhöfen zu stemmen.”

Die Lange Baustellengeschichte im Wohnhof Pfotenhauer-/Hopfgarten-/Elisenstraße soll 2021 endlich vorbei sein. Foto: Torsten Görg

“Ein Dorf ohne Dorfstruktur”

Edeltraud Haß von Willkommen in Johannstadt stellte das umfangreiche Konzept vor, dessen dritte Umsetzungsphase zwischen April und Dezember 2021 mit rund 27.500 Euro gefördert wird. Das entspricht 77 Prozent der Kosten. Die restlichen 23 Prozent trägt die Vonovia.

Es begann schon 2019, mit gemeinsamen Frust und Ärger. Eine Umfrage, durchgeführt vom Kernteam Anne Richter, Gabriele Feyler und Muawia Dafir, sammelte die Meinungen und Eindrücke von 56 Personen aus 15 Nationen.

Gabriele Feyler und Anne Richter stellen die Ergebnisse ihrer Umfrage im Wohnhof Pfotenhauer-/Elisen- und Hopfgartenstraße bei der Stadtteilbeiratssitzung vor. Foto: Philine Schlick

Diese erste Phase machte klar: Die rund 2200 Bewohner*innen aus 28 Hauseingängen teilten dieselben Sorgen: Lärm, Vandalismus, Müll, Vereinsamung. In einem moderierten Workshop im Juli 2020 sprach man sich aus, entdeckte gemeinsame Ambitionen und Interessen.

Arbeitsgemeinschaften wurden gegründet: ein Müttertreff, ein Seniorenkreis, ein Team zur Begrünung des Innenhofes, die Organisation des Hopfgartenfestes. Insgesamt sieben Gruppen fanden sich zusammen. Ein Hoffest wurde – wie das Bundschuhstraßenfest – im sintflutartigen Regen an diesem Wochenende weggespült. Doch das Ziel ging nicht unter: Die Lebensqualität in dem “Dorf ohne Dorfstruktur”, wie es Edeltraud Haß bezeichnete, soll besser werden.

Die Hausversammlung als Plenum

Phase drei des Projektes sieht nun die Begleitung der einzelnen Arbeitsgruppen vor. Die Initiative der Bewohner*innen zu unterstützen ist das Bestreben, stellt Edeltraud Haß klar. Was sich regt und gedeiht im Wohnhof soll in Social Media-Kanälen und auf der Webseite der Vonovia dokumentiert und präsentiert werden.

Als erster Knoten- und Sammelpunkt von Wünschen und Interessen ist in jedem Haus eine Hausversammlung mit eine*r Sprecher*in angedacht. Diese*r ist gemeinsam mit einer*m Stellvertreter*in Anlaufstelle für Anliegen und Kummer der jeweiligen Nachbar*innen und Mittler*in zwischen Bewohnerschaft und Vonovia.

Insgesamt 28 Hausversammlungen werden mit einem Konzept auf den Weg geschickt, begleitet und moderiert. Nach einer Pilotphase von drei Versammlungen soll das Konzept nach Bedarf angepasst werden.

Fokus auf der Arbeit der Kulturmittler*innen

Ein Schwerpunkt des Konzeptes zur Nachbarschaftlichkeit im Wohnhof sind die Posten der Kulturmittler*innen. Sie sollen als Schnittstelle fungieren, denn das Leben in den Häusern zeichnet sich durch eine hohe kulturelle Diversität aus.

Vier halbtägige Workshops bereiten die Interessierten vor. Sechs bis acht Menschen unterschiedlicher Muttersprache bilden so ein Team und werden bei ihren Aufgaben vom Verein begleitet.

Lidia Sieniuta ist Vertreterin der Vonovia und Unterstützerin des Wohnhofprojekts Foto: Torsten Görg

Ein Wohnhofbeirat entsteht

Am Ende des Jahres steht ein echtes Novum: Im Dezember soll aufbauend auf der vorangegangenen Vernetzungsarbeit ein Wohnhofbeirat aufgestellt werden. Er bildet sich aus den Haussprecher*innen der 28 Eingänge und steht für die Bedürfnisse und Anliegen der Bewohnerschaft ein. In kühlen Zahlen ausgedrückt: 15 Prozent, also etwa 330 Bewohner*innen des Wohnhofes, gilt es, bis zum Jahresende zu aktivieren.

Die neue Instanz setzt die Reihe über Stadtteilbeirat, Stadtbezirksbeirat bis hin zum Stadtrat fort und soll perspektivisch auch über eigene Gelder für Projekte im Wohnhof entscheiden.

Im Tandem für Eltern-Kind-Treffs Foto: Torsten Görg

Zur Koordination des gesamten Anliegens wird eine Steuergruppe mit Repräsentant*innen von Vonovia, Stadtbezirksbeirat, Sozial- und Jugendamt, Bürgermeister und Bewohnerschaft einberufen.

Das Projekt hat Modellcharakter. Es ist einzigartig in seiner Konzeption und soll als “Methodenkoffer” anderen Wohngebieten in Dresden als Erfahrungsschatz dienen.

Mitsprache und Verständigungsbedarfkommen zu Wort auf der Projektwerkstatt zum Wohnhof Foto: Torsten Görg

Zustimmung aus dem Stadtbezirksbeirat

Deutlicher Kritik zu den Dimensionen des Projektes entgegnete Matthias Kunert vom Quartiersmanagement: “Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Wir haben die Chance, hier ein Konzept mit den Bewohner*innen zu entwickeln.” Er verwies darauf, dass das Projekt jetzt bewusst größer geplant worden sei, weil die Vorgängerprojekte gezeigt hätten, dass es in einem so großen Wohnhof anders nicht gelingen kann, in die Breite und Tiefe des Wohnhofs vorzudringen.

Martina Pansa von der Vonovia pflichtete bei: “Die Initiative muss aus den Menschen kommen.”

Etliche Beirät*innen hoben die Hand zur Wortmeldung, um ihre Bewunderung, ihren Dank oder Glückwünsche auszusprechen. Entsprechend dieser Befürwortungen gingen bei der Abstimmung 14 von 17 grünen Ja-Schilder nach oben.

Der Wohnhof Hopfgarten-/Pfotenhauer-/Elisenstraße