Wir dürfen Menschen, Orte nicht vergessen, sonst verschwinden sie

eingestellt am 29.05.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Ein Grab erzählt auf seine Weise die Geschichten derer, die in ihm bestattet sind Foto: Anja Hilgert

 


Beitrag von Sylvia-Manorita Wiedemann


„Ohne Erinnerung, ohne Seele, verschwindet die Vergangenheit.“
— Inspiriert durch Annette Dittert, „LONDON CALLING“ —

 

Wir wohnten vielleicht ein halbes Jahr in der Gerokstraße, als wir zum zweiten Mal den Trinitatisfriedhof uns gegenüber querten. Mir fiel ein imposantes Monument deshalb auf, weil es auf der rechten und linken Seite eine kleine Bank besaß. Irgendwie sympathisch. Außerdem wies ein kleines, gelbes Schild darauf hin, dass man Grabpaten suche. Ohne große Überlegung war klar, wir übernehmen die Grabpatenschaft. Ich fand das toll, mein Mann hatte, nebenbei bemerkt, die Arbeit: Die steinernen Elemente des Monuments wieder zusammenfügen, Efeu zu entfernen, Betonplatten verlegen, Hortensien und Bodendecker pflanzen. Das Grab ist sehr schön.

 

Begräbnisstätte Fam. Leukroth, Trinitatisfriedhof Johannstadt. Foto: Silvia-Manorita Wiedemann

 

Ich interessierte mich nun dafür, wer überhaupt dort liegt. Es sind vier Personen. Die erste Grablegung erfolgte 1907:

Hier ruht in Gott mein lieber Mann, unser guter Vater
Herr Hotelier JUL. RICHARD LEUKROTH
Ritter des Königl. Sächs. Albrechtsordens 2.Kl.
geb. am 30.7.1849 zu Buttstädt
gest. am 27.II.1907 zu Dresden

 

Darunter auf der gleichen, rechten, schönen, grün patinierten Platte noch die Daten seiner Frau  Aug. Lina Leukroth geb. Praetorius. Auf der identischen linken Platte sind zwei seiner Söhne, Carl Leukroth und Fritz Leukroth verewigt. Carl geboren in Chemnitz, gestorben in Dresden. Fritz hingegen wurde 1885 „zu Bastei“ geboren! Welch ein ungewöhnlicher Geburtsort.

 

Jugendstilschriftzug und Relieffries am Grab der Familie Leukroth Foto: Anja Hilgert
Glückskleebepflanzung der Grabpaten Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

 

 

Besonders interessiert waren wir natürlich an Richard Leukroth. Hotelier?. Wo?
Unsere ausführliche Recherchearbeit begann. Wir fanden eine Publikation: 

 “Die Bastei in der sächsischen Schweiz.
Festschrift zur hundertjährigen Jubelfeier
Ihres Eintritts in die Geschichte am 29.Mai 1897“
Von Oskar Lehmann
Professor am Königl. Stenographischen Institut zu Dresden
Vorsitzender des Centralausschusses des Gebirgsvereins für die sächsische Schweiz
Herausgegeben und seinen Gönnern, Freunden und seinen Gästen gewidmet
Von dem derzeitigen Pächter des Königlichen Bastei-Gasthofs
Richard Leukroth

 

Hier wird ausführlich auf die Bewirtschaftung der Bastei seit dem 17.05.1812 eingegangen, bis zum Jahr 1883, in dem Richard Leukroth die Pacht übernahm. „Den Zuschlag beim neuen Verpachtungstermin erhielt der geschäftstüchtige Richard Leukroth, unter dessen Leitung „außerordentlich viel für die Bequemlichkeit der Besucher“ geschah. Unter der Leitung von Richard Leukroth wurde die Bastei zu einem Ort des Massentourismus. Die Gastwirtschaft wurde 1893/94 völlig umgebaut und erweitert und eine 6km lange Hochdruckwasserleitung  von der Hohburkersdorfer Höhe gebaut. Diese ersetzte den bisherigen Basteibrunnen an der Basteistraße. Um auch Gäste für mehrere Tage zu gewinnen, entstand „fern von dem Lärm des Passantenpublikums“ ein Logierhaus und für die „allerhöchsten Herrschaften“ ein elegantes Königszimmer mit prächtiger Aussicht auf die Elbe“. Im Hotel standen 70 Betten für müde Wanderer und Gäste bereit. Es residierten durch Herrn Leukroths Betreiben nicht nur Gäste aus königlichem Hause im Hotel der Bastei, auch der einfache Bürger war stets Willkommen und fand freundliche Aufnahme. Die Bastei hatte sich zu einem Naherholungsziel für Dresden und zu einem bekannten Ziel für Kletterfreunde aus ganz Deutschland gemausert, wovon wir auch heute noch profitieren. All dies könnte Anlass gewesen sein ihn als „Ritter des Königlich Sächsischen Albrechtsordens 2.Klasse“ zu ehren.

Herr Leukroth war ein Humanist, nicht nur das Königshaus wurde königlich bewirtet, er war ein Unternehmer mit Vorbildwirkung!  Er achtete darauf, dass der Bäckerjunge oder der Fleischer oder wer sonst was auf die Bastei brachte, ein kleines Trinkgeld oder aus der Küche etwas zu essen bekam. Außerdem war Richard Leukroth damals schon im heutigen Sinne umweltbewusst, denn nichts wurde weggeworfen und eventuelle Reste der Küche an arme Familien, wie zum Beispiel die Familien der Steinbrucharbeiter, weitergegeben.

Auf der Plattform des damals noch vorhandenen 16,5m hohen hölzernen Aussichtturms war stets ein Mann anwesend, der den Besuchern die Aussicht erklärte. Ebenfalls stand ein Fernrohr zur kostenlosen Benutzung bereit.

Herr Richard Leukroth besaß darüber hinaus einen Verlag „VERLAG R.LEUKROTH BASTEI“, der der zahlreiche Postkarten von der Bastei herausgab, die zur Bekanntheit der Bastei in hohem Maße beitrugen. Die Zahl von versandten Postkarten übertraf jährlich 70.000! 

Dies alles zeichnete Herrn Hotelier Richard Leukroth aus, so dass auch die heute lebenden Dresdner ihm dankbar sein und auf ihn stolz sein können. 

Wir sind begeistert sein Grab auf dem Trinitatisfriedhof entdeckt zu haben, zu pflegen und weit über seinen Tod hinaus zu ehren und anderen nahe zu bringen. 

Natürlich haben wir in Pirna im Archiv recherchiert. Wir haben alte Postkarten der Bastei des Verlags von Herrn Leukroth erworben. Wir haben Menschen dieses Namens aufgesucht, um noch mehr über Herrn Leukroth zu erfahren. Wir suchten das neue Restaurant der Bastei auf, in der Hoffnung, dass auch dort unser Interesse geteilt wird und Material zu finden ist, welches über die Historie Aufschluss gibt. Leider trafen wir auf keinerlei Interesse. Man sah auch keinen Anlass die 200. Wiederkehr  „der Ersterwähnung und Erschließung der Bastei“, 1997 zu feiern, ja zu einem genussreichen Festmahl, „á couvert 4 Mark“ für 300 Gäste aus den verschiedensten Ständen und Berufen, wie 1897, werden zu lassen. Damals wurde sogar die oben erwähnte aufschlussreiche Festschrift herausgebracht. 

Schade, schade – Erinnerungen schwinden. Vielleicht wäre dieser Bericht Anlass an Richard Leukroths Grabmal auf dem Trinitatisfriedhof vorbei zu flanieren oder beim nächsten Basteibesuch seiner zu gedenken….

Uns, seine Grabpaten, Sylvia-Manorita und Frank Wiedemann würde es freuen!

Pflegekräfte fürs kulturelle Erbe – Grabpatenschaften auf dem Trinitatisfriedhof

eingestellt am 29.05.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Geheimnisvoll und unendlich vielfältig - Die Grabkultur auf dem Trinitatisfriedhof Foto: Anja Hilgert

 

Vielen Johannstädter*innen gilt der Trinitatisfriedhof als grüne Oase im dicht bebauten Stadtteil. Hinter den hohen zweihundertjährigen Mauern liegt unbeschreibliche Ruhe, ein Einstieg zur Anderswelt. Diese stille Besonderheit ist in zahlreichen Jahresringen über zwei Jahrhunderte lang gewachsen.
Alte Gräber der Biedermeier-, Gründer- und Jugendstilzeit geben ein reiches Erscheinungsbild. Beseelung von verstorbenen Persönlichkeiten, die das kulturelle, gesellschaftliche, politische und alltägliche Leben der Stadt prägten, schwebt über der Zeit. Von Anfang an waren Bäume als Wegebegrenzung geplant und so bieten alte beschirmende Baumkronen über den heutigen Wegen Schutz und vermitteln dem weitläufigen Gelände Geborgenheit. Es lässt sich gut zur Ruhe kommen hier, auf dem Trinitatisfriedhof. Doch dem Idyll droht der Verfall seiner historischen Grabstätten.

 

Namen in Stein

Aufgrund der künstlerischen Gestaltung zählt der Trinitatisfriedhof zu den stadtgeschichtlich und kulturhistorisch bedeutendsten Friedhöfen Dresdens und ist der fünftgrößte Friedhof der Stadt. Eine Ruhestätte für die Toten, die seinerzeit ausdrücklich zweckmäßig als Begräbnisstätte begründet wurde und weniger dem Ritus oder religiösen Kultus verpflichtet gebaut wurde als vielleicht andere Friedhöfe. Historisch betrachtet, wurde hier mehr weltlich geruht.

Historische Persönlichkeiten aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens haben ihre letzte Ruhestätte auf dem Trinitatisfriedhof gefunden. Viele von ihnen hatten lokale Bedeutung. Ob Pionier der Gasbeleuchtung, Volksliedforscher, Tierbildhauer, Pianistin, Kinderbuchauorin, Sozialökonomin – die Liste starker Persönlichkeiten ist lang und immer handelt es sich um eine Lebens-Geschichte, die auf besondere Art Sinn ergeben und Geltung geschaffen hat.
Die Inschriften auf ihren Grabsteinen lesen sich manchmal wie Anfänge einer Erzählung aus vergangener Zeit.

Berufsbezeichnungen, Gilden, Begriffe, Vornamen, die man heute nicht mehr kennt, Adelstitel, Geheimräte und ehrwürdige Bünde, denen sich Menschen damals verpflichtet und zugehörig fühlten. Vieles beginnt wie „Es war einmal…“. Manche derjenigen, die hier in die Erde gelegt wurden, waren überlandesweit bekannt wie der Mediziner Carl Gustav Carus, einige haben es zu Weltruhm gebracht wie der Maler Caspar David Friedrich – ihre Namen sind verzeichnet geblieben, die Steine halten am Zeugnis fest.

 

Kunstvoll gestaltete Grabstätten auf dem Trinitatisfriedhof Foto: Anja Hilgert
Grabskulptur der Jahrhundertwendezeit. Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

 

 

 

Mindestruhezeit nicht mehr als 20 Jahre

Aber auch die Gräber historischer Persönlichkeiten sind über die allgemeine gesetzliche Mindestruhezeit von meist 20 Jahren hinaus nicht geschützt. Wenn also Nachkommen oder sonstige Nutzungsberechtigte die Liegezeit nicht verlängern, dann werden die Grabstätten nach einer geraumen Zeit aufgelöst und eingeebnet, um sie für eine Neubelegung frei zu machen – oder aber der Friedhofsträger springt ein und übernimmt das Grab in städtisches Eigentum. 

Zu ihrer eigenen Unterstützung versuchen die finanziell randständigen Friedhofsverwaltungen, Nachfahren, Vereine, Institutionen, Firmen sowie Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, die sich per Patenschaften in die Erhaltung und Pflege dieser Gräber einbringen. 

Auf dem Trinitatisfriedhof fallen aufmerksamen Besucher*innen jene Gräber auf, die das markierende Schild mit dem Patenschaftsgesuch tragen. Der Aufruf findet nicht immer Gehör. Dann nagt der Zahn der Zeit unerbittlich weiter an den Grabmälern: Wind und Wetter, vor allem aber die aggressiven Schadstoffe in der Luft greifen die steinernen Oberflächen an. Zeitzeugnisse verfallen. Manche Friedhofsdenkmale mahnen bereits mit ihrem Verblassen und Verschwinden. Nun hat der Stadtrat Einspruch erhoben.

 

Künstlerisch gestaltete Grabinschriften verlieren ihre Lesbarkeit. Foto: Anja Hilgert

 

Historische Grabpflege knüpft Patenschaften

In den letzten Jahren signalisierten die Friedhofsleitungen vermehrt, dass sie aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Pflege und Instandhaltung dieser Gräber nicht mehr wahrnehmen können.
Gegenwärtig erhalten 236 Grabstätten von historischen Persönlichkeiten auf Dresdner Friedhöfen eine Förderung, um nicht dem Verfall preisgegeben zu sein. Für 132 Gräber erhalten die Friedhofsträger anteilig finanzielle Unterstützung von der Landeshauptstadt Dresden. Der andere Anteil kommt von freiwilliger, privater, ehrenamtlicher Hand: 104 Gräber werden durch Privatpersonen, Stiftungen oder andere Engagierte gepflegt. Diese Einzelnen widmen sich mit ihren privaten Mitteln der Pflege eines je individuellen Bausteins kollektiver Vergangenheit.

 

Aufruf zu engagierter Rettungsaktion Foto: Anja Hilgert

 

 

Stadtgeschichtlicher Wert der Erhaltung

Die Friedhöfe weisen eine Vielzahl von Einzeldenkmalen auf, für die ungewiss ist, wie deren Sicherung gewährleistet werden soll. Häufig handelt es sich um künstlerisch bedeutende Grabmale oder Kleinskulpturen, Bildnisse und Reliefs von kunstgeschichtlichem Wert. 

Solcher Erhalt denkmalgeschützter Raritäten kann aufwändig sein, z.B. wenn fachkundige Restaurierung nötig wird. Aus zwingend gegebenem Anlass werden nun im Haushalt der Landeshauptstadt Dresden 2021/2022 zusätzliche Mittel zum Erhalt der Dresdner Friedhöfe und insbesondere zu Erhalt und Pflege historischer Grabstätten bereitgestellt. 

Die für Friedhöfe zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen unterstützt den aktuellen Aufruf des Stadtrats: „Für die Landeshauptstadt Dresden sind die historisch bedeutenden Gräber ein Archiv der Stadtgeschichte. Es sind Erinnerungen an Personen, die die Stadt geprägt haben. Die Grabsteine stehen als abschließendes Symbol des weltlichen Daseins und helfen, Ideenreichtum, Mut, Schöpferkraft und Lebensläufe dieser Persönlichkeiten lebendig zu halten.“ 

 

 

Ornamentbänder und Friese in einer Formgebung von Unendlichkeit                   Fotos: Anja Hilgert

Lokalerbe der Johannstadt

Ein allgegenwärtiger Straßenname in der Nördlichen Johannstadt geht z.B. auf eine solche historische Persönlichkeit zurück, deren Grab städtischer Fürsorge untersteht: Der Jurist Friedrich Wilhelm Pfotenhauer (1812 – 1877) war 28 Jahre lang Bürgermeister der Stadt Dresden. Die Hauptverkehrsader in der Nördlichen Johannstadt ist die nach ihm benannte Pfotenhauerstraße. Für das 15 Quadratmeter große Grab auf dem Johannisfriedhof bringt die Landeshauptstadt Dresden derzeit 150 Euro im Jahr auf. 

Das entspricht dem Durchschnittswert, der jährlich pro erhaltenswertem historischen Grab aus dem städtischen Haushalt bereitgestellt wird. Insgesamt sind das etwa 20.000 Euro pro Jahr. Benötigt werden aber mehr als 90.000 Euro, da die tatsächlichen Kosten einer Grabgrundpflege mit diesem Betragseit einigen Jahren nicht mehr gedeckt werden. Allein für eine pflegeleichte Dauerbegrünung liegen die Durchschnittskosten aktuell bei rund 80 Euro brutto pro Quadratmeter und Jahr. Die Stadtverwaltung schlägt vor, jedes historische Grab mit bis zu 400 Euro pro Jahr zu fördern.

 

 

Jede Begräbnisstätte ein individuelles Kunstwerk    Fotos: Anja Hilgert

 

 

 

 

 

 

 

Pflege-Förderung

Zudem soll eine Fachkommission jetzt prüfen, welche historischen Gräber künftig eine Förderung erhalten. Die letzte Aktualisierung der Übersicht über die historischen Gräber erfolgte 1987.
„Die Fachkommission soll bewerten, welche Gräber weiterhin eine geförderte Pflege erhalten sollen. Die Arbeitsergebnisse der Fachkommission werden dann Grundlage für die Fortschreibung der Liste der historischen Gräber sein, über die erneut der Stadtrat entscheiden wird“, beschreibt Jähnigen das weitere Vorgehen. „Neben den Anstrengungen der Stadt, der Friedhofsträger und vieler Freiwilliger ist eine weitere Unterstützung dieser Aufgabe durch die Dresdnerinnen und Dresdner willkommen, um das historische Erbe auf den Dresdner Friedhöfen zu erhalten. Wer Interesse hat, sich um eine dieser historischen Grabstätten zu kümmern, sollte sich an den jeweiligen Friedhof wenden.“

 

Einstweilige Ruhe

Einstweilen ist für Besucher*innen auf dem Trinitatisfriedhof allein der Wind zu hören, der durch die Baumkronen rauscht. Dazu gesellt sich vieltöniges Rufen und Singen unzähliger munterer Vögel, die sich hier ausgesprochen wohl zu fühlen scheinen.
Neben Hasen und Eichhörnchen, oder dem Fuchs und sogar dem Waldkauz, der hier schon gesichtet wurde, sind Menschen nur vereinzelt anzutreffen. Manche kommen zum stillen Zwiegespräch mit jenen, die schon aus diesem Leben gegangen sind. Doch nicht alle kommen her, um ihrer verstorbenen Nächsten zu gedenken. Mache lenken auch nur einen Spaziergang über das friedlich stimmende Gelände und schätzen die Qualität der bloßen Entspannung, die der Friedhof mit sich bringt.

Die Grabpatenschaften tragen ausser zum Kulturerbe des Friedhofs auch bei zur verwunschen wunderbaren Koexistenz lebendiger Bäume mit den uralten Steinen der Toten, die dem Trinitatisfriedhof einen einzigartigen Charme verleihen.

 

Weitere Informationen 

www.dresden.de/friedhof

www.johannisfriedhof-dresden.de/grabpflege/

www.grabpatenschaft-dresden.de/patenschaftsgrab-des-monats/johannstadt-trinitatisfriedhof/

Gefiederter Erstbezug bei der WGJ: Der Falke ist im Kasten!

eingestellt am 28.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die WGJ erwartet Nachwuchs: In einem Falkenkasten wird gebrütet.

Wenn alles gut läuft, piept es bald bei der WGJ. Zumindest versprechen das die vier braun gesprenkelten Eier auf dem Dach eines Wohnhauses. Hierin wachsen kleine Turmfalken heran. Die WGJ hatte zusammen mit der Wildvogelauffangstation acht Falkenkästen auf den Dächern verschiedener Wohnhäuser installiert. Jetzt nahmen die Raubvögel einen davon erstmalig an. 

Die Scheu ist überwunden! Turmfalken haben sich auf dem Dach eines WGJ-Wohnhauses in der nördlichen Johannstadt niedergelassen. Vier Eier ruhen in ihrem Bett aus Spänen und Federn in einem Falkenkasten an der Florian-Geyer-Straße. Tobias Röllig, Teamleiter für Hausmeister, Grün-und Außenanlagen bei der WGJ, hatte bei einer seiner regelmäßigen Kontrollen der Dachlüfter “regen Flugverkehr” festgestellt und einen Blick auf das Gelege werfen können.

Der Falke: Ein Taubenschreck

Die Wildvogelauffangstation hatte 2017 im Auftrag der WGJ acht Nistkästen für Falken auf verschiedenen Hochhausdächern in Johannstadt platziert. “Wir haben in den Wohngebieten zusätzlich auch Fledermauskästen und Nistmöglichkeiten für Mauersegler und viele verschiedene Singvögel angebracht”, ergänzt Julia Grotjahn von der WGJ. Da in den Städten immer weniger natürliche Nistmöglichkeiten bestehen, bieten die Quartiere den Tieren eine sichere und ruhige Alternative.

„Es dauert häufig ein paar Jahre, bis die Vögel die neuen Brutstätten annehmen. Zukünftig können wir uns jedoch öfter über Falkennachwuchs freuen, denn es ist zu erwarten, dass die Vögel zu ihrem Nistplatz zurückkehren,“ berichtet Tobias Röllig.

Die Ansiedlung von Turmfalken helfe auch dabei, Tauben fernzuhalten. Der Raubvogel ist ein natürlicher Fressfeind der Taube, der ebenso wie der verwilderte Hausvogel in der Stadt auf Vorsprüngen und in Nischen nistet. Allerdings steht die Taube aufgrund ihrer Größe nicht so häufig auf seinem Speiseplan, wie es die Bezeichnung “Taubensperber” vermuten lässt. Anders ist das beim Wanderfalken, der zu den größten Vertretern der Familie zählt. Er ernährt sich maßgeblich von anderen Vögeln.

Rüttelflug über den Elbwiesen

Der Turmfalke ist ein Anpassungskünstler, der sowohl im Wald, als auch in der Steppe und im Gebirge zu finden ist. Seine Art ist in Europa, Asien und Afrika in nahezu allen Klimazonen verbreitet. Zum Jagen braucht der Turmfalke freie, ebene Flächen mit wenig Bewuchs.

Über den Elbwiesen ist er oft bei seinem typischen “Rüttelflug” zu beobachten. Dabei stehen die Tiere heftig mit den Flügeln flatternd lautlos an einem festen Punkt in der Luft, um sich in einem günstigen Moment auf Beutetiere wie Mäuse herabzustürzen. Charakteristisch ist sein spitzer Ruf “ti ti ti”, der ihm wohl auch seinen lateinischen Namen Falco tinnunculus eingebracht hat, was “schellend” oder “klingend” bedeutet.

Von den Balkonen aus können Bewohner*innen nun beobachten, wie die Turmfalken Nest und Küken pflegen. „Die Brutzeit der Vögel beträgt ca. 28 Tage. Wir erwarten deshalb, dass der Nachwuchs innerhalb des nächsten Monats schlüpft. Nach weiteren 33 Tagen werden die Kleinen dann flügge,“ sagt Tobias Röllig.

Vogelprojekte in der Johannstadt

Stadtteilbeiratswahl in den November verschoben

eingestellt am 27.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die Stadtteilbeiräte lauschen den Antragsteller*innen. Foto: Philine Schlick

Die Qual der Wahl: Erneut macht Corona bei der Wahl des Stadtteilbeirates einen Strich durch die Rechnung. Aber aller guten Dinge sind drei. Die Abstimmung wurde zusammen mit dem Event Soziale Stadt in den November verlegt. Gastgeberin ist die JohannStadthalle.

Bei der vergangenen Stadtteilbeiratssitzung wankte die Entscheidung schon, jetzt ist sie gefallen. Da das Stadtplanungsamt die Informationsveranstaltung Soziale Stadt Nördliche Johannstadt von Juni auf November verschoben hat, hat der Stadtteilverein Johannstadt die Stadtteilbeiratswahl ebenfalls verschoben, um an der Kopplung beider Termine festzuhalten. Bis dahin sollte das Infektionsrisiko durch Impfungen und Schnelltests so weit gesenkt sein, dass Begegnungen und Gespräche vor Ort möglich sein können. Die Wahl hat bereits zwei Verschiebungen hinter sich.

Alle aktuellen Beirät*innen haben sich bereit erklärt, ihr Amt bis zur Neuwahl weiter zu bekleiden. Die Wahl des Stadtteilbeirates findet nun am 20. November zwischen 13 und 16 Uhr in der JohannStadthalle statt.

Wählen und gewählt werden

Wahlberechtigt sind alle Bürger*innen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und mit einem offiziellen Dokument einen Wohnsitz, ein Gewerbe oder ein Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis in den Johannstadt-Nord oder -Süd nachweisen können.

Alle Menschen, die in Johannstadt wohnen oder arbeiten, können sich auch als Mitglied in den 20-köpfigen Stadtteilbeirat wählen lassen oder als Vertreter*in ihrer Einrichtung kandidieren, um aktiv bei der Gestaltung ihres Stadtteils mitzuwirken. Der Stadtteilbeirat entscheidet auf seinen Sitzungen u.a. über die Finanzierung von Bürgerprojekten. Wer kandidieren will, muss bis 10. November seine Mitwirkungserklärung beim Stadtteilverein einreichen.

Im Zeitraum vom 12. bis 19. November 2021 ist eine Briefwahl zum neuen Stadtteilbeirat Johannstadt geplant. Die Wahlunterlagen sind ab dem 12. November im Stadtteilladen an der Pfotenhauerstraße 66 erhältlich und stehen auf johannstadt.de auch zum Download bereit.

Fragen und Antworten

Dass die Wahlen zusammen mit der groß aufgezogenen Infoveranstaltung zum Fördergebiet Soziale Stadt stattfinden, ist erprobte Tradition. Neben dem Wahllokal in der Ausstellung zur Wohnkultur, bietet die JohannStadthalle ausreichend Platz für Infostände. “Die Bürger*innen sollen mit Planer*innen und Bauherr*innen ins Gespräch kommen”, hofft Matthias Kunert vom Quartiersmanagement.

Stadtteilbeiratswahl 2021

Lob für Sozialwohnungen der WiD am Käthe-Kollwitz-Ufer

eingestellt am 26.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Der Siegerentwurf. Quelle: Stefan Forster Architekten

Die städtische Wohnungsgenossenschaft WiD plant am Käthe-Kollwitz-Ufer 130 neue Sozialwohnungen auf 8500 Quadratmetern. Der Siegerentwurf des Büros Stefan Forster Architekten aus Frankfurt/Main erhielt vom Stadtbild Deutschland e.V. in einem offenen Brief ein dickes Lob. In die Planung flossen Herzenswünsche der Bürger*innen wie Bäume und Parkplätze ein.

Die beiden Baustellen Florian-Geyer-Straße und Käthe-Kollwitz-Ufer der WiD liegen nah beieinander und bedeuten doch zwei vollkommen unterschiedliche Herausforderungen: Für die Baustelle am Käthe-Kollwitz-Ufer liegt ein verbindlicher Bebauungsplan vor, der Details wie Lage, Unterkellerungen, Dach und Höhe festlegt. Weiterhin spielt die Nachbarschaft eine Rolle: Der Neubau der FLÜWO wird die Lücke zwischen Seniorenresidenz und WiD-Haus schließen. Beide Bauvorhaben müssen aufeinander abgestimmt werden.

Hinzu kommt die Bereitschaft der WiD, die Wünsche der Bürger*innen zu berücksichtigen. Die Planung wird “eine knappe Kiste”, wenn der Bau bis Ende 2021 beantragt sein und im dritten Quartal 2022 starten soll. Es gab also nicht wenig zu beachten bei der Entwurfsplanung.

Der Siegerentwurf des Büros Stefan Forster Architekten hat es geschafft, alle Kriterien miteinander zu vereinen und erhielt dafür Beifall vom Stadtbild Deutschland e.V.

Die Allee bleibt erhalten

Ein Knackpunkt bei der Planung war die zweite Baumallee entlang der Florian-Geyer-Straße. Das Wohngebäude wird nicht als Karree, sondern in L-Form gebaut wird, um die Bäume zu erhalten. “Die WiD hat viele Informationen aus der Sacharbeit mit den Johannstädter*innen im Rahmen der Bürgerbeteiligungen für den Standort zwischen den WGJ-Hochhäusern gelernt, davon profitiert auch das Bauvorhaben am Käthe-Kollwitz-Ufer und letztendlich die Bewohner*innen des Stadtteils, für die hier ein lebenswerter Ort entstehen soll”, heißt es von der WiD.

Wichtig waren den Bürger*innen neben Bäumen die Parkplätze, die im Siegerentwurf in Form einer Tiefgarage vorgesehen sind. Das Wissen um die angespannte Parkplatzsituation hatte die WiD auch hier von der Florian-Geyer-Straße mitgenommen und berücksichtigt.

Stadtbild Deutschland Verein lobt den Entwurf

In einem offenen Brief hat der Stadtbild Deutschland e.V. den Siegerentwurf und seine Jury – bestehend aus Mitarbeiter*innen des Stadtplanungsamtes, der Gestaltungskommission der Stadt und der Wohnbauförderstelle sowie des Bauherrn WiD – in höchsten Tönen gelobt:

“Der Architekt hat sich – rein formal – an der klassischen Gestaltung von Wohnhäusern im urbanen Umfeld orientiert. Er hat den Fassaden neben einer durch Horizontalbänder gegliederten Zone in den Regelgeschossen eine gestalterisch klar von diesen unterschiedene Sockelzone gegeben, die das Erdgeschoss als ein das aufgehende Gebäude stützendes Element erscheinen lässt. Ist dieses Motiv hier auch in einer Formensprache gestaltet, die eher an die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert, so reicht die Ausbildung einer rustizierten Sockelzone doch Jahrhunderte weiter zurück in der Baugeschichte und wird den Sehgewohnheiten der Menschen intuitiv gerecht”, heißt es in der Begründung.

Kritik übte der Verein dagegen an der “lieblos wirkenden Dachgestaltung” und an der Ausführung der Hausecken: “Die Loggien an der Gebäudeecke wirken – ähnlich wie die Dachgauben – etwas unbedacht aus der Fassade herausgestanzt.” Diese Makel seien in Anbetracht des insgesamt gelungenen Entwurfes jedoch klein.

“Mit dem Entwurf wurde die Grundidee geboren, die jetzt durch das Planungsteam präzisiert und weiterentwickelt wird”, so Claudia Herzog von der WiD. “Nun beginnt die Leistungsphase 2, in der die Planungen auf Basis des Konzeptentwurfes vertieft und selbstverständlich Anregungen aus dem Wertungsgremium und vom Bauherren mit berücksichtigt werden.”

 

20.000 Euro Schaden bei Unfall am Comeniusplatz

eingestellt am 21.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Nach der Kollision zweier Autos wurde eines in das Geländer der Straßenbahnhaltestelle geschleudert.

Am Freitagmorgen sind auf dem Comeniusplatz ein Seat Ibiza und ein Ford Focus zusammengestoßen.

Der Ford wurde in der Folge gegen den Bordstein und anschließend gegen das Geländer der Straßenbahnhaltestelle geschleudert. Verletzt wurde augenscheinlich niemand. Es entstand ein Sachschaden von rund 20.000 Euro.

Die Stübelallee war bis etwa 9.30 Uhr in stadteinwärtige Richtung gesperrt.

Die Polizei sucht Zeugen, die Angaben zum Unfallhergang und zum Fahrverhalten der Beteiligten machen können. Hinweise nimmt die Polizeidirektion Dresden unter der Telefonnummer 0351 483 22 33 entgegen.

Messer-Angriff Dürerstraße: Tatverdächtiger in U-Haft

eingestellt am 21.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Mittwochnacht wurde ein Mann schwerverletzt vor seiner Wohnung an der Dürerstraße aufgefunden. Der mutmaßliche Täter ist 20 Jahre alt und sitzt jetzt in Untersuchungshaft. Er soll plötzlich mit dem Messer auf sein Gegenüber losgegangen sein. 

Nachdem ein 33-Jähriger am Mittwoch schwerstens verletzt vor seinem Wohnhaus aufgefunden wurde, sitzt der Beschuldigte seit Freitag in U-Haft. Gegen ihn wird wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Offenbar verbrachten die beiden Männer den Abend gemeinsam auf dem Balkon des 33-Jährigen, als der Beschuldigte plötzlich auf den Oberkörper des Geschädigten einstach – so lautet der Vorwurf.

Dabei soll er auch tödliche Verletzungen zumindest billigend in Kauf genommen haben. Der Geschädigte musste notoperiert werden und befindet sich derzeit noch in intensivmedizinischer Behandlung.

Bislang schweigt der Beschuldigte zu den Tatvorwürfen. Er ist nicht vorbestraft.

Die Ermittlungen zu Motiven und Tat dauern an und werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Schwerverletzter an der Dürerstraße: Tatverdächtiger festgenommen

eingestellt am 20.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto der Polizeiwachstelle Altstadt. Foto: PS

Am Mittwochabend ist ein 33-Jähriger mit schweren Verletzungen vor seinem Wohnhaus gefunden worden.

Ein Mann ist am Mittwochabend gegen 22.40 Uhr schwer verletzt vor seinem Wohnhaus an der Dürerstraße gefunden worden.

Im Laufe des Donnerstagvormittags konnte im Stadtgebiet von Dresden ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Der 20-Jährige wurde vorläufig festgenommen.

Die Dresdner Staatsanwaltschaft sowie die Kriminalpolizei Dresden haben die Ermittlungen aufgenommen. Die Hintergründe der Tat sind derzeit noch unklar.

Begegnungen unter der Diskokugel – Die Schulsozialarbeit an der 101. Oberschule

eingestellt am 19.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Marie-Luise Alke und Andreas Kochte-Donath im Schulklub. Foto: Philine Schlick

Die Schulsozialarbeiter*innen an der 101. Oberschule stemmen zu zweit die Arbeit, die locker auf vier Vollzeitstellen aufgeteilt werden könnte. Sie ermöglichen den Schüler*innen mit dem Schulklub ein Stück autonome Freizeit. Der Alltag ist anstrengend, entlohnt aber mit unbezahlbaren Erfahrungen.

Gerade hat Marie-Luise Alke dazu angehoben, ihren Satz zu beenden, da klopft es wieder. Ihr Kollege Andreas Kochte-Donath springt auf, um die Tür zu öffnen. Es ist ein Schüler, der einen Laptop benötigt, um ein Online-Bewerbungsgespräch führen zu können. Schnell wird das Büro der Schulsozialarbeit nebenan als Ort angeboten, die Tür leise zugezogen, im Flur klingt das Murmeln der Stimmen.

Pionierin der Schulsozialarbeit

Marie-Luise Alke und Andreas Kochte-Donath sind “die Schulsozialarbeit an der 101. Oberschule” und damit Ansprechpartner*in für rund 450 Kinder und Jugendliche. Die sechzig Wochenstunden könnte man getrost auf vier Vollzeitstellen verteilen, aber das ist nicht vorgesehen. So arbeiten sie zu zweit. Auf 70 Prozent schätzen die beiden den Anteil von Schüler*innen an der 101. Oberschule, die deutsch nicht als Muttersprache sprechen. Das ist eine besondere Herausforderung, denn der Lehrplan sieht das gleiche Pensum für alle vor.

“Bei uns an der Schule haben viele eine Fluchtgeschichte hinter sich. Sie haben Krieg, Vertreibung und Gewalt erlebt und müssen hier ankommen”, beschreibt Andreas Kochte-Donath die Situation. Über die Jahre hat sich die 101. Oberschule zur Expertin im sensiblen interkulturellen Dialog entwickelt. Sie ist die erste in Dresden, bei der in den 90ern Stellen für Schulsozialarbeit eingeführt wurden. Der Erfolg gibt dem Kollegium recht: “Im vergangenen Jahr hatten wir vier zehnte Klassen mit jeweils 20 bis 25 Schüler*innen. Nur vier haben keinen Schulabschluss erreicht.”

Der Schulklub als Ort der Begegnung

Ein Alleinstellungsmerkmal ist der Schulklub im Keller des Schulgebäudes. Sofas, eine Diskokugel, eine Musikanlage, Kickertische und Regale voll mit Brettspielen: Hier können sich Freundschaften und Gespräche jenseits des getakteten Schulalltags entwickeln. Hier werden Probleme thematisiert und Konflikte diskutiert. Jenseits von Corona kommen hier täglich 100 bis 120 Schüler*innen zusammen. Der Schulklub ist in jeder Mittagspause und an drei Nachmittagen in der Woche geöffnet. Derzeit natürlich mit Einschränkungen.

“Hier haben Schüler*innen die Möglichkeit, Freizeit selbstbestimmt zu verbringen”, so Alke. Für viele Schüler*innen ist der Schulclub der einzige Ort, an dem sie ihre Freizeit frei von schulischen und familiären Verpflichtungen verbringen können. Darüber hinaus haben die Schulsozialarbeiter*innen für Anliegen von Stress mit den Eltern bis Mobbing ein offenes Ohr und bieten entsprechende fachliche Hilfe an. “Kinderschutz spielt bei uns immer eine Rolle”, erzählt Kochte-Donath. “Hier arbeiten wir in Kinderschutzverfahren nach festgelegten fachlichen Standards in Kooperation mit der Schule und dem Jugendamt.”

Die 101. Oberschule soll dreizügig bleiben. Foto: Philine Schlick

Gute Erfahrungen stehen einem schlechten Ruf entgegen

Angebote wie diese haben es geschafft, dass die Schule beliebt ist. Dass sich die Schüler*innen angenommen und geborgen fühlen, dass sie wertvolle Kompetenzen im Umgang miteinander entwickeln. Dass Jüngere ihren Geschwistern nachfolgen.

Ein Bild, das häufig in krassem Kontrast zur Außenwirkung der 101. Oberschule steht. Viele Vorbehalte und Vorurteile stehen der Schülerschaft entgegen. Das mache sich bemerkbar, wenn motivierte, gut benotete Schüler*innen nach ihrem Abschluss einen Beruf suchen und nicht finden. “Viele werden aufgrund ihres Namens nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen”, teilt Marie-Luise Alke ihre Erfahrungen. “Und das in Berufsgruppen, in denen dringend Nachwuchs benötigt wird.”

Die 101. sei eine Schwerpunktschule, die zu wenig Wertschätzung erhält, sind sich Marie-Luise Alke und Andreas Kochte-Donath einig. Für ihre Diversität müsste sie mehr Unterstützung bekommen. Das Problem ist ein strukturelles: Internationalität werde zu häufig als Manko, nicht als Chance betrachtet.

Eine wertvolle Aufgabe

Die Schülerschaft der 101. Oberschule sei das beste Beispiel dafür, wie sinnvoll Durchmischung und Austausch seien. Lernwille, Solidarität, innige Freundschaften, Offenheit – viele der täglich gelebten Werte seien im stressigen Alltag Anschub und Stütze. “Es ist eine unheimlich wertvolle Aufgabe”, sagen die Schulsozialarbeiter*innen.

Einen Lichtblick brachte kürzlich die Online-Diskussionsrunde “Welche Schulen braucht die Johannstadt” mit Bildungsbürgermeister Jan Donhauser: Die 101. Oberschule soll dreizügig bleiben. Und sie soll ihren angemessenen Platz in einem Neubau auf der Cockerwiese erhalten. Ein Zugeständnis, das auf Anerkennung und Weitblick hinweist. Gerade jetzt während der Pandemie, wo erfolgreiche Projekte wie der Schulklub nur in feste Gruppen geteilt stattfinden können und damit an Attraktivität verlieren: “Die Johannstadt braucht eine Oberschule mit sicherer Perspektive!”

Es klopft. Dieses Mal ist es eine Schülerin, die ein Online-Bewerbungsgespräch führen möchte. “Du bist eine halbe Stunde zu früh”, sagt Marie-Luise und räumt den Schreibtisch frei. Das Mädchen nickt. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen.

Schulsozialarbeit an der 101. Oberschule

  • Offenes Büro im Haus 2 der Schule, Zimmer 032 (Erdgeschoss rechts)
  • Tel.: (0351) 4 59 82 71; E-mail: schuso101os@vsp-dresden.org
  • Öffnungszeiten des Schulklubs: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag     von 12.15 bis 15.30 Uhr, Mittwoch von 12.15 bis 13 Uhr

Damals in der Johannstadt: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben

eingestellt am 16.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Faksimile der Dresdner Neusten Nachrichten. Quelle: Dresdner Nachrichten, 1910/Sammlung: Heinz Kulb

Mit Heinz Kulb hat die Stadtteilredaktion einen erfahrenen Johannstädter Autor gewonnen, der sich auf den Spuren “der ganz normalen Menschen” durch Archive wühlt und mit spitzer Feder den Staub von vergangenen Ereignissen pustet. Nachweisbare Hintergründe, Namen, Ereignisse, Adressen sind unterhaltsam in Geschichten aufgearbeitet und geben so durch das eine oder andere Augenzwinkern den Blick auf einen vergangenen Alltag frei, der an Aktualität oft nichts eingebüßt zu haben scheint. Folge 1: Zusammenleben ist nicht einfach. 

Die Kohlrouladen hatten gemundet. Satt und zufrieden im Sessel am offenen Fenster sitzend, genoss Pensionär Daniel David seinen Verdauerli, einen Kräuterlikör. Der Duft der warmen Maienluft in diesem Frühlingsmittag des Jahres 1910 vollendete sein Wohlbefinden. Sein Geist ließ die Augenlider langsam der Schwerkraft folgen, als er von einem plötzlichen Lärm auf der Straße aus den Armen von Morpheus gerissen wurde.

Mehrere Kinder aus dem Haus und aus der Nachbarschaft hatten sich Rollschuhe angeschnallt und zogen schreiend ihre Bahnen auf dem asphaltierten Stück der Johannstädter Elisenstraße*, zwischen Dürer- und Holbeinstraße gelegen. Mit einem Fluch auf den Lippen und drohender Faust forderte David seine Mittagsruhe ein. Doch die Halbwüchsigen zeigten ihm eine Nase und drehten ihre Kreise weiter. Wütend schloss er das Fenster.

Fotomontage Elisenstraße. Bild: Heinz Kulb

Die Kehrseite des Fortschritts

Erst im vergangenen Herbst erreichte der gegenüber in der Nummer 22 wohnende Asphalthändler Adolf Ebert, dass die Stadt dieses Teilstück der Elisenstraße finanzierte und mit einem Belag von Eberts Firma überzog. Dadurch wurde es ruhiger für die Anlieger. Kein Rumpeln mehr durch die Fuhrwerke auf Kopfsteinpflaster. Nur wenig Lärm durch die neuen Automobile. Die Anwohner waren begeistert. Aber nicht lange. Da entdeckten die Kinder und Jugendlichen den anderen Vorteil der Straße. Mit Rollschuhen konnte man viel Spaß haben, zum Leidwesen der älteren Bewohner. Und es kamen immer mehr Kinder.

Wehret den Anfängen

Und das tat Pensionär David, indem er sich an seine geliebte Zeitung, den Dresdner Nachrichten, wandte. In flinker Schrift auf gutem Papier ließ er seiner Wut freien Lauf. Zunächst beklagte er sich über „das Treppenjagen von oben nach unten, das einen leidenden Menschen zur Verzweiflung bringen kann. Die vierte Etage (im Haus Elisenstraße 23) ist reichlich bevölkert, die dritte dito mit Pensionären von besseren und höheren Schulen, die zweite desgleichen. Sämtliche größeren oder kleineren Kinder jagen täglich wie die Wilden von oben bis ins Parterre.“

Dann kam das nächste Problem, das den ordnungsliebenden ehemaligen Buchhalter eines Ziegelwerkes in Striesen sprichwörtlich auf die Eiche im Innenhof des Carrés bringen konnte. „Ebenso finden es viele Bewohner bequemer, den Aschengrubendeckel mit aller Wucht zuzuschlagen, anstatt ihn am Henkel anzufassen und ruhig zuzumachen.“

Nun kam er zum Höhepunkt seiner Klageschrift. „In der Elisenstraße, zwischen Holbein- und Dürerstraße liegt Asphalt; das ist nun der Tummel-, Spiel- und Lernplatz für Rollschuhläufer sämtlicher Kinder der Umgebung, sieben Tage lang in jeder Woche bis spät in die Nacht!“

Zusammenleben ist nicht einfach

Darauf machte eine Leserin in den Dresdner Nachrichten ein paar Wochen früher als die Veröffentlichung des Leserbriefes unseres Herrn David aus der Elisenstraße aufmerksam. Als sie mit ihrer Familie in eine neue Mietwohnung zog, wurde sie erst einmal misstrauisch beäugt. Anfangs hatten sie viel mit dem Einrichten und weniger mit den Empfindlichkeiten der Nachbarn zu tun. Doch diese begutachteten jeden Schritt der Neuen. Wann sie kommen und gehen. Welche Gardinen an den Fenstern hängen. Mit welchen Möbeln sie einziehen. Wie sie gekleidet sind. Und wie sich die Rotzbengels von Kindern benehmen. In der neuen Wohnung wurde vorgerichtet, gehämmert und Möbel verrückt. Und abends halb Neun wollten sie das letzte Loch schlagen für ein Bild. Und mitten im Hämmern schellte es an der Wohnungstür.

Blick auf den Abschnitt der Elisenstraße heute. Foto: Heinz Kulb

Es war der Hauswirt. „Um Gottes Willen, was hämmern Sie noch so spät? Die Leute nebenan sind gewöhnt, um 8 Uhr abends Schlafen zu gehen. Der Nachbar hat sich beschwert.“ Die beiden Nachbarn „haben noch kein Wort miteinander gewechselt, haben sich noch gar nicht zu Gesicht bekommen und schon besteht eine gegenseitige Verstimmung.“

Andere Mieter klagten über die Rücksichtslosigkeiten ihrer Nachbarn. Da wurde doch schon um neun Uhr vormittags der Teppich im Hof ausgeklopft. Oder wenn die Gattin ihren Schönheitsschlaf braucht, trabten die Obermieter noch vor sieben in Schuhen und Stiefeln umher, weil es zur Arbeit und zur Schule ging. Dafür gäbe es doch Filzpariser für die Wohnung. Ja, so nannte man damals die Hausschuhe. Die Straßenschuhe könnte man ja im Treppenhaus anziehen, so die kritischen Mieter von unten. Und die dünnen Wände gaben stets hörbare Einblicke ins Familienleben. Egal, ob sich die Eltern stritten, die Kinder plärrten oder gerade Kindermachen angesagt war.

Und wie könnte man diese Probleme lösen?

Eine weitblickende, gutbetuchte Dame aus der Dürerstraße schlug den Lesern der Zeitung gleich sogenannte „10 Gebote für Mieter“ vor.

  1. Geht nicht ohne Not in der Wohnung in Stiefeln umher, nicht vor 8 Uhr morgens und nach 10 Uhr abends.
  2. Schließt Türen und Fenster möglichst geräuschlos.
  3. Hämmert nicht vor 8 Uhr morgens und nach 10 Uhr abends an den Wänden.
  4. Beschränkt das Teppichklopfen auf die Zeit zwischen 8 und 12 Uhr.
  5. Musiziert und übt ein Instrument nicht länger als 1 Stunde am Tag und schließt dabei die Fenster.
  6. Lasst bei offenem Fenster kein Grammophon spielen und keinen Papagei schreien.
  7. Rückt nicht die Stühle geräuschvoll über den Fußboden.
  8. Gewöhnt euren Hunden das häufige Bellen ab.
  9. Untersagt euren Kindern das laute Schreien beim Spielen.
  10. Lehrt euren Dienstboten überflüssigen Lärm bei der Arbeit zu machen.

Und wie reagierte das Hausblatt unseres Pensionärs Daniel David aus der Elisenstraße 23 auf seine Anfrage, ob nicht die Polizei wegen der Rollschuhläufer einschreiten könnte? Am 25. April 1910 las er verbissen die Antwort: „Sie könnte wohl, wird es aber kaum tun, da sie ja die Erlaubnis zum Rollschuhlaufen auf öffentlichen Straßen und Plätzen selbst erst erteilt hat.“

*Dieser Abschnitt der alten Elisenstraße ist heute ein Teil der Hans-Grundig-Straße. Der nördliche Abschnitt zwischen Gerokstraße und Florian-Geyer-Straße hat noch den alten Namen. Zwischen der Striesener und der Canalettostraße nennt sie sich Georg-Nerlich-Straße.

Das Magazin “kaffeepause” trotzt der Pandemie mit seiner achten Ausgabe über Bäume

eingestellt am 14.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Postkartenmotiv. Foto: kaffeepause

“Haltet durch und macht’s wie die Bäume – seid stark!”, ruft das Team der “kaffeepause” in seinem aktuellen Editorial den Leser*innen zu. Die Redaktion hat bewiesen, wie das geht: Die achte Ausgabe des Magazins von besonderen Menschen ist in der Pandemie entstanden und glänzt allen widrigen Umständen zum Trotz mit Farbe, Fachwissen und Poesie.

“Die Chatgruppen”, erzählt Kathleen Roth, “waren so etwas wie der rettende Ast.” Gemeinsam mit Franziska Weiske hat die Sozialpädagogin vor nunmehr acht Jahren das Magazin “kaffeepause” ins Leben gerufen. Es wird von Menschen mit Handicap aus ganz Sachsen gestaltet. Ein Redaktionsteam kommt regelmäßig im Johannstädter Kulturtreff zusammen.

Das Cover des aktuellen Heftes zum Thema “Bäume”. Bild: kaffeepause

Im Vorfeld wird für jedes Heft ein Thema und eine künstlerische Technik festgelegt. Dann geht es los. Das ganze Jahr über fahren die beiden Frauen mit dem “kaffeepause”-Mobil von Werkstatt zu Werkstatt und sammeln Beiträge. Die Werkstätten räumen Zeit für die “kaffeepause” im Arbeitsalltag ein, weil sie die lebenslange Weiterbildung als wichtig erachten.

Das Redaktionsteam bei der Arbeit. Foto: kaffeepause

Releaseparty mit 300 Gästen

Rund 160 Erwachsene steuern regelmäßig Texte und Bilder bei. Wöchentliche Redaktionssitzungen finden immer donnerstags in Dresden im Johannstädter Kulturtreff statt. Eine monatliche Sitzung wird in Rothenburg abgehalten, wo die Träger des Projektes, die Diakonie St. Martin und die Evangelische Erwachsenenbildung, ihren Sitz haben.

Das Redaktionsteam bei der Arbeit. Foto: kaffeepause

Die “kaffeepause” ist mehr als ein künstlerisches Jahresmagazin: Es ist Austausch, Hingabe und Podium für Gefühle. In der Dreikönigskirche zu Dresden herrscht jedes Jahr ein großes Gedränge, wenn die aktuelle Ausgabe im November mit Lesungen und Live-Musik multimedial präsentiert wird. Rund 300 Menschen kommen dann zusammen. Neben Verwandten und Freund*innen der Autor*innen füllen zahlreiche externe Gäste die Bänke. Es gibt Kaffee und Kuchen und die Urheber*innen von Text und Bild, die auf den Heftseiten bereits vereint sind, können sich persönlich kennenlernen.

Albrecht Goette liest gemeinsam mit einigen Autor*innen aus der kaffeepause zum Erscheinen jeder neuen Ausgabe. Foto: kaffeepause

Dann kam Corona. Von heute auf morgen fielen die Werkstatt-Treffen aus. Um den Kontakt nicht abreißen zu lassen, gründeten Kathleen Roth und Franziska Weiske Chatgruppen und regten dort zum Austausch an. Per Messenger blieb ein kleiner, fester Kern von etwa 30 Mitwirkenden der “kaffeepause” in Kontakt: Mit Bildern, Informationen und einer täglichen Gutenachtgeschichte. Ein Brief ging an jede Werkstatt, zusammen mit Skizzenheften, um Menschen ohne Internetzugang die Teilnahme zu ermöglichen.

Ein Heft entsteht per Gruppenchat

Die Chat-Gruppe wurde zum Selbstläufer: Von Spaziergängen sendeten die Teilnehmer*innen Fragen, neue Erkenntnisse und Bilder. Ein “Baum des Tages” wurde gewählt und besprochen. “Die Gespräche haben sich nicht in Smalltalk verloren, sondern sind immer fokussierter geworden”, sagt Kathleen Roth.

Entstanden ist ein ausführliches Heft, das glatt als Lehrbuch durchgehen könnte, sich aber durch seine Farben- und Formenvielfalt genauso gut zum Schmökern und Träumen eignet. Baum-Porträts stellen bekannte Vertreter wie Mammut- und Ginkgobaum vor. Auch Walnuss, Kirsche, Eberesche, Kiefer und Co. haben ihren Platz. Illustriert und verziert ist alles mit Zeichnungen, Gedichten und Aphorismen wie diesem von Sebastian Zipser aus dem Johannstädter Redaktionsteam:

Hüten Sie sich vor Schlagbäumen!

Schlagbäume verhindern Durchgänge.
Wenn sie zu sind, fühlt sich mancher
in frühere Zeiten versetzt.

Heute sind sie eher in den einzelnen Köpfen
von uns Menschen vorhanden.
Und diese gedanklichen Schlagbäume
sind sehr schwierig zu entfernen.

Baumexpert*innen und Baumkuchen

Für die Ausgabe hat sich die “kaffeepause” Baum-Expert*innen der TU Dresden mit ins Boot geholt. Vorträge und Workshops im Forstbotanischen Garten in Tharandt öffneten den Blick für die teils uralten Wesen, die unsere Luft filtern. Den Baumkuchen, den es auf der Releaseparty geben sollte, haben Kathleen Roth und Franziska Weiske zusammen mit den frisch gedruckten Heften breit gefahren und in den Werkstätten verteilt. Jede Auflage beläuft sich mittlerweile auf 1000 Exemplare.

Naturstudien im Tharandter Wald mit dem Redaktionsteam Johannstadt. Foto: kaffeepause

Obwohl Corona das Heft verändert hat, ziehen die beiden Initiatorinnen eine positive Bilanz: Rund 2000 Bilder sind in den Chats zusammen gekommen. Es hat sich ein kleiner Fankreis gebildet, der über den Redaktionsschluss hinaus in Verbindung bleibt. “Immerhin”, trösten sich die Koordinator*innen, die um die Unersetzlichkeit des persönlichen Kontakts wissen. Jetzt liegen die Hoffnungen darauf, dass regelmäßige Treffen bald wieder möglich sind.

“Immer ein kleiner Umzug”

Im Rahmen des Moritzburger Kunstsommers soll die komplette Novemberlesung nachgeholt werden – vorausgesetzt, dass Proben im Vorfeld möglich sind. Eventuell wird eine abgespeckte Version konzipiert, verrät Franziska Weiske. Es sei wie ein Wunder gewesen, dass eine Zweijahres-Förderung das Projekt über die Krise getragen habe. Jetzt setze man auf Spenden und Annoncen, um das Magazin zukunftsfähig zu machen.

Auf die Idee zum Heft kamen Kathleen Roth und Franziska Weiske 2013. Beide arbeiteten als Ergotherapeutinnen und hatten beschlossen, beruflich neue Wege einzuschlagen. Bei Kathleen war das ein Studium der Sozialpädagogik und der Schritt in die Erwachsenenbildung mit Literatur- und Theaterprojekten. Franziska studierte und arbeitete als Kostüm- und Bühnenbildnerin, u.a. am Gerhart-Hauptmann-Theater in Zittau.

Kunst bringt zum Vorschein und verbindet – das hatten die Frauen erfahren und wollten etwas Eigenes auf die Beine stellen. Die “kaffeepause” wurde geboren. Lange fuhren die beiden Frauen mit einem alten VW-Bus von Werkstatt zu Werkstatt, voll bepackt mit “Material vom Feinsten” von Tusche bis Kreide, von Graphit bis Aquarellfarbe. “Es ist immer wie ein kleiner Umzug”, sagt Kathleen.

Preise, Reisen und Visionen

Die “kaffeepause” schrieb ihre eigene Erfolgsgeschichte: Menschen entdeckten verborgene Talente und die Lust am Podium, begeistertes Publikum die Freude an der Vielfalt der Kunst.

Auf Exkursion in der Apoldina Wien. Foto: kaffeepause

Beim regelmäßig ausgelobten “Schoko”-Preis der österreichischen Schokoladenfirma “Zotter” war 2018 ein “kaffeepause”-Autor der Preisträger. Das gab den Anlass zu einer Busreise nach Wien. Gesponsert wurde die Fahrt von den Eltern des Preisträgers. 2020 waren es dann vier Preisträger*innen.

Die “kaffeepause” bewegt, schafft Mobilität und öffnet Wege – auf den Seiten des Magazins wird diese Bewegung kunstvoll wider- und weitergegeben.

“kaffeepause” Nummer 8: Bäume

Ballspielfläche am Elbufer fertig gestellt – aber noch nicht benutzbar

eingestellt am 12.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Entstanden sind ein Basketball- und ein Volleyballfeld. Foto: Philine Schlick

Am Mittwoch wurde der fertig gestellte Ballspielplatz unterhalb der Elblounge Johann abgenommen. In Benutzung gehen kann er voraussichtlich aber erst im Sommer. Die Fläche muss noch gepflegt werden, um sie strapazierfähig zu machen.

Vor einigen Wochen rollten neben dem Bolzplatz unterhalb der Elblounge Johann die Bagger an. Bäume fielen, Erdreich wurde abgetragen. Auf den Beschluss den Stadtbezirksbeirates im vergangenen September über knapp 16.000 Euro zusätzlich folgten nun Taten: Die giftige Ascheschicht auf dem ehemaligen Basketballplatz wurde abgetragen und fachgerecht entsorgt. Dafür war die beschlossene Geldsumme eingesetzt worden.

Für die Ballspielfläche wurde eine giftige Asche-Schicht ab getragen. Das verursachte zusätzliche Kosten. Foto: Philine Schlick

Sitzbänke und Tischtennisplatten folgen

Es entstanden ein neues Basketballfeld mit Tennenbelag und ein Volleyballfeld auf Schotterrasen, jeweils mit Wettkampfmaßen. Heute, berichtet das Amt für Stadtgrün, fand die Bauabnahme statt. Auf der Fläche fehlen noch zwei Tischtennisplatten und Sitzbänke. Hier komme es wegen langer Lieferzeiten zu Verzögerungen, heißt es.

Betreten und benutzt werden darf die neue Fläche aber noch nicht: Erst muss sie entsprechend versiegelt und gepflegt werden, damit sie zukünftigen Belastungen gewachsen ist. Das Amt für Stadtgrün rechnet mit einer Freigabe im Sommer, spätestens aber im September. Bis dahin bleibt die Fläche mit Bauzaun abgesperrt. Ein genauer Eröffnungstermin steht bis dato noch nicht fest.

Wohin mit den Wandbannern der Florian-Geyer-Straße 13?

eingestellt am 12.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die Fassade der ehemaligen Kita. Foto: Philine Schlick

Auf dem Baugrundstück der WiD an der Florian-Geyer-Straße 13 wird die ehemalige Kita abgerissen. Die Fassade zierten großformatige Banner, an denen allgemeines Interesse besteht. Sie sollen weiter verwendet werden. Doch, wo und wie?

Von vielen Seiten wurden bedauernde Rufe laut: Die Wandbilder mit den übergroßen Menschengesichtern und dem Tukan von der Florian-Geyer-Straße sollen nicht entsorgt, sondern weiterverwendet werden. Sie könnten andere Fassaden in der Johannstadt zieren, so die Idee. Quartiersmanager Matthias Kunert vermittelte in der Angelegenheit.

Der farbenprächtige Tukan ist mittlerweile abgehängt. Foto: Philine Schlick

Die WiD ist an einer Weiterverwendung interessiert. Allerdings gibt es noch zwei Hürden.

Die Bilder hängen seit vielen Jahren an dem Flachbau. Die an Ösen gespannten Banner sind porös geworden. Ob das Material noch standhält, muss noch überprüft werden.

Im Außenbereich des neuen Wohnhauses sollen Flächen zum Spielen entstehen. Foto: Philine Schlick

Außerdem ist noch offen, wo die Wandbilder einen neuen Platz finden könnten. Bei der Stadtteilbeiratssitzung am Donnerstag wurde das Thema zur Debatte gestellt und um Vorschläge gebeten. Claudia Windisch von der WGJ schlug vor, die Bilder als Kalendermotive zu verwenden. Weitere Wortmeldungen gingen dazu allerdings nicht ein.

Die WiD hat die Wandbilder mittlerweile abgenommen und zwischengelagert. Wer Urheber*in der Bilder ist, wird derzeit in der Stadtverwaltung geklärt. Für die Banner an sich wird weiterhin nach repräsentativen Wänden gesucht.

Ideen und Vorschläge nimmt die Stadtteilredaktion unter redaktion@johannstadt.de entgegen.

Welche Schulen braucht die Johannstadt? – Eine Debatte bringt Licht in dunkle Wolken

eingestellt am 10.05.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Regenbogen über der Johannstadt. Foto: privat

In der Online-Diskussionsrunde “Welche Schulen braucht die Johannstadt?” am Mittwochabend sprach Bildungsbürgermeister Jan Donhauser klare Worte. Für den Standort der 101. Oberschule gab es lang ersehnte Zugeständnisse. Der Neubau des Bertolt-Brecht-Gymnasiums dagegen “wackelt” noch immer.

Mit dem Regenbogen, der sich am Mittwochabend über das Viertel spannte, schien das Wetter einen Kommentar zur Diskussion “Welche Schulen braucht die Johannstadt?” beizusteuern: Wenn Druckgebiete aufeinander treffen, es zu Entladungen und Austausch kommt, kann ein Spektrum von Perspektiven in die Zukunft weisen.

Unter der Moderation von Gastgeber Thomas Löser stellte sich Jan Donhauser Fragen und Kritik von Schulleiter*innen in der Johannstadt. Auch das Publikum hakte nach. “Wohlwollen und Befriedigung” über lang ersehnte Zugeständnisse äußerte vor allem die Schulleiterin der 101. Oberschule, Juliana Dressel-Zagatowski.

Kurs auf die Cockerwiese

Jan Donhauser sieht die Zukunft der 101. Oberschule ganz klar dreizügig in einem eigenen Gebäude am gut angebundenen Standort Cockerwiese. In dem Neubau soll es Platz für Werkstätten geben, in denen Schüler*innen praxisbezogen und berufsorientiert lernen können. Insgesamt zehn Gewerke sollen so erprobt werden, sieht das Konzept vor. Für Dresden sei diese Entscheidung eine Chance, sich als weltoffen, kulturbegeistert und zukunftsorientiert zu präsentieren, fasste Juliana Dressel-Zagatowski in einem flammenden Plädoyer zusammen.

Durch die zentrale Lage rechne man mit Zulauf für die Oberschule, zumal die 150. Oberschule an der Freiberger Straße entfalle, so Donhauser. Derzeit laufe die Kosteneinschätzung vor das Bauvorhaben, das bis spätestens 2028 abgeschlossen sein soll.

Die 101. Oberschule könnte Modell für die schulische Zukunft sein. Foto: Philine Schlick

Die 101. Oberschule – die einzige in der Johannstadt – zeichnet sich durch ein hohes Maß an Interkulturalität aus und meistert mit ihrer jahrelangen Expertise täglich die Herausforderung, neben Unterricht Integrationsarbeit zu leisten. Sie hat diesbezüglich Modellcharakter. Der Einzug des Gymnasiums Johannstadt mit drei fünften Klassen im vergangenen September ließ Ängste vor Verdrängung aufkommen. Kann die 101. Oberschule dreizügig bleiben? Was passiert mit dem in Dresden einzigartigen Projekt “Schulklub”, das den Schüler*innen außerhalb des Unterrichts einen geschützten Raum für Austausch bietet?

Interims-Unterricht in mobilen Räumen

An diesem Mittwoch konnte Jan Donhauser die Wogen glätten. Um die Dreizügigkeit der aufstrebenden 101. zu erhalten, sind für den Übergang “mobile Raumeinheiten” geplant. Das bedeutet Unterricht in Containern, wobei der Bildungsbürgermeister sogleich auf die modernen Standards dieser Behelfe hinwies.

Wo diese auf dem Schulgelände platziert werden, sei noch zu besprechen. Auch sei ein zügiger Abschluss der Bauarbeiten an der Cockerweise schon im Interesse der Kosten angestrebt. Das begrüßte Juliana Dressel-Zagatowski: “Ich möchte noch vor meiner Rente den Schulbau erleben.” Bis dahin teilen sich die 101. Oberschule, das Gymnasium Johannstadt und das Abendgymnasium das Haus an der Pfotenhauerstraße.

Das Gymnasium Johannstadt. Foto: Philine Schlick

“Vertragt euch miteinander”, brachte Jan Donhauser es salopp auf den Punkt. Das wollen die Schulen gern, verlangten dafür aber Unterstützung. Dem beiderseitigen Wunsch, den von Schulsozialarbeiter*innen betreuten Schulklub mit entsprechender Aufstockung des Personals auch für Schüler*innen des Gymnasiums zu öffnen, konnte Agnes Scharnetzky, bildungspolitische Sprecherin der Grünen Stadtratsfraktion, nicht viel Hoffnung auf Erfüllung machen. Da es sich um unterschiedliche Träger handle, müsse man sich hier an dem gesetzlichen Rahmen orientieren. Sie wolle das Thema jedoch mitnehmen und beim Jugendamt in Anbetracht der besonderen Lage um eine fachliche Bewertung bitten.

Frustration am Bertolt-Brecht-Gymnasium

Für das Bertolt-Brecht-Gymnasium klärte sich die Zukunft nicht so eindeutig auf. “Leidend und geduldig” beschrieb Schulleiter Marcello Meschke den aktuellen Gemütszustand. Er und sein Kollegium sprächen von der Schule als “dem Jahrtausendprojekt”. “Im Vergleich hierzu ist der Berliner Flughafen lächerlich”, brachte er seinen Ärger zum Ausdruck.

Foto: Bertolt-Brecht-Gymnasium.

Seit dem Jahr 2006 folge ein Rückschlag auf den anderen. Was als Baustelle für ein Jahr angekündigt worden sei, zog sich insgesamt über zehn Jahre lang hin, bis die Schule um Baustopp bat. Seitdem finde “Unterricht auf der Baustelle” statt. Das Bertolt-Brecht-Gymnasium zieht einen Abbruch und anschließenden Neubau seiner zwei Gebäude an Dürer- und Lortzingstraße vor. Eine Variante, die auch Donhauser persönlich befürwortet. Allein, es geht ums “große Ganze” und “Graue Energie”.

Auch andere Schulen in Dresden – z.B. die Uni-Schule – haben Sanierungsbedarf, brachte Agnes Scharnetzky die Vogelperspektive aufs Stadtgebiet ein. Deshalb sei zu klären, ob eine Entkernung und anschließende Sanierung zumindest eines Gebäudes einem Neubau vorzuziehen sei. Diese Frage hatten Mitglieder des Stadtrates gestellt. Stichwort sei hier die “Graue Energie”, so Donhauser. Gemeinsam mit Expert*innen und Baupolitischen Sprecher*innen wolle er hier nochmals eine Diskussion anstoßen.

Marcello Meschke zeigte sich frustriert über den erneuten Kurswechsel und sprach vom “Verschleiß der Schulgemeinschaft” ob der langen Wartezeit. Er willigte in ein Treffen mit Agnes Scharnetzky und Thomas Löser ein, um einer Lösung näherzukommen.

Lichtblick für das “BSZ AE DD”

“Neidvoll und staunend” äußerte sich Anja Unger, Leiterin des BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung an der Canalettostraße, ob solch zukunftsträchtiger Debatten. In Bezug auf “ihren DDR-Bau” sei von Sanierung noch nicht einmal die Rede gewesen. Als Sorgenkind benannte sie die Zweigstelle in Altroßthal, deren Turnhalle in einem Zustand fern jeder Tragbarkeit sei. “Man fühlt sich als Schulgemeinschaft vergessen und verschoben”, sagte sie und berichtete von einem Gefühl der Verzweiflung im Kollektiv.

Hier konnten Jan Donhauser und Agnes Scharnetzky mit einer frohen Botschaft aufwarten: “Wir können bauen!” Rund 28 Millionen Euro seien für Sanierungen und Erweiterungen angedacht. Bis zur Umsetzung dauere es aber noch, so Donhauser. Ende nächster Woche sei mit konkreteren Perspektiven zu rechnen.

“Welche Schulen braucht die Johannstadt?” – Online-Diskussion vom 5. Mai 2021

Auftakt zum Neuen Anfang: In der Johannstadt entsteht die Jugendkirche für Dresden

eingestellt am 08.05.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Die Ruine der Trinitatiskirche wird in ihrem Inneren bald das Jugendzentrum Jugendkirche beherbergen Foto: Bildausschnitt Foto Peter Weidenhagen

 

Über den Winter entsteht in mancher unscheinbaren Hülle sagenhaft Neues, das dann zum Frühjahrserwachen mit einem Mal die Welt in Staunen versetzt. So stellt sich gerade das Geschehen um das neue Jugendzentrum Jugendkirche dar, die in die im Umbau begriffene Trinitatiskirchruine mit neuen Räumen und einer großen Vision für die Evangelische Jugendarbeit in Dresden ihren Einzug plant. Am Sonntag erhält Tobias Funke als neuer Jugendkirchenpfarrer im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes den Segen zum Beginn seiner Arbeit.

 

Die erste Jugendkirche Dresdens

Schon jetzt sind feste Schritte gesetzt: Der Bau des Jugendzentrums Jugendkirche im Gehäuse der Trinitatiskirchruine läuft trotz mancher Verschiebungen im Soll. Im Laufe des April wurden in das kolossale Stahlgerippe, das sich aus dem Kircheninneren in den offenen Raum nach oben erhebt, die letzten Scheiben eingepasst und ergeben zusammengesetzt jetzt einen imposanten Glaskasten. Ruine und Neubau sind in Dialog miteinander getreten. 

 

Alt und neu auf Tuchfühlung Fotos: Mira Körlin

 

 

 

 

 

 

 

 

Der im Ganzen ins Kircheninnere eingesetzte lichte Glaskubus steht nun dicht und fertig da. Als Herzstück des neu geplanten Jugendzentrums breitet er sein gläsernes Dach über deren gerade entstehende Räume. Im Innenausbau geht es voran: Büros und Besprechungsräume sind im Entstehen. Mitte Dezember soll alles fertig sein. Dann wird die zentrale Arbeitsstelle der Evangelischen Verbandsjugendarbeit mit Referent*innen, Gemeindepädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Teamer*innen und einer Fortbildungsstelle für Ehrenamtliche hier einziehen. 

In Trägerschaft der Ev.-Luth. Kirchenbezirke Dresden Mitte und Dresden Nord wird die Johannstadt das erste Jugendzentrum Jugendkirche Dresdens beheimaten. Es ist angedacht als ein Kristallisationspunkt für die städtische kirchliche Jugendverbandsarbeit und adressiert sich gleichzeitig an Jugendliche im Alter von 13 und 23 Jahren aus der Johannstadt,  unabhängig von religiösen Überzeugungen, durch die Angebote der Offenen Jugendarbeit.  In offenen Räumen und in unterschiedlichsten Formaten können Jugendliche sich  ausprobieren und Erfahrungen ihrer Selbstwirksamkeit innerhalb gesellschaftlicher Prozesse sammeln.

 

Gesegnete Amtseinführung

Unter dem Dach des Jugendzentrums Jugendkirche Dresden wird der schon seit 1994 in der Ruine bestehende „Jugendtreff Trini“ , sowie das Stadtjugendpfarramt als Geschäftsstelle der Evangelischen Jugend Dresden ihren Platz finden. Zusätzlich soll der neu entstehende Raum für Konzerte und Veranstaltungen nutzbar sein.
Pfarrer Tobias Funke ist seit 1.April mit 50% seiner Stelle Jugendkirchenpfarrer der neuen Einrichtung. Am Sonntag den 09.05., 17 Uhr wird Pfarrer Funke in einem feierlichen digital übertragenen Gottesdienst in sein Amt eingesegnet, ebenso die beiden bewährten Köpfe der Offenen Jugendarbeit vor Ort, Marion Kynast und Michael Czupalla.

Die in Johannstadt groß geschriebene soziale Jugendarbeit mit offenem Treff ist aus ihren bisherigen versteckten Räumen im Turm der Trinitatiskirche bereits ausgezogen. Derzeit befindet sich der „Trini“ im Interim auf der Dürerstraße und wird zum Jahreswechsel zurückkehren und seine Räume im Erdgeschoss des Neubaus beziehen. Dort wird es dann wieder heissen: „Hallo, willkommen, mein Name ist Marion“, wenn die engagierte Sozialarbeiterin Jugendlichen die Türe öffnet und der Jugendsozialarbeiter für die jungen Menschen „so etwas wie ein zweites Zuhause“ umsorgt.

 

Innenraum der Trinitatiskirche 2017.Foto: Gerd Hammermüller

Im Kokon rumort es

Bevor das große Kapitel vollverantwortlich für so viele Beteiligte im neuen Jahr 2022 aufgeschlagen werden kann, ist zunächst reichlich Vorarbeit nötig – sowohl konzeptionell planerisch als auch in der Vernetzung im Stadtteil wie auch innerstädtisch. Diese Aufgabe wird Pfarrer Funke im nächsten halben Jahr vor allem betreiben und lädt mit offener Geste ein zur Beteiligung: „Uns werden tolle Möglichkeiten geschenkt, die Arbeit der Evangelischen Jugend in Dresden räumlich und auch inhaltlich neu zu gestalten.“

Die Arbeit, die im architektonisch innovativ gestalteten Gebäude dann stattfinden wird, setzt den Fokus darauf, Jugendlichen Freiräume zu geben, um sich auszuprobieren: Das Motto der Jugendkirche heißt Raum für Zeit für Dich, und steht für freie Entfaltungsmöglichkeiten von Jugendlichen ein, die sich mit eigenen kreativen und handwerklichen Ideen, Projekten und Formaten in die Gesamtgesellschaft einbringen wollen. 

Unter den jetzigen eingeschränkten Bedingungen von Schule, sozialer und kultureller Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe ist besonders deutlich geworden, wie wichtig es gegenwärtig ist, Jugendlichen zuzuhören und Aufmerksamkeit da zu schenken, wo Zukunft in ihrer Entwicklung begriffen ist. Darum soll es im Kern gehen.

 

Tobias Funke in seinem neuen Amt als Jugendpfarrer des Jugendzentrum Jugendkirche Foto: Mira Körlin

 

 

 

 

 

 

Welche Formate es in Zukunft sein werden, die die Aktivität der Jugendkirche prägen und ausmachen, „das steht und fällt mit den Jugendlichen, die sich einbringen und die Formate mitentwickeln“, sagt Pfarrer Funke und nennt Sport- und Kreativangebote, einen Debattierclub und einen Aktionskreis für politisches Engagement, die von dafür geschulten Jugendlichen selbst und/oder in Begleitung von Mitarbeitenden der Jugendkirche veranstaltet werden, sowie auch größere Events wie Konzerte, Bandprojekte und Feste, die zukünftig in den multifunktionalen, barrierefreien Räumen verschiedener Größen geschehen könnten. Der Hauptraum soll nach derzeitigen Planungen eine Kapazität von ca. 250 Plätzen haben. Auch ein Proberaum für Musikbands ist eingeplant.

 

Natürlich werden die wenigsten Pfarrer

Tobias Funke, der selbst als Jugendlicher in seiner Herkunftsgemeinde an der Thomaskirche in Leipzig durch die kirchliche Jugendarbeit geprägt wurde, teilt die Vision, „dass aus Begegnungen auch Ideen entstehen, die unsere Gesellschaft voranbringen und die auch unsere politischen, lebensphilosophischen Grundfragen beackern.“ Jugendliche sollen solche Räume offen stehen, in denen ihr Potential lebendig wird und Wege sich auftun in ein verantwortliches kirchliches oder allgemein gesellschaftliches Leben in Gemeinschaft: „Ich habe Freiräume erlebt, mich in Leitungssachen auszuprobieren, Verantwortung zu übernehmen und speziell für die Berufswahl weiterzukommen.“ Lachend fügt er an: „ Natürlich werden die wenigsten Pfarrer und es müssen auch nicht alle Pfarrer werden. Aber viele, die in der kirchlichen Jugendarbeit unterwegs waren, sind als Erwachsene aktiv eingebunden in sozialen und anderen gesellschaftlichen Bereichen: Was Teilhabe und demokratische Bildung angeht, wird in der evangelische Kirche groß geschrieben. Es gibt nicht wenige, die in der Politik unterwegs sind, die sich vorher in der kirchlichen Gemeindearbeit in Gremien ausprobiert haben und so die Strukturen kennengelernt haben, dass man etwas bewirken kann, wenn man sich engagiert.“ 

 

Bauverwandlung der Trinitatiskirchruine 2020 Foto: G.Hammermüller

 

Neues Zentrum in der Johannstadt

Mit der Jugendkirche soll ein neuer sinnstiftender Begegnungs-, Identifikations- und Kommunikationsort für Jugendliche in Dresden entstehen. Dafür tritt er sein Amt an und bekräftigt die Offenheit des Konzepts: „Unsere von der Stadt Dresden finanzierte offene Jugendarbeit verpflichtet zu offenen Angeboten und breit aufgestellter Mitbeteiligung, die nicht konfessionell gebunden ist. Außerdem gibt es die Förderung des Jugendkirchenbaus zu 80-90% durch EU-Mittel, was bedingt, dass es keine kirchliche Engführung gibt.“

Konkret für die Johannstadt erläutert er: „Ich stelle mir ein christliches Jugend- und Kulturzentrum vor, das städtebaulich im neuen Zentrum der Johannstadt liegt und anstiftend, vernetzend und verbindend in den Stadtteil und darüber hinaus wirken kann.“ 

 

Der Kokon beginnt sich zu weiten. Mit der Jugendkirche wird etwas Neues in Dresden schlüpfen, das an diesem Sonntag einen feierlichen Auftakt und Segen erfährt.

 

Weitere Informationen:

Launch Meeting – Zoom zum Gottesdienst unter www.johanneskirchgemeinde.de

Kontakt: Jugendkirchenpfarrer Tobias Funke, tobias.funke@evlks.de, Tel. 01638447500

Bautagebuch: https://www.evangelische-jugend-dresden.de/jugendzentrum-jugendkirche/bautagebuch