Caravan-Tourismus auf Zeit in der Johannstadt

eingestellt am 02.07.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Caravan-Camping am Käthe-Kollwitz-Ufer: Funktioniert ohne Anmeldung und ohne Luxus, aber nicht auf die Dauer Foto:Anja Hilgert

Es wird Ferienzeit und Dresden gilt bei Kurzurlauber*innen und Städtereisenden schon immer als ein attraktives Ziel. Reisebeschränkungen und eine gemischte Gefühlsanlage, was das Fernreisen generell angeht, mögen Dresden in dieser Saison die Besucher*innen zurückbringen, die die Stadt im Frühjahr einbüßen musste. Nun gibt es Ideen, besonders Caravan-Tourist*innen für einen Stopp in Dresden zu begeistern.

Johannstädter Caravan-Romantik

Für ein, zwei Nächte sparsam im städtischen Grün am Johannstädter Rand Foto: Anja Hilgert

Um den Tourismus anzukurbeln und damit Gastronomie und Handel in der Corona-Krise zu stärken, erweitert die Landeshauptstadt ihre Stellflächen für Caravans und Wohnmobile. „Corona hat dem ohnehin boomenden Caravan-Tourismus in Deutschland noch einmal einen kräftigen Schub gegeben. Wir reagieren auf diesen Trend und laden die europäischen Camper in die Elbmetropole ein!“, sagt Corinne Miseer, Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH (DMG).

Was ab 15.Juli 2020 als lockendes Angebot auf den neu geschaffenen 40 Stellplätzen auf einem weiträumigen Parkplatz an der Pieschener Allee gilt, hat sich am Johannstädter Elbufer in den vergangenen Jahren bereits fest eingespielt: Hier stehen regelmäßig Nummernschilder aus S, DA, FR oder WI und aus ganz NRW und bleiben für ein, zwei Nächte stehen.

Füße hochlegen im Quartier

Am Käthe-Kollwitz-Ufer, anschließend an die künftige Bebauungsfläche der FlüWo Bauen Wohnen eG werden Stellplätze sowohl für PKW als auch Caravan angeboten. Gegen eine Parkgebühr von 12€/Tag findet sich hier unter hohen Bäumen und frischer Elbbrise ein schattiges Plätzchen fürs Wohnmobil. Es gibt weder Strom noch Wasser, doch zum Auspacken der Campingsstühle ist reichlich Raum und zum Füße hochlegen im Freien genügt auch die sparsame Atmosphäre.

Gerahmt vom gründerzeitlichen Hintergrund der Florian-Geyer-Straße hat der Platz seinen Ausschnitt an angenehm städtischem Flair. Schließlich ist es zur Elbe und ihren grünen Wiesen nicht weit, Altstadt und Neustadt sind zu Fuß bzw über die öffentlichen Verkehrsmittel aus der Johannstadt ohne Aufwand zu erreichen und vielfache Einkaufsmöglichkeiten gibt es über die Pfotenhauerstraße gleich um die Ecke…Und wer sich vom Platz nicht mehr weg bewegen möchte, bekommt die Brötchen an die Bustür geliefert, wie das Inserat von Bäcker Henschel auf der Parkplatz-Stellwand verspricht.

Stellplatz-Angebot mit Minimal-Komfort       Foto: Anja Hilgert

Der Aufenthalt funktioniert ganz ohne Anmeldung, per Kasse vor Ort. In und um die Landeshauptstadt Dresden gibt es damit nun über 1.000 städtische und private Caravan-Parkplätze mit unterschiedlichem Service.

Campingidylle auf Zeit

Erwähnenswert ist allerdings, das die Nutzung in der Johannstadt aus städtischer Sicht definitiv eine zwischenzeitliche ist: Die Campingidylle wird nicht mehr lange anhalten. Die auswärtigen Großstadtnomaden in ihren voll ausgestatteten mobilen Bleiben werden ihrer Wege ziehen müssen, wenn der Platz seiner Bestimmung gemäß bebaut wird. Die Fläche ist für Menschen bestimmt, die in Dresden sesshaft sind und werden wollen.

Der Bebauungsplan Nr.079 sieht die Wiederherstellung der gründerzeitlichen Bebauung vor. Die Flächen wurden vom Stadtrat als Vorbehaltsflächen für sozialen Wohnungsbau ausgewiesen.

 

Weiterführende Informationen

Trotz Kälteeinbrüchen: Der Dresdner Frühling war der trockenste seit 1961

eingestellt am 11.06.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Der Klimawandel bringt Trockenheit und Hitze. Foto: Philine Schlick

Dresdens oberirdische Gewässer führen nach dem zu trockenen Frühling so wenig Wasser, dass das Umweltamt am Wochenende verboten hat, Wasser aus Bächen zu entnehmen. Das Frühjahr gilt eigentlich als “Trinkphase” für die Natur vor der Sommerhitze. Die vergangenen heißen Sommer haben den Pegeln stark zugesetzt. Der Niederschlag im Mai konnte den Mangel nicht ausgleichen.

Gefühlt war der Frühling nach einem hitzigen Osterhoch bislang bewölkt und feucht. Die Eisheiligen kamen pünktlich Mitte Mai und schienen sich mit nasskaltem Wetter ungewöhnlich lang zu halten. Die allgemeine Trockenheit konnten sie aber nicht ausgleichen. Der Frühling war der trockenste seit 1961, berichtet das Umweltamt. In den vergangenen drei Monaten fielen insgesamt nur 70,1 Millimeter Regen. Dies ist nicht der einzige auffällige Wert.

Unterwasserbegegnung an der Elbe. Foto: Anja Hilgert
Unterwasserbegegnung an der Elbe. Foto: Anja Hilgert

– 6,3 Grad Celsius im März

Zwischen dem 22. und dem 23. März zeigte das Thermometer unter Hoch “Jürgen” frostige 6,3 Grad Minus an. So kalt war es im ganzen Winter nicht geworden. Diesem Wert stehen 177 Sonnenstunden im März gegenüber. Verglichen mit dem Klimareferenzwert zwischen 1961 und 1990 bedeutet das 61 Prozent mehr Sonne – und mit 25 Millilitern Niederschlag an 13 Tagen 40 Prozent weniger Regen verglichen mit 41,8 Millilitern an 14 Tagen im Referenzzeitraum. Noch im Mai sanken die Temperaturen in den Minusbereich: Das war am 12., wo es mit – 0,2 Grad Celsius einen Frosttag gab.

Nur zwei Regentage im April

Der April 2020 zählt gerade einmal zwei Regentage und lieferte statt Aprilwetters Sonne satt. Insgesamt fielen in diesem Monat nur 1,9 Milliliter Niederschlag. Das macht den April zum sonnigsten seit 1961 – an Trockenheit überboten wird er laut Messungen der Wetterstation Klotzsche nur vom April 2007 mit 0,9 Millilitern. Die sonnige und trockene Wettersituation sorgte dafür, dass der April 2020 die größte Temperaturabweichung gegenüber 1961 bis 1990 erreichte. Mit 11,0 statt 8,0 Grad Celsius war es der neuntwärmste April seit Aufzeichnungsbeginn an der Station Dresden-Klotzsche.

Gießkannen auf dem Trinitatisfriedhof. Foto: Philine Schlick

Seit 2017 überwiegen die Niederschlagsdefizite in Dresden. Von November 2017 bis Ende Mai 2020 beträgt das aufsummierte Niederschlagsdefizit etwa 500 Millimeter. Der Mittelwert der Jahresniederschlagssumme 1961 bis 1990 misst 669 Millimeter. Damit fehlt also allein in den letzten zweieinhalb Jahren schon fast ein ganzer Jahresniederschlag. Ein Anzeiger für die Trockenheit ist besonders der Elbpegel.

Niedriger Elbpegel macht mangelnde Niederschläge sichtbar

Im Einzugsbereich der Elbe in Tschechien fehlt es seit Jahren an kräftigen Niederschlägen, die die Elbe speisen. Wenn dort Dürre herrscht, ist das hier in der Stadt zu sehen. Am 10. und 11. Mai 2020 wurde am Pegel Dresden der niedrigste Tagesmittelwert in einem Mai seit der Inbetriebnahme der Moldaukaskaden im Jahr 1964 registriert: Der Pegelwert erreichte nur 68 Zentimeter. Da im Winter nahezu kein Schnee fiel, blieb auch das Wasser der Schneeschmelze aus.

Zur Folge hat der Wassermangel auch einen bedenklich niedrigen Grundwasserstand: Im Durchschnitt liegen die Grundwasserstände an den städtischen Messstellen etwa 90 Zentimeter unter dem Monatsmittelwert der letzten elf Jahre. Die weitere Entwicklung wird vom Niederschlags- und Temperaturverlauf der nächsten Monate abhängen. Allerdings ist selbst bei ergiebigen Niederschlägen nicht mit einer zügigen Wiederauffüllung des Grundwasserleiters zu rechnen.

Blick auf die Elbwiesen. Foto: Christina Eppers
Blick auf die Elbwiesen. Foto: Christina Eppers

„Das fehlende Wasser in den lokalen Grundwassersspeichern konnte nicht ausgeglichen werden,“ erklärt Wolfgang Socher, Leiter des Umweltamtes Dresden. „Im Vergleich zu den langfristig gemessenen Monatsmittelwerten des Deutschen Wetterdienstes für Dresden hat sich seit 2013 ein Niederschlagsdefizit von rund 470 Liter pro Quadratmeter summiert. Das entspricht der Regenmenge, die in Dresden durchschnittlich in einem dreiviertel Jahr fällt“, sagt Socher.

Umweltamt ordnet Entnahme-Stopp bis zum 15. Oktober 2020 an

„Verschärft und mitverursacht wird die Situation durch die Dürrejahre 2018 und 2019. Die ungewöhnlich starken Niedrigwasserphasen dieser Jahre ließen zahlreiche Dresdner Bäche und Flüsse vollständig oder über weite Strecken austrocknen“, erklärt Wolfgang Socher, und ergänzt: „Dazu zählte auch die Prießnitz, einer der größten Bäche im Stadtgebiet.“

Alle 40 Fließgewässer in Dresden führen zu wenig Wasser. Deshalb hat das Umweltamt einen Entnahme-Stopp bis zum 15. Oktober 2020 angeordnet. Wasser darf weder geschöpft noch gepumpt werden – ausgenommen ist die Elbe und in punkto Wasserentnahme mit Handgefäßen die Vereinigte Weißeritz sowie der Lockwitzbach. Werden bei Gewässerkontrollen Verstöße festgestellt, kann dies als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Das Bußgeld beträgt mindestens 50 Euro.

Klimawandel bringt weitere Trockenheit

Vom Wassermangel besonders betroffen sind die Fische. Bei Austrocknung des Fließgewässers sterben sie oder wandern ab. Im Stadtgebiet besiedeln Fische die ausgetrockneten Abschnitte wegen mangelnder Rückzugsräume – wenn überhaupt – oft nur langsam.

Das Dresdner Umweltamt hat bereits an vielen Stellen Stadtgewässer renaturiert. Ufergehölze sorgen für mehr Abkühlung und weniger Verdunstung. Die begonnenen Projekte müssen in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Langfristig soll es gelingen, die natürlichen Gewässer und ihre Einzugsgebiete widerstandsfähiger gegen klimabedingte Veränderungen zu machen.

Prognosen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sagen in den nächsten Jahren klimawandelbedingt weiter steigende Temperaturen, spürbar geringere Niederschläge und die Zunahme extremer Wetterereignisse voraus. Damit ist auch zukünftig häufiger mit Niedrigwasserphasen zu rechnen.

Aktuelle Informationen

  • im Themenstadtplan unter stadtplan.dresden.de: Im Themenfeld Umwelt, Kategorie Wasser lassen sich Daten aktuell einsehen und Hintergrundinformationen zu einzelnen Gewässern aufrufen.
  • Fragen beantwortet das Umweltamt unter Telefon 0351-4886241

Der Johann ist da: Restaurant & Elblounge öffnet Türen und Terrassen!

eingestellt am 26.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Ein neues Haus für Gastlichkeit am Johannstädter Elbufer Foto: Anja Hilgert

Ein kleines Fenster war blau im Himmel zur Eröffnung der Johannstadt-Elblounge am Tag vor Himmelfahrt. Seit 20.Mai stehen die Türen offen in dem modern sanierten, lange erwarteten und bis auf Kleinigkeiten nun fertiggestellten Neu-Umbau des ehemaligen Johannstädters am Käthe-Kollwitz-Ufer.

Der Johann, wie die Adresse zum Ausgehen in der Johannstadt nun heißt, präsentiert sich mit einladendem Schaufenster zur Straßenfront. Da fehlt nur noch der beleuchtende Rahmen. Doch der Blick durchs Fenster selbst ist verlockend: Offen gehaltene Räume, gönnerhafte Gastlichkeit und eine Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Im Fenster spiegelt sich die gegenüberliegende Gründerzeitfassade und integriert den grau-weißen kubischen Flachbau in seine städtische Umgebung.

 

Attraktive Lage für den neuen Johann         Foto: Anja Hilgert

Der Termin der Eröffnung fiel günstig: Johannstädter*innen und andere Neugierige, die das neu entstehende Restaurant in der attraktiven Lage an Johannstädter Elbufer und Elberadweg über die vergangenen Wochen in den Blick genommen hatten, konnten die Neueröffnung zum Himmelfahrt-Wochenende gut als Auftakt nutzen für lang aufgestaute Sehnsüchte nach einer Kultur des Ausgehens, mit der Familie oder unter Freunden auswärts essen und etwas trinken zu gehen und es sich gut gehen zu lassen. Reservierungen für die bemessen aufgestellten Tische waren für das verlängerte Feiertags-Wochenende schon vorab angenommen worden.

Schaufenster zur neuen Gastlichkeit                   Foto: Anja Hilgert

Ich mag es aufgeräumt

Ein stattlicher Bau, der sich über drei Etagen mit einem Lokal sehen lässt, das alle Ansprüche gepflegter Gastronomie befriedigen möchte: Großzügige Räume in modern ansprechender, schlichter Noblesse für die Gäste, exklusive Polstermöbel und ausgewähltes Lampendesign, Weitläufigkeit bei hohen Decken und durchgehender Fensterfront, die reichlich mit Licht versorgt, nicht nur eine, sondern gleich zwei Terrassen mit bester Frischluft-Aussicht und ein freundlicher Service, der von einer zentralen dreiseitigen Theke den Überblick behält.

„Ich mag es tatsächlich aufgeräumt“, sagt Geschäftsführerin Laura Girke und führt zuvorkommend durchs Etablissement, in dem sie als Pächterin nach eigenen Vorstellungen waltet: „Unser Ansinnen ist eine regionale, saisonal wechselnde Küche mit frisch zubereiteten Speisen. Auch viele Schnäpse kommen aus der Region.“

Laura Girke ist Geschäftsführerin der Johann-elblounge    Foto:Anja Hilgert

Ob Fisch aus privater Zucht, Gemüse aus Radebeul, hausgebackene Kuchen, Torten und sogar auch Brote, das Angebot stammt aus der Region unmittelbar vor den Toren der Stadt. Alltag ist zuhause, deshalb wird im Restaurant ein ausgewählterer Geschmack bekocht. Die Ravioli sind hausgemacht und Maisgries kommt verfeinert als Kerbelpolenta. Das Steak vom Elbweiderind und die Hüfte vom Lamm bereichern warme und kalte Salate und wer mag, bestellt Sekt vom Schloss und Wein aus Privatkellerei.

Seperate Gasträume in weitläufigem Lokal         Foto: Anja Hilgert

Die Verlangsamung für den Gaumen: Slow food

Der Johann setzt mit der Vielfalt seiner Speisekarte auf Slow food. Das erklärt die erlesene und zugleich bodenständige Auswahl an Gerichten und Menüs. Es geht zum Einen um Verantwortung fürs Essen: Verwendet werden sowohl pflanzliche als auch tierische Produkte, bei denen gesichert ist, woher sie kommen. Eine stattliche Liste heimischer Produzenten beliefert die Küche und spricht für Sorgfalt, Qualität und saisonale Frische. Die Speisen sind dadurch hochwertig, nahrhaft und gesund.

Da Essen nicht nur satt machen, sondern auch möglichst Leib und Seele zusammenhalten soll, liest sich die Speisekarte wie Musik für den Gaumen: Bärlauchschaum und Mairübchen verführen nicht nur mit jahreszeitlichem Genuss, sondern sind auch achtsam zubereitet. Der bewusste Umgang mit ausgewählten Zutaten macht ein schonend zubereitetes, wohlschmeckendes Mahl und die Mischung aus traditionell heimischer Küche und zeitgenössischem Anspruch an die Kochkunst tischt das Besondere auf.

 

Noch weit auseinandergerückt: Plätze mit Fernsicht
Foto: Anja Hilgert

Unbeschwert essen gehen am Hochzeitstag

Für Laura Girke ist es ein Herzensanliegen, dass sich in ihrem Lokal Kinder genauso gut aufgehoben fühlen wie Erwachsene. Damit schließt sie im kinderreichen Johannstädter Stadtteil an den Wunsch nach einem Familienlokal an: „Auch einmal schön und chic zum Abendessen am Hochzeitstag ausgehen zu können“, wünscht sie jungen Eltern und hat für die Einrichtung eines eigenen Kinderzimmers gesorgt: „Fernab und außer Hörweite von den Tischen gibt es einen Kinderbereich, wo Kinder für sich Beschäftigung haben, wenn die Erwachsenen zu Tisch sitzen.“

Zum Eröffnungstag schlenderten durchaus auch einige feiner als alltäglich gekleidete Paare zur Tür hinein, schauen sich um, betrachten, erwägen und sind, so bestätigt es ein Johannstädter Ehepaar, wohlwollend, empfinden das neue Lokal als „ansprechend“.

“Als Johannstädter, da darf man sich bekennen.” Besucherpaar am Eröffnungstag Foto: Anja Hilgert

Viele, die jetzt hier einkehren, kannten noch den alten Johannstädter, der mit Kegelbahn im Keller, mit Betriebsfeiern und im Lokal ausgerichteten Silvesterfeierlichkeiten eine feste Bindung zur Johannstädter Kundschaft aufgebaut und damit identitätsstiftend gewirkt hatte fürs Viertel. Nun sind sie erfreut, dass es wieder ein Lokal gibt, dass das Potential dazu hat, eine echte Gaststätte für Johannstädter*innen und vielleicht nicht nur für diese, zu werden.

Viel Platz für weite Sicht Foto: Anja Hilgert

Im Außenbereich bemühen sich rahmende Details, die recht nackte Architektur einzubinden in die sonstige grüne Umgebung: Kletterpflanzenbewuchs, Erdbeertöpfchen auf den Tischen und auf dem oberen Deck – so ist man verleitet, die höher gelegene zweite Terrasse zu nennen- ein angelegtes Gartenstück mit zart blühenden Pflänzchen, vor denen man sich in einem der Hängekörbe dort oben illuster schaukeln kann. Ob es allerdings andauernd Radiomusik sein muss, die das Verweilen im ganzen Haus beschallt, ist eine Frage, die sich noch mit dem guten Geschmack der Kundschaft beantworten muss.

Johann – Elblounge & Restaurant

  • www.johann-elblounge.de
  • Reservierungen und Anfragen via 0351 45699950 oder info@johann-elblounge.de

“Elbflorenz” pendelt ab Dienstag wieder

eingestellt am 25.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Fähre in Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Die Fähre “Elbflorenz” ist nach dreiwöchiger Pause ab Dienstagmorgen wieder im Einsatz. Auf dem Schiff werden am heutigen Montag die letzten Handgriffe erledigt, bevor der Fährbetrieb wieder startet. Die “Johanna” befindet sich allerdings immer noch in der Werft in Kleinzschachwitz. 

Am Fährgarten Johannstadt sind wieder die vertrauten gelben Fähranleger zu sehen. Am heutigen Montag wurden die renovierten Pontons wieder angebracht, nachdem sie drei Wochen lang auf Vordermann gebracht wurden. In Betrieb geht die Anlage allerdings erst morgen früh.

“Die Elektrik am Steg muss noch angebracht werden”, berichtet DVB-Sprecher Falk Lösch. Die zuständigen Elektriker hätten an anderer Stelle noch eine Havarie gehabt, deshalb verzögerten sich die Arbeiten.

Die Fähre “Elbflorenz” ist frisch gestrichen wieder im Einsatz und half dabei, die Pontons am Montagvormittag auf ihre Position zu schieben. Sie ersetzt weiterhin die “Johanna”, die sich wegen eines Motorschadens noch in Reparatur befindet.

Falk Lösch: “Der Motor der Johanna wurde in den Altbundesländern aufgearbeitet. Es handelt sich um ein Produkt der italienischen Marke Iveco. Derzeit wartet man noch auf einige Ersatzteile aus Italien.”

Sobald diese eingetroffen und verbaut sind, kann die “Johanna” wieder pendeln. Bis dahin müssen Fahrgäste mit der älteren, aber auch größeren “Elbflorenz” Vorlieb nehmen.

Schatzinsel an der Elbe

eingestellt am 13.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: An den Elbwiesen hat ein*e Unbekannt*e ein Bücherlager auf Spendenbasis eingerichtet. Foto: Mohammad Ghith Al Haj Hossin

Beitrag von Mohammad Ghith Al Haj Hossin

Die Stadtteilredaktion von johannstadt.de hat einen neuen Mitarbeiter. Bisher war der aus Syrien stammende Journalist Mohammad Ghith Al Haj Hossin als Übersetzer für die Seite des Stadtteilvereins tätig. Nun wird er regelmäßig Artikel für das Portal schreiben. Sein erster handelt von einem Schatzfund auf den Elbwiesen.

Als ich auf der grünen Wiese an der Elbe in Johannstadt lief, war die Umgebung, wie an jedem sonnigen Tag voller Freude. Eine Gruppe von Jugendlichen tanzte leichtfüßig zu Zumba-Musik. Die andere Gruppe spielte Frisbee. Manche sind gejoggt, gelaufen oder sind mit dem Fahrrad gefahren. Es war ein schöner Augenblick voller Lebensfreude.

“Bald wirst du 82 sein …”

Am Anfang dachte ich, da sei eine Gepäcktasche mit vielen Kleidungsstücken auf den Boden geworfen wurden. Aber als ich mich näherte war, fand ich etwas anderes. Es war ein alter Koffer voller Bücher,  darunter Romane und Filme für Kinder und Erwachsene. Es gab auch Papiertüten zum Mitnehmen. In der Mitte stand ein Plakat, auf dem geschrieben stand: “Bücher gegen Spende, ab 50ct bis so viel es dir wert ist. Bitte Abstand zueinander halten. Viel Spaß!”

Eine Mutter mit ihrem Kind ist von ihrem Fahrrad abgestiegen und hat viele Bücher gehalten. Dann hat sie eines ausgewählt, bezahlte es und ging freudig. Ich habe auch ein Buch gewählt und bezahlte. Das Buch heißt ‚Brief an D: Geschichte einer Liebe‘. Auf den Buchumschlag stand etwas geschrieben, was mir gefallen hat: “Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden, Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist Du schön, graziös und begehrenswert. Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe Dich mehr denn je.”

Geschichte einer Liebe

Es fing an, als ich 9 Jahre alt war. Ich konnte mich nicht gut in der Schule aufs Lesen und Schreiben konzentrieren. Aber im Sommer der dritten Klasse wurde alles anders. Ich verliebte mich in Bücher. Vor allem liebte ich gebrauchte Bücher. Ich denke immer, dass sie die Spuren der anderen Leute in sich tragen, die vorher in ihnen gelesen haben.

In einem gebrauchten Buch finden wir möglicherweise eine Notiz, ein Foto oder einen schönen Satz, die an jemand geschrieben wurden. Es ist wie ‚a message in a bottle‘, in dem die Botschaft eines Unbekannten den Leser in einem anderen Platz, oder in anderen Zeit erreicht.

Jedes Buch eine Schatzkarte

Es schien mir, dass dieser Koffer mit den Büchern wie eine Schatzinsel umgeben von grünen Wiesen war. Jedes Buch ist eine Schatzkarte, die uns helfen kann, unser eigenes Selbst zu finden. Ohne unsere Platz zu verlassen. Der Schatz war im offenen Koffer, wo keine Geheimnisse versteckt werden. Wir brauchen nur die Entscheidung treffen,  ein Buch, das uns gefällt zu wählen und eine schöne Reise mit ihm zu machen.

Ich habe nicht nach der Besitzer*in des Koffers gesucht. Es interessierte mich nicht. Im Gegenteil: Ich wollte ich ihn/sie wie eine mysteriöser Figur lassen. Ich habe gedacht, das Mädchen, das neben mir gestanden hatte, könne die Besitzerin sein, aber ich ignorierte dieses Gefühl und kehrte nach Hause zurück. Weil sie oder er sich auf diese schöne Weise vorgestellt hatte, ohne eine Identität zu zeigen, war es kein Geschäft.

Lesen bedeutet für mich weit mehr als nur ein Beruf als Journalist oder ein Hobby in der Freizeit. In meinem Leben verbindet sich die Lust am Lesen mit der Lust am Leben. Deswegen kann ich mir mein Leben ohne Bücher nicht vorstellen.

Unterwasser-Begegnung zweier Künstlerinnen an der Elbe

eingestellt am 03.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Dramatische Geste einer Wassernymphe - Die Undine am Johannstädter Elbufer Foto: Anja Hilgert


Am Bücherregal entlang streifen und ein Buch, neugierig hervorgezogen, aufblättern, an Seiten hängenbleiben, die, willkürlich aufgeschlagen, in dem Moment genau Sinn machen. Manchmal geht es so und genau das Richtige kommt zu einem.
Was zuerst kam – das Buch von Ingeborg Bachmann oder was davor war, weiß ich nicht mehr genau.
Es hat mit der markanten Skulptur zu tun, die am Grat des Uferwegs steht, wo die Wiesen beim Fährgarten übergehen in den schmalen Elbstrand. Mit ihr wird mehr als eine Geschichte erzählt. Namenlos, wie sie da steht, diese hohe Frauengestalt, wirft sie zu Lande und vom Wasser aus die Frage auf, wer sie denn sei und was sie im Sinn trage, die große Schreitende.

 

Wort oder Bild – wer erzählt zuerst seine Geschichte

In der Krise ist Zeit, wirklich wieder einmal zu lesen, eine Novelle, Erzähltext von nicht gleich nachvollziehbarer Geschichte, aber in einem Wortlaut, der ergreifend ist. Und einem Thema, das kraftvoll in tiefe Gewässer zieht. So kam es zur erstaunlichen Begegnung mit der verehrten Dichterin Ingeborg Bachmann, unerwartet und ausgerechnet in der Johannstadt.

Ich bin, wie häufig von meiner Johannstädter Wohnstatt aus, an der Elbe spazieren gewesen. Da ist, wie in Wiederholung einer häufig gerätselten Frage diese einzige Skulptur dort am Ufer, weithin hervorstehend, mir in den Weg getreten und hat den Anstoß versetzt, zu recherchieren, wenn es sich anders nicht auflösen lässt: Wer ist diese Frauengestalt, die, Haare raufend, ihre Mähne schüttelnd, himmelwärts gestikulierend oder kurz davor, wild einzutauchen in die Elbe, am Ufer steht oder geht?

Man ist ihr ohne Hinweis vor Ort direkt ausgesetzt. Es findet sich nicht wie so oft ein titelgebendes Täfelchen oder ein Name verzeichnet. Nur die 3,50m hohe Skulptur selbst, die nichts anderes tut, als da zu sein und sich in den Weg zu stellen, gestisch, energisch, rostverwittert, geheimnisträgerisch.

An ihrem Fuß ist ein Klappmechanismus angebracht, um sie bei flutendem Hochwasser umlegen zu können, dass kein Treibgut sich an ihr verfängt. Im Trockenen stehend, verfangen sich Aufschriften und Kritzeleien aus Kreide, was meint, dass sie es auf sich zieht, sich mit ihr auseinanderzusetzen.

 

Zuschreibungen, die sich auf der Skulptur verfangen                                 Foto: Anja Hilgert

Expressive künstlerische Zärtlichkeit

Mein Nachforschen ergibt, es handelt sich um das Werk der Dresdner Künstlerin Angela Hampel (*1956) mit dem Titel „Undine geht“.

Angela Hampel ist bekannt. Ihr künstlerisches Werk und engagierter Einsatz für Natur und Umwelt bis ins Politische hinein stehen für eine intensive Verbundenheit, die ihr bis heute ununterbrochen Anerkennung zukommen lässt.

Als Grafikerin vereint sie sinnlich starkes Einfühlungsvermögen und unerschrockene Expressivität in verschiedenen drucktechnischen Verfahren. Sie ist experimentell als Objektkünstlerin und ist Schöpferin zahlreicher Künstlerbücher für Literaten und Schriftstellerinnen. Eine Stärke Angela Hampels scheint zu sein, entscheidende Momente zu ergreifen und unmittelbar wirksam zu werden. So war sie Gründungskünstlerin der Dresdner Sezession 89. Zeit ihres Schaffens ist Angela Hampel deutlich eingetreten für eine weibliche Repräsentation in der Kunst.

Und Undine? Wer ist Undine? Warum will sie gehen? Gefällt es ihr nicht in der Johannstadt?

Beseelte Natur

Mit Undine (vgl. ital. l’onda, französisch l’onde: die Welle) gelangen wir in die Welt des Mythischen und Sagenhaften. Hier ist die Natur beseelt. Undinen sind Nymphen, weiblich jungfräuliche Elementarwesen in der Natur des Wassers. Ihr tänzerisch heiteres Spielen und Wirken verleiht dem Wasser seine Lebendigkeit.

Die Herkunft der Undinen liegt unergründlich in der magischen Tiefe des Ozeans, der sich in Flüssen und Seen fruchtbringend über das Land ergießt. Seinem natürlichen Element nach ist Wasser ewiges unaufhaltsames Fließen. Undinen als Geistwesen des Wassers gehören dem weiblich bezeichneten grenzenlos Naturhaften, Kreisenden, Träumenden, Unbewussten an.

Sie begleiten unter anderem als Gespielinnen Aphrodite oder Venus, Göttin der Liebe und der Schönheit, die auf Wellenschaumkronen aus dem Wasser an Land getragen wird.

Wo sie auftritt, sprießt und gedeiht und blüht es. Dafür muss Wasser über die Ufer treten, muss die Liebe an Land gehen und empfangen werden.

 

Silhouette einer Wassernymphe vor der Stadt am Elbufer                                Foto: Anja Hilgert

Das geheimnisvolle Leben der Wasserfrau

Eine Undine kann das in sich kreisende, immer wieder zum eigenen Ursprung rückkehrende Element des Wassers nur verlassen und selbst eine Seele und gegenwärtiges Leben erlangen, indem sie sich mit einem Menschen-Mann vereint.
Dazu muss sie, die aus dem Wasser stammt, an Land gehen und einen Mann finden, der ihrem unbändigen, freien, ungestümen, sich stets entwindenden Wesen die Treue hält. Einem Mann, der ihr untreu wird und sie verrät, bringt sie den Tod und sie selbst muss ins Wasser zurückkehren.

Dem Mythos nach kommt die Schöpfernatur in ihrem ewig nährenden Fluss ohne Anfang und Ende nur im schaffenden Geist der Formgebung zu wirklichem Halt und Gestalt und eigenem Erkennen. An ihm wacht sie auf. Zu ihr ist er hingezogen.
In der Vereinigung von Natur und Geist, Unbewusstem und wachendem Bewusstsein, Fülle und Fokus, Weiblichem und Männlichem, entsteht und pulsiert Leben. In dieser Begegnung, Reibung und diesem Spiel besteht das nie leer werdende Elixier sowohl der Liebe als auch der Kunst.

Kraft der eigenen Stimme bei Verstand bleiben

Eine Dichterin, der Kunst wie der Liebe bedingungslos hingegeben, hat der unter Wasser lebenden, sprachlosen Undine Stimmgewalt verliehen.
Ingeborg Bachmann (1926-1973) hat sich des Mythos’ aus der Innensicht der Wasserfrau angenommen: „Undine geht“ gehört zu ihren bekanntesten Erzählungen aus dem ersten Erzählband „Das dreißigste Jahr“ (1961).

Ihre Undine klagt, empört sich, bäumt sich auf, sträubt und verwehrt sich gegen Landgang und Begegnenmüssen mit dem beharrlich männlichen Wesen, den verschiedenen Männern, die sie in ihrem fließend flutenden Wesen nicht erkennen, nicht halten und ertragen, ihr nicht vertrauen und ihr entfliehen, ins Häusliche.

Ein Text, der es in sich hat, vor Aufschrei und Abrede über das Unwiderstehliche, Lust- und Leidvolle des Hingebens, in der Liebe wie der Kunst. Eindringlich wie ein Mantra über die permanente Nähe zum Scheitern und Verlorengehen als Elixier, es glücken zu lassen, in der Liebe, im künstlerischen Prozess. Beide sind, ihrer Natur nach unendlich, vergegenwärtigen sich in der Magie eines Moments.

In Dresden an Land gebracht

Angela Hampel, die in Dresden beheimatet und nicht gegangen, sondern da geblieben ist, hat sich in verschiedenen Werken dem Element Wasser gewidmet.
Die Arbeit der Undine, die 1998 als Gemeinschaftsprojekt an Rhein und Elbe entstanden ist, reicht an den Mythos heran und nimmt über den Titel hinaus Bezug auf Ingeborg Bachmanns Erzählung und die unerbittliche Thematik des elementar Weiblichen.

Die eine, „Undine geht“ steht hoch aufragend am Johannstädter Ufer und bildet, stadteinwärts blickend, ihr Profil vor der Dresdner Stadtsilhouette ab.
Ihr Pendant, „Undine kommt“ ist in Pieschen aufgestellt, ursprünglich an der Hafenmole, doch zum Bau der Fahrradbrücke umgezogen ans Ufer zu deren Fuße.
Beide verbindet der Fluss der Elbe.

Angela Hampel hat für ihre Undinen das überdauernde, wetterfeste und robuste Material des Baustahls gewählt und seiner übermannshohen Fläche einen filigranen Schnitt  verliehen. Die Figur, in weicher Linie eines weiblich konturierten Körpers, passt sich in ihrer Überlebensgröße dem Landschaftsrahmen an und vermag mit der Weite des Flusses zu sprechen.

Kommen und Gehen sind ein Wellenschlag

Vor dem Sprung zurück in die Strömung          Foto: Anja Hilgert

Undine geht von der Johannstadt aus mit der Strömung des Flusses. Sich treiben lassen, flussabwärts, das Wasser trägt, von der Quelle aus leicht und fließend. Um wieder zu kommen, muss sie gegen den Strom aus dem Wasser steigen. Es ist ein Moment von Kampf und geht beschwerlich gegen den Widerstand des Wassers. Alle Kraft muss von ihr ausgehen. Was, wenn das Ufer anders bereit wäre?

Der Ruf der Undinen, zu dessen Repertoir der betörende Gesang der Sirenen zählt, der Odysseus nahezu den Verstand gekostet hätte, legt sich lockend über die Wasser. Der weiche, wellenartige, rhythmisch wogende Gesang erklingt, wenn die Liebe im Begriff ist zu landen.

Ein Kunstwerk magischen Wissens hat diese Entdeckung beschert.
Manchmal stößt man auf eigentümliche Dinge und ohne zu wissen, was sie bedeuten, folgt man ihrer Spur. Dann ist wieder einmal Zeit, an sich selbst aufzuwachen und die Fließrichtung neu auszumachen.

 

 

Aktuelle Ausstellung von Angela Hampel in Dresden:

https://www.artundform.de/angela-hampel-sei-dennoch-unverzagt.html

 

Weiterführende Hinweise:

https://www.wikiwand.com/de/Liste_von_Skulpturen_und_Kleindenkmalen_in_der_Johannstadt_(Dresden))

http://www.angelahampel.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Angela_Hampel

Schaukeln ins Frühlings-Himmelblau

eingestellt am 19.04.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Magisches Geschenk an Ruhe und Glückseligkeit: Die selbstgebaute Schaukel am Elbestrand. Foto: Anja Hilgert

 

Erfindung macht die Meister*in! In Zeiten, da Spielplätze gesperrt und bewacht sind und jeglicher Zutritt untersagt, ja, Spielen auf Spielplätzen streng verboten ist, streunen und stromern kleine und große Menschen vom Drang nach Spiel und Bewegung angetrieben draußen in den Gefilden der Natur. Vor allem die Lust zum Spielen lässt sich nicht so einfach deckeln, sie bricht sich an unvorhergesehenen Stellen neue Wege.

 

Spielen erlaubt in Wind und Sonne am Elbestrand

Nicht nur, dass sich breit lagernde und vom Biber abgebissene Bäume zum Klettern und Balancieren anbieten. Betreuende Väter machen ihre Klimmzüge an Bäumen, entspannte Mütter lehnen an Stämmen und Junggebliebene spannen bunte Hängematten in der Obstbaumwiese auf.

Großzügig wie sie ist, bietet die große Mutter Natur variantenreiche Möglichkeiten an.
Manch eine*r wird darüber erfinderisch, spannt slaglines und Kletterseile. Andere werden dabei sogar selbst großzügig und stiften ihrerseits Spiel-Möglichkeiten, die offen für alle sind.

In der Elbaue auf dem Johannstädter Ufer hängt ein liebevoll handgemachtes Geschenk für alle, die der Spieltrieb noch nicht im Stich gelassen hat: Eine Schaukel!

Aus hohem Ast einer Weide abgelassen, hängt noch an Land und bald schon über Wasser ein Tau. Daran, mit fachmännischem Knoten gesichert, ein Stück Holz, das lang und stabil genug ist, um jeglichem Po einen Sitz zu bieten. Es kann losgehen, an den Verbotsauflagen vorbei, täglich, ohne Einschränkung und Unterlass. Jetzt darf in der Johannstadt geschaukelt werden! Wer sich bei Tage noch scheut, probiere es unter Sternen!

 

Zum Schaukeln braucht es nicht viel: Ein Strick und ein Stock und beides miteinander verbunden
Foto: Anja Hilgert

Schaukeln erzeugt ein Wohlbehagen, das unergründlich tief im Körper wachgerufen wird und dort eine Menge Glücksgefühl freisetzt – schwerelos werden, sich im Wind wiegen und fliegen, lässt einen die Zeit vergessen und die Dimensionen des Raums überwinden – astronautisch, völlig losgelöst vom Boden und von irdischen Sorgen und Nöten, dem Himmel entgegen. Der lockt derzeit in seinem strahlenden Blau in grenzenloser Weite.
Blau ist weitend. Blau ist himmlisch, Blau ist königlich und Blau ist tröstlich. Eine wunderbare Wirkungsweise, sich einfach da hinein zu schwingen

Den Frühlingsgefühlen die Bahn brechen – das gelingt beim Schaukeln allemal

Die Schaukelbewegung erzeugt Wohlbefinden im ganzen Körper:
Arme und Beine ausholen lassen, alles im Körper lang strecken und wieder beugen, die Fußspitzen voraus in den weiten Raum schieben bis sie kribbeln, den Kopf in den Nacken hängen und die Haare fliegen lassen!
Das ist Freude, der sich nicht nur Kinder, sondern genauso Erwachsene freiwillig gern hingeben, bis es die Kehle zum Jauchzen öffnet, vor Lust und Vergnügen!

Ein uraltes, uns alle verbindendes Gefühl ist das Schaukelgefühl.
Vom Gang der Mutter mitbewegt, auf dem Arm geschaukelt, als Wiegenlied gesungen, im Kinderwagen gewippt, auf dem Schaukelpferd erprobt, im eigenen ersten Gehen schwankend erlebt – das Schaukelgefühl ist eines der ältesten und ersten, das der menschliche Körper kennt.

 

Schwingende Einladung, für Momente vom Boden der Tatsachen abzuheben
Foto: Anja Hilgert

Eine Schaukel kennt keinen Stillstand

Sobald Gewicht auf ihr sitzt, fängt sie schon an, sich zu bewegen.
Dies Schwingen in tändelndem unbestimmten Hin und Her, leise kreiselnd, aufzunehmen, wird dem Menschen von Kindesbeinen an beigebracht: Jedes Kind will es gern lernen.

Und welcher Jubel, wenn es irgendwann, ganz von selbst, den Kniff heraus hat und vor, zurück, vor, zurück, wie von selbst und ohne Mühe ins Schwingen kommt. Solche Leichtigkeit!

Die streifende Luftströmung durchspült den ganzen Körper und schickt ihn in einen Kanal von Unendlichkeit – Schaukeln macht frei, Schaukeln macht glücklich, Schaukeln wirkt ganzkörperlich beruhigend und entspannend. Schon nach wenigen Minuten auf einer Schaukel kehrt innerlich Ruhe ein, in Körper und Geist.

 

In Nepal z.B., wo zu einem hohen Fest riesige Schaukeln aus langen Bambusstäben und Kokosseilen, oft nah an Abgründen im Gebirge aufgestellt werden, sagt man, dass beim Abschwingen mit der Schaukel alle schlechten Gefühle fortgenommen und durch neue, lebenspendende Gefühle ersetzt werden.

Mögen noch viele Schwung mit Dir aufnehmen, Du feine Schaukel ins Himmelblau an der Elbe!

 

 

 

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Fähre “Johanna” ist seit gestern außer Dienst

eingestellt am 24.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die "Elbflorenz" ersetzt die defekte "Johanna". Foto: Philine Schlick

Das Fährschiff “Johanna” ist seit gestern “in Quarantäne”. Der Grund ist ausnahmsweise nicht Corona, sondern ein Motorschaden. Ersetzt wird sie derzeit von ihrer Schwester, der “Elbflorenz”. Wie lange die Reparatur dauert, ist noch offen.

Gestern Nachmittag bot sich auf der Elbe unweit der Fährstelle in der Johannstadt ein ungewohntes Bild: Fähre “Johanna” im Schlepptau der “Elbflorenz”. Seit gestern Nachmittag ist das Reserveschiff, das normalerweise in Kleinzschachwitz liegt, im Dienst.

“Die Elbflorenz ist’s, nicht die Johanna”. Foto: Philine Schlick

Grund ist ein Motorschaden der “Johanna”. Das kann, so DVB-Sprecher Falk Lösch, den Autos passieren wie den Schiffen. “Der Kollege hat den Schaden glücklicherweise rechtzeitig bemerkt”, so Lösch. “Das Schiff wurde nicht abgetrieben.”

Die Mechaniker kümmern sich jetzt um den technischen Defekt. Zur Dauer der Reparaturmaßnahmen kam bislang keine Rückmeldung aus der Werkstatt, so Lösch. Bis die “Johanna” wieder fit ist, können Passagiere mit der “Elbflorenz” hinüber in die Neustadt und zurück pendeln.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Trost bei Urgroßmutter Weide – Ein Weidenlied

eingestellt am 14.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin: Die betagte Weide am Johannstädter Elbufer. Foto: Philine Schlick

Jeder Mensch hat in schwierigen Zeiten seine Trostpflaster. Etwas, das Hoffnungen wach kitzelt und genug Raum für Klagen bietet. Das kann ein Lied sein, ein Genussmittel, eine Person, ein Ort. Ich habe einen Baum. Er steht am Johannstädter Elbufer, ist eine Weide und zwischen 80 und 120 Jahren alt. Mit viel Glück bleiben uns noch zehn gemeinsame Jahre. 

Wenn alle anderen Bäume noch schlafen, kündet die Weide mit einer Ahnung von Grün vom Frühling. Foto: Philine Schlick

Wenn die Elbwiesen noch zerzaust und ausgeblichen daliegen, alle Baumkronen blattlos und monochrom braun sind, leuchtet oberhalb des Elbstrandes zwischen Bootshaus und Waldschlösschenbrücke ein ockergelber Fleck am Käthe-Kollwitz-Ufer. Das ist das Haar von Urgroßmutter Weide. Ihr Haupt kündet vor allen anderen vom Gelb der Osterglocken, vom klebrigen Puder der Kätzchen, von platzenden Knospen, vom neuen Frühling.

Die Weide hat so einige Vögel im Oberstübchen. Foto: Philine Schlick

Die Weide steht wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin. Je nach Perspektive ändert sie ihre Dramatik. Von Weitem aus betrachtet ist sie ein mächtiger, kraftstrotzender Baum. Bei näherer Betrachtung offenbart sie ihre Verletzlichkeit: Sie ist innen hohl. So leer, dass sich ein Mensch ganz hineinstellen kann. Die Energie, mit der sie ihre tausenden grünen Blättchen entfaltet, erscheint wie ein Wunder.

Die mächtige Weide ist innen hohl. Wenn niemand mehr zündelt, bringt sie es noch auf zehn Lebensjahre, schätzt das Umweltamt. Foto: Philine Schlick

Zweimal fühlten sich im vergangenen Jahr Menschen bemüßigt, in ihrem Kern Feuer zu entfachen. Seitdem ist ihr Inneres schwarz verkohlt und riecht nach Brand. Bäume, so haben Forscher*innen herausgefunden, senden bei Schmerz akustische Signale aus. Ich wünsche den Menschen, die einen lebenden Baum anzünden, einen nächtlichen Tinnitus mit diesen Schmerzensschreien.

Das Umweltamt sagt: Ohne Pflege bleiben der Hängeweide noch zehn Jahre – wenn sich wieder jemand an ihr vergreift, noch nicht einmal das. Mit einer regelmäßigen Sicherungspflege wären es zwanzig.

Blick durch die brüchige Borke in Richtung Elbe. Foto: Philine Schlick

Namen stehen in ihre Rinde geritzt, Beschimpfungen, Liebesbekundungen. Zerknüllte Verpackungen liegen in ihrem Schoß und Scherben. Abgeworfener Ballast. Die Weide steht und schweigt. Sie trotzt Sabrina, Xaver, Eberhard, Mortimer und wie sie alle heißen, die schneidenden Stürme, ihr bleibt ja nichts anderes übrig.

Sie steht in den Bruchstücken ihrer eigenen Borke und hält ihr Haupt den Meisen zugeneigt, die zwischen den Blattknospen Käferchen picken. Sie steht, als lausche sie dem Fluss. Als habe sie Sehnsucht nach anderen Orten. Der Wind spielt mit ihren Ästen wie mit seidigem Haar. Zu ihren Füßen knabbert der Biber nachstrebendes Holz. Das ihre ist zu morsch, zu trocken – sie bleibt verschont.

Die Hängeweide entstand 1815 in Frankreich – dieses Exemplar wurde gepflanzt oder aber angespült. Foto: Philine Schlick

Und sie hält auch meine Klagen noch aus, macht sie klein, steckt sie in die Tiefen ihrer Runzeln und Risse, schwitzt sie durch die Wurzeln. Ich muss lange sitzen, damit sie mich überhaupt bemerkt. Gemessen an ihren Jahren sind meine Minuten flüchtig, so wie meine Sorgen.

Die Weide lehrt mich etwas – ich kann nicht sagen, was. Eine Mischung aus Geduld, Ertragen, Widersetzen, Träumen. In zehn Jahren wird die Weide 90 sein, oder 100, möglicherweise auch 130 Jahre alt. Die Differenz ihrer geschätzten Jahre entspricht meiner derzeitigen Lebensdauer. Ich kann mich nicht in sie hineinver-, nur daneben setzen und staunen. Und meine Sorgen zu Käfern werden lassen, die die Meisen picken.

Schräg steht sie, doch sie steht: Die Weide am Johannstädter Ufer. Foto: Philine Schlick

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.