Dankbar sein – Ein syrischer Journalist erzählt

eingestellt am 29.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Eine Zeichnung von der Tochter des Autors. Foto: Mohammed Ghith Al Haj Hossin.

Ghith Mohammad Al Haj Hossin ist Journalist aus Syrien. Er wohnt und arbeitet in der Johannstadt. Für das Stadtteilmagazin hat er sich mit dem Thema Dankbarkeit auseinandergesetzt. Wie fühlt es sich an, das Leben in einem neuen Land, nach Zerstörung, Krieg und Tod? Und wie geht das, dankbar sein?

Vor dem Jahr 2011

– Woher kommen Sie?

– Ich komme aus Syrien.

– Syrien? Wo liegt es?

– Im Nahen Osten … südlich von der Türkei

Nach dem Jahr 2011

– Woher kommen Sie?

– Ich komme aus Syrien.

– Wirklich? Aus welcher Stadt? Damaskus, Aleppo, Hama ich kenne viele Menschen aus Syrien.

Dieser Dialog ist vermutlich realistisch, weil vielen Syrer*innen diese Fragen gestellt werden. Aufgrund des Krieges ist Syrien berühmt in den Medien geworden. Viele syrische Städte sind sehr bekannt geworden, wie zum Beispiel: Idleb, Deir ez-Zor, ar-Raqqa und Dar’a.

Der Wille des Lebens

Die Frage, die sich stellt: Was ist der Preis für diese schreckliche Berühmtheit? Die Antwort auf diese Frage würde lauten: Zerstörung, Bombardierung, Massenflucht und der Tod. Aber es gibt auch die andere positive Seite, sie besteht im Willen des Lebens.

Geflüchtete Menschen haben ihre eigenen Antworten auf diese Frage in ihrem festen Glauben, dass sie ein neues Leben in ihrer neuen Heimat aufbauen müssen, um nicht vor Hoffnungslosigkeit aufzugeben. Sie wissen durch Instinkt, aus welchen Quellen sie die geforderte Kraft schöpfen können.

Eine Zeichnung von der Tochter des Autors. Foto: Mohammed Ghith Al Haj Hossin.
Eine Zeichnung von der Tochter des Autors. Foto: Mohammed Ghith Al Haj Hossin.

Kriegsgeneration

Es gibt mehr als fünf Millionen syrische Kinder, die in Syrien oder in anderen Ländern geboren wurden und aufwachsen, wie das UN-Kinderhilfswerk Unicef berichtete. Das ist die größte Herausforderung für das Land und die Gesellschaft, so wie Zerstörung, Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit. Weil Kinder das Kapital des Landes sind.

Wenn viele von ihnen Körperbehinderungen oder außerdem psychische Behinderungen haben, können wir die Größe des Verlusts nur raten. Auf diese Weise zeigt uns der Krieg sein schreckliches Gesicht. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels, daran müssen wir immer glauben.

Und was wir für die Kriegsgeneration genannt haben, könnte auch eine Zukunftsgeneration sein, wenn wir solche Nachrichten lesen, wie zum Beispiel:

“Bei der Befragung von 365 Kindern in Syrien durch “Save the Children” hat sich gezeigt, dass bei allen Ängsten und Nöten die Kinder die Hoffnung auf eine bessere Zukunft noch nicht verloren hätten. Die meisten von ihnen wollten später Ärzte oder Lehrer werden, um in Zukunft helfen zu können.”

Dankbar zu sein

Man kann nicht einfach vergessen, wer in den schwierigen Zeiten geholfen hat. Deswegen sind viele syrische Menschen dankbar für das Land, und für das Volk, das sie gerne willkommen geheißen hat, trotz der späteren Proteste, die man verstehen sollte als einen Teil der demokratischen Gesellschaft.

Sie wissen auch, dass sie in Deutschland, zum Beispiel, gleich sind vor dem Gesetz, wie die anderen Deutschen.

Wir sind für die Aufnahme von Flüchtlingen dankbar. Und wir möchten Deutschland etwas zurückgeben”, wie mir eine syrische Frau erzählt hat. Aber wie kann man es zurückgeben? Es ist einfach: “Die neue Sprache beherrschen, erfolgreich an der Uni studieren, neue Arbeit finden oder ein normales Leben zu haben, so gut es möglich ist.”

Wohnungsbau an der Florian-Geyer-Straße 13 – WiD lädt zur Bürgerbeteiligung

eingestellt am 28.05.2020 von Matthias Kunert (QM Johannstadt), Headerbild: Quelle: WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co KG

Wie organisiert man eine Bürgerinformation unter den aktuellen Coronaschutzauflagen? Mit dieser Frage musste sich die Wohnen in Dresden GmbH & Co KG (WiD) in den letzten Wochen intensiv auseinandersetzen, denn nach dem Stopp des Hochhausprojektes durch eine Anwohnerpetition und den darauf folgenden Stadtratsbeschluss im Jahr 2018 sind neue Überlegungen für die Bebauung des Grundstücks der ehemaligen Kita auf der Florian-Geyer-Straße 13 gereift. Eines war dabei klar: Dieses Mal sollte die Anwohnerschaft frühzeitig einbezogen werden. Am Montag erfolgte hierfür der gelungene Start.

Unter der Überschrift “Informationsveranstaltung mit aktiver Beteiligung zum Thema Quo vadis Florian-Geyer-Straße 13?'” hatte die WiD am Abend des 25. Mai in den Festsaal des Neuen Rathaus am Dr. Külz-Ring geladen. Obwohl die Räumlichkeiten unter normalen Bedingungen eine Großveranstaltung ermöglicht hätten, fanden unter Beachtung der derzeit geltenden Abstandsregeln nur rund 25 Personen im Raum Platz. Zu den Teilnehmenden gehörten sowohl Unterzeichnende der Petition und Vertreter*innen der benachbarten Grundstückseigentümer WGJ und Vonovia, als auch ausgewählte Stadtbezirksbeiräte und Vertreter*innen von Stadtbezirks-, Stadtplanungs- und Umweltamt. Auch Stadtteilverein und Quartiersmanagement waren vertreten, um die Informationen in den Stadtteil weitertragen zu können.

Anstelle des ursprünglich geplanten Hochhauses soll nun ein deutlich niedrigeres Gebäude errichtet werden. Quelle: WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co KG

WID-Geschäftsführer Steffen Jäckel rief einleitend die Auflagen des Stadtratsbeschlusses vom 22.11.2018 in Erinnerung, wonach das geplante Wohngebäude a) nicht ausschließlich Sozialwohnungen und b) eine Gebäudehöhe von 22 m nach Sächsischer Bauordnung nicht überschreiten sollte. Anschließend erläuterte er, wie diese Vorgaben eingehalten werden sollen. Im Hinblick auf die angestrebte soziale Durchmischung muss die WiD zunächst in die Lage versetzt werden, überhaupt Wohnungen ohne Mietpreis- und Belegungsbindung errichten zu dürfen. Eine entsprechende Beschlussvorlage, die nach dem Gremiendurchlauf am 16.7.2020 dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt wird, sieht vor, dass dies künftig bei Standorten mit mehr als 50 Wohneinheiten auf einem Anteil von 20-30% der vermietbaren Fläche möglich sein soll.

Im Hinblick auf den zweiten Aspekt – die Gebäudehöhe – hat die Landeshauptstadt mit dem unter breiter Bürgerbeteiligung entwickelten Hochhausleitbild neue Rahmenbedingungen geschaffen. Wie Stadtplanungsamtsleiter Stefan Szuggat ausführte, wurde für die Johannstadt dort die Empfehlung einer “Stadtreparatur mit der Option Rückbau” ausgesprochen, da die vorhandenen Hochhäuser nach Einschätzung vieler Beteiligter den Sichtbereich beeinflussten und zudem den Schutzbereich Elbwiesen tangieren. Entsprechend wird auch der nunmehr geplante Neubau die mit der Petition geforderte Höhe von 22 m nach Sächsischer Bauordnung nicht überschreiten, wobei – wie die anschließende Diskussion zeigte – der Teufel wie so oft im Detail steckt: Bei der Höhe im Sinne des im Stadtratsbeschluss zitierten Paragraphen handelt es sich nicht um die Gebäudeoberkante, sondern um die Fußbodenoberkante des letzten begehbaren Geschosses.

Auf der Grundlage der veränderten Rahmenbedingungen hat die WiD die Erstellung einer Studie zur städtebaulichen Erscheinung des Neubaus beauftragt. Herr Noack und Herr Hartmann vom beauftragten Büro NHzwo-Architekten stellten die mit Spannung erwarteten Ergebnisse vor.

Städtebauliche Figur des neuen Gebäudes. Quelle: WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co KG

Geplant ist ein aus zwei quaderförmigen Blöcken bestehendes Wohngebäude, dessen Grundfläche nur geringfügig größer als die des Bestandsgebäudes sein soll. Die Gebäudehöhe der beiden Quader soll zum Käthe-Kollwitz-Ufer hin abgestuft werden. Aufbauend auf einem durchgängigen Erdgeschoss sollen im niedrigeren Gebäudeteil sechs und im höheren Gebäudeteil sieben Geschosse realisiert werden. Insgesamt sollen so ca. 60-70 Wohneinheiten entstehen.

 

Auszug Fassadenstudie aus zwei Blickrichtungen, Quelle: WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co KG

Anschließend gab es reichlich Gelegenheit zur Diskussion. Ein Schwerpunkt war dabei die Gestaltung der Pkw-Stellplätze. Wie das Architekturbüro ausführte, sind 26 normale und 2 Behindertenstellplätze geplant, was den Mindestanforderungen nach der Stellplatzverordnung entspricht. Auf den Wunsch, mittels einer Tiefgarage zusätzliche Stellplätze zu schaffen, machte Herr Jäckel deutlich, dass Aufgabe der WiD der Wohnungsbau sei und nicht die Lösung des Stellplatzproblems für die Johannstadt. Allerdings werde die WiD versuchen, CarSharing-Stellplätze zu integrieren. In die Prüfung mitnehmen wollte er zudem die Anregung, die Anordnung der Stellplätze (bislang zum Hochhaus Florian-Geyer-Straße 15 hin) und der Zufahrt (bislang von der Florian-Geyer-Straße) in Richtung Elbe zu verschieben, um den Lärmschutz für die Anwohner*innen zu verbessern.

Städtebauliche Einordnung und geplante Pkw-Stellplätze. Quelle: WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co KG

Auch das Thema der Kaltluftströme war erwartungsgemäß ein Diskussionsgegenstand. Wolfgang Socher, Leiter des städtischen Umweltamtes, erläuterte anhand der synthetischen Klimafunktionskarte und des Fachleitbilds Stadtklima im öffentlich einsehbaren Themenstadtplan Dresden, dass Kaltluft zwar in klaren Nächten mit wenig Wind der Schwerkraft folgend über die Bachtäler und entlang der Elbe in die Stadt hineinfließt, aber an der Bebauung schnell gestoppt würde. Oberstes Ziel sei es deshalb, die Täler von Bebauung freizuhalten. Im unmittelbaren Umfeld des geplanten Bauvorhabens gebe es jedoch bereits heute nur im unmittelbaren Elbtal messbare Kaltluftströme. Für die bebauten und teilweise bereits von Überwärmung betroffenen Bereiche der Johannstadt komme es deshalb in erster Linie darauf an, durch Erhaltung und Ausbau des Stadtgrüns und Maßnahmen wie Dachbegrünung das Mikroklima zu verbessern. Seitens des Planungsbüros wurde ausgeführt, dass eine Dachbegrünung geplant sei, jedoch von den auf dem Grundstück vorhandenen 17 Bäumen sieben für das Bauvorhaben weichen müssten und durch Ausgleichsmaßnahmen ersetzt würden. Zusätzlich werde jedoch pro geschaffenen sechs Stellplätzen ein Baum gepflanzt. Wie Christoph Mann vom Stadtplanungsamt erläuterte, würden die Ersatzpflanzungen im Rahmen der Begrünung einer ehem. Gewerbefläche im Bereich der Johannstädter Friedhöfe realisiert, was sich wiederum positiv auf das Johannstädter Stadtklima auswirke.

Auszug aus der Synthetischen Klimafunktionskarte des Themenstadtplans: Die blauen Kaltluftströme entlang der Elbe sind gut zu erkennen. Je röter der Farbton, desto wärmer. Quelle: Landeshauptstadt Dresden, Themenstadtplan, mit nachträglich gekennzeichnetem Standort des Bauvorhabens.

Weitere Anregungen aus der Diskussion waren Ladestationen für E-Bikes und Elektrofahrzeuge sowie überdachte Fahrradstellplätze – allesamt Themen, die auch seitens der WiD bereits angedacht wurden.

Abschließend stellte Steffen Jäckel die Zeitschiene für den weiteren Planungs- und Bauprozess vor. Sollte am 16.7. der Stadtrat der Vorlage zur Ermöglichung der sozialen Durchmischung zustimmen, könne umgehend der Planungsauftrag erteilt werden. Mit einem Baubeginn sei jedoch nicht vor 2021 zu rechnen. Allerdings sei es möglich, dass der Rückbau des ehemaligen Kitagebäudes bereits eher erfolge. Außerdem plane die DREWAG die Verlegung der Fernwärmeleitungen bereits im Vorfeld.

Nachdem zur Informationsveranstaltung aufgrund der Corona-Schutzvorkehrungen nur 25 Personen teilnehmen konnten, hat die WiD für die weitere Bürgerbeteiligung eine Internetseite eingerichtet. Anregungen und Hinweise können der WiD über das Kontaktformular auf der Website übermittelt werden. Quartiersmanagement und Stadtteilverein rufen die Anwohnerschaft dazu auf, diese Möglichkeit auch umfassend zu nutzen.

Der Johann ist da: Restaurant & Elblounge öffnet Türen und Terrassen!

eingestellt am 26.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Ein neues Haus für Gastlichkeit am Johannstädter Elbufer Foto: Anja Hilgert

Ein kleines Fenster war blau im Himmel zur Eröffnung der Johannstadt-Elblounge am Tag vor Himmelfahrt. Seit 20.Mai stehen die Türen offen in dem modern sanierten, lange erwarteten und bis auf Kleinigkeiten nun fertiggestellten Neu-Umbau des ehemaligen Johannstädters am Käthe-Kollwitz-Ufer.

Der Johann, wie die Adresse zum Ausgehen in der Johannstadt nun heißt, präsentiert sich mit einladendem Schaufenster zur Straßenfront. Da fehlt nur noch der beleuchtende Rahmen. Doch der Blick durchs Fenster selbst ist verlockend: Offen gehaltene Räume, gönnerhafte Gastlichkeit und eine Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Im Fenster spiegelt sich die gegenüberliegende Gründerzeitfassade und integriert den grau-weißen kubischen Flachbau in seine städtische Umgebung.

 

Attraktive Lage für den neuen Johann         Foto: Anja Hilgert

Der Termin der Eröffnung fiel günstig: Johannstädter*innen und andere Neugierige, die das neu entstehende Restaurant in der attraktiven Lage an Johannstädter Elbufer und Elberadweg über die vergangenen Wochen in den Blick genommen hatten, konnten die Neueröffnung zum Himmelfahrt-Wochenende gut als Auftakt nutzen für lang aufgestaute Sehnsüchte nach einer Kultur des Ausgehens, mit der Familie oder unter Freunden auswärts essen und etwas trinken zu gehen und es sich gut gehen zu lassen. Reservierungen für die bemessen aufgestellten Tische waren für das verlängerte Feiertags-Wochenende schon vorab angenommen worden.

Schaufenster zur neuen Gastlichkeit                   Foto: Anja Hilgert

Ich mag es aufgeräumt

Ein stattlicher Bau, der sich über drei Etagen mit einem Lokal sehen lässt, das alle Ansprüche gepflegter Gastronomie befriedigen möchte: Großzügige Räume in modern ansprechender, schlichter Noblesse für die Gäste, exklusive Polstermöbel und ausgewähltes Lampendesign, Weitläufigkeit bei hohen Decken und durchgehender Fensterfront, die reichlich mit Licht versorgt, nicht nur eine, sondern gleich zwei Terrassen mit bester Frischluft-Aussicht und ein freundlicher Service, der von einer zentralen dreiseitigen Theke den Überblick behält.

„Ich mag es tatsächlich aufgeräumt“, sagt Geschäftsführerin Laura Girke und führt zuvorkommend durchs Etablissement, in dem sie als Pächterin nach eigenen Vorstellungen waltet: „Unser Ansinnen ist eine regionale, saisonal wechselnde Küche mit frisch zubereiteten Speisen. Auch viele Schnäpse kommen aus der Region.“

Laura Girke ist Geschäftsführerin der Johann-elblounge    Foto: Anja Hilgert

Ob Fisch aus privater Zucht, Gemüse aus Radebeul, hausgebackene Kuchen, Torten und sogar auch Brote, das Angebot stammt aus der Region unmittelbar vor den Toren der Stadt. Alltag ist zuhause, deshalb wird im Restaurant ein ausgewählterer Geschmack bekocht. Die Ravioli sind hausgemacht und Maisgries kommt verfeinert als Kerbelpolenta. Das Steak vom Elbweiderind und die Hüfte vom Lamm bereichern warme und kalte Salate und wer mag, bestellt Sekt vom Schloss und Wein aus Privatkellerei.

Separate Gasträume in weitläufigem Lokal         Foto: Anja Hilgert

Die Verlangsamung für den Gaumen: Slow food

Der Johann setzt mit der Vielfalt seiner Speisekarte auf Slow food. Das erklärt die erlesene und zugleich bodenständige Auswahl an Gerichten und Menüs. Es geht zum Einen um Verantwortung fürs Essen: Verwendet werden sowohl pflanzliche als auch tierische Produkte, bei denen gesichert ist, woher sie kommen. Eine stattliche Liste heimischer Produzenten beliefert die Küche und spricht für Sorgfalt, Qualität und saisonale Frische. Die Speisen sind dadurch hochwertig, nahrhaft und gesund.

Da Essen nicht nur satt machen, sondern auch möglichst Leib und Seele zusammenhalten soll, liest sich die Speisekarte wie Musik für den Gaumen: Bärlauch-Schaum und Mairübchen verführen nicht nur mit jahreszeitlichem Genuss, sondern sind auch achtsam zubereitet. Der bewusste Umgang mit ausgewählten Zutaten macht ein schonend zubereitetes, wohlschmeckendes Mahl und die Mischung aus traditionell heimischer Küche und zeitgenössischem Anspruch an die Kochkunst tischt das Besondere auf.

 

Noch weit auseinandergerückt: Plätze mit Fernsicht
Foto: Anja Hilgert

Unbeschwert essen gehen am Hochzeitstag

Für Laura Girke ist es ein Herzensanliegen, dass sich in ihrem Lokal Kinder genauso gut aufgehoben fühlen wie Erwachsene. Damit schließt sie im kinderreichen Johannstädter Stadtteil an den Wunsch nach einem Familienlokal an: „Auch einmal schön und chic zum Abendessen am Hochzeitstag ausgehen zu können“, wünscht sie jungen Eltern und hat für die Einrichtung eines eigenen Kinderzimmers gesorgt: „Fernab und außer Hörweite von den Tischen gibt es einen Kinderbereich, wo Kinder für sich Beschäftigung haben, wenn die Erwachsenen zu Tisch sitzen.“

Zum Eröffnungstag schlenderten durchaus auch einige feiner als alltäglich gekleidete Paare zur Tür hinein, schauen sich um, betrachten, erwägen und sind, so bestätigt es ein Johannstädter Ehepaar, wohlwollend, empfinden das neue Lokal als „ansprechend“.

“Als Johannstädter, da darf man sich bekennen.” Besucherpaar am Eröffnungstag Foto: Anja Hilgert

Viele, die jetzt hier einkehren, kannten noch den alten Johannstädter, der mit Kegelbahn im Keller, mit Betriebsfeiern und im Lokal ausgerichteten Silvesterfeierlichkeiten eine feste Bindung zur Johannstädter Kundschaft aufgebaut und damit identitätsstiftend gewirkt hatte fürs Viertel. Nun sind sie erfreut, dass es wieder ein Lokal gibt, dass das Potential dazu hat, eine echte Gaststätte für Johannstädter*innen und vielleicht nicht nur für diese, zu werden.

Viel Platz für weite Sicht Foto: Anja Hilgert

Im Außenbereich bemühen sich rahmende Details, die recht nackte Architektur einzubinden in die sonstige grüne Umgebung: Kletterpflanzenbewuchs, Erdbeertöpfchen auf den Tischen und auf dem oberen Deck – so ist man verleitet, die höher gelegene zweite Terrasse zu nennen- ein angelegtes Gartenstück mit zart blühenden Pflänzchen, vor denen man sich in einem der Hängekörbe dort oben illuster schaukeln kann. Ob es allerdings andauernd Radiomusik sein muss, die das Verweilen im ganzen Haus beschallt, ist eine Frage, die sich noch mit dem guten Geschmack der Kundschaft beantworten muss.

Johann – Elblounge & Restaurant

Vorsicht noch bis Ende Juni: Krähen greifen an

eingestellt am 25.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Vorsicht, Krähen im Anflug! Foto: Philine Schlick

Auf dem Weg durch das neue Güntzareal passierte es: Etwas verhakte sich in meinen Haaren, dann folgte ein spitzes “Tock” auf den Scheitel. Was war das denn? Ich war beim Radfahren nicht in einem Baum hängengeblieben, nein, eine Krähe guckte mich vom Straßenschild herunter mit schief gelegtem Kopf an. Ein seltsames Gefühl, so eine tierische Kopfnuss. Die Stadt Dresden warnt noch bis Ende Juni vor “Krähenattacken”.

Wer Hitchcocks Klassiker “Die Vögel” gesehen hat, kann meine Gefühle erahnen. Noch unheimlicher wurde es, als ein Nachbar ebenfalls von einer Attacke berichtete. Ich beobachtete aufmerksam, ob sich größere Scharen von Vögeln auf Kinderspielplätzen sammeln würden, dann kam die  Mitteilung der Stadt:

Dresden wird nicht von Killer-Krähen heimgesucht, aber noch bis Ende Juni wird vor teilweise aggressiven Krähen gewarnt. Die Vögel befinden sich momentan in der Brutphase und beschützen ihren Nachwuchs – und dessen nähere Umgebung.

Eine Krähe überschaut eine Ampelkreuzung. Foto: Philine Schlick

Krähen sehen rot

In der Nähe der Kinderstube kann ein Mensch schnell als Bedrohung wahrgenommen werden, besonders wenn er sich schnell bewegt (wie beim Joggen) oder rote Kleidung trägt. Die Farbe fällt Krähen besonders ins Auge. Die Tiere greifen am höchsten Punkt, folglich dem Kopf an. Eine Kopfbedeckung kann vor schmerzhaften Begegnungen schützen.

Ein Anflug weist darauf hin, dass sich in der Nähe Jungtiere befinden. Sie werden nach dem Schlüpfen von ihren Eltern auf Ästen, in Gebüschen oder hohem Gras betreut, bis sie flügge sind.

Besser als ihr Ruf

Für den ohnehin nicht glänzenden Ruf der Krähen ist das abschreckende Verhalten freilich nicht zuträglich. Dabei ist es – aus elterlicher Perspektive – durchaus nachvollziehbar.

Krähen und Raben zählen zur Gattung der Rabenvögel und sind auf der nördlichen Halbkugel nahezu überall vertreten. Sie gelten als überaus intelligent: Auf der Futtersuche benutzen sie Werkzeuge wie Stöcke oder Steine oder machen sich örtliche Gegebenheiten zunutze. Beispielsweise lassen sie Nüsse auf Fahrbahnen fallen, um sie von vorüberfahrenden Fahrzeugen knacken zu lassen.

Ferner beweisen sie strategisches Denken beim Verstecken von Wiederauffinden von Futter. Sie sind in der Lage, sich Angreifer zu merken und dieses Wissen an nachfolgende Generationen weiterzugeben.

Ihre Vorliebe für Fleisch und Aas brachte ihnen im Mittelalter ihren schlechten Ruf als “Galgenvögel” ein, wobei sie in Mythen und Märchen in Begleitung von Zauberern und Göttern auftreten und ihnen als weise und kluge Ratgeber und Kundschafter zur Seite stehen.

Krähen und Raben siedeln sich vermehrt in Städten an, weil in Agrarlandschaften das Nahrungsangebot knapper wird. In der Stadt finden sie ein reichhaltiges Buffet vor. Ein bekanntes Bild sind in Mülleimern stochernde Rabenvögel.

“Elbflorenz” pendelt ab Dienstag wieder

eingestellt am 25.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Fähre in Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Die Fähre “Elbflorenz” ist nach dreiwöchiger Pause ab Dienstagmorgen wieder im Einsatz. Auf dem Schiff werden am heutigen Montag die letzten Handgriffe erledigt, bevor der Fährbetrieb wieder startet. Die “Johanna” befindet sich allerdings immer noch in der Werft in Laubegast. 

Am Fährgarten Johannstadt sind wieder die vertrauten gelben Fähranleger zu sehen. Am heutigen Montag wurden die renovierten Pontons wieder angebracht, nachdem sie drei Wochen lang auf Vordermann gebracht wurden. In Betrieb geht die Anlage allerdings erst morgen früh.

“Die Elektrik am Steg muss noch angebracht werden”, berichtet DVB-Sprecher Falk Lösch. Die zuständigen Elektriker hätten an anderer Stelle noch eine Havarie gehabt, deshalb verzögerten sich die Arbeiten.

Die Fähre “Elbflorenz” ist frisch gestrichen wieder im Einsatz und half dabei, die Pontons am Montagvormittag auf ihre Position zu schieben. Sie ersetzt weiterhin die “Johanna”, die sich wegen eines Motorschadens noch in Reparatur befindet.

Falk Lösch: “Der Motor der Johanna wurde in den Altbundesländern aufgearbeitet. Es handelt sich um ein Produkt der italienischen Marke Iveco. Derzeit wartet man noch auf einige Ersatzteile aus Italien.”

Sobald diese eingetroffen und verbaut sind, kann die “Johanna” wieder pendeln. Bis dahin müssen Fahrgäste mit der älteren, aber auch größeren “Elbflorenz” Vorlieb nehmen.

Elbschnittlauch und Klee im Farbenmeer an der Elbe

eingestellt am 24.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Farbenfroher geht es kaum - Schnittlauchzier am Elbufer Foto: Anja Hilgert

Die Farben haben Ausgang. Im Wonnemonat Mai begegnet uns in der Natur ein starker Kontrast von vorwiegend kräftigen Lila- und Gelbtönen. Lautmalerisch öffnen sich die Blütenkelche von Hahnenfuß, Löwenzahn und auch vom invasiven Raps, während der Storchenschnabel, die Skabiosen und allen voran der fruchtige Klee ein sanftes Violett aussenden, das die Lichtnelken noch höhen mit ihrem schrillfarbigen Pink.

Erstaunlich, wie sich auf einem Quadratmeterausschnitt der Elbuferwiesen der Klee gleich in vier verschiedenen Arten präsentiert und alle orchestrieren sie den Kontrast sozusagen im Quadrat, zwei Sorten blühen in leuchtend sonnigem Gelb, zwei in violetten Tönen, von denen die hochstieligen alles überragen in tief dunkel werdendem Rot. Ein 4/4-Takt aus sich frei schenkenden Farbkontrasten, der schöner kaum klingen kann, so spontan gefunden wie derzeit an der Elbe.

Ein Wiesenportrait im Farbkontrast aus Klee

Der Feld-Klee mit seinen kleinen, niedlich gelben Blüten ist eine zierliche Prinzessin, die als Zeigerpflanze auf mageren Boden hinweist. Wie die anderen Kleearten auch steht er mit seinen fein verästelten Wurzeln im Dienst der Bodenverbesserung. In dieser Funktion kann er auch als Düngepflanze bezeichnet werden, die den Boden mit Stickstoff bereichert. Wie zarte gelbe Perlen zieren die Blüten des Feldklees das grüne Dickicht der Wiese.

Feld-Klee mit Farb-Kontrapunkt                     Foto: Anja Hilgert

Der zweite gelb gewandete Kleesprössling bringt seine Erscheinung mit etwas mehr Aufwand zum Leuchten: Die krönende Blüte des Wundklee streckt und reckt sich als Schirmchen gen Himmel und entfaltet seine fein gegliederte Pracht in einzelnen Blüten, die sich wie kleine Schmetterlinge auffächern, die alle miteinander sich im Kranz versammeln. Der leuchtet so honigfarben, warm und saftig, dass es kein Wunder ist, wie gern hier Bienen und Hummeln sich auf der Suche nach Nektar tummeln. In soviel Blütengebärde steckt eine besondere Heilkraft, wie der Name bereits verrät, zur Heilung von Wunden und aufgrund der antiseptischen Wirkung auch als Hustenmittel.

Voller Leuchten: Blüte des Wundklee            Foto: Anja Hilgert

Der Klee zählt zu den Schmetterlingsblütlern und wird von zahlreichen Insekten aufgesucht, die Nutzen von ihm haben.

Dem Rotklee haftet mit seinem Beinamen Kriechklee eine irgendwie erniedrigende Titulierung an, die seiner Erscheinung überhaupt nicht gerecht wird. Denn wo lange im grünen Gras kein Farbpunkt sich zeigt, meldet sich als erster der Rotklee und zeigt seine prächtigen Bommeln, die kräftig die Wiese bunt tupfen. Wohl jedes Kind hat schon oder sollte einmal eine dieser Blütenkugeln gepflückt haben, um sie auseinander zu zupfen und die hauchzarten Blütenenden mit ihren weißen Spitzen in den Mund zu nehmen und daran zu ‚zutschen’. Kaum messbar an Menge, aber überraschend an Süße stößt die feine Wucht des Nektars an den Gaumen. Sinnlicher ist kaum zu erkosten, was Bienen und Schmetterlinge antreibt, unermüdlich Blüte um Blüte anzusteuern. Es schmeckt einfach unnachahmlich süß und kostbar.

Je wässriger desto kräftiger: Rotklee            Foto: Anja Hilgert

Verblüffend am Rotklee ist auch, dass die Leuchtkraft seiner Blütenkugeln sich steigert, je nachdem wie nährend der Boden ist, auf dem er wächst. Stehen sie auf der eher trockenen Elbwiese in der üblichen, blässlich violetten Gestalt, so findet man Rotklee direkt am feuchten, lehmigeren Elbufer, der höher an Wuchs, aber auch deutlich üppiger und farbkräftiger wächst.

Völlig außer der Reihe springt der Farbknall des Inkarnatklee ins Auge. Ein tiefes feurig pulsierendes Rot ist ihm eigen und macht ihn zur Seltenheit auf der Wiesenfarbpalette.

Farbfeuer in der Wiese: Inkarnatklee           Foto: Anja Hilgert

Die Gestimmtheit der Natur

Der derzeitige jahreszeitlich charakteristische Farbkontrast in violett und gelb, den die Natur darbietet, gibt ein gewisses Spannungsverhältnis in die Landschaft. Die Farben steigern gegenseitig ihre Leuchtkraft und hinterlassen eine Wirkung, die als Stimmung zu beschreiben wäre, in der Spaziergänger unterschwellig begleitet und geführt sind, ohne es zu wissen.

Im Laufe der sommerlicheren Monate werden weitere Verwandte aus der Familie des Klees den Tanzsaal der Elbwiesen bevölkern, allen voran und weit verbreitet der in kleinen länglichen Puscheln blühende Hasenklee, der als einer der ältesten seiner Art eine Art Urahn des Klees darstellt.

Gelber und weißer Steinklee gesellen sich dazu in die Wiesenkultur, mit lang aufragenden Halmen, an denen sich zahlreiche Einzelblüten in einer Reihe von glöckelnden Hütchen öffnen. Aus diesen wie schlanke Glockentürme aufragenden Blütenständern würde es hell und unentwegt läuten, könnten wir ihre Musik nur hören.

Würzkraut in der Uferböschung

Es ist beglückend, was die Maienwiese zu bieten hat an Augenweide.
Doch der Besuch in der Elbflora wäre nicht vollständig, wenn nicht ein Blick an den Uferböschungen entlang streifte und die Pracht dort würdigte.

Fast Johannstadt-typisch wächst dort, die ganze Böschung von der Albertbrücke bis zum Fährgarten entlang ein würziges Kraut, das schon seit März mit seinem unverkennbaren Geruch auf sich aufmerksam macht. Wer die Brise nicht erwischt hat, wird jetzt, im Mai nicht mehr umhin können, ihn wahrzunehmen, denn es blüht zwischen den Steinen nur gar zu üppig: Der Elbschnittlauch steht in voller Blüte!

Prachtexemplar eines Schnittlauchhorstes  Foto: Anja Hilgert

Jedes Jahr kehrt er zurück an dieser Stelle und ist ein verlässliches Kraut, das im wahrsten Sinne mit allen Wassern gewaschen ist. Ob in der, nach der, vor der Flut, den Schnittlauch an der Elbe kümmert kein Wasserstand.
Mit seiner kleinen Wuchshöhe von 5 bis 10 Zentimetern ist der Elbschnittlauch eher ein kleiner, mickeriger Vertreter seiner Art. Die büschelweise wachsenden Schnittlauchhorste sind winterhart und kommen mehrjährig.

Im Elbufergarten Foto: Anja Hilgert

Zu ernten wäre der Schnittlauch besser im Frühjahr gewesen, dann auch hätten seine satt grünen Halme die entsprechende Würz- und Heilwirkung gehabt. Der wilde Schnittlauch beinhaltet mehr Aroma und stärkere Wirkstoffe als die Gartenpflanze und steht hier an der Elbe frei zur Verfügung. Als Gewürz kennt jede*r den Schnittlauch, aber dass er auch als Heilpflanze gilt, ist weniger bekannt: Vitamin- und mineralreich stärkt er körpereigene Abwehrkräfte und wirkt verdauungsfördernd.
Jetzt steht er schon in voller Blüte und die Kraft, die in den violetten Blütenständen steckt, ist der restlichen Pflanze bereits entzogen. Bleiben also die Blüten selbst, die man als hübsche Garnitur für Salate oder andere Speisen jetzt noch gut einsammeln kann.

Alles andere als normal: Die Kitas haben wieder offen

eingestellt am 18.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die DRK-Kita "Claras Abenteuerland": Geöffnet, aber streng geregelt. Foto: Philine Schlick

Seit Montag haben die Dresdner Kitas von der Notbetreuung in den Regelbetrieb gewechselt. So auch in der Johannstadt. Abstand, Händewaschen, Desinfizieren, Mund-Nasen-Bedeckung, festgelegte Gruppen, gekürzte Öffnungszeiten verlangen Kindern, Eltern und Betreuer*innen einiges ab. Die Wiedersehensfreude war dennoch groß.

„Ein eingeschränkter Regelbetrieb heißt nicht, dass die Einrichtungen wieder normal zur Verfügung stehen“, räumte die Amtsleiterin des Amtes für Kindertagesbetreuung Sabine Bibas bereits in ihrer Ankündigung am Freitag ein.

Eingeschränkte Öffnungszeiten

Die Vorgaben der Allgemeinverfügung vom 12. Mai  lassen den Normalbetrieb für die rund 55 000 in Dresdner Kitas und Horten betreuten Kinder derzeit nicht zu. „Die strikten Vorgaben zur Betreuung der Kinder in festen Gruppen mit möglichst festem Personal können die Einrichtungen nur leisten, wenn sie ihre Öffnungszeiten einschränken. Mir ist kein Träger bekannt, der es anders schafft“, so Sabine Bibas.

Die Einrichtungen bzw. Träger entscheiden eigenverantwortlich, welche Öffnungszeiten mit den pädagogischen Fachkräften in den Kitas und Horten möglich sind.

Entgegenkommen der Eltern

So handhabt es auch die Kita “Claras Abenteuerland” des DRK auf der Neubertstraße. Geöffnet hat sie momentan nur von 7 bis 16 Uhr, sagt Leiterin Kathrin Hoppe. Die Eltern betreten die Kita über den Haupteingang und verlassen das Gebäude durch einen Nebeneingang. “Viele halten die nötigen Dokumente bereits aufgefüllt bereit”, erzählt Hoppe. Nötig sind eine unterschriebene Infektionsschutzbelehrung und eine tägliche Unterschrift, die Symptomfreiheit und gewaschene Hände bestätigt.

“Wir haben von den Eltern ein großes Entgegenkommen und viel Verständnis erfahren”, berichtet Kathrin Hoppe. Eltern, denen es möglich war, hätten ihre Kinder vorerst noch Zuhause gelassen, um die Kitas nicht zu überfordern. Kathrin Hoppe sagt, sie wisse, wie schmerzhaft die reduzierten Öffnungszeiten seien und danke für das Entgegenkommen. Um gemeinsam an einem Strang zu ziehen, seien alle Haushalte mit einem Elternbrief informiert worden.

Von buntem Gewusel und lautem Treiben vorerst noch keine Spur. Blick in die Kita auf der Blumenstraße. Foto: Philine Schlick

Einschränkungen und Kindeswohl

Ebenso ist die Integrations-Kita “Tabaluga” auf der Hopfgartenstraße vorgegangen. Obwohl der Regelbetrieb eingeläutet sei, sei der Tag “alles andere als normal” verlaufen, sagt Leiterin Claudia Voigt-Baranyai. Über die Maßnahmen seien alle Eltern mit einem Brief ausführlich informiert worden.

“Wegen der Einschränkungen haben wir Teile unseres pädagogischen Konzeptes außer Kraft setzen müssen”, so Voigt-Baranyai. Um den staatlichen Vorgaben zu genügen und dennoch das Wohlbefinden der Kinder zu gewährleisten, habe das Team der Kita alles gegeben.

“Wir haben vor eineinhalb Wochen unter großem Druck, aber mit viel Engagement, Herzblut und Motivation die Vorbereitungen begonnen”, sagt Leiterin Claudia Voigt-Baranyai. Man habe sich lange beraten und eng mit dem Amt für Kindertagesbetreuung abgestimmt. Das Amt habe die Ideen der Kita für gut befunden.

Die Räume wurden zur Begrüßung mit Luftballons geschmückt, so die Leiterin. “Wir haben den Tag gut organisiert, ruhig und unaufgeregt begangen. Es war für alle ein freudvolles Wiedersehen.”

Schließtag nach Christi Himmelfahrt

Die Allgemeinverfügung des Landes ist bis einschließlich 5. Juni 2020 gültig. Für den Brückentag nach Christi Himmelfahrt am 22. Mai hat der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen für die kommunalen Kitas und Horte einen außerordentlichen Schließtag angeordnet. Für die gesonderten Auflagen mangelt es an Personal.

Sabine Bibas: „Den Kitas und Horten ist absolut bewusst, dass die eingeschränkten Öffnungszeiten Familien und Arbeitgeber vor immense Herausforderungen stellen. Die Einrichtungen werden deshalb immer mit Augenmaß entscheiden.“

Damit Eltern keine finanziellen Nachteile aus den Einschränkungen entstehen, überlässt es der städtische Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen den Eltern, ihre vertragliche Betreuungszeit auf die tatsächlich in Anspruch genommene und von der Elternbeitragssatzung mindestens vorgesehene Betreuungszeitstufe zu reduzieren. Möchten Eltern von diesem Angebot Gebrauch machen, können sie sich formlos an die jeweilige Einrichtungsleitung wenden.

Frühling und Geschichte: Der Innenhof des Universitätsklinikums Dresden

eingestellt am 16.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick in den Hof des Uniklinikums. Foto Alexandra Jentsch

Alexandra Jentsch ist für die Stadtteilredaktion von johannstadt.de auf dem Gelände des Uniklinikums umher spaziert und hat den Innenhof, ehemals Standort einer Kapelle, näher betrachtet. Ein seltsames Gefühl, das Krankenhaus mit Corona-Station zum Flanieren, nicht zum Arbeiten oder Genesen aufzusuchen …

Die Atmosphäre und die Gestaltung des Innenhofs des Universitätsklinikums sind einen Spaziergang und ein Verweilen wert – vorausgesetzt man verbindet mit einem solchen Ort keine schmerzhaften Erinnerungen, sondern vielleicht eher etwas Heilsames.

Beseelender Platz am Brunnen

Jetzt in diesem Frühling mag es etwas entrückt wirken, auf der Blasewitzer Straße die historischen Mauern aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts an der Stelle der Corona-Ambulanz zu passieren und mit einer Sonnenbrille auf der Nase nur aus Interesse am begrünten Innenhof durch den Haupteingang zu schlendern.

Gerade weil ich im Gesundheitswesen arbeite, tut es gut, diesen Ort nicht von der Pflicht- und Sorgenseite zu betrachten. Mir wird nur kurz der immense Lageplan gewahr, vor dem ein kleiner graubärtig-hängeschultriger Mann lange das Gesuchte nicht zuordnen kann. Er suche die Corona-Ambulanz “nur falls man da mal hinmüsste“. Ein Fingerzeig war zum Glück genug, um den fragenden Blick von der großen abstrakten Karte abzuwenden.

Duft nach Stiefmütterchen

Nicht weit vom Haupteingang zwischen einigen historischen Gebäuden treffe ich auf einen beseelenden Platz am Brunnen unter der Blutbuche. Eine schwarze Krähe kramt unverschreckt im Mülleimer und “fischt“ eine leere Assiette heraus – vielleicht ein Relikt eines nun fernab der Kollegenrunden, dafür aber im Grünen mittagspausierenden Mitarbeitenden der Klinik.

Friesstücke des Westgiebels der Kirche mit ornamentaler Jugenstil-Gestaltung. Foto Alexandra Jentsch
Friesstücke des Westgiebels der Kirche mit ornamentaler Jugenstil-Gestaltung. Foto Alexandra Jentsch

Im Hintergrund sitzt ein kräftiger Herr in brauner Lederjacke und weißem Mundschutz, die Tauben gurren, es riecht nach frisch gepflanzten Stiefmütterchen und die hellgrünen Blatttriebe wirken vor dem blauen Himmel neben den Blutbuchen-Trieben wie ein Goa-Outfit. Hinter den Verzweigungen lugt der lange Schornstein des Heizhauses hervor, den man von fast jeder Stelle des Geländes wie eine Art Markierung herausragen sieht.

Aus Kapelle wurde Seelsorgezentrum

Für eine Minute zerrt der gelbe ADAC-Hubschrauber an der friedlichen Ruhe dieser Gartenanlage und erinnert daran, dass hier Tag für Tag Menschenleben gerettet bzw. an Menschenleiden gemindert werden.

Bild der neoromanischen Kapelle, von der heute nur noch Ruinen sichtbar sind. Quelle: http://www.dresdner-stadtteile.de/Zentrum/Johannstadt/Universitatsklinikum/universitatsklinikum.html

Mein spontaner Weg zeigt weitere Relikte auf, die lange schon Geschichte erzählen: Verzierte Bruchstücke einer neoromanischen Kapelle, die hier 1901 eingeweiht, 1945 zerstört und kurz darauf abgerissen worden war. Was hier als übrig liegt, wirkt in seinen gewundenen Formen und Friedenssymbolen anmutig und bewegt mich ein weiteres Mal im Hinblick auf die vielen Kriegswunden, welche die Johannstadt birgt.
Heute hat den Platz und die Bedeutung der Kapelle das Seelsorge-Zentrum eingenommen, welches seit dem Jahr 2000 an ebendieser Stelle eröffnet ist.

Aus dem Schriftzug „Soli deo gloria“ (Gott allein die Ehre), der einst das Turmuntergeschoss bekrönte. Foto: Alexandra Jentsch

Terminlose Langsamkeit

Einige Meter weiter Richtung Pfotenhauer Straße erinnert eine sehr massiv und entschieden wirkende Mutterfigur an den Ursprung der Klinik und des Namensgebers Carl Gustav Carus'(1789-1869) fortschrittliches Wirken in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Ursprünglich war sie jedoch vom in Dresden studierten und ebenda 1942 verstorbenen Bildhauer Ludwig Godenschweg gefertigt worden. Auch hier laden ein ebenso geformter Brunnen und schattenspendende Bäume zum Erholen und Atmen ein.

Ludwig Godenschweg „Mutter mit Kindern“ Sandstein 1920. Foto: Alexandra Jentsch
Ludwig Godenschweg „Mutter mit Kindern“ Sandstein 1920. Foto: Alexandra Jentsch

Mein Weg aus den Grünanlagen mündet allmählich wieder in Glasfassaden und Metallgeländer, Rampen und Rangierwege. Während ich noch in terminloser Langsamkeit mit der vogelbezwitscherten Parkstille zum Ausgang spaziere, hebt der Hubschrauber zum nächsten Einsatz ab. Vor den Toren rauschen die Fahrzeuge über die Fetscherstraße, vor denen man sich also mit nur einem kurzen Abzweig hinter die historische Mauern verkriechen kann.

Güntzareal: Erste Läden geöffnet, erste Wohnungen bezugsfertig

eingestellt am 15.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Bauarbeiten am "Quartier der Generationen" sind nahezu abgeschlossen. Foto: Philine Schlick

Seit Donnerstag regt es sich im neu gebauten “Quartier der Generationen” auf dem Güntzareal. Die Ketten Rewe und Rossmann haben je eine Filiale im Hof der Häuserschluchten eröffnet. Die ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe berichtet in ihrer Pressemitteilung, das Projekt sei nahezu komplett fertig gestellt.

Noch liegen Maschinendröhnen und Staub in der Luft, doch der Großteil der riesigen Baustelle Güntzareal ist laut ZBI Gruppe fertig gestellt. Auf einer Gesamtmietfläche von 19.720 Quadratmetern sind seit Anfang Mai 2020 die ersten Wohnungen bezugsfertig.

Friseur, Schwerdtner, TUI, …

Insgesamt sind 211 familien- und seniorengerechte Wohneinheiten mit zwei bis fünf Zimmern sowie 137 möblierten Mikroapartments für Student*innen und Geschäftstätige mit einer Größe von 24 bis 120 Quadratmetern entstanden. Alle Wohnungen verfügen über einen Balkon oder eine Terrasse. Eine quartiereigene Tiefgarage bietet 388 Stellplätze für Fahrräder und Pkw, darunter sind 100 für die Öffentlichkeit zugänglich.

Blick auf die am Donnerstag eröffneten Filialen von Rewe und Rossmann. Foto: Philine Schlick
Blick auf die am Donnerstag eröffneten Filialen von Rewe und Rossmann. Foto: Philine Schlick

Sparkasse wurde erweitert

Platz bieten die acht Neubauten auf dem Areal zwischen Elsasser, Elisenstraße und Gerokstraße auch für Gewerbeflächen. 8180 Quadratmeter stehen dafür zur Verfügung, darunter zwei Gastronomien und mehrere großflächige Büroeinheiten. Zudem ist eine Apotheke und ein Friseursalon vorgesehen. Eingemietet ist außerdem die Bäckerei Schwerdtner mit einer Filiale und ein Reisebüro von TUI.

“Ein architektonisches Highlight ist das im Innenhof liegende Hochplateau”, so Barbara Krönig von der Unternehmenskommunikation. In Kombination mit den öffentlich zugänglichen Freiflächen schaffe es eine offene und urbane Lebensqualität.

Die ansässige Sparkasse hat ihren Hauptsitz entlang der Gerokstraße mit einem etwa 70 Meter langen Neubau erweitert.

Die ZBI Gruppe hat das Projekt umgesetzt. Die Firma gilt laut eigener Aussage als führender Spezialist für deutsche Wohnimmobilien. Aktuell werden rund 61.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Deutschland und Luxemburg von der Unternehmensgruppe verwaltet, das bislang realisierte Transaktionsvolumen liegt bei rund 10,6 Milliarden Euro.

Seit 2017 ist die ZBI Gruppe strategischer Partner der Union Investment.

Schatzinsel an der Elbe

eingestellt am 13.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: An den Elbwiesen hat ein*e Unbekannt*e ein Bücherlager auf Spendenbasis eingerichtet. Foto: Mohammad Ghith Al Haj Hossin

Beitrag von Mohammad Ghith Al Haj Hossin

Die Stadtteilredaktion von johannstadt.de hat einen neuen Mitarbeiter. Bisher war der aus Syrien stammende Journalist Mohammad Ghith Al Haj Hossin als Übersetzer für die Seite des Stadtteilvereins tätig. Nun wird er regelmäßig Artikel für das Portal schreiben. Sein erster handelt von einem Schatzfund auf den Elbwiesen.

Als ich auf der grünen Wiese an der Elbe in Johannstadt lief, war die Umgebung, wie an jedem sonnigen Tag voller Freude. Eine Gruppe von Jugendlichen tanzte leichtfüßig zu Zumba-Musik. Die andere Gruppe spielte Frisbee. Manche sind gejoggt, gelaufen oder sind mit dem Fahrrad gefahren. Es war ein schöner Augenblick voller Lebensfreude.

“Bald wirst du 82 sein …”

Am Anfang dachte ich, da sei eine Gepäcktasche mit vielen Kleidungsstücken auf den Boden geworfen wurden. Aber als ich mich näherte war, fand ich etwas anderes. Es war ein alter Koffer voller Bücher,  darunter Romane und Filme für Kinder und Erwachsene. Es gab auch Papiertüten zum Mitnehmen. In der Mitte stand ein Plakat, auf dem geschrieben stand: “Bücher gegen Spende, ab 50ct bis so viel es dir wert ist. Bitte Abstand zueinander halten. Viel Spaß!”

Eine Mutter mit ihrem Kind ist von ihrem Fahrrad abgestiegen und hat viele Bücher gehalten. Dann hat sie eines ausgewählt, bezahlte es und ging freudig. Ich habe auch ein Buch gewählt und bezahlte. Das Buch heißt ‚Brief an D: Geschichte einer Liebe‘. Auf den Buchumschlag stand etwas geschrieben, was mir gefallen hat: “Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden, Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist Du schön, graziös und begehrenswert. Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe Dich mehr denn je.”

Geschichte einer Liebe

Es fing an, als ich 9 Jahre alt war. Ich konnte mich nicht gut in der Schule aufs Lesen und Schreiben konzentrieren. Aber im Sommer der dritten Klasse wurde alles anders. Ich verliebte mich in Bücher. Vor allem liebte ich gebrauchte Bücher. Ich denke immer, dass sie die Spuren der anderen Leute in sich tragen, die vorher in ihnen gelesen haben.

In einem gebrauchten Buch finden wir möglicherweise eine Notiz, ein Foto oder einen schönen Satz, die an jemand geschrieben wurden. Es ist wie ‚a message in a bottle‘, in dem die Botschaft eines Unbekannten den Leser in einem anderen Platz, oder in anderen Zeit erreicht.

Jedes Buch eine Schatzkarte

Es schien mir, dass dieser Koffer mit den Büchern wie eine Schatzinsel umgeben von grünen Wiesen war. Jedes Buch ist eine Schatzkarte, die uns helfen kann, unser eigenes Selbst zu finden. Ohne unsere Platz zu verlassen. Der Schatz war im offenen Koffer, wo keine Geheimnisse versteckt werden. Wir brauchen nur die Entscheidung treffen,  ein Buch, das uns gefällt zu wählen und eine schöne Reise mit ihm zu machen.

Ich habe nicht nach der Besitzer*in des Koffers gesucht. Es interessierte mich nicht. Im Gegenteil: Ich wollte ich ihn/sie wie eine mysteriöser Figur lassen. Ich habe gedacht, das Mädchen, das neben mir gestanden hatte, könne die Besitzerin sein, aber ich ignorierte dieses Gefühl und kehrte nach Hause zurück. Weil sie oder er sich auf diese schöne Weise vorgestellt hatte, ohne eine Identität zu zeigen, war es kein Geschäft.

Lesen bedeutet für mich weit mehr als nur ein Beruf als Journalist oder ein Hobby in der Freizeit. In meinem Leben verbindet sich die Lust am Lesen mit der Lust am Leben. Deswegen kann ich mir mein Leben ohne Bücher nicht vorstellen.

Stein um Stein … Kinder legen eine Spur von Happy Stones durchs Viertel

eingestellt am 05.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Stein um Stein eine Glücksbotschaft im Straßenzug Foto: Anja Hilgert

Wie können Steine nur so glücklich machen!
Kinder haben mit Steinen einen ganz freimütigen Umgang. Die großen werden beklettert, die dicken gerollt und gehoben, die mittleren fliegen als Hüpfstein in Himmel oder Hölle und die flachen werden am Fluss übers Wasser geschnippt. Die Verwendung von Steinen ist in Kinderhänden so vielfältig wie die Fantasie reicht. Im Sandkasten oder am Elbestrand werden Burgen und Kuchen oder gar der ganze Rand der Kiste eingefasst. Steine schmücken. Als Einzelstück oder in Reihe.

Bunte Steine auf weiter Flur

Im neu bepflanzten Hochbeet in unserem Hinterhof blühen Erdbeerpflanzen. Unter ihren Blättern leuchtet es schon vor den Früchten rot und bunt. Da liegen, hier und da im Beet verteilt schöne Steine zwischen dem Grün und bringen Farbe aufs Erdreich.
„Die haben wir gefunden“, sagt der Hüter des Beetes und meint sich und seine Schwester, die von einem Spaziergang die bemalten Steine mitgebracht haben: „Die lagen dort am Weg entlang in einer langen Schlange, die durfte man sich mitnehmen.“

Steinlandung im Hochbeet       Foto: Anja Hilgert

Scheinbar von überall tauchte in den letzten Wochen die Idee mit den Steinen auf, wanderten bunte bemalte Steine von einem Ort zum anderen, tauchten farbenfroh oder künstlerisch bemalt, irgendwo unvermutet als plötzlicher Hingucker und Platzhalter auf, blieben eine Weile am Ort, verschwanden, wurden mitgenommen, umverteilt oder ausgetauscht. Plötzlich sind überall Steine – bunte, schöne, zum Teil verrückte Steine, die zum Lachen bringen und für Gesprächsstoff sorgen.

Happy Stones werden zu Glücksbringern

Als Happy Stones sind sie in aller Munde, machen nun auch in Johannstadt die Runde. Ursprünglich scheinbar 2015 von Amerika ausgehend, verbreitete sich schnell die Idee, vorsätzlich bunt gestaltete Steine im öffentlichen Raum auszulegen, dass sie überraschend gefunden und gut gelaunt weitergegeben werden konnten. Am Ort des Finders/der Finderin wurden sie sogar im Netz mit posts versehen, die die Reise mancher Steine dokumentierten, wie sie plötzlich erstaunliche Strecken und wunderbare Geschichten erzählten. Gute Laune auszubreiten war der kreative Auftrag der sogenannten Happy Stones.

Gebannter Virus im Mauereck Foto: Anja Hilgert

Viele Begeisterte lassen sich gerade jetzt gerne anstecken von der Idee, selbst gesammelte Steine zu nutzen, um kleine Botschaften zu senden. Auf indirektem Weg lässt sich mit den liebevoll bemalten Steinen von Hand zu Hand auf bedeutsame Art Kontakt stiften. Und die exponentielle Verbreitung der Farbakzente bis in die privaten Haushalte hinein ist ein sinniger Genuss.

Die Steine stiften ein positives Band von Verbundenheit und Verbündetsein unter den Beteiligten. Bei der aktuellen Nachrichtenlage genießen viele es, über Freude und Glücksbotschaften in Austausch zu gehen. „Es beschäftigt mit guten Gedanken, beruhigt und macht kreativ“, sagen zwei Mütter, die sich mit ihren Kindern beteiligen an der Steine-Malaktion.

Sonnen-Stein                         Foto: Anja Hilgert

In Hertel- und Neubertstraße schlängeln sich die Steine

„Die Spur der Steine“, war schon einmal ein berühmter Titel. Jetzt kann man ihn wieder vergeben in der Johannstadt, wo entlang der Neubertstraße eine bereits mehrere Meter lange Schlange entstanden ist, die zum Teil sogar Fensterbänke und Mauervorsprünge mit einbezieht.

Steine können Geheimnisse bewahren, das wussten schon die Zwerge. Sie hüteten die edelsten unter ihnen, weshalb sie wohl diesen Namen tragen. Kostbarkeiten, wenn nicht gar Edelsteine kann man hier derzeit auf der Straße finden!

Kinder der Hertelstraße hoffen, dass aus ihrer begonnenen Reihe niemand einen Stein mitnimmt, sondern lieber selbst einen dazulegt, damit die Schlange entlang der Häuser wachsen kann, vielleicht ja sogar ganz rund um den Block, dass die Schlange sich selber in den Schwanz beißt!

Verbundenheit in Stein            Foto: Anja Hilgert

Steine mit Bemalung gehen auf Wanderschaft

Besonders im Leben von Kindern haben Steine von Anfang an ein Gewicht.
Stolpersteine, Holpersteine beim ersten Laufen, sich nach einem Stein bücken, der schön geformt oder geheimnisvoll glitzernd des Weges erscheint – sie werden aufgehoben, in die Hosen- und Rocktasche gesteckt, gesammelt und mit nach Hause genommen. Steine sind Schätze.

Schätze zum Mitnehmen und Weitergeben   Foto: Anja Hilgert

Die schönsten findet, wer Glück hat. Manche sind echte Glückssteine. Oder Schutzsteine. Wenn sie ein Loch haben, können sie an ein Band und um den Hals getragen werden, als besonderer, nämlich persönlich gefundener und einzigartiger Schmuckstein.
Es gibt auch Erinnerungssteine, die an einen ganz bestimmten Ort verbinden, vielleicht der Kindheit oder wo man früher gewohnt hat oder wo es einfach einmal besonders schön war, für den Moment, der jetzt in dem Stein steckt. Die bemalten Steine haben von allem etwas, was in Steinen so steckt. Dafür kann man gern wieder einmal Kind werden.

„Du hast bei mir einen Stein im Brett“, lautet ein Sprichwort und Otis, der Nachbarjunge würde sagen, „Ich habe meinen Stein im Bett“, da liegt nämlich der zum ‚Marini’ bemalte Stein in seinem Hochbett. Ob er den aber sein Leben lang behält, da ist er sich nicht so sicher.

Gießkannendemo bringt rund 2000 Liter Elbwasser auf die Streuobstwiesen

eingestellt am 04.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: 1. Gießkannendemo am 1. Mai 2020. Foto: Marcel Naujoks

Die erste 1. Gießkannen-Demonstration am ersten Mai 2020 verzeichnete 15 Teilnehmer*innen und knapp 200 Kannen Wasser für die Bäume auf den Johannstädter Streuobstwiesen. Im Fokus standen besonders neu gepflanzte Obstbäume. Veranstalter André Brödner ist zufrieden mit dem Ablauf und überzeugt: Das Konzept hat das Potential sich zu etablieren.

André Brödner ist motiviert nach der ersten “pluralistischen Gießkannen-Demo” in der Johannstadt. Er ersann die Aktion, bei der öffentliche Meinungsbekundung und praktische Hilfe zusammenfielen.

Eine Stunde, knapp 200 Kannen

Die Vorbereitung der Veranstaltung erfolgte in enger Abstimmung mit Gesundheitsamt und Versammlungsbehörde. Mit einer limitierten Teilnehmerzahl von 15 Menschen erteilten die Behörden schließlich die Genehmigung. Aber aus den erhofften vier Stunden Wasserschleppen wurde nichts: Eine Stunde wurde ausgehandelt. Während dieser kontrollierten Polizeibeamte die Einhaltung aller Auflagen.

Pünktlich 14 Uhr konnte es losgehen. Mit “Mu-Na-Schu” (Mund-Nasen-Schutz) ausgestattet, befüllten die Teilnehmer*innen über einen improvisierten Steg Kannen und Eimer mit Flusswasser. Am Radweg stand ein Bollerwagen für den Transport der Kannen und Eimer auf den Hang in Richtung Käthe-Kollwitz-Ufer bereit.

Mit Kreide wurden die geschöpften Kannen auf dem Asphalt des unteren Radweges dokumentiert. Am Ende war an den Strichen eine Zahl von rund 200 Kannen á 10 Liter abzulesen, sagt André Brödner.

Mehr Bürger gewinnen

Mit Bannern und Schildern am Elberadweg wiesen die Demonstrant*innen auf vielfältige Anliegen hin: “Krankenhäuser und Pflegeheime nicht vertrocknen lassen”, “Bäume retten statt Banken”, “Niemanden zurücklassen – auch nicht an den EU-Außengrenzen” lauteten einige Beispiele.

Im Rückblick ist André Brödner glücklich über die positiven Reaktionen von Teilnehmer*innen und Passant*innen. Einige spontane Helfer sind während der Aktion dazu gestoßen. Das selbst gesteckte Ziel von zehn Kannen pro Teilnehmer*in sei überraschend überschritten worden.

“Durch die anhaltende Trockenheit wird es weiterhin nötig sein, die Jungbäume zu gießen. Darum werde ich versuchen, weitere Gießdemonstrationen zu starten und noch mehr Johannstädter Bürger dafür zu gewinnen.”

Johannstädter Fähre für drei Wochen außer Betrieb

eingestellt am 04.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die Baugeräte auf der Neustädter Elbseite am 4. Mai 2020. Foto: Philine Schlick

Wo bisher im Ersatz für die defekte “Johanna” die “Elbflorenz” die Johannstadt mit der Neustadt verband, standen am Montag große orangefarbene Kräne: Die Pontons des Fähranlegers werden drei Wochen lang einem “TÜV” unterzogen, berichtet DVB-Sprecher Falk Lösch.

Seit Ende März befindet sich das Fährschiff “Johanna” wegen eines Motorschadens in Quarantäne. Nun ist auch ihr Ersatz, die “Elbflorenz” verschwunden – samt Anleger.

Die schwimmenden Pontons des Anlegers werden einer Art TÜV, einer sogenannten Bodendichtemessung, unterzogen. Neuen gesetzlichen Regelungen gemäß wird die Anlage fit gemacht, inklusive eines neuen Anstriches und eines speziellen Eisschutzes. Die Arbeiten werden drei Wochen in Anspruch nehmen. Dies führt DVB-Sprecher Falk Lösch aus.

Am 22. Mai soll – so ist der Plan – mit dem aufgefrischten Anleger auch Fähre “Johanna” wieder an den Start gehen.

Dafür geht am heutigen Tag die Tolkewitzer Fähre wieder in Betrieb.

Stadtteilverein Johannstadt e.V. ist neuer Träger der Stadtteilinternetplattform

eingestellt am 04.05.2020 von Matthias Kunert (QM Johannstadt)

Am 1.5.2020 erfolgte der Umzug der Internetplattform www.qm-johannstadt.de auf die neue Domain www.johannstadt.de. Ab sofort ist nicht mehr das Quartiersmanagement, sondern der Stadtteilverein Johannstadt e.V. Träger der Plattform. Die Stadtteilredaktion johannstadt.de und das Quartiersmanagement informieren auch in Zukunft laufend über das aktuelle Geschehen im Stadtteil.

Die durch das Quartiersmanagement Nördliche Johannstadt im Rahmen des Förderprogramms “Soziale Stadt Nördliche Johannstadt” aufgebaute Informationsplattform ging im Oktober 2015 online und wurde seitdem kontinuierlich ausgebaut. Sie umfasst heute neben 200 chronologischen Beiträgen zu Entwicklungen im Stadtteil mehr als 70 aktuelle Darstellungen von Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten im Stadtteil, zahlreiche Porträts von Menschen im Stadtteil, einen einrichtungsübergreifenden Veranstaltungskalender sowie detailreiche Beschreibungen von Straßen und Plätzen, Grünanlagen und Sportanlagen, darunter unter anderem ein bislang 10 Stationen umfassender Rundweg zur Stadtteilgeschichte. Vorgestellt werden zudem Fördermöglichkeiten für bürgerschaftliche Projekte aus Verfügungs- und Stadtteilfonds sowie die zahlreichen auf diese Weise bereits umgesetzten Projekte, Informationen zu Planungen und Maßnahmen im Rahmen des Programms Soziale Stadt, stadtteilrelevanten Gremien und Beteiligungsmöglichkeiten sowie die Projekte des Stadtteilvereins Johannstadt e.V., darunter auch das Projekt “Nachhaltige Johannstadt 2025”.

Die Übertragung der Plattform auf den Stadtteilverein ist Teil der Bemühungen, die Stadtteilarbeit des Quartiersmanagements über die Laufzeit des Förderprogramms „Soziale Stadt Nördliche Johannstadt“ (voraussichtlich bis Ende 2024) hinaus zu verstetigen. Mit rund 60 täglichen Besucher*innen (2019) ist die Plattform zu einer gut besuchten Stadtteilinformationsplattform geworden. Mit der im November 2019 gestarteten und am Stadtteilverein Johannstadt e.V. angebundenen Stadtteilredaktion soll die Reichweite weiter gesteigert werden. Die Plattform ist bereits seit 2019 über die neue Domain www.johannstadt.de erreichbar, die nunmehr die Hauptdomain ist. Die bisherige Domain www.qm-johannstadt.de wird seit 1.5.2020 auf die neue Domain umgeleitet.

Fragen zur Plattform und Vorschläge für Beiträge können zukünftig an redaktion@johannstadt.de gerichtet werden. Das Quartiersmanagement steht weiterhin für alle Fragen und Anliegen zur Stadtteilentwicklung im Fördergebiet “Soziale Stadt Nördliche Johannstadt” zur Verfügung und wird auch zukünftig laufend zur Gebietsentwicklung auf dieser Plattform sowie über seine Newsletter informieren.

Unterwasser-Begegnung zweier Künstlerinnen an der Elbe

eingestellt am 03.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Dramatische Geste einer Wassernymphe - Die Undine am Johannstädter Elbufer Foto: Anja Hilgert

Am Bücherregal entlang streifen und ein Buch, neugierig hervorgezogen, aufblättern, an Seiten hängenbleiben, die, willkürlich aufgeschlagen, in dem Moment genau Sinn machen. Manchmal geht es so und genau das Richtige kommt zu einem. Was zuerst kam – das Buch von Ingeborg Bachmann oder was davor war, weiß ich nicht mehr genau.
Es hat mit der markanten Skulptur zu tun, die am Grat des Uferwegs steht, wo die Wiesen beim Fährgarten übergehen in den schmalen Elbstrand. Mit ihr wird mehr als eine Geschichte erzählt. Namenlos, wie sie da steht, diese hohe Frauengestalt, wirft sie zu Lande und vom Wasser aus die Frage auf, wer sie denn sei und was sie im Sinn trage, die große Schreitende.

 

Wort oder Bild – wer erzählt zuerst seine Geschichte

In der Krise ist Zeit, wirklich wieder einmal zu lesen, eine Novelle, Erzähltext von nicht gleich nachvollziehbarer Geschichte, aber in einem Wortlaut, der ergreifend ist. Und einem Thema, das kraftvoll in tiefe Gewässer zieht. So kam es zur erstaunlichen Begegnung mit der verehrten Dichterin Ingeborg Bachmann, unerwartet und ausgerechnet in der Johannstadt.

Ich bin, wie häufig von meiner Johannstädter Wohnstatt aus, an der Elbe spazieren gewesen. Da ist, wie in Wiederholung einer häufig gerätselten Frage diese einzige Skulptur dort am Ufer, weithin hervorstehend, mir in den Weg getreten und hat den Anstoß versetzt, zu recherchieren, wenn es sich anders nicht auflösen lässt: Wer ist diese Frauengestalt, die, Haare raufend, ihre Mähne schüttelnd, himmelwärts gestikulierend oder kurz davor, wild einzutauchen in die Elbe, am Ufer steht oder geht?

Man ist ihr ohne Hinweis vor Ort direkt ausgesetzt. Es findet sich nicht wie so oft ein titelgebendes Täfelchen oder ein Name verzeichnet. Nur die 3,50m hohe Skulptur selbst, die nichts anderes tut, als da zu sein und sich in den Weg zu stellen, gestisch, energisch, rostverwittert, geheimnisträgerisch.

An ihrem Fuß ist ein Klappmechanismus angebracht, um sie bei flutendem Hochwasser umlegen zu können, dass kein Treibgut sich an ihr verfängt. Im Trockenen stehend, verfangen sich Aufschriften und Kritzeleien aus Kreide, was meint, dass sie es auf sich zieht, sich mit ihr auseinanderzusetzen.

 

Zuschreibungen, die sich auf der Skulptur verfangen                                 Foto: Anja Hilgert

Expressive künstlerische Zärtlichkeit

Mein Nachforschen ergibt, es handelt sich um das Werk der Dresdner Künstlerin Angela Hampel (*1956) mit dem Titel „Undine geht“.

Angela Hampel ist bekannt. Ihr künstlerisches Werk und engagierter Einsatz für Natur und Umwelt bis ins Politische hinein stehen für eine intensive Verbundenheit, die ihr bis heute ununterbrochen Anerkennung zukommen lässt.

Als Grafikerin vereint sie sinnlich starkes Einfühlungsvermögen und unerschrockene Expressivität in verschiedenen drucktechnischen Verfahren. Sie ist experimentell als Objektkünstlerin und ist Schöpferin zahlreicher Künstlerbücher für Literaten und Schriftstellerinnen. Eine Stärke Angela Hampels scheint zu sein, entscheidende Momente zu ergreifen und unmittelbar wirksam zu werden. So war sie Gründungskünstlerin der Dresdner Sezession 89. Zeit ihres Schaffens ist Angela Hampel deutlich eingetreten für eine weibliche Repräsentation in der Kunst.

Und Undine? Wer ist Undine? Warum will sie gehen? Gefällt es ihr nicht in der Johannstadt?

Beseelte Natur

Mit Undine (vgl. ital. l’onda, französisch l’onde: die Welle) gelangen wir in die Welt des Mythischen und Sagenhaften. Hier ist die Natur beseelt. Undinen sind Nymphen, weiblich jungfräuliche Elementarwesen in der Natur des Wassers. Ihr tänzerisch heiteres Spielen und Wirken verleiht dem Wasser seine Lebendigkeit.

Die Herkunft der Undinen liegt unergründlich in der magischen Tiefe des Ozeans, der sich in Flüssen und Seen fruchtbringend über das Land ergießt. Seinem natürlichen Element nach ist Wasser ewiges unaufhaltsames Fließen. Undinen als Geistwesen des Wassers gehören dem weiblich bezeichneten grenzenlos Naturhaften, Kreisenden, Träumenden, Unbewussten an.

Sie begleiten unter anderem als Gespielinnen Aphrodite oder Venus, Göttin der Liebe und der Schönheit, die auf Wellenschaumkronen aus dem Wasser an Land getragen wird.

Wo sie auftritt, sprießt und gedeiht und blüht es. Dafür muss Wasser über die Ufer treten, muss die Liebe an Land gehen und empfangen werden.

 

Silhouette einer Wassernymphe vor der Stadt am Elbufer                                Foto: Anja Hilgert

Das geheimnisvolle Leben der Wasserfrau

Eine Undine kann das in sich kreisende, immer wieder zum eigenen Ursprung rückkehrende Element des Wassers nur verlassen und selbst eine Seele und gegenwärtiges Leben erlangen, indem sie sich mit einem Menschen-Mann vereint.
Dazu muss sie, die aus dem Wasser stammt, an Land gehen und einen Mann finden, der ihrem unbändigen, freien, ungestümen, sich stets entwindenden Wesen die Treue hält. Einem Mann, der ihr untreu wird und sie verrät, bringt sie den Tod und sie selbst muss ins Wasser zurückkehren.

Dem Mythos nach kommt die Schöpfernatur in ihrem ewig nährenden Fluss ohne Anfang und Ende nur im schaffenden Geist der Formgebung zu wirklichem Halt und Gestalt und eigenem Erkennen. An ihm wacht sie auf. Zu ihr ist er hingezogen.
In der Vereinigung von Natur und Geist, Unbewusstem und wachendem Bewusstsein, Fülle und Fokus, Weiblichem und Männlichem, entsteht und pulsiert Leben. In dieser Begegnung, Reibung und diesem Spiel besteht das nie leer werdende Elixier sowohl der Liebe als auch der Kunst.

Kraft der eigenen Stimme bei Verstand bleiben

Eine Dichterin, der Kunst wie der Liebe bedingungslos hingegeben, hat der unter Wasser lebenden, sprachlosen Undine Stimmgewalt verliehen.
Ingeborg Bachmann (1926-1973) hat sich des Mythos’ aus der Innensicht der Wasserfrau angenommen: „Undine geht“ gehört zu ihren bekanntesten Erzählungen aus dem ersten Erzählband „Das dreißigste Jahr“ (1961).

Ihre Undine klagt, empört sich, bäumt sich auf, sträubt und verwehrt sich gegen Landgang und Begegnenmüssen mit dem beharrlich männlichen Wesen, den verschiedenen Männern, die sie in ihrem fließend flutenden Wesen nicht erkennen, nicht halten und ertragen, ihr nicht vertrauen und ihr entfliehen, ins Häusliche.

Ein Text, der es in sich hat, vor Aufschrei und Abrede über das Unwiderstehliche, Lust- und Leidvolle des Hingebens, in der Liebe wie der Kunst. Eindringlich wie ein Mantra über die permanente Nähe zum Scheitern und Verlorengehen als Elixier, es glücken zu lassen, in der Liebe, im künstlerischen Prozess. Beide sind, ihrer Natur nach unendlich, vergegenwärtigen sich in der Magie eines Moments.

In Dresden an Land gebracht

Angela Hampel, die in Dresden beheimatet und nicht gegangen, sondern da geblieben ist, hat sich in verschiedenen Werken dem Element Wasser gewidmet.
Die Arbeit der Undine, die 1998 als Gemeinschaftsprojekt an Rhein und Elbe entstanden ist, reicht an den Mythos heran und nimmt über den Titel hinaus Bezug auf Ingeborg Bachmanns Erzählung und die unerbittliche Thematik des elementar Weiblichen.

Die eine, „Undine geht“ steht hoch aufragend am Johannstädter Ufer und bildet, stadteinwärts blickend, ihr Profil vor der Dresdner Stadtsilhouette ab.
Ihr Pendant, „Undine kommt“ ist in Pieschen aufgestellt, ursprünglich an der Hafenmole, doch zum Bau der Fahrradbrücke umgezogen ans Ufer zu deren Fuße.
Beide verbindet der Fluss der Elbe.

Angela Hampel hat für ihre Undinen das überdauernde, wetterfeste und robuste Material des Baustahls gewählt und seiner übermannshohen Fläche einen filigranen Schnitt  verliehen. Die Figur, in weicher Linie eines weiblich konturierten Körpers, passt sich in ihrer Überlebensgröße dem Landschaftsrahmen an und vermag mit der Weite des Flusses zu sprechen.

Kommen und Gehen sind ein Wellenschlag

Vor dem Sprung zurück in die Strömung          Foto: Anja Hilgert

Undine geht von der Johannstadt aus mit der Strömung des Flusses. Sich treiben lassen, flussabwärts, das Wasser trägt, von der Quelle aus leicht und fließend. Um wieder zu kommen, muss sie gegen den Strom aus dem Wasser steigen. Es ist ein Moment von Kampf und geht beschwerlich gegen den Widerstand des Wassers. Alle Kraft muss von ihr ausgehen. Was, wenn das Ufer anders bereit wäre?

Der Ruf der Undinen, zu dessen Repertoir der betörende Gesang der Sirenen zählt, der Odysseus nahezu den Verstand gekostet hätte, legt sich lockend über die Wasser. Der weiche, wellenartige, rhythmisch wogende Gesang erklingt, wenn die Liebe im Begriff ist zu landen.

Ein Kunstwerk magischen Wissens hat diese Entdeckung beschert.
Manchmal stößt man auf eigentümliche Dinge und ohne zu wissen, was sie bedeuten, folgt man ihrer Spur. Dann ist wieder einmal Zeit, an sich selbst aufzuwachen und die Fließrichtung neu auszumachen.

 

 

Aktuelle Ausstellung von Angela Hampel in Dresden:

https://www.artundform.de/angela-hampel-sei-dennoch-unverzagt.html

 

Weiterführende Hinweise:

https://www.wikiwand.com/de/Liste_von_Skulpturen_und_Kleindenkmalen_in_der_Johannstadt_(Dresden))

http://www.angelahampel.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Angela_Hampel