Stein um Stein … Kinder legen eine Spur von Happy Stones durchs Viertel

eingestellt am 05.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Stein um Stein eine Glücksbotschaft im Straßenzug Foto: Anja Hilgert

Wie können Steine nur so glücklich machen!
Kinder haben mit Steinen einen ganz freimütigen Umgang. Die großen werden beklettert, die dicken gerollt und gehoben, die mittleren fliegen als Hüpfstein in Himmel oder Hölle und die flachen werden am Fluss übers Wasser geschnippt. Die Verwendung von Steinen ist in Kinderhänden so vielfältig wie die Fantasie reicht. Im Sandkasten oder am Elbestrand werden Burgen und Kuchen oder gar der ganze Rand der Kiste eingefasst. Steine schmücken. Als Einzelstück oder in Reihe.

Bunte Steine auf weiter Flur

Im neubepflanzten Hochbeet in unserem Hinterhof blühen Erdbeerpflanzen. Unter ihren Blättern leuchtet es schon vor den Früchten rot und bunt. Da liegen, hier und da im Beet verteilt schöne Steine zwischen dem Grün und bringen Farbe aufs Erdreich.
„Die haben wir gefunden“, sagt der Hüter des Beetes und meint sich und seine Schwester, die von einem Spaziergang die bemalten Steine mitgebracht haben: „Die lagen dort am Weg entlang in einer langen Schlange, die durfte man sich mitnehmen.“

Steinlandung im Hochbeet       Foto: Anja Hilgert

Scheinbar von überall tauchte in den letzten Wochen die Idee mit den Steinen auf, wanderten bunte bemalte Steine von einem Ort zum anderen, tauchten farbenfroh oder künstlerisch bemalt, irgendwo unvermutet als plötzlicher Hingucker und Platzhalter auf, blieben eine Weile am Ort, verschwanden, wurden mitgenommen, umverteilt oder ausgetauscht. Plötzlich sind überall Steine – bunte, schöne, zum Teil verrückte Steine, die zum Lachen bringen und für Gesprächsstoff sorgen.

Happy Stones werden zu Glücksbringern

Als Happy Stones sind sie in aller Munde, machen nun auch in Johannstadt die Runde. Ursprünglich scheinbar 2015 von Amerika ausgehend, verbreitete sich schnell die Idee, vorsätzlich bunt gestaltete Steine im öffentlichen Raum auszulegen, dass sie überraschend gefunden und gut gelaunt weitergegeben werden konnten. Am Ort des Finders/der Finderin wurden sie sogar im Netz mit posts versehen, die die Reise mancher Steine dokumentierten, wie sie plötzlich erstaunliche Strecken und wunderbare Geschichten erzählten. Gute Laune auszubreiten war der kreative Auftrag der sogenannten Happy Stones.

Gebannter Virus im Mauereck Foto: Anja Hilgert

Viele Begeisterte lassen sich gerade jetzt gerne anstecken von der Idee, selbst gesammelte Steine zu nutzen, um kleine Botschaften zu senden. Auf indirektem Weg lässt sich mit den liebevoll bemalten Steinen von Hand zu Hand auf bedeutsame Art Kontakt stiften. Und die exponentielle Verbreitung der Farbakzente bis in die privaten Haushalte hinein ist ein sinniger Genuss.

Die Steine stiften ein positives Band von Verbundenheit und Verbündetsein unter den Beteiligten. Bei der aktuellen Nachrichtenlage genießen viele es, über Freude und Glücksbotschaften in Austausch zu gehen. „Es beschäftigt mit guten Gedanken, beruhigt und macht kreativ“, sagen zwei Mütter, die sich mit ihren Kindern beteiligen an der Steine-Malaktion.

Sonnen-Stein                         Foto: Anja Hilgert

In Hertel- und Neubertstraße schlängeln sich die Steine

„Die Spur der Steine“, war schon einmal ein berühmter Titel. Jetzt kann man ihn wieder vergeben in der Johannstadt, wo entlang der Neubertstraße eine bereits mehrere Meter lange Schlange entstanden ist, die zum Teil sogar Fensterbänke und Mauervorsprünge mit einbezieht.

Steine können Geheimnisse bewahren, das wussten schon die Zwerge. Sie hüteten die edelsten unter ihnen, weshalb sie wohl diesen Namen tragen. Kostbarkeiten, wenn nicht gar Edelsteine kann man hier derzeit auf der Straße finden!

Kinder der Hertelstraße hoffen, dass aus ihrer begonnenen Reihe niemand einen Stein mitnimmt, sondern lieber selbst einen dazulegt, damit die Schlange entlang der Häuser wachsen kann, vielleicht ja sogar ganz rund um den Block, dass die Schlange sich selber in den Schwanz beißt!

Verbundenheit in Stein            Foto: Anja Hilgert

Steine mit Bemalung gehen auf Wanderschaft

Besonders im Leben von Kindern haben Steine von Anfang an ein Gewicht.
Stolpersteine, Holpersteine beim ersten Laufen, sich nach einem Stein bücken, der schön geformt oder geheimnisvoll glitzernd des Weges erscheint – sie werden aufgehoben, in die Hosen- und Rocktasche gesteckt, gesammelt und mit nach Hause genommen. Steine sind Schätze.

Schätze zum Mitnehmen und Weitergeben   Foto: Anja Hilgert

Die schönsten findet, wer Glück hat. Manche sind echte Glückssteine. Oder Schutzsteine. Wenn sie ein Loch haben, können sie an ein Band und um den Hals getragen werden, als besonderer, nämlich persönlich gefundener und einzigartiger Schmuckstein.
Es gibt auch Erinnerungssteine, die an einen ganz bestimmten Ort verbinden, vielleicht der Kindheit oder wo man früher gewohnt hat oder wo es einfach einmal besonders schön war, für den Moment, der jetzt in dem Stein steckt. Die bemalten Steine haben von allem etwas, was in Steinen so steckt. Dafür kann man gern wieder einmal Kind werden.

„Du hast bei mir einen Stein im Brett“, lautet ein Sprichwort und Otis, der Nachbarjunge würde sagen, „Ich habe meinen Stein im Bett“, da liegt nämlich der zum ‚Marini’ bemalte Stein in seinem Hochbett. Ob er den aber sein Leben lang behält, da ist er sich nicht so sicher.