Wohnhof Hopfgartenstraße startet ins Frühjahr – mit eigenem Beirat und Geld

eingestellt am 14.03.2022 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Wohnhofbeirat und Wohnhoffonds ermöglichen ein Frühlingserwachen im Wohnhof mit Mitteln zum Beleben von mehr Lebensqualität Foto: Anja Hilgert

 

Die Entwicklungen im Wohnhof verlaufen über viele Ebenen, Etagen, Gänge, Zwischengeschosse. Über zweitausend Menschen sind involviert, ein gutes Zusammenleben zu gestalten. Der Bericht über die Umsetzung des Förderprojektes im Johannstädter Wohnhof Hopfgarten/Elisen/Pfotenhauerstraße, für die der Stadtteilbeirat 2021 eine Finanzierung aus dem Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt bewilligt hatte, stand ganz oben auf der Tagesordnung der ersten Stadtteilbeiratssitzung in diesem Jahr 2022. Zahlen- und Messwerte, in einer Präsentation zusammengestellt, geben nur ansatzweise Auskunft oder eine Richtung an, welche Prozesse in der Großwohnsiedlung angestoßen und im Gange sind. Vom Kellergeschoss über die Aussenanlagen, über die Flure und Treppenhäuser, Wand an Wand. Manches schlummert noch. Manches gärt, Anderes ist in einer Transformation begriffen. Das Bild vom Wohnhof ist im Wandel. 

 

Modellprojekt Wohnhof: Expertise im Zusammenleben

Im Wohnquartier Pfotenhauer-/Elisen-/Hopfgartenstraße leben mehr als 2.200 Bewohner*innen aus über 50 Nationalitäten und Kulturen in unmittelbarer Hausnachbarschaft. Diese Situation hatte immer wieder zu Reibungspunkten im zunehmend anonym gewordenen Zusammenleben geführt. Deshalb hatten 2021 die Landeshauptstadt Dresden, QM Nördliche Johannstadt, Willkommen in Johannstadt e.V. und die Vonovia in  gemeinsam das ambitionierte Modellprojekt „Wohnhof Hopfgartenstraße” initiiert. 

Durch einen intensiven Prozess an Gesprächsführung, Vermittlung und Unterstützung von Eigeninitiative und Engagement in der Bewohnerschaft soll ein gutes Zusammenleben und die Verbesserung der Lebensqualität im Wohnhof befördert werden.

 

Direkt an der Verkehrsader der Johannstadt gelegen: Dem Wohnhof liegt der Bönischplatz vor der Haustür Foto: Anja Hilgert

 

Der Ruf zur Versammlung

Das Projektziel 2021, für jeden der insgesamt 28 Hochhauseingänge des Wohnhofs Hausversammlungen mit den Bewohner*innen durchzuführen, wurde nur zum Teil erreicht. Mehrsprachigkeit, oft wechselnde Wohnparteien, Neuzuzüge, andere vorrangigere Themen der angesprochenen Personen, Reserviertheit, z.T. auch die Prägung durch negative Erfahrungen stellten eine Hürde dar, alle Mietparteien gleichermaßen zu erreichen und für das Vorhaben zu gewinnen.

Ziel der Versammlungen sollte es sein, für jeden Hauseingang stellvertretende Sprecher*innen zu wählen, die als persönliche Anlaufstelle, Mittler*in und Botschafter*in für die jeweilige Hausgemeinschaft fungieren. Oft blieb eine entsprechende Mitbeteiligung in den Häusern allerdings aus. Das Ausfindigmachen geeigneter Personen brauche viel Zeit und Geduld, teilte Projektmitarbeiterin Tanja Leonov, in ihrem Bericht mit. Die Projektlaufzeit wurde für die Aufgabe als insgesamt nicht ausreichend eingeschätzt. 

Entsprechend ist es noch nicht abschließend gelungen, alle Eingänge durch Sprecher*innen zu vertreten. In zehn Hauseingängen stehen die Versammlungen und die Sprecher*innenwahl noch aus.

 

 

Insgesamt 28 Hauseingänge geben Zugang zu den Wohnungen Foto: Anja Hilgert

 

Zwischen den Kulturen vermitteln 

Zusätzlich angedacht war der Aufbau eines mobilen Teams sogenannter Kulturmittler*innen, was Menschen verschiedener Kultur- und Sprachgruppen sind, die mit ihren Kenntnissen in Gesprächen vermitteln helfen. Da es sich um ein rein ehrenamtliches Engagement handelt und finanzielle Anreize bislang nicht geboten werden konnten, musste die Teamzusammenstellung sehr niedrigschwellig angegangen werden. Bislang haben vier Personen gegenüber dem Projektteam ihre Bereitschaft zur Unterstützung bei Übersetzungs- und Dolmetschertätigkeiten erklärt. Der Bedarf liegt bei Weitem höher und die Bemühungen, Menschen für die kommunikative Mittlerrolle zu finden, laufen weiter.

 

10 Jahre zu spät

„‚Ihr kommt 10 Jahre zu spät‘“, sei von Bewohner*innen häufig zu hören gewesen, erklärte Frau Leonov, die im letzten halben Jahr vielfach in den Hochhäusern unterwegs war. Sie konstatierte vor dem Stadtteilbeirat: „Engagement lässt sich nicht aus dem Boden stampfen – entweder es wächst oder eben auch nicht.“

Die Herangehensweise, vom Ende aus initiiert, sei bisher nicht von Erfolg gekrönt. Auch haben coronabedingte Auflagen und Kontaktbeschränkungen das Projekt erheblich behindert.

Die Quintessenz, die die Projektmitarbeiterin aus den bisherigen Erfahrungen resümiert, fiel nüchtern aus: Verantwortung für Nachbarschaft entstehe durch Gemeinschaftsgefühl, entstehe durch Kennenlernen. Das setzt Räume und Möglichkeiten voraus, die es so nicht gegeben habe. “Eigentlich müsste die Kette anders herum laufen.” 

Deshalb sei der Handlungsbedarf im Wohnhof weiterhin groß, die sozialen Bedürfnisse liegen ersichtlich zu Tage. Die Projektarbeit wird 2022 fortgesetzt mit Förderung durch das Sozialamt Dresden und die Vonovia sowie die Unterstützung des Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt.

 

Wohnhofbeirat als Beteiligungsgremium der Vonovia

Es wird nun angestrebt, das entstehende Gemeinschaftsgefühl der Haussprecher*innen zu stärken, indem diese mindestens vier mal im Jahr im sogenannten Wohnhofbeirat zu regulären Treffen mit der Vonovia zusammenkommen, um die Geschicke des Wohnhofs gemeinsam anzugehen.
Die konstituierende Sitzung dieses neu geschaffenen Beteiligungsgremiums der Vonovia steht im April 2022 an. Aufgabe des Wohnhofbeirats ist es, über Anliegen und Vorhaben zu beraten, die für mehrere Hauseingänge oder den gesamten Wohnhof bedeutend sind. zusätzlich kommt dem Beirat die Aufgabe zu, über die Förderung von Bewohnerprojekten aus dem geplanten Wohnhoffonds zu beschließen.

 

 

Durchgang, der Verbindung stiftet: vom Hopfgarten hin zum Bönischplatz Foto: Anja Hilgert

 

6.000 Euro für den Wohnhof-Fonds

2022 wird der Wohnhofbeirat erstmals mit einem Wohnhoffonds, d.h. mit finanziellen Mitteln ausgestattet. Vonovia und – per geänderter Förderrichtlinie durch den Stadtteilbeirat – das Quartiersmanagement Nördliche Johannstadt mit dem Verfügungsfonds lassen paritätisch jeweils 3.000 Euro an Finanzmitteln in den Wohnhoffonds einfließen. Diese Gelder, in Summe 6.000 Euro, stehen den Wohnhofbewohner*innen zur Umsetzung eigeninitiierter Projekte ab sofort zur Verfügung. Per Antrag können zukünftig, ab dem zweiten Quartal 2022, Wohnhof-Bewohner*innen finanzielle Unterstützung beantragen zur Umsetzung eigener Projekte und Vorhaben, um die Lebensqualität im Wohnhof zu verbessern. Die Mittel werden per Abstimmung durch den Wohnhofbeirat bewilligt.

Nun geht es für eine gelingende Projektarbeit im Wohnhof darum, über die Wirksamkeit des Wohnhofbeirates auch jene Hausgemeinschaften zu motivieren, sich zu beteiligen, die bislang keine Haussprecher*innen aufgestellt haben. Es braucht mehr Stimmen, die den Beirat im Wohnhof bekannt und den Sinn von Beteiligung transparent machen. Jetzt komme es an auf „Zeit, Präsenz und Dranbleiben, um Ideen ins Rollen zubringen“, sagte abschließend Frau Leonov. 

 

Durchgang in den inneren Hof auf der Hausrückseite Foto: Anja Hilgert

 

Identifikation mit dem Stadtteilleben in Johannstadt

Der Stadtteilbeirat unterstrich die Wichtigkeit einer gelingenden Anbindung des Wohnhofs ins Johannstädter Stadtteilleben. Frau Dressel-Zagatowski, Direktorin der 101.Oberschule mahnte an, unbedingt zu vermeiden, den Wohnhof als Gebiet zu separieren. Gerade weil es darum gehe, Identifikation zu stiften, sei es so wichtig, jetzt Entscheidungsmöglichkeiten für die Bewohner*innen einräumen, um selber aktiv zu werden, betonte daraufhin André Barth, Amtbezirksleiter Stadtbezirksbeirat Altstadt. 

Die Vertreter*innen des Johannstädter Stadtteilbeirats gaben mit einer Stimmenmehrheit von 13 Ja-Stimmen und 3 Enthaltungen ihr positives Votum zur Einrichtung und finanziellen Ausstattung des Wohnhoffonds in der Johannstadt. 

Der Modellcharakter des Johannstädter Wohnhof-Projektes steht stellvertretend für solche komprimierten, herausfordernden Formen großstädtischen Wohnens, wie sie auch in anderen Ballungsgebieten anderer Großstädte auftreten, und könne möglicherweise gesellschaftlich zukunftweisend sein – deshalb solle der Versuch laut mehrheitlicher Meinung der lokalen Stadtteilbeiräte unbedingt beispielgebend unternommen werden.

 

Ein Glücks-Versuch

Das laufende Modellprojekt „Wohnhof Hopfgartenstraße  hat auch aufgrund seiner hohen Komplexität reichlich Potential. Das bedeutet aber auch, es ist ein Stück weit auch ein Experiment – definitiv kann niemand wissen, was in dem Prozess, der mit dem Modellprojekt ins Laufen gebracht worden ist, wirklich heraus kommt. Ob die Investition, der ganze Versuchsaufbau sich lohnt.

Da es sich bei diesem Projekt um das Erproben menschlichen Miteinanders in einer großstädtischen, herausforderungsreichen Wohnform handelt, ist der Ausgang offen. Es kann sein, dass die Erwartungen vielleicht zu groß, das Wollen zu stark, zu aufgesetzt sind. Entwicklung braucht Zeit. Und eine eigene Dynamik, somit Geduld. Mit dieser Offenheit als einer Variablen umzugehen, ist nicht einfach, tut der Entwicklungsfähigkeit aber gut. Ob der Raum ergriffen, eine Zukunft gesehen, ob selbstbestimmtes Handeln als Chance erkannt wird, ist das experimentelle, und deshalb heikle Moment an dem höchst zeitgenössischen Modellprojekt.

In der Johannstadt wird Motivation freigesetzt. Nach mehrheitlicher Meinung der Johannstädter Stadtteilbeiräte gilt es, den Versuch jetzt zu wagen. Unterstützung von Seiten der Landeshauptstadt ist da. Die Johannstadt kann ausprobieren, ob und wie gemeinschaftliches Zusammenleben unter den spezifischen lokalen Voraussetzungen für die Zukunft glücken kann.

Weitere Informationen

Willkommen in Johannstadt e.V.
Verein für gute Nachbarschaft und Integration
Hertelstraße 24
01307 Dresden
Tel.: +49(0)151-17882242
zusammenleben@willkommen-in-johannstadt.de

 

Projekte für Solidarität und Zusammenhalt in der Pandemie gesucht

eingestellt am 10.01.2022 von Philine Schlick, Headerbild: Foto: Anja Hilgert

Die Stadt ruft Vereine, Initiativen und gemeinnützige Träger dazu auf, Projektideen für Zusammenhalt und Solidarität in der Pandemie einzureichen. Die Frist endet am 31. Januar. 

Die Pandemie stellt die Gesellschaft für mannigfaltige Herausforderungen. Deshalb hat die Stadt Dresden einen Aufruf gestartet. Vereine, Initiativen und gemeinnützige Träger können sich noch bis Ende Januar mit Projektideen bewerben, die den Zusammenhalt und die Solidarität in der Gesellschaft fördern und stützen.

Impulse geben

„Die Pandemie stellt eine enorme gesundheitliche, emotionale und soziale Herausforderung dar. Insbesondere Seniorinnen und Senioren, Alleinerziehende, Alleinlebende und Vereinsamte leiden sehr unter der Situation. Viele plagen Ängste vor Vereinsamung. Sie vermissen das direkte Gespräch mit anderen Menschen, menschliche Nähe, ein Lächeln. Viele quält die Frage, wie es wohl in nächster Zeit weitergehen wird und sind emotional belastet. Das dürfen wir nicht tatenlos hinnehmen. Jetzt braucht es gezielte Impulse, damit die Menschen nicht ihren Mut verlieren und in der Isolation kaputtgehen“, sagt Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, ihres Zeichens Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen.

Geld besonders für kleine Projekte

Es seien besonders auch die kleinen Gesten, die Mut machen und miteinander verbinden: „Ein liebes Wort am Telefon, ein freundlicher Gruß per Post, eine Aufmunterung am Balkon, ein gemeinsamer Spaziergang oder ein kostenloses Konzert in der Nachbarschaft zum Beispiel. Wir freuen uns auf viele kreative Projektvorschläge, um die negativen Auswirkungen der Pandemie zu reduzieren. Unsere Stadt soll wieder aufblühen“.

Für das Jahr 2022 stellt der Ausschuss für Soziales und Wohnen insgesamt 100.000 Euro für Projekte zur Linderung der Auswirkungen der Corona‐Pandemie für besondere Personengruppen im Stadtteil zur Verfügung. Mit dem Budget sollen möglichst viele kleine Veranstaltungen und Aktionen gefördert werden.

Die Grobkonzepte sollen nicht mehr als fünf Seiten umfassen. Wichtig ist der Fokus auf besonders betroffene Personengruppen, wie beispielsweise ältere, behinderte und vereinsamte Menschen. Jedes Projekt muss auf einen bestimmten Stadtteil ausgerichtet sein. Wenn der Projektvorschlag überzeugt, dann erhält die/der Einreicher*in eine Anforderung zur Antragstellung auf die Fördermittel.

Förderprogramm: In der Krise zusammenstehen

Auf Wohnungssuche für Mehlschwalben – Ein Nisthilfe-Projekt in der Johannstadt

eingestellt am 28.11.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Gut verträgliche Nachbarschaft von Schwalben und Menschen Foto: Anja Hilgert

Kunstnester sind von Menschen geschaffene Nester zum Beispiel für Mehlschwalben, um sie zu beheimaten. Mehlschwalbenkunstnest, ist ein Wort, das man sich über die Lippen rinnen lassen kann, um der Bedeutung auf die Spur zu kommen.
Denn obwohl Schwalben die Nähe zu Menschen suchen und sich im städtischen Raum heimisch machen, finden sie in unseren Städten immer seltener die Lebensbedingungen mit den Baumaterialien und den Brutmöglichkeiten, die sie zum Überleben brauchen. Der Bestand der Schwalben ist rückläufig.

Die Kunst des Nestbaus – Nisthilfe für Schwalben

Jedes Jahr klingt der Ruf: „Die Schwalben sind zurück“ wie ein magischer Spruch und ist es auch, denn er macht den Einzug des Frühlings gewiss. Dann beginnen die Schwalben, aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara zurückkehrend, bei uns mit dem Nestbau: Aus Ton und Lehm bauen sie ihre rundlichen Höhlen, die auf Vogelflughöhe an Hauswänden haften. Sie betreiben eine regelrechte Kunst des Nestbaus, die allerdings rar geworden ist.

Nun ist also Zeit, im Stadtteil vorzusorgen: Für die Rückkehr und hiesige Beheimatung der Schwalben nach diesem Winter.

Diesem Gedanken folgte Robert Arndt, der in der Johannstadt das Projekt ins Leben gerufen hat, Nistkästen für Mehlschwalben im Stadtteil zur Verfügung zu stellen. Das Anbringen von Nisthilfen kann lokal zu Bestandsverbesserungen bei den Schwalben führen. Um die Idee zum Schutz der Zugvögel bei uns umzusetzen, erhielt er die eindeutige Zustimmung des Johannstädter Stadtteilbeirates und Fördergelder aus dem Stadtteilfonds.

Beratende Unterstützung findet das Johannstädter Förderprojekt bei der Beauftragten für Umweltschutz mit Schwerpunkt Naturschutz und Ökologie des NABU Regionalverband Meißen-Dresden. Marion Lehnert arbeitet seit 23 Jahren professionell in der Vermittlung naturschutzrelevanter Themen und hat sich mit dem Projekt „Artenschutz an Gebäuden“ die Umsetzung von Naturschutz in der Stadt vorgenommen.

Ihre Nester haben die Zugvögel an den Häusern für die Rückkehr  hinterlassen Foto: Anja Hilgert

Ungewusst oder ungewollt – der Vogelbestand wird zurückgedrängt

Durch verstärkte Sanierung und Wärmedämmung von Gebäuden gehen den Tieren ihre Quartiere verloren. Meist ungewusst oder ungewollt wird damit der Bestand vor allem der Schwalben und Mauersegler zurückgedrängt.

Schwalbenarten sind jedoch sehr standorttreu und kehren vorzugsweise jahrelang an dieselben Plätze zurück. Robert Arndt wirbt dafür, dass sich Johannstädter*innen einsetzen, ihr Haus schwalbenfreundlich zu machen. Noch zehn Nistkästen sind im Rahmen des Projektes frei Haus zu vergeben. Und Marion Lehnert stellt in Aussicht: „Wenn Eigentümer*innen die Mehlschwalbenkunstnester anbringen, können wir als NABU Regionalverband ihnen auch die Schwalbenplakette verleihen.“

Die bestellten Nistkästen sind ein Naturschutzprodukt, das denjenigen, die sich am Projekt ‚Nisthilfe in der Johannstadt‘ beteiligen, zur Verfügung gestellt wird, zum mietfreien Wohnen für Schwalben! Laut Hersteller halten die Kästen ein Leben lang. Für die Johannstädter Mehlschwalben handelt es sich um die Variante mit einer Fluglochgröße von 28mm und 32mm, für die Vögel, die eine freie Einflugmöglichkeit brauchen.

 

Schwalbennisthilfe im Doppelpack: 3,5 kg schwer, Breite 38cm x Höhe 12 cm x Tiefe 15cm  Foto: Susi Jaeschke

Das A und O der guten Befestigung

Die Kästen sind aus Holzbeton und daher reichlich schwer. Das A und O ist also eine gute Befestigung.
Eigentlich wollte Robert Arndt anbieten, bei der Befestigung mitzuhelfen, aber durch Corona sind Wohnungs- bzw. Balkonbesuche nicht möglich. „Wir geben von Weitem viele Infos an die Hand“, sagt seine Frau Susi Jaeschke und erklärt, dass unterstützende Beratung dennoch gut möglich ist: „Einige Leute haben Bilder vorab geschickt, ob ihr Platz, den sie vorgesehen haben, für einen Nistkasten geeignet ist und wenn ja, welcher.“

Marion Lehnert meint, es kann gut und gerne zwei oder drei Jahre dauern, bis die Kästen angenommen werden. Sollte es an einem Aufhängungsort gar nicht klappen, dann ist ein Platzwechsel angezeigt.

Es gibt einfache Faustregeln…. Mindesthöhe zwei bis drei Meter. Wenn es keinen Vorzugs-Nistplatz gibt, weichen die Vögel unmittelbar auf das nächstliegende Angebot aus. Ganz wichtig: Der Kasten darf auf gar keinen Fall Mittagssonne abbekommen. Sonst kollabiert die Brut in der Hitze und stirbt.

Holzbeton ist eine Materialmischung, die Witterungseinflüssen sowohl bei Kälte aber auch bei Hitze standhält. Zudem ist es pflegeleicht. Bereits kochendes Wasser genügt, um die Kästen zu reinigen. Die Nist-Pat*innen müssten im Oktober die Kästen, die benutzt wurden, reinigen. In der Natur würden die Nester nach zwei bis drei Jahren von alleine abbrechen und herunterfallen. Die Vögel würden an derselben Stelle im Folgejahr neu bauen. Das Gute in der Natur: Mit dem Nest fallen auch die verbliebenen Parasiten herunter. Das muss bei den Kunstnestern der Mensch mit übernehmen. Mit dem Reinigen reduziert man den Parasitendruck auf die Brut im nächsten Jahr.

Die Nisthilfe-Initiative läuft an

Die Anregung zum Anbringen von Schwalbennistkästen stößt im Viertel bereits auf Resonanz: In der WGJ (Wohnungsgenossenschaft Johannstadt eG) wird von einem Außenmitarbeiter nach passenden Stellen an den Häusern geforscht. Hier hat man mit seltenen Vogelarten, die ihr Zuhause bei der Wohnungsgenossenschaft suchen, bereits Erfahrung. An einem Haus in Elbnähe lebt derzeit ein Falke. Der wiederum ist das Ausschlusskriterium, dort auch Schwalben zum Nisten anzuregen, denn der Nachwuchs wäre sogleich ein gefundenes Fressen.

Auch der Abenteuerspielplatz (ASP Johannstadt-Altstadt) auf der Silbermannstraße bekundet Interesse an dem Nisthilfe-Projekt, um insbesondere Kinder miteinzubeziehen bei der Quartiersuche für die Zugvögel des kommenden Frühlings.

Private Hauseigentümer taten sich dagegen noch schwer. Manche scheuen, für die Vögel ein Loch in die Hausfassade zu bohren. Gerade bei Hauseigentümern sind Schwalben als Mitbewohner nicht sonderlich beliebt – wegen des Kots und der Spuren, die er möglicherweise am Gemäuer hinterlässt.

Ich erinnere mich, als ich Kind war, zählten schmale Bretter unter den aneinandergereihten Schwalbennestern zur Optik der Häuser dazu. Das Zusammenwohnen mit den Tieren, die dicht bis an die Häuser herankamen, war, wie mit Haustieren, hier selbstverständlich.
Gegen unliebsame Spuren an der Wand würden Kotbretter auch unter städtischen Nistplätzen gut helfen.

Mehlschwalben  – sie gehören mit ihrem weißen Bauch, den spitz zulaufenden, bläulich schimmernden schwarzen Flügeln und dem typischen gegabelten Schwanz zu den bekannteren Vögeln in der Stadt. Sie beheimaten sich gerne an Aussenwänden von Gebäuden, an Mauervorsprüngen, und unter Giebeln und Balkonen. Ihr pfeifendes Rufen während waghalsiger Flugmanöver zwischen den Häuserzeilen gehört in der Johannstadt fest zum Sommer dazu.

Zehn Nesthilfe-Kästen sind derzeit noch zu vergeben.

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