Wortmeldung eines Anwohners der Pfeifferhannsstraße

eingestellt am 19.12.2023 von Gerd Gottwald (ZEILE), Headerbild: Ihre charakteristische Bebauung erhielt die Johannstadt während der DDR. Foto: Elisabeth Renneberg

Herr Kudernatsch aus der Pfeifferhannsstraße bat uns um Veröffentlichung seiner Meinung zur Situation in seinem Wohnumfeld. Was ist Ihre Meinung zu den angesprochenen Themen? Nutzen Sie die Kommentarfunktion!  متابعة قراءة Wortmeldung eines Anwohners der Pfeifferhannsstraße

Neue Markierungen machen Kreuzung Pfeifferhannstraße/Florian-Geyer-Straße sicherer

eingestellt am 02.12.2023 von Andrea Schubert (Stadtteilverein), Headerbild: Neue Markierungen Kreuzung Florian-Geyer-Straße/Pfeifferhannstraße, Foto: Andrea Schubert

Ganz ohne große Ankündigung hat die Stadtverwaltung im Herbst den Kreuzungsbereich der Einmündung Florian-Geyer-Straße in die Pfeifferhannstraße neu markiert. متابعة قراءة Neue Markierungen machen Kreuzung Pfeifferhannstraße/Florian-Geyer-Straße sicherer

Rückblick: Tag der Städtebauförderung und Grundsteinlegung Stadtteilhaus am 13.5.2023

eingestellt am 15.06.2023 von Matthias Kunert (QM Johannstadt), Headerbild: Tag der Städtebauförderung am 13.5.2023 auf der Grünfläche am Stadtteilhaus Johannstadt (Foto: Lisa Maul)

Gastbeitrag von Steffen Groß

Johannstädter Frühlingsfest am bundesweiten Tag der Städtebauförderung unter dem Motto „Wir im Quartier“

Ein Ort der Begegnung soll das neue Stadtteilhaus in der Dresdner Johannstadt werden. Am 13. Mai 2023 wurde dafür auf der jetzigen Baustelle an der Pfeifferhannsstraße feierlich der Grundstein von Baubürgermeister Stephan Kühn gelegt.

Grundsteinlegung Stadtteilhaus am 13.5.2023 (Foto: Lisa Maul)

Umringt von (Wohn-)Gebäuden der Vonovia und der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt eG „WGJ“ sowie Konsum und Aldi herrschte auf der benachbarten Grünfläche ein buntes Treiben. Dort wurden unter anderem extra für das neue Stadtteilzentrum gesammelte Wünsche von der im Stadtteil bekannten „Madame Klimbim“ (Yaelle Dorison) gesungen. Außerdem gab das Planungsbüro „AKL I Architektenkooperation“ Auskünfte zur Gestaltung des künftigen Quartierszentrums.

Clownin Madame Klimbim singt die Wünsche für das neue Stadtteilhaus (Foto: Lisa Maul)

Auf dem Frühlingsfest gab es im Zeitraum von 11 bis 16 Uhr viel zu Erleben und zahlreiche kulturelle Angebote lockten über 200 Besuchende verschiedener Altersgruppen und Nationalitäten auf die festlich geschmückte Wiese. Die „Marktstände“ wurden vorwiegend von den aktuell noch im Kulturtreff auf der Elisenstraße ansässigen Stadtteilakteurinnen und -akteure wie dem Ausländerrat, dem Stadtteilverein Johannstadt, dem Johannstädter Kulturtreff mit der Initiative „Plattenwechsel“ oder auch dem Kindertreff „JoJo“ gestaltet, welche nach Fertigstellung in das künftige Stadtteilhaus umziehen werden. Grußworte richteten Thomas Pieper (Abteilungsleiter im Amt für Stadtplanung und Mobilität) und Kristina Rahe (Projektleiterin „UTOPOLIS – Soziokultur im Quartier“, Bundesverband Soziokultur e. V.) an die Teilnehmenden.

Infostände und buntes Treiben auf dem Tag der Städtebauförderung am 13.5.2023 (Foto: Lisa Maul)

Um die im Stadtteil vertretenden Kulturen mit den verschiedenen Migrationshintergründen anzusprechen, standen während der Veranstaltung Dolmetschende für die Sprachen Persisch, Arabisch und Russisch zur Verfügung. Dieses Angebot wurde insbesondere an den Beteiligungsstationen zur künftigen Grünflächengestaltung am Bönischgarten oder zur Straßennamensuche für die verlängerte Blumenstraße genutzt. Weitere interkulturelle Begegnungsmomente gab es in verschiedenen Erzählcafés, an Rommé-, Skat- und Schachspieltischen, beim Kleidertausch, Riesen-Jenga, Blumenkastenwettbewerb, Improvisationstheater, an einer „Utopie-Drehscheibe“ oder im Rahmen des vom „Plattenchor“ angeleiteten Kreistanzes, welcher die Festgemeinschaft sogar zu einer mehrstimmigen Gesangseinlage befähigte. Für weitere stimmungsvolle musikalische Untermalung sorgte die „Elbzigeuner Weltenmusikkapelle“ oder die mit dem Stadtteil sehr vertraute und in der Szene mittlerweile populäre Rapperin „La Rey“.

Vom Plattenchor angeleiteter Kreistanz beim Tag der Städtebauförderung am 13.6.2023 (Foto: Lisa Maul)

Matthias Kunert vom Quartiersmanagement führte Interessierte zu Standorten im Fördergebiet Nördliche Johannstadt, die mithilfe von Städtebauförderung und Bürgerbeteiligung bereits gestaltet wurden bzw. derzeit und zukünftig noch gestaltet werden. Darunter waren der Bönischplatz und die mit Wasserspielen gestaltete „Lilli-Elbe-Straße“.

Rundgang zu Orten der Bürgerbeteiligung mit dem Quartiersmanager zum Tag der Städtebauförderung am 13.5.2023 (Foto: Lisa Maul)

Zur künftigen Entwicklung der Festwiese luden die Landschaftsarchitekten Kraushaar Lieske Freiraumplanung sowie das für Akteursbeteiligung beauftragte Büro GRAS* Gruppe Architektur & Stadtplanung Bürgerinnen und Bürger dazu ein, sich und ihre Wünsche einzubringen. Für die Gestaltung steht die Prämisse, die naturnahe Grünfläche zu erhalten und mit Aufenthalts- und Begegnungsqualitäten – als jetzt noch versteckte „Wohlfühloase“ – zu bereichern. Am besten gelingt dies durch Mitwirkung der Bewohnerschaft, die unter anderem angeboten hat, den hoch gewachsenen Baumbestand durch eigens vorgezogene Jungbäume ergänzen und pflegen zu wollen.

Sammlung von Wünschen und Anregungen für die Gestaltung der Grünfläche am Stadtteilhaus beim Tag der Städtebauförderung am 13.5.2023 (Foto: Lisa Maul)

Die Ergebnisse der Beteiligung werden aktuell ausgewertet und fließen wo möglich in die Planung zur Gestaltung der Grünfläche ein. Nach Fertigstellung der Vorplanung Ende August 2023 werden die Ergebnisse auf dieser Seite vorgestellt.

WGJ nimmt erste Ladesäule in Betrieb

eingestellt am 26.04.2022 von Philine Schlick, Headerbild: Jens Einert von der Firma Autostrom Einert (links) und Tobias Röllig von der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt eG weihen die erste Ladesäule im WGJ-Gebiet ein.

Die WGJ hat an der Pfeifferhannsstraße eine Ladesäule für Elektroautos installieren lassen. Es ist die erste von zehn Stück im Wohngebiet. 

Die WGJ hat an der Pfeifferhannsstraße 19 eine erste eigene Ladesäule für Elektroautos eingeweiht. Neun weitere sollen im Einzusggebiet der Wohnungsgenossenschaft folgen. Das Vorhaben wird gemeinsam mit der Firma Autostrom Einert umgesetzt.

Spontan laden an der Pfeifferhannsstraße

“Die beiden Ladepunkte der Station sind öffentlich zugängig und können jederzeit genutzt werden. Nutzer*innen haben die Möglichkeit, ihr Auto spontan zu laden, indem sie einen auf dem Display angezeigten QRCode scannen und den Vorgang über eine App starten“, erklärt Julia Grothewohl von der WGJ.

Die Startgebühr kostet 50 Cent, danach werden40 Cent pro Kilowattstunde fällig. „Aktuell bieten wir als Zahlungsmethode die Kreditkarte an, jedoch soll bald auch PayPal als Möglichkeit hinzukommen. Dies ist besonders bei
kaltem Wetter eine schnelle und sichere Alternative zum langwierigen Eingeben der
Kreditkartendaten,“ erklärt Jens Einert, Inhaber von Autostrom. Für Dauerkund*innen empfiehlt er eine AboKarte. Neben einer Grundgebühr von 4,95 Euro pro Monat kostet die Kilowattstunde derzeit 33 Cent.

WGJ folgt Elektro- und Hybrid-Trend

Wir haben uns dazu entschieden, im WGJBestand weitere Lademöglichkeiten zu errichten, weil die Nachfrage seitens unserer Mitglieder stetig zunimmt. Ein Blick auf die aktuellen Anzeigen der Tankstellen lässt erahnen, dass der Trend zur Elektromobilität tendenziell noch zunehmen wird,“ berichtet Tobias Röllig, Teamleiter für Grün und Außenanlagen bei der WGJ.

„Auf Anfrage versuchen wir, auch vermietete Stellplätze mit individueller Ladetechnik auszustatten. Deshalb haben wir bereits an einigen Parkplätzen Arbeiten vorgenommen, damit bei Bedarf
Ladesäulen nachgerüstet werden können, so Tobias Röllig weiter.

Nicht nur bei den WGJMitgliedern rücken die klimafreundlicheren Autos immer mehr in den Fokus. Auch beim Wohnungsunternehmen selbst sind sie auf der elektrischen Überholspur. Insgesamt acht von 24
Fahrzeugen der WGJFlotte sind bereits elektrisch bzw. als Hybride unterwegs, bis Ende des Jahres sollen sechs weitere angeschafft werden.

Elektromobilität in der Johannstadt

Gastbeitrag: Die Pfeifferhannsstraße

eingestellt am 04.03.2022 von Philine Schlick, Headerbild: Die Balkone sind auf den Sommer bestens vorbereitet. Foto: Elisabeth Renneberg

Unsere Gastautorin Elisabeth Renneberg ist über die Pfeifferhannsstraße flaniert und hat im ersten Frühlingssonnenschein augenzwinkernd Impressionen gesammelt. Ein frischer Blick auf ein Urgestein der Johannstadt. 

So wie der Name der Pfeifferhannsstraße versucht, möglichst viele Vokale auf engem Raum unterzubringen, verfolgt die Straße selbst das gleiche Ziel mit Menschen. Mithilfe von Plattenbauten gelingt es ihr, Platz für eine beachtliche Anzahl an Wohnungen zu bieten und nebenbei den typischen architektonischen Charakter von Johannstadt-Nord mitzuprägen.

Ihre charakteristische Bebauung erhielt Johannstadt-Nord während der DDR. Foto: Elisabeth Renneberg
Ihre charakteristische Bebauung erhielt Johannstadt-Nord während der DDR. Foto: Elisabeth Renneberg

Wohnen und wachsen

Pragmatismus bietet sich an als Beschreibung. Wohnhäuser, Parkplätze, Asphalt. Vereinzelt auch ein paar Bäume. In den winterlich kahlen Ästen eines von ihnen hängt eine Aldi-Tüte, neben einem Schild, das „Fremdablagerungen aller Art“ verbietet, Anlass zum Grübeln gebend. Fassadenschluchten präsentieren vollendet klare Geometrie, aufgelockert durch Markisen, die im Wind flattern und mit ihrem fröhlichen Orange die vorherrschenden Grautöne kontrastieren.

Die Kinder, die hinter diesen Fassaden aufwachsen, haben gleich zwei Spielplätze zum Toben. Einen für die Kleinen, die dort anhand von Steinstatuen erste Kontakte mit der Kunst schließen und in friedlicher Nachbarschaft mit Insekten, die auf dem selben Grundstück in ihrem Hotel logieren, Sandkuchen backen können. Auf dem anderen treffen sich die zum Schaukeln, die sich dafür eigentlich schon zu alt fühlen. Als Statist auf dem Boden liegend tritt ein übrig gebliebenes Plakat der SPD auf, das längeres gemeinsames Lernen fordert. Es sind sowieso gerade Ferien.

Dieses Steinwesen wacht wohlwollend über den Spielplatz. Foto: Elisabeth Renneberg
Dieses Steinwesen wacht wohlwollend über den Spielplatz. Foto: Elisabeth Renneberg

Oder sind sie schon wieder vorbei? Die Zeit steht jedenfalls auch hier nicht still. Auf einer Baustelle schreitet sie voran im Takt der Betonmischer. Im Auftrag der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt (kurz WGJ), zu der die meisten Gebäude auf der Pfeifferhannsstraße gehören, wird hier daran gearbeitet, dass ein Gebäudekomplex aus den 70er Jahren auch denen gerecht wird, die in diesen Zeiten noch selbst den Schulferien entgegenfieberten.

In Gedenken an den Bauernkrieg

Gebaut wird auch jenseits der Pfotenhauerstraße, auf dem unteren Straßenabschnitt (ehemalig Stephanienstraße), der als Pfad bis zur Gerokstraße verläuft. Die sich hier befindliche Brachfläche soll einer Spiel- und Sportfläche weichen. Und das ist nicht die einzige Veränderung: neben der Freizeitanlage bekommt besagtes Stück Straße auch gleich einen neuen Namen. Nach einer der bekanntesten Transgender-Personen Europas wird es künftig Lili-Elbe-Straße heißen.

Der aktuelle Name der beiden momentan noch zusammengefassten Straßenstücke hingegen bezieht sich keineswegs auf den Johann Pfeiffer aus der Feuerzangenbowle, der sich nach goldenen Schulzeiten und gehörigem Foppen der Lehrer zurücksehnt. Der eigentliche Namenspatron Heinrich Pfeiffer hatte aber zumindest ein ähnlich unwilliges Verhältnis zu Obrigkeiten.

Statt Blättern hängen Schuhe in den Bäumen, ein noch immer nicht gänzlich erschlossenes Phänomen. Foto: Elisabeth Renneberg

Konkret waren es der Adel und der Klerus, mit denen sich Anfang des 16. Jahrhunderts die reformatorischen Ansichten des Mönchs schlecht vertrugen. Nachdem ihm das Predigen gegen sie nicht mehr genügte, zog Heinrich Pfeiffer als Bauernführer in den Aufstand. Lange dauerte diese Karriere allerdings nicht – nach wenigen Monaten wurde er gefangengenommen und hingerichtet. Nun, so wenig prominent sein Name in den Geschichtsbüchern sein mag, schafft er es heute immerhin regelmäßig in das Adressfeld etlicher Postangelegenheiten nach Johannstadt. Das hätte sich der Thüringer sicher auch nicht träumen lassen.

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Petition fordert sicheren Schulweg an der Pfeifferhannsstraße

eingestellt am 18.10.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die Straßenstelle ist für Kinder unübersichtlich. Deshalb soll die Bordsteinkante vorgezogen werden. Bild: privat

In der Johannstadt haben zahlreiche Kitas und Schulen ihren Platz. Für die Kinder, die diese täglich erreichen müssen, ist der Weg nicht immer leicht: Unübersichtliche Stellen und fehlende Querungen an viel befahrenen Straßen stellen ein Problem dar. Eine Petition fordert jetzt Veränderungen.

Die Pfeifferhannstraße ist verkehrstechnisch ein Sorgenkind. Eigentlich ist sie als 30er-Zone ausgewiesen, was jedoch von vielen Pkw-Fahrer*innen nicht wahrgenommen wird. Ihre Bordsteinkanten sind hoch und für ältere Menschen oder solche mit Handicap nicht gut zu queren. Auch Fahrradfahrer*innen haben ihre liebe Not. Einen weiteren Schwachpunkt fordert eine Petition nun zu beheben: Die Kreuzung an der Pfotenhauerstraße ist Teil des Schulwegs vieler Kinder und sehr schwer einsehbar.

Zebrastreifen und Bodenwellen vorgeschlagen

Da es sich um eine vielbefahrene Kreuzung mit Verkehr aus vier Richtungen handle, sei die Situation für Kinder hier besonders gefährlich. Sie müssen die Fahrbahn betreten, um auf die Straße zu blicken. “Der wichtigste Punkt wäre das Vorziehen der Bordsteinkante und eine Verengung der Fahrbahn im Übergangsbereich, um den Kindern die Sicht auf die Fahrbahn zu ermöglichen”, heißt es in der Petition. “Dies sollte möglichst jedoch nicht direkt an der Kreuzung geschehen, damit die Kinder nur zwei Richtungen überblicken müssen. Der Übergangsbereich sollte großzügig und nicht zu eng gestaltet sein, da er an Stoßzeiten von vielen Schülern genutzt wird und da damit auch die Sichtbarkeit der Fußgänger für Autofahrer erhöht wird. Ein Zebrastreifen wäre sicher auch hilfreich.”

Zudem werden Bodenschwellen und Markierungen auf der Fahrbahn vorgeschlagen, um die 30er-Zone sichtbarer anzumahnen. Im Schulwegeplan der “Johanna” ist die Kreuzung bereits als Gefahrenstelle vermerkt. Die Petition kann online unterzeichnet werden und hat bereits 131 Unterstützer*innen.

E-Petition zum sicheren Schulweg Pfeifferhannsstraße

 

Container-Kiosk : Auftakt zur Ortserkundung auf dem Grundstücksgelände fürs neue Stadtteilhaus

eingestellt am 15.07.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Eine mobile Anlaufstelle in Gestalt des Kunst-Container-Kiosks eröffnet auf dem zukünftigen Stadtteilhaus-Gelände Foto: Anja Hilgert

Am Samstag startet die soziokulturelle Aktionswoche des UTOPOLIS-Projektes, mit dem der Johannstädter Kulturtreff eine erste Annäherung unternimmt an den in drei Jahren anstehenden Umzug und Ortswechsel ins zukünftige neue Stadtteilhaus der Johannstadt, das im Entwurf der Dresdner AKL Architektenkooperation L10 & Jordan Balzer Schubert Architekten  öffentlich vorliegt. Ein temporärer Container-Kiosk erteilt Auskunft und eröffnet einen Raum für Anregungen, Angebote und Interessen.

   

Kleiner, mobiler Informations- und Ausstellungs- Kiosk

Beschattet unter Bäumen, im Übergang von Parkplatz zu Grünfläche steht ein kleiner, schon etwas in die Jahre gekommener Container auf dem Grundstück für das neue Stadtteilhaus an der Pfeifferhannsstraße. Er steht dort noch wartend, wie abgestellt. Seine Tür ist vorerst noch verschlossen und wenn man durchs Fenster reinschaut, befindet sich nichts in seinem Inneren. Lediglich an der Schauseite zur offenen Grünfläche hin sind Plakate an die Außenwände angebracht: Grundrisszeichnungen des neu entworfenen Stadtteilhauses, das in etwa vier Jahren hier einmal stehen soll. Und die Einladung, darüber in Aktion zu treten.

 

Lageplan und Grundriss Erdgeschoss des neuen Stadtteilhauses (Quelle: AKL | L10 und Jordan Balzer Schubert Architekten)
Grundriss Obergeschoss des neuen Stadtteilhauses (Quelle: AKL | L10 und Jordan Balzer Schubert Architekten)

Akrobatik beim Aufstellen des Containers

Die Ankunft des Containers war ein akrobatisches Schaustück. Wie so oft im Leben, reichten die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen nicht aus, um einen einwandfreien Ablauf zu garantieren: Das vorübergehende Parkverbot auf den Stellplätzen vor der Zuliefereinfahrt wurde glücklicherweise eingehalten, doch da, wo gar kein ordnungsgemäßer Parkplatz ausgewiesen ist, war ein kleines orangerotes Auto abgestellt und versperrte dem anliefernden LKW geradewegs die Zufahrt zum Grundstücksgelände.

Umdenken war angesagt. Der erste Schritt aufs neue Gelände des zukünftigen Stadtteilhauses musste über das starrsinnig parkende Auto hinweg mit einem Kran erfolgen. Der hob den Container durch die Luft und unter der Baumkrone hindurch, so dass dieser von oben auf dem neuen Baugrund landete. Ein kurzes Ausbalancieren von Hand mit der Wasserwaage und einigen untergeschobenen Platten sorgte fürs nötige Gleichgewicht. Das hinderliche kleine Auto steht seither unbewegt als Dauerparkfahrzeug auf der rückwärtigen Seite und tut weiter so als sei nichts gewesen.

 

Ein übrig gebliebenes, unbewegbares Fahrzeug in der Zufahrt Foto: Anja Hilgert
Neuer Anlauf für die Anlieferung Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

Gut gesicherter Schwebezustand Foto: Anja Hilgert

 

Ausfahren des verlängerten Arms Foto: Anja Hilgert

Handhabe mit Feingefühl Foto: Anja Hilgert
Alles in Waage Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

 

 

Die Kunst der Ortserkundung

Der Container-Kiosk ist ein künstlerisch installierter Ort.
Er hat keinen festen vorbestimmten Zweck, sondern gibt eine Form und versammelt, was vor Ort da ist. Er dient mit seinem Dasein dieses Ortes, an dem er steht. Jetzt ist es die Park- und Grünfläche der Johannstädter Pfeifferhannsstraße, die für den Stadtteil jetzt von allgemeinem Interesse ist, da das Stadtteilhaus dort gebaut werden wird.

Der Container heisst „mobiler Informations- und Ausstellungskiosk“ und wurde im Jahrtausendwendejahr von den beiden Künstler*innen Adam Page und Eva Hertzsch entwickelt. Vor also bereits 20 Jahren schufen sie damit künstlerisch eine Anlaufstelle für solche Orte im öffentlichen Raum, wo Auseinandersetzungen, Diskussionen und Konfrontationen zu Stadtentwicklung, Zukunftsthemen und alternativen Handlungsformen geführt werden konnten.

Der Container stand in seiner bisherigen Lebenszeit bereits an vielen Orten vom Zentrum bis zum Rand der Stadt Dresden, auch im weiteren Umfeld bis Görlitz. In den 2000er-Jahren der Dresdner Stadterneuerung waren es Brennpunkte wie der Altmarkt, die Königsbrückerstraße, die Prager Straße, Prohils, der Postplatz, die Schauplätze strittiger stadtplanerischer Auseinandersetzungen waren. Geführt wurden sie mit hoher bürgerschaftlicher Beteiligung.

Für ein Jahr vor Ort im Gelände

Der Container wirkt wie eine Zentrale. Er steht dafür bereit, von der breiten Öffentlichkeit, durch Anwohner*innen, Neugierige und Passanten, genutzt zu werden. Er bringt eine Chance, die Aufmerksamkeit zu lenken und Menschen einzubeziehen: „Wenn etwas passiert und eine Erwartung da ist, – schon ab dem Moment bringt man etwas in Bewegung und schafft eine Schnittstelle für Gemeinsames“, berichtet Eva Hertzsch aus ihrer Erfahrung.

Alle stattfindenden Begegnungen, Gespräche, Aktivitäten während der Standzeit des Containers tragen dazu bei, mehr und mehr sichtbar und erlebbar zu machen, welche Themen mit Blick auf den betreffenden Ort wirklich relevant und wichtig sind – für das Zusammenleben, das gesellschaftliche Miteinander vor Ort. „Als Künstler*innen sind wir privilegiert, wir können losgehen und solche öffentlichen Dinge widerspiegeln, die sonst im Stadtraum unbesehen vollzogen werden“, sagt Eva Hertzsch.

Der Container ankert mit einer Sondernutzungsgenehmigung für ein Jahr lang an der Stelle, wo das Stadtteilhaus für die Johannstadt gebaut werden wird. Die Bewohner*innen des Stadtteils können ihre damit verbundenen Anregungen an den Ort herantragen. Der Container-Kiosk ist da. Er wird in dem Jahr, in dem die Fläche noch unberührt bleibt, an Ort und Stelle sein und kann mit allem bespielt und gefüllt werden, wofür Bewohner*innen Interesse und Ideen aufbringen: „Da kann man das anbringen, was einem am Herzen liegt“, ermuntert die Künstlerin.

 

Perspektivwechsel fürs Stadtteilhaus

Plattenwechsel.Wir in Aktion heisst die Programmreihe, mit der Projektleiterin Meike Weid in Kooperation mit stadt:wirken GbR den Fokus aufs Stadtteilhaus legt.  Eine Woche lang sind  Um- und Anwohnende eingeladen, kennenzulernen, auszuprobieren, einzubringen, mitzugestalten, welche Reichweite und welche Rolle das neue Haus für den Stadtteil und seine Bewohner*innen spielen kann.

Somit dient die Aktionswoche einer regelrechten Bedarfsanalyse des Johannstädter Kulturtreff, der als etabliertes soziokulturelles Zentrum für die anstehende Zukunft im Stadtteil wissen will, was Interessen und Bedürfnisse seines Zielpublikums sind.

Eine Woche sommerlicher Aktionsraum

Eine sommerliche Woche lang ist Raum: Zum Verweilen, zum Schauen, Nachfragen, zum Reden und Zuhören, zum Vernetzen und Verbinden, zum Kontaktaufnehmen, Pläneschmieden, Teilen, Entwickeln neuer Ideen, Gedanken und Aktionen.

Das Programm ist mit Bedacht nicht lückenlos gefüllt, sondern soll über die sieben Tage frei erweitert und zusätzlich bespielt werden, sobald sich jemand findet und einen zusätzlichen Programmpunkt oder ein weiteres Angebot schafft: Ob Mosaik-Workshop, Improvisationstheater, Tai Chi, Qi-Gong und Schwertkampfkunst oder Singen, Stricken, Upcycling und Songwriting – die Aktionswoche ist eine riesengroße Einladung an jedes Alter, einen Schritt zu wagen, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben und Freude an Neuem zu haben.

Ob beim Schachturnier oder beim “speed dating” mit dem Verein oder der Initiative Deiner Wahl – es sind Ansprechpartner*innen andauernd vor Ort und viele Andere, Unbekannte, die dazu kommen. Der Raum ist offen. Es entsteht Neues.

…alles im Programm ist regelmäßig unterfüttert und versorgt von gemütlichen und genussreichen täglichen Kaffeezeiten. Sitzmöglichkeiten sind reichlich vorhanden. Der Zugang ist barrierefrei und offen für alle.

Am Sonnabend öffnen sich Tür und Fenster des Containers für gelebte Johannstädter Stadtteilkultur.

 

Weitere Informationen

 

 

Baugrundbohrung fürs Stadtteilhaus

eingestellt am 15.07.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Baugrundbohrung auf dem zukünftigen Gelände des Stadtteilhauses. Foto: Anja Hilgert

Der Bohrkran, der aktuell tätig auf dem Grünflächen-Gelände Pfeifferhannsstraße ist, ist dem Grundstück für das zukünftig geplante Stadtteilhaus bis in 20 Meter Tiefe auf den Leib gerückt.

Das Kranfahrzeug war nötig, um die ineinander verschraubten Bohrelemente tief genug in den Boden einzubringen. Bis in 20 Meter Tiefe ist gebohrt worden, um den Baugrund zu prüfen und ein sachdienliches Profil der Bodenschichten zu erhalten. Bauschutt war dabei kaum vorhanden.

Die Tiefe der Bohrung ergibt sich aus der Tatsache, dass das neue Gebäude auf Pfählen ruhen wird, die 15 Meter im Erdreich gründen.

 

Baugrundbohrung auf dem zukünftigen Gelände des Stadtteilhauses. Foto: Anja Hilgert
Erste Markierung gesetzt Foto: Anja Hilgert

Das neue Stadtteilhaus für die Johannstadt

eingestellt am 10.06.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Standort des neuen Stadtteilhauses an der Pfeifferhannsstraße. Foto: Anja Hilgert

Als eine Schlüsselmaßnahme in der Entwicklung des Fördergebietes „Soziale Stadt Nördliche Johannstadt“ gilt ein neu geplantes Gebäude mit dem Arbeitstitel „Stadtteilhaus Johannstadt“. Mit anderen Worten: Die Johannstadt erhält ein Stadtteilhaus! Und: Dieses Stadtteilhaus für Bewohner*innen unseres Stadtteils wird von Grund auf neu gebaut! Der Ersatzneubau wird in Zukunft den überalterten und aufgrund erhöhten Asbestgehalts auch nicht weiter sanierungsfähigen Bau des Johannstädter Kulturtreffs ersetzen. Die Entscheidung dazu wurde bereits 2017 vom Dresdner Stadtrat gefällt.
Wie eine ausführliche stadtplanerische Darlegung deutlich werden lässt, ist von vier geprüften Standorten im Stadtteil das Grundstück in der Pfeifferhannsstraße am meisten geeignet für den repräsentativen Neubau. Im Sommer wird eine informative und kreative Aktionswoche auf dem Grundstücksgelände stattfinden.

Auf der Fläche im Winkel der beiden großen Wohnzeilen – der WGJ auf der Pfeifferhannsstraße einerseits und der Vonovia auf der Florian-Geyer-Straße andererseits – wird ab 2023 das neu geplante Stadtteilhaus Johannstadt errichtet werden. Der derzeit für Parkplätze versiegelte Anteil der Fläche wird als neuer Standort für den Bau des Hauses dienen, während der Grünanteil der Fläche ins Grundstück einbezogen und mit samt des alten Baumstands als Ruhe-, Grün- und Erholungsflächen erhalten bleiben soll.

 

Mitten im Carrée, wo Wohnen und Leben sich kreuzen, wird das neue Haus für Kunst und Kultur der Johannstadt errichtet werden. Foto: Anja Hilgert

Wissenswertes zum gegenwärtigen Stand der Planungen

In der Informations-Veranstaltung eines “Bürger*innen-Dialogs” hatte das Stadtplanungsamt am 26.Februar den eröffnenden Schritt in die Öffentlichkeit getan, um den Stand der aktuellen Planungen einem breiten Publikum und insbesondere der unmittelbaren Bewohnerschaft des Stadtteils kundzutun. 

Die offiziellen Kontakteinschränkungen der ersten Jahreshälfte haben dazu beigetragen, dass als nötig und wichtig erkannte Beteiligungsformate und Diskussionen, wie sie vor Ort hätten geführt sein wollen, aus dem öffentlichen Raum in den digitalen verlagert wurden. Entsprechend ist noch ungewiss, inwieweit Stadtteilbewohner*innen die Neuigkeit tatsächlich schon erfahren oder gar selbst bewegt haben. Die Frucht ist reif genug, um darüber im Quartier ins Gespräch zu gehen.

Das digitale Format der Info-Veranstaltung hatte im bemessenen Zeitfenster von zwei Stunden seinen Schwerpunkt auf die Präsentationen der Stadtplanenden, Architekten und Kulturschaffenden gelegt. Im Chat oder per Hotline meldeten sich über 100 zugeschaltete Interessierte während der Veranstaltung zu den Ausführungen zum Neubau des Stadtteilhauses zu Wort. Im Hintergrund waren die per E-Mail oder Anruf eingebrachten Fragen, Kommentare, Anliegen von zugeschalteten Teilnehmer*innen zusammengefasst worden und nach eingehender Prüfung im Stadtplanungsamt werden sie nun nach und nach mit qualifizierten offiziellen Antworten versehen auf der städtischen Webseite veröffentlicht. 

Gelistete Fragen mit Antworten sowie die gehaltenen Fach-Präsentationen und ein Videomitschnitt der gesamten Veranstaltung des Bürger*innendialogs sind auf der Webseite der Stadt allgemein einsehbar.

 

Das Gebäude des Johannstädter Kulturtreff ist in die Jahre gekommen Foto: Johannstätder Kulturtreff e.V.
Der von viel Grün zur Oase ausgewachsene Johannstädter Kulturtreff. Foto: Johannstädter Kulturtreff e.V.

 

 

 

 

 

Dachgrün, Veranstaltungssaal und Parkplätze

Was die Menschen in puncto Nutzungskonzept und Nachbarschaft interessierte, reichte von Ideen zur Fassaden- und Dachgrüngestaltung über Anregungen für eine bessere Ausnutzung des Grundrisses und Interessen an einem großen Veranstaltungssaal oder mietbaren Räumen für private Feierlichkeiten bis hin zu Sorgen um Lärmbelästigung und den Wert des Grünbestands sowie Anfragen zu einer Bibliothek oder dem Erhalt von Kleider- und Papiercontainern.

Der Wegfall von ca. 100 Stellplätzen auf der aktuellen Parkfläche Pfeifferhannsstraße regte manche Gemüter. Wohin mit dem haushaltseigenen Kraftwagen? Wo sonst parken, wenn nicht unmittelbar vor der eigenen Haustüre wie gewohnt? Da Gewohnheiten bekanntlich widerständig, resistent und erfindungsreich auf Veränderungsimpulse reagieren, bekam die Parkplatzthematik in Johannstadt mit der Bekanntmachung des Standorts fürs Stadtteilhaus erneut Aufschwung, diesmal mit neuem Resultat: Das Stadtplanungsamt drehte in seinen Etagen alle Räder, um die Situation endgültig auf allen Ebenen des Möglichen und Machbaren auszuloten. Eine umfassend dargestellte Stellplatzbilanz für das Bewohnerparkgebiet 15 zeigt  in einer eigens erstellten, anschaulich aufgearbeiteten Dokumentation, wie komplex zukünftiges städtisches Leben zu denken ist. Die gesamte Darstellung ist über die Webseite einsehbar. 

Unterm Strich steht fest, dass nicht ersatzweise lokale Lösungen, sondern ein grundlegend zukunftsorientiertes Umdenken abgestimmt werden muss, das nachbarschaftliche Probleme innerhalb eines Stadtteils vor dem Horizont größerer Zusammenhänge angeht und dialogisch nach Lösungswegen sucht, die nicht immer schon greifbar materiell vorhanden, sondern miteinander zu entwickeln sind.

 

Eine Feuerwehrzufahrt generiert Grün im Quadrat. Foto: Anja Hilgert
Der neu sanierte Wohnblock mit Aussicht auf die  Grundstücksfläche Foto: Anja Hilgert

Architektur und Gebäude

Den finalen Entwurf für den Neubau legt das junge Dresdner Architekturbüro AKL | Architektenkooperation vor und hatte damit im Rahmen der europaweiten Ausschreibung 2019 den Zuschlag für die Planung des Baus erhalten:

„Mit dem Architekturbüro AKL wurde im April 2020 der Vertrag zur Planung des Gebäudes geschlossen. Das Büro untersuchte verschiedene Varianten zur Kubatur des Gebäudes. Anschließend fiel im Amt für Hochbau und Immobilienmanagement gemeinsam mit den künftigen Mietern die Entscheidung für die nun vorliegende Planung als zweiteiliges Gebäude mit einem zweigeschossigen und einem eingeschossigen Gebäudeteil. Das Stadtplanungsamt trägt diese Entscheidung mit, in der Gestaltungskommission fand der Entwurf eine breite Zustimmung. Detailabstimmungen erfolgen laufend mit den zukünftigen Mietern.“

Keine geringe Rolle spielt wohl auch, dass es sich bei dem Stadtteilhaus Johannstadt um ein Pilotprojekt der Landeshauptstadt Dresden handelt, was digitales Planen und Bauen angeht, da das Stadtteilhaus unter Einsatz der innovativen Building Information Modeling (BIM)-Methode geplant und errichtet werden soll. BIM strebt als eine ganzheitliche Prozess-Methode, die der optimierten Planung und Verwaltung von Gebäuden dient, gleichzeitig die Vernetzung aller am Projekt beteiligten Unternehmenspartner und Personen an. Sie geht mit einer Darstellung der Gebäude als virtuelle und intelligente 3D-Modelle einher.

Bereits zum Jahresanfang 2021 beriet sich die Gestaltungskommission der Landeshauptstadt Dresden zu dem neuen Gebäude im Stadtteil Johannstadt. Unter Einbeziehung von Erfahrungswissen und Bedarf der aktuellen Nutzer*innen des jetzigen Johannstädter Kulturtreff e.V. und künftigen Stadtteilhauses Johannstadt wurde im Auftrag der Landeshauptstadt ein professionelles Entwicklungs- und Nutzungskonzept für die Räume des öffentlichen Neubaus erarbeitet.

Eine Fahrstraße durchs Karree: Die ehemalige Blumenstraße?

In den offiziellen, auf der städtischen Webseite einzusehenden Plänen wird der Standort des Stadtteilhauses als „Pfeifferhannsstraße/Blumenstraße” geführt, was auf übergeordnete Planungsinteressen des Stadtplanungsamtes schließen lässt. Denn der Standort wird als  eindeutige Post-Adresse allein die Pfeifferhannsstraße vorweisen, während die Blumenstraße auf der anderen Seite des Wohnriegels Pfeifferhannsstraße endet. 

Das Gesamtbauprojekt „Stadtteilhaus Johannstadt“ sieht jedoch auch die Umgestaltung der Zufahrtswege zur Fläche des neuen Stadtteilhauses vor. Entlang der Grundstücksfläche, an der die vorhandene Grünfläche ihrer Länge nach anschließt, legt die Planung für das Teilstück von Pfeifferhannsstraße bis zum Bönischplatz eine zweispurige Fahrstraße an, um den Verlauf der Blumenstraße wie historisch einstmals zu verlängern und in den Anschluss bis zum Bönischplatz zu überführen.

Kontroverse über Wiederherstellung der ehemaligen Blumenstraße

Da, wo gegenwärtig der Anlieferverkehr der Kaufhallen abläuft, ansonsten die Durchfahrt für Kraftfahrzeuge gesperrt und die Wege für Passant*innen zu Fuß, per Fahrrad und mit Kinderwagen offen gehalten sind, soll weiterer Durchfahrtsverkehr erzeugt werden. Damit zukünftig, wenn einmal eines Tages vielleicht der Wohnriegel nicht mehr stehen sollte, nahtlos von B nach B – von Bönischplatz zu Blumenstraße und umgekehrt – gefahren werden könnte. Dieser Straßenbauentwurf lässt im Stadtbezirksbeirat Altstadt eine kontroverse Debatte andauern. Dennoch werden mit den gegenwärtigen Veröffentlichungen die Planungen weiter publik gemacht.

 

Der derzeit als Fußweg und Spielstraße genutzte Übergang von Grünfläche zu Kaufhallen-Areal Foto: Anja Hilgert

 

Währenddessen rücken Termine näher

Da das Stadtteilhaus neu gebaut, der Stadtteil eine neue Adresse erhalten wird, gehen auch die Planungen derjenigen in Gang, die das Haus zukünftig mit Inhalt füllen: Die Verantwortlichen des Johannstädter Kulturtreff hat 30 Jahre Erfahrung mit Soziokultur in der Johannstadt gelehrt, dass das Haus seine Lebendigkeit und Vielfältigkeit erhält durch die, die dort ein und aus gehen: Das sind die Bewohner*innen des Stadtteils selbst, für die und vor allem mit denen und durch die kulturelles Leben in den Stadtteil gelangt.

Deshalb veranstaltet der Johannstädter Kulturtreff mit seinem Projekt Plattenwechsel.WIR in Aktion in der Woche vom 17. bis 24. Juli auf der Grünfläche in der Pfeifferhannsstraße eine Beteiligungswoche für Ideen und Aktionen zu Programm und Ausgestaltung im neuen Stadtteilhaus und stellt schon einmal die Weichen in Richtung bevorstehendem Umzug. 

Jede*r kann dabei sein, jede*r ist eingeladen, die Sommerwoche auf dem neuen Grundstück in der Pfeifferhannsstraße mitzugestalten und dort Ideen einzubringen, wie gelebt und was veranstaltet werden will im neuen Stadtteilhaus Johannstadt!

Weitere Informationen

Doris Müller: “Erstbezug, ist ja klar!”

eingestellt am 25.04.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Foto: Philine Schlick

Doris Müller wohnt seit 1973 im zwölften Stock eines WGJ-Hauses am Käthe-Kollwitz-Ufer. Akribisch hat sie alle Dokumente bewahrt, die den Erstbezug in das moderne Hochhaus begleiteten. Sie erinnert sich glücklich an diese schöne, aufregende Zeit. Heute teilt sie die Wohnung mit ihrem Hund Kiro – und vielen Erinnerungen. Zum Beispiel an die Sache mit den Fliesen, die sich anhört wie eine Variation des Märchens „Hans im Glück“. 

Ich bin aus Eisenach, und habe im Rennkollektiv  gearbeitet, mein Mann auch. Er war dort Versuchsleiter. Das Automobilwerk hatte noch diese Nebenstelle in der Rennautos gebaut, gefahren und erprobt wurden. Auch auf dem Nürburg-Ring waren die Eisenacher Autos. Ich habe gezeichnet und wir haben uns kennengelernt. Er war praktisch mal mein Chef.

Blick vom Westbalkon aus in Richtung Altstadt. Foto: Philine Schlick

„Die Tierhalter haben sich Wannen voll Brot geholt“

Und dann ist mein Mann nach Pirna gegangen. Es sollten Autos mit einer Gasturbine gebaut werden, das hat sich aber zerschlagen. Später  war  die Luftfahrtindustrie dort. Eine Maschine ist bei Leipzig abgestürzt. Die Sowjetunion hat dann ihre eigenen Flugzeuge gebaut und so wurde der Betrieb aufgelöst. Es sind verschiedene andere Firmen entstanden, z.B. wurden u.a. auch Generatoren für die Feuerwehr gebaut.

Mein Mann ist zehn Tage auf einem Schiff gefahren und hatte dann vier Tage frei, sie haben Generatoren und Turbinen im Dauertest geprüft, ob sie u.a. auch für Schiffe möglich sind. Später ist er als Dienststellenleiter zum Amt für Standardisierung und Warenprüfung gegangen.

Ich habe in Pirna einen Teilkonstrukteur-Lehrgang gemacht und gezeichnet. Als Teilkonstrukteur habe ich vielleicht um 580 Mark verdient? Aber eine Straßenbahnfahrkart von Pillnitz bis Radebeul kostete 20 Pfennig, oder die Brötchen .. es war alles unter Wert. Die Tierhalter haben sich teilweise Wannen voll Brot geholt und es dann verfüttert. Das hat nicht gestimmt! Aber heute stimmt ja leider auch nicht alles.

Doris Müller in ihrer Wohnung im zwölften Stock. Foto: Philine Schlick

“Eigentlich schön, aber hundekalt”

In Dresden habe ich nach einem weiteren Lehrgang zum Plantechniker in einer Nachfolgeeinrichtung von den Verkehrsbetrieben gearbeitet, im Büro für Stadtverkehr, und hatte einen Krippenplatz von den Verkehrsbetrieben.

In Johannstadt – da war das Straßenbahn- Depot und das Büro der Verkehrsbetriebe, musste ich die Krippe Gebühr bezahlen. Dort war auch eine Wohnungsverwaltung und ich habe gefragt, ob ich mich für eine Genossenschafts-Wohnung anmelden kann.

Sie haben gesagt, ja, wenn Sie eine zum Tausch haben. Wir hatten in der Müller-Berset-Straße eine Zwei-Zimmer-Wohnung, Erdgeschoss mit Balkon. Eigentlich schön, aber hundekalt. Die Zudecken im Schlafzimmer haben wir am Kachelofen abends angewärmt und unsere Tochter haben wir nachts viele Male wieder zugedeckt.

Ich bin so gegen vier Uhr aufgestanden. Der Kachelofen war zu heizen und musste dann längere Zeit durchbrennen, ehe er geschlossen werden konnte. Auch der Badeofen wurde geheizt für das warme Badewasser unserer Tochter. Einen Warmwasser-Boiler gab es auch in der Küche nicht. Mein Mann ist auch noch mit unserem Hund “gerannt”.

Um sechs musste ich dann schon an der Krippe sein. Sie öffnete sechs Uhr. Mein Dienst begann 6.45 Uhr. Gleit-Arbeitszeit gab es damals nicht, Straßenbahnen waren 1970 mit Kinderwagen voll beladen, und so bin ich von der Borsbergstraße bis zum Schillerplatz gelaufen. Mein Mann war damals viel dienstlich unterwegs und musste sehr oft noch zeitiger losfahren und konnte mich nicht zur Krippe bringen.

„Eine Stunde wurde mit 2,20 Mark berechnet“

Diese Wohnung in der Müller-Berset-Straße hatte ich im Angebot und da haben sie mich aufgenommen. Unsere alte Wohnung kam 32 Mark Miete, die war dann auch begehrt bei der Wohnungsgenossenschaft.

Einzahlen musste man 2400 Mark, die sind in der Genossenschaft geblieben, gehören aber uns oder den Erben. Und für 2400 Mark musste man Eigenleistungsstunden erbringen. Die Stunden hätten auch bezahlt werden  können … Eine Stunde wurde mit 2,20 Mark berechnet. Heute undenkbar!

Wir haben zum Teil bezahlt und auch mit gearbeitet. Wir waren in der Stübelallee und haben Gräben geschaufelt, in die dann Rohre gelegt wurden. Es war eine harte, primitive Arbeit. Aber wir dachten, wenn wir schon die schöne Wohnung bekommen, können wir auch arbeiten.

Doris Müller hat sich für Ihre Wohngegend eine maßstabsgetreue Zeichnung besorgt. Foto: Philine Schlick

Ich war das erste Mal beim künftigen Hochhaus zum Gucken im Februar und im Dezember. Noch vor Weihnachten sind wir dann eingezogen. Ich bin mit dem Kinderwagen hergefahren und man sah damals schon die Grundrisse. Der Kindergarten in der Blumenstraße war noch nicht gebaut und ich bin mit dem Fahrrad noch zum Kindergarten in die Anton-Graff-Straße gefahren.

„Ein Glas Speckfett hat sie beruhigt“

In der alten Wohnung standen viele,viele Kisten mit Büchern zum Transport für das Hochhaus. Die Kartons waren mühsam auch von Freunden gesammelt, denn man konnte ja nicht einfach zu Aldi gehen und sich Bananenkisten holen. Die Möbelpacker waren sehr empört und haben gesagt, noch niemals mussten sie für so einen Verrückten so viele Kartons schleppen. Ich habe gesagt, wir machen in der neuen Wohnung was zum Stärken, und außerdem kann das Auto bis fast zum Aufzug fahren.

Blick in Essbereich und Küche. Foto: Philine Schlick

Wir saßen dann alle auf dem Fußboden in er neuen Wohnung und u.a. ein Glas „Speckfett“ handgearbeitet hat sie wieder beruhigt. So ein Glas  haben aber auch andere Helfer immer wieder „angefordert“:  geschnittener Speck, geschnittene Zwiebeln, geschnittene Äpfel, alles einzeln im Tiegel knusprig gebraten, in den Topf mit Majoran und weißem Fett, unterrühren erstarren lassen, fertig. Und niemand hat die Kalorien gezählt!

„Es ist rundum gut“

Der Einzug hat mir viel bedeutet. Man kann sich es gar nicht vorstellen, wie das war. Man macht die Heizung an und es wird sofort warm. Oder den Hahn auf, und es kommt warmes Wasser raus.

Man konnte so viel Warmwasser nehmen, wie man wollte, da gab es keinen Zähler. Die Heizung und das warme Wasser waren im Mietpreis für gesamt 114,80 Mark enthalten. Auch die Küchenmöbel, der Herd und die Spüle waren schon dabei. Die Heizungskörper hatte einen kleinen Hebel an der Seite, mit dem konnte die Klappe im Heizkörper zum Öffnen oder Schließen gekippt werden. War es noch zu warm mußte eventuell die Balkontür geöffnet werden, denn damals liefen die warmen, unisolierten Rohre noch an der Wand entlang. Das war aber schon eine große Verschwendung.

Später  hat sich die Miete erhöht auf 143 Mark für 78 Quadratmeter. Das kann man niemandem mehr erzählen. Aber natürlich gab es auch keine “Spitzengehälter”.

Beleg zur Schlüsselübergabe. Foto: Philine Schlick

Die Sonne hängt an der Kirchturmspitze

Es war eine große Aufregung als die Karte für die Schlüsselübergabe kam. Diese fand in einem Saal der Verkehrsbetriebe statt.

Man wusste nicht, was man für eine Seite erhält. Ich hatte dem Wohnungsmann vorher gesagt, dass ich sehr gern auf die Westseite ziehen würde – aber er sagte, er hätte keinen Einfluss. Und dann – bekam ich den Schlüssel für die Westseite!

Mit der Abend-Sonne! Manchmal ist der Fluss rot und der Himmel bunt. Man sieht die Sonne wandern im Laufe des Jahres von “rechts nach links” bis zum zum Windberg. Und dann hängt die Sonne manchmal an einer Kirchturmspitze  Es ist eine so schöne Sicht auf die Stadt, und ich schätze es auch nach so vielen Jahren noch sehr. Die Ostseite ist auch schön. Dort hat man ja auch den den Blick auf den Fluss und die Hänge. Und die andere Süd-Seite ist auch gut, mit dem Blick z. B. ins Erzgebirge, der Sächsische Schweiz und auch die Babisnauer Pappel ist zu sehen. Es ist also rundum schön, und wir lassen uns das Hoch-Haus nicht abreißen!

„Eine Fete für’s ganze Haus“

Es gab für das Haus eine Hausgemeinschaftsleitung, auf jeder Etage war ein* Vertreter*in. Also, ich auf unserer Etage, einmal im Monat haben wir uns unten im Clubraum dann getroffen, was gibt‘s zu tun, wer will was? – und dazu haben wir natürlich ein Bier getrunken.

Und einmal haben wir auch eine „Fete“ fürs ganze Haus organisiert; „drüben“ im Sportcasino (da war‘s noch nicht so vornehm) und sehr viele sind gekommen, wir haben getanzt und diskutiert bis spät. Auch im Sportcasino war es jeden Sonnabend früh möglich Skat zu spielen. Das Bier war ja sehr billig, Kaffee auch und eigentlich haben sie an uns nichts verdient.

“Man hat sich geholfen. Das war normal. Es ging nicht anders”. Foto: Philine Schlick

Jedes Mitglied musste im Jahr zehn Pflichtstunden u.a. für die Grünanlagen leisten. Auch die konnten für 2,20 Mark bezahlt werden. Aber wenn an der Haustür ein Zettel zum “Einsatz” hing, waren viele da. Wir haben zwei Stunden Unkraut gezupft und dann zwei Stunden im oder – bei Sonne – außerhalb es Klubraumes noch gequatscht. Ein Mieter hatte den Wasserkessel zum Warmmachen für die Würste und natürlich auch “gutes” Bier mitgebracht. Das wurde dann von allen bezahlt.

Theater für eine Mark

1973 waren im Hochhaus überwiegend jüngere Menschen eingezogen, die meisten hatten Kinder. Damals waren Anrechte für Konzert und Schauspiel spottbillig, sodass fast alle auch diese Abos hatten.

Das hat aber auch dazu geführt, dass die Karten verfallen gelassen wurden, wenn es wichtige Sportereignisse gab. Im Theater konnte man deshalb für eine Mark eine Karte kaufen und nach dem letzten Klingeln auf die freien Plätze stürmen.

Bei einem Theaterbesuch hatte ein Nachbar immer  den Wohnungsschlüssel und hat nach den Kinder geguckt. Einmal haben  Nachbarkinder sehr geweint, wir haben sie in unsere Betten getragen, einen Zettel an die Tür geklebt: Ihre Kinder sind in unseren Betten. So einfach war das.

Wir mussten ja auch noch die Hausordnung machen und alle Außentürfenster putzen. Wenn man in den Urlaub fuhr musste dann ein Tausch organisiert werden, dazu hing der Kalender an der Tür und jeder wusste, wann er dran war.

Streit hat es auf unserer Etage noch niemals gegeben, alle reden mit einander, wenn wir uns sehen, aber alle reden sich auch nach so langer Zeit noch mit “Sie” an. Leider sind schon vier Menschen inzwischen gestorben, da gibt es von allen gemeinsam einen schönen Blumenstrauß. Meine Nachbarin hat angeboten auch mal meinen Hund zu nehmen, wenn ich ein Kurzreise machen will. Mein Nachbar bringt mir die Getränke bis an die Tür. Ich bin schon froh, in diesem Umfeld zu wohnen.

Kleine Frühlingsboten. Foto: Philine Schlick

„Er war 91 Jahre alt“

Das Hobby meines Mannes waren Burgen und Schlösser … Mein Mann hat auch selbst einige Bücher geschrieben.

Aber das war außerhalb seines Berufes. Er hat auch Vorlesungen in der Volksschule gehalten mit insgesamt 72 Exkursionen  nach z.B.  Spanien, mehrfach Portugal, Israel, Syrien. Auch China war dabei, u.a. mit der Großen Mauer, aber natürlich außerhalb der großen Touristenströme.

Er ist voriges Jahr gestorben, und war 91 Jahre alt. Wir haben am 24. Dezember 1959 geheiratet, weil mein Mann den Hochzeitstag nicht vergessen wollte, waren also 62 Jahre verheiratet. Meine Schwiegermutter hatte größte Probleme Weihnachten 1959 einen Hochzeitsstrauß zu erhalten. Schnittblumen gab es im Winter nicht für den “Normalverbraucher”. 

Als mein Mann nicht mehr da war, war es sehr einsam für mich, denn ich bin kein Fernsehgucker und sammel’ auch keine alten Ansichtskarten oder Briefmarken mehr. Deswegen habe ich auch wieder einen kleinen Hund, da habe ich zu tun. Er wartet, dass ich mit ihm raus gehe und freut sich mit aufgeregten Sprüngen.

Die große Renovierung

Es gab im Jahr 2000 eine große Renovierung, da haben wir gedacht, das überstehen wir nicht. Wir holen uns eine andere Wohnung. Aber die waren es vom Grundriss her nicht. Hier ist die eine Wand im Arbeitszimmer über sechs Meter lang und auf der anderen Seite ist auch nur die Tür, also man kann viele Regale stellen, die uns alle ein Tischler gebaut hat.

Bei der Renovierung ist ja alles raus gekommen. Alle Rohre. Alles, alles. Mein Mann hatte im Wohnzimmer eine Art Zelt aus durchsichtigen Planen gebaut, da haben wir drin gefrühstückt und auch sonst gegessen. Es war ja überall Staub, weil der Fußboden in der Küche und im Bad raus gehackt wurde. Das ging so viele Tage lang und war ganz schön hart.

Danach haben wir uns eine neue Küche gekauft. Dann war ja auch die Wende und es gab alles. Hier unten im Nebenhaus war ein Tischler, der hat die Küchen verkauft – er hat gesagt, das war das Geschäft seines Lebens. Bei uns waren ja Pressspanmöbel drin. Und der Herd hatte noch die runden Eisenplatten. Aber das war auch früher gut!

Hund Kiro ist acht Jahre alt. Foto: Philine Schlick

Meine Tochter hat nämlich mit ihren Schul-Freunden manchmal bei uns gekocht. In riesengroßen Töpfen und Tiegeln, haben sie die auf den “Eisenplatten” hin und her gezogen, immer wurden Nudeln aller Art gekocht.

Mit dem neuen Herd wäre das gar nicht gegangen Ich habe gesagt, ihr könnt alles machen, solange keine Ketschup-Nudeln an den Fliesen kleben und auch, dass sie die Ranzen nicht so chaotisch in den Hausflur schmeißen sollen, nehmt sie mit rein, aber so,dass ich dann auch noch reinkomme. Unsere Tochter war ja  allein, und für mich war das kein Problem, zumal die Kinder auch immer ordentlich aufgewaschen hatten.

Später hat meine Tochter in Irland studiert und in Dresden promoviert und ist Historikerin.

Die Sache mit den blau-weißen Fliesen

Und dann möchte  ich Ihnen das mit den Fliesen erzählen. Also, 1973 als wir die Wohnung bekommen haben, war ja gar nicht daran zu denken, dass die mit Fliesen waren. Und da sind zwei meiner Kollegen mit mir zur Baustoffversorgung gegangen, und da haben wir uns jeder für zwei Quadratmeter weiße Fliesen auf einer Warteliste eintragen dürfen. Die Zeit haben wir abends eingearbeitet, man musste ja tagsüber dort hin.

Die Fliesen haben ja nicht gereicht. Ich wollte im Bad auch die Wanne eingefliest haben. Da hat uns jemand gesagt, bei den Tschechen gibt es die Fliesen, ihr müsst nach Decin fahren.

Blick auf die Baustelle des neuen WiD-Hauses. Foto: Philine Schlick

Erst waren wir in Antiquariaten und haben Bücher gekauft, dann sind wir wandern gewesen und haben nach den Fliesen gefragt. Ein Mann war uns wohlgesonnen und hat uns einen Zettel geschrieben mit einer Adresse in einem kleinen Nachbarort. Das haben wir auch gefunden und haben einige Kisten von blauen Fliesen eingeladen. Das Auto stand wie eine Rakete beim Start.

Wir konnten kein Fernlicht anmachen und sind mit Standlicht nach Dresden gefahren. Wir hatten natürlich auch Angst an der Grenze. Beim Zoll hatte man früher immer Angst. Wir hätten auch nicht so viel Geld tauschen dürfen. Meine Schwiegermutter hatte für uns getauscht und mein Schwiegervater hatte auch für uns getauscht. Im Antiquariat hatte man uns auch noch einhundert Mark getauscht. Wir hätten das, was wir im Auto hatten, niemals mit dem erlaubten Umtauschgeld kaufen können und waren schon aufgeregt.

Blick in das Arbeitszimmer. Foto: Doris Müller

In die Zollerklärung, die musste man damals noch ausfüllen, hat mein Mann reingeschrieben: Sechs mal “Wandkeramik”. Aber die Bücher waren‘s! Damit  haben die Zölllner  sich eine halbe Stunde lang beschäftigt. Weil es alte Bücher waren haben sie gedacht, es ist Naziliteratur und haben viel durchblättert, da waren unsere Fliesen untergegangen. Wir waren ganz schön erleichtert und heilfroh!

„So ein Fell will ich haben!“

Da hatten wir die Fliesen in der Garage, aber keinen Fliesenleger! Es war undenkbar damals, wenn man kein Westgeld hatte, einen Handwerker zu finden!

Hier im Haus habe ich es klopfen gehört. Ich dachte, das kann nur ein Fliesenleger sein, habe die Wohnung gesucht, und es war ein Fliesenleger! Ich habe gesagt, wir haben die Fliesen und können Zement besorgen – können Sie nicht mal kommen und gucken? Er sagte, er schaut es sich mal an.

Im Schlafzimmer hatte ich ein riesengroßes braunes Schaffell, ungeschoren und mit langen Zotteln, liegen. Er hat gesagt, ich komme zu Ihnen, aber so ein Fell will ich haben!

Wir hatten ein Wochenendhaus hinter Pirna und da war ein Nachbar mit dem wir öfter mal Bratwürste gegessen und Bier getrunken haben am Wochenende, der hatte das Fell besorgt. Er kannte jemanden, der Schafe hatte. Da sind wir zu ihm hingefahren, haben gesagt, bitte besorge uns  noch so ein Fell.

Er hat gesagt, das geht in Ordnung. Ich habe gesagt, wir  wollen aber  nur das Fell haben. Das war aber nicht gegerbt! Ich hatte auf Arbeit einen Kollegen, der kannte wieder jemanden, der hat in Freital in der Lederfabrik gearbeitet. Er hat gefragt und gesagt, das macht er für dich und hat auch die Bottiche und die Brühe und was man alles so braucht.

Bücherliste von Heinz Müller. Foto: Philine Schlick

Auf jeden Fall hat der Bauer ein Schaf geschlachtet, das Fell mit Salz bestreut und eingerollt, (die Kosten dafür waren einvernehmlich verhandelt und o.k.)  Mein Mann hat die Rolle geholt, ich habe sie  meinem Kollegen gebracht, der hat die dem Mann aus Freital gegeben und der wollte aber kein Geld, sondern einen Kasten Radeberger.

Radeberger gab es aber auch nicht! Da durfte man im Konsum manchmal fünf Flaschen entnehmen, mehr nicht. Wirklich, das stand dran! Und da kannte ich wieder jemanden aus dem Gaststättengewerbe und der hat gesagt, ich kann und darf euch keinen Kasten Bier verkaufen, aber ich kann es von meinem Depotat nehmen. Er hat uns auf jeden Fall diesen Kasten Radeberger (zum “normalen” Preis gegeben) und er brauchte auch absolut nichts von uns.

„Ich habe die so mühsam erkämpft!“

Dann hatte ich das große Fell. Der Fliesenleger war gekommen und hatte auch gleich noch die Küche gefliest.

Beim Wohnungsbau 2000 musste alles raus. Ich habe gesagt, das geht nicht! Ich habe die Fliesen so mühsam erkämpft! Die Genossenschaft hat gesagt, ich könnte sie dran lassen, aber ich müsste unterschreiben, dass, wenn wir ausziehen, alles neu gemacht werden muss. Da habe ich lange gegrübelt und gedacht, da müssen sie eben raus, aber das hat mir richtig weh getan. Einige haben wir dann noch mit in den Garten geschleppt und nie gebraucht.

Blick vom Hochgeschosser Pfeifferhannsstraße in Richtung Altstadt. Foto: Philine Schlick

In der DDR musste man Freunde haben. Anders ging das oft gar nicht. Wir haben dann natürlich auch geholfen. Ein Kasten Bier und paar Bockwürste, dann sind  alle da.  Die Freunde kamen aber auch so manchmal abends in unsere Hütte und brachten ihre Zelte mit. Ich hatte ein Schifferklavier. Bis morgens um vier haben wir zuweilen gefeiert und, aber nicht allzu laut, gesungen. Auf der anderen Elb-Seite waren ja Häuser und die Gesänge sicher trotzdem zu hören. Da gab es aber noch kein Telefon oder gar Handys für “normale” Bürger, also, die Polizei konnten sie nicht anrufen.

Wir hatten nach der Wende alle noch Kontakt, sind zusammen verreist, aber leider werden es immer weniger für immer, oder sie  können wegen Krankheiten  nicht mehr aus dem Haus.

Wir alle haben damals sehr viel gelesen, Bücher getauscht und über die Bücher diskutiert, mein Mann hatte “Beziehung” zum Antiquariat Sauermann und deshalb auch viele Lizenzausgaben kaufen können.

Manchmal denke ich mit Sorge, alles muss einmal geräumt werden, das ist eine ganz schlimme Arbeit. Aber eine Weile wäre ich schon noch gerne hier, in dieser schönen Wohnung.