Gedicht auf eine Bank in der Stadt

eingestellt am 26.03.2024 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Poetischer Blick auf eine Bank, Foto: Anja Hilgert

 

Gastbeitrag von Katharina Haffner, 16 Jahre alt,
Schülerin der 10. Klasse am St. Benno-Gymnasium:

“Also, wie bin ich dazu gekommen, das Gedicht bei der Einweihung der Johannstädter Erzählbank vorzutragen? Ich habe in den letzten beiden Wochen ein Sozialpraktikum im Seniorenzentrum Amadeus gemacht und Frau Bochert, die Leiterin des Amadeus hat mich gefragt, ob ich das Gedicht nicht anlässlich der Feierlichkeit vortragen würde. Das habe ich getan!”

 

DIE BANK IN DER STADT

Eine Bank in der Stadt.
am Wegrand der Straße, im Park, auf Plätzen.
Oft unscheinbar, man sieht sie nicht,
hastet vorüber.
Ein andermal man sehnt sie sich,
findet sie nicht.
Eine Bank,
um auszuruhen
Pause zu machen
anzuhalten
zu sitzen
abzustellen
abzuschweifen
zu träumen.
Doch findet man sie und setzt sich
auf eine Bank in der Stadt,
mit Zeit,
dann ist man die Ruhe,
die man sonst nicht hat,
in der Hast der Stadt.
Man wird nicht gesehen,
doch man sieht selbst mit einem anderen Blick.
Man hat Zeit
zu betrachten
nachzudenken
auszuruhen
zu träumen,
die Hast zu beobachten,
die langsam verschwindet;
und man findet selbst die Ruh’.
Die Zeit bleibt stehen,
während die Welt sich weiterdreht;
in der Hast
auf einer Bank in der Stadt.

 

Poesie für die Erzählbank in der Johannstadt, Foto: Anja Hilgert

 

 

 

 

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Kunstschaffende über 55 Jahre können sich bewerben für Arbeitsstipendien in bildender Kunst und Literatur

eingestellt am 15.10.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Das Amt für Kultur und Denkmalschutz ruft auf, jetzt Stipendiat*in zu werden und eigenes künstlerisches Schaffen voranzubringen Foto: Anja Hilgert

Das Amt für Kultur und Denkmalschutz schreibt acht Stipendien für freiberuflich tätige Kunstschaffende ab Jahrgang 1966 aus und fördert künstlerische Arbeit im Stadtraum Dresden in den Sparten bildende Kunst und Literatur mit Arbeitsstipendien in Höhe von je 1.250 Euro. 

 

Auch in der Johannstadt haben alteingesessene Künstler und Künstlerinnen mit Wurzeln in der Landeshauptstadt ihren Wohnsitz oder aber Atelierräume, in denen ihre Werke entstehen. Manchmal ist es eine künstlerische Handschrift, eine bestimmte Formsprache oder ein farbliches Kolorit, das für Wiedererkennen sorgt und mit dem Schaffen eines künstlerisch tätigen Menschen in Verbindung bringt. Künstlerische Werke vermitteln auf jeweilige besondere Art Botschaften, Gedankenwelten, Gefühle, die auf einzigartige Weise Menschen miteinander verbinden ohne dass sie sich begegnen.

Das ausgeschriebene Arbeitstipendium richtet sich an solche kreativ schaffenden Menschen, die mit ihrem Tun in der vergangenen Zeit kaum oder wenig an die Öffentlichkeit treten konnten. Es ist ein Signal, künstlerischem Wirken wieder den Raum zu weiten – denn Kunstwerke nähren den Menschen.

 

Generation 55 plus

 

Gefördert werden Projektvorhaben zur Weiterentwicklung der eigenen künstlerischen Arbeit und die Fertigstellung künstlerischer Arbeiten unter den aktuellen Krisenbedingungen. 

Bewerbungen sind bis Dienstag, 2. November 2021 möglich.
Einzureichen sind neben einer Projekt- bzw. Vorhabenskizze, ein tabellarischer Lebenslauf und ein Nachweis der haupterwerblich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit. Fördervoraussetzung ist die haupterwerbstätige künstlerische Arbeit.

Bewerben können sich freiberuflich tätige Künstlerinnen und Künstler sowie Autorinnen und Autoren mit Hauptwohnsitz Dresden, die mindestens 55 Jahre alt sind und deren künstlerische Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt wurde bzw. wird. Voraussetzung für die Bewerbung ist der Nachweis der selbstständigen künstlerischen Tätigkeit durch eine Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse, in einem entsprechenden Berufsverband oder durch eine eidesstattliche Erklärung. 

 

 

Geschützte Bedingungen für kreatives Arbeiten Foto: Anja Hilgert

 

Eher unter dem Radar der Öffentlichkeit

Dr. David Klein, Leiter des Amtes für Kultur und Denkmalschutz bewirbt das Projekt für Dresdner Kunstschaffende: „Wir wollten mit diesen Arbeitsstipendien eine Zielgruppe besonders in den Fokus nehmen, die eher unter dem Radar der Öffentlichkeit arbeitet – die Generation 55 plus. Oftmals sind diese Künstlerinnen und Künstler von Ausschreibungen und Stipendien allein durch ihr Alter ausgeschlossen. Eine nachhaltige Kulturförderung kann nicht ausschließlich den Fokus auf die Förderung von jungen Talenten legen, sondern sollte einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen.“ 

Das Stipendienprogramm wird in Kooperation mit der Hanna-Johannes-Arras-Stiftung vergeben. Die Stiftung mit Sitz in Stuttgart fördert in Dresden Kunst und Kultur der Sparten Musik, bildende und darstellende Kunst, Literatur und Baukunst. 

Stefan Arras, Vorstand der Hanna-Johannes-Arras-Stiftung erklärt zur Förderung des Dresdner Vorhabens: „Eine öffentliche Darstellung ihres Schaffens war für viele Künstler in Zeiten der Pandemie nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht möglich. Die künstlerische Arbeit wurde eingegrenzt, was manchen Künstler schwer belastet und teilweise auch in eine prekäre Lage geführt hat. Wir als Kunst-Stiftung wollen uns der Betroffenen annehmen und ihnen den Weg zurück zur Normalität erleichtern. Dazu beteiligen wir uns gerne an dem vom Kulturamt der Stadt Dresden aufgelegten Stipendienprogramm.“ 

 

 

Der formlose Antrag (nicht handschriftlich) ist zu senden an: 
Amt für Kultur und Denkmalschutz, Postfach 12 00 20, 01001 Dresden.
Unterstützung bei der Antragstellung bietet der Künstlerbund Dresden e. V. per E-Mail: berufsverband@kuenstlerbund-dresden.de und Telefon: 0351-8015516.

 

Weitere Informationen

www.dresden.de/generation55

“Moving Borders” erzählt am Wochenende Johannstädter Geschichten quer über die Elbe

eingestellt am 08.07.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Moving Borders lässt die Grenzen verschwimmen. Foto: Mustafa Hasan

Das internationale Kunstprojekt “Moving Borders” bringt Johannstädter Geschichten mit der Fähre auf die gegenüberliegende Elbseite in die Neustadt. Am Fähranleger ist die Bühne aufgebaut. Und auch das Schiff selbst wird Kulisse. Mit dabei ist die 101. Oberschule mit einem Schüler*innen-Projekt zum Anhören. Der Eintritt ist an allen Tagen kostenfrei.

Die Elbe trennt Johannstadt und Neustadt – und verbindet sie. Was beide Stadtteile eint, ist ihre quirlige Unterschiedlichkeit. Das internationale Kunstprojekt “Moving Borders” begreift den Fluss als Schnittstelle, nicht als Trennlinie und macht die Fähre Johanna zur Arche. Von Freitag bis Sonntag findet auf dem gepflasterten Platz am Fähranleger auf der Neustädter Seite ein vielschichtiges Bühnenprogramm statt. Die Überfahrt mit der Fähre wird am Sonnabend selbst zum Erlebnis, denn Künstler*innen gestaltet hier jeweils ein eineinhalb-minütiges “Überfahrtsprogramm”. Pendeln lohnt sich also.

Elbe und Johannstadt gestalten, hören und fühlen

Am Freitag noch vor dem Eröffnungskonzert mit der Dresdner Marching Band Banda Comunale und der Skulpturalen Bewegung Stromlinien, beginnt das Programm um 16 Uhr mit der individuellen Gestaltung von Kleidung aus zweiter Hand, Audio-Features zur Elbe, einer interaktiven Karte zur Elbe und einer “Insel der europäischen Fragen”. Mit dabei ist auch die 101. Oberschule: Unter dem Titel “Skatebankcola” stehen Gefühle, Wünsche, Ängste und Hoffnungen von Jugendlichen im Fokus. Ihre Stimmen werden in einem Mix aus Musik und Field-Recordings arrangiert, die vor Ort im Kiez gemeinsam aufgenommen wurden.

Um 18 Uhr startet dann das einstündige Eröffnungskonzert, an das sich ein geselliges Beisammensein am Lagerfeuer anschließt.

Fahnen-Winken von Ufer zu Ufer und Catwalk

Am Sonnabend wird das Programm um eine Fahnenchoreografie ergänzt, die um 19.30 Uhr von einem zum anderen Elbufer grüßen wird. Waving Signals – eine kosmopolitische Fahnenchoreografie für alle. Die Fahnengestaltung beginnt um 15 Uhr vor Ort.

Mit dem eigenen Smartphone und Kopfhörer kann auf dem Areal unter dem Titel “Move as one” eine 45-minütige Audio-Meditation von Kieron Jina auf einem angeleiteten Spaziergang genossen werden.

Zwischen 16 und 18 Uhr finden die Mini-Performances auf der Fähre Johanna statt. Präsentiert wird “Unterschätztes Wissen”, gesammelt und bearbeitet vom Trio La Vache Qui Rit aus den Erzählungen Johannstädter Bürger*innen. Gegen 20 Uhr klingt der Abend wieder am Lagerfeuer aus.

Am Sonntag schließlich bekommen die entstandenen Kleidungsstücke von „Collection – was unsere Kleidung zu erzählen hat” einen Körper und beginnen, sich auf einem Catwalk zu bewegen. Die Modenschau startet um 18 Uhr. Um 19 Uhr schließt sich eine erneute Vorführung der Fahnen-Choreografie an.

Gemeinsam schnippeln, kochen und tanzen

Der Montag bietet neben dem bislang bekannten Programm gemeinsamen Austausch, kochen und Tanz.  Ab 15 Uhr können Frauen beim Frauencafé mit Nazanin Zandi durch die Gestaltung von Blanko-Figuren sowie Blanko-Sprech- und Gedankenblasen in Austausch kommen und die entstandenen Comic-Szenen in eine Dresdner Landschaft einbetten.

Um 17 Uhr schließt sich das Montagscafé mit einer Koch-Session mit Musik für alle an.

Moving Borders / ARK für Dresden: Arche für unterschätztes Wissen

Treffpunkt Ostzone: Ein Kunst-Projekt lädt zu Debatte und Austausch ein

eingestellt am 28.06.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Beschilderung Johannstädter Kulturtreff (Foto: Matthias Kunert)

Das Kunst-Projekt “ostZONE” lädt interessierte Bürger*innen im Juli zum Dialog über die DDR-Zeit ein. Es geht um gemeinsames Erinnern und generationsübergreifenden Austausch. Das Programm wartet mit unterschiedlichen Angeboten vom Workshop bis zum Stadtteilspaziergang auf.

Wer sich erinnert, gestaltet die Zukunft – deshalb laden Kulturaktiv und Utopolis in der Johannstadt zum Projekt “ostZONE” ein. Menschen unterschiedlichen Alters können sich mit Künstler*innen und Expeter*innen zusammenfinden. Es geht um Zuhören und Gehört werden.

Plausch im Marktcafé, gemalte Biografien

Für einen lockeren Plausch bietet das Marktcafé am Johannstädter Kulturtreff die Gelegenheit. Diskutiert werden soll die neue Ausgabe des Stadtteilmagazins ZEILE zum Thema Wohnen in der Johannstadt: “Erinnern Sie sich, wie war das denn: Das Zusammenleben im Plattenbau, das Einkaufen, die Gärten, die Hobbys, die Musik? Welche Sprachen waren und sind zu hören? Was ist Ihre Lieblingsecke?”

Auf einen Spaziergang durch das Viertel sind Menschen am 2. Juli eingeladen, versteckte Lieblingsplätze und Orte der Erinnerung mit DDR-Bezug kennenzulernen. In welchen “alten Steinen” steckt noch DDR-Geschichte – und welche?

Geführt wird die Tour von zwei Johannstädter*innen: Maryam lebt seit drei Jahren in Deutschland, Wolfgang wuchs in Dresden auf und hat erlebt, wie sich der Stadtteil über die Jahre hinweg verändert hat. Nach dem ca. zweistündigen Spaziergang wird der Johannstädter Künstler Moussa Mbarek zusammen mit den Teilnehmenden Eindrücke kreativ festhalten.

Gespräche auf Augenhöhe

Ein Podiumsgespräch wird sich dem Thema “Russland / Sowjetunion – großer Bruder?” widmen. Die Zeitzeug*innen Evelyn Harz (Lehrerin am RomainRollandGymnasium, ehemalige EOS „Romain Rolland“), Heidi Bohley (1982 Mitbegründerin der unabhängigen FRAUEN FÜR DEN FRIEDEN, 1989 NEUES Forum) und Igor Eidman (Soziologe, Vorsitzender Forum russischsprachiger Europäer e.V.) kommen unter der Moderation von Marcus Oertel mit Zuschauer*innen in ein Gespräch auf Augenhöhe: Wie waren und sind die Begegnungen im Alltag? Was verbindet oder trennt Sie ganz persönlich mit Sowjetunion/Russland? Wie viel Sowjetisches prägte die DDR? Was möchten Sie endlich mal aus dieser Zeit erzählen? Welches Bild von Russland haben Sie heute?

Den Abschluss der Veranstaltungsreihe wird ein zweiteiliger Kunst-Workshop bilden, der dazu einlädt, die eigene Biografie in etwas “Greifbares” zu verwandeln und künstlerisch zu gestalten.

Treffpunkt OstZONE in Johannstadt

  • 2. Juli 2021, 12 bis 14 Uhr, Marktcafé, Grünfläche vor dem Kulturtreff
  • 2. Juli 2021, 15 bis 18 Uhr Stadtteilspaziergang zum Thema Wohnen in der Johannstadt – DDR und heute, Treffpunkt am Johannstädter Kulturtreff
  • 3. Juli 2021, 11 bis 13 Uhr Podiumsgespräch “Russland / SU – Großer Bruder”, Johannstädter Kulturtreff
  • 10. Juli 2021, 10 bis 18 Uhr, Biografie-Kunstworkshop (Teil 1), ebenda
  • 17. Juli 2021, 10 bis 18 Uhr Biografie-Kunstworkshop (Teil 2)
  • Link zum Projekt

Moving Borders: Das Kunstprojekt findet im Juli auf der Fähre statt

eingestellt am 05.06.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die Fähre in Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Das internationale Kunstprojekt “Moving Borders” setzt sich mit dem Thema Grenzen auseinander. Es sollte eigentlich an diesem Wochenende stattfinden – auf der Fähre “Johanna” und am Fähranleger Neustadt. Es wurde aufgrund von Corona in den Juli verlegt. Koordinatorin Paula Oevermann erläuterte der Stadtteilredaktion das Programm. 

Die Elbe trennt die Stadt – und verbindet sich gleichermaßen. Ein treues Vehikel, das zwischen den Stadtteilen vermittelt, ist die Fähre zwischen Johannstadt und Neustadt. Sie soll im Juli zur Bühne werden: Für Performances von je 2,5 Minuten Länge.

Eine Arche in sieben Städten

Ausgedacht haben sich das die Künstler*innen des Kollektivs “Quarantine” aus Großbritannien. Die Truppe wurde für die Gestaltung des Gesamtkonzept ausgewählt. “Die hießen aber schon vorher so”, sagt Paula Oevermann, die das Kunstprojekt “Moving Borders” am Spielhaus Hellerau koordiniert. “Quarantine” ersannen gemeinsam mit den Künstler*innen Katja Heise und Mustafa Hasan das Thema “Arche”. Außer Dresden sind Kulturstätten in Mühlheim, Ütrecht, Porto, Warschau, Straßburg und Athen beteiligt. Eine Geschichte entsteht so über zwei Jahre an sieben unterschiedlichen Orten in Europa.

Sieben auf einen Streich – und ganz verschieden. Auf die Idee kam man aus Gründen der Nachhaltigkeit: “Normalerweise wird eine Produktion an einem Ort ersonnen und geht dann mit der kompletten Ausrüstung auf die Reise”, erklärt Paula. Warum also nicht lieber das Thema auf den Weg schicken und die Gestaltung dem jeweiligen Ort überlassen?

“Eigentlich war der Plan, das Programm in regelmäßigem persönlichen Kontakt zu gestalten”, berichtet Paula. “Quarantine” wollte durch Europa reisen, um anzuleiten und Hilfestellungen zu geben. Dramaturgische und formale Beratungen konnten aufgrund der Pandemie dann aber nur online durchgeführt werden. “Wir wollten trotzdem den ko-produktiven Charakter erhalten”, sagt Paula.

Geschichten aus der Johannstadt auf der Bühne

Die Dresdner “Arche” ist die Elbfähre. “Die Elbe ist ein Treffpunkt für alle Menschen”, erklärt die Koordinatorin. Deshalb wird auf der gepflasterten Fläche unweit des Fähranlegers auf der Neustädter Seite das Programm ausgerichtet. Im Vorfeld waren Künstler*innen mit einem umgebauten Lastenfahrrad in der Johannstadt unterwegs und haben Geschichten von Menschen gesammelt. Diese werden auf der Bühne von den Menschen selbst, oder einer*m Stellvertreter*in vorgetragen.

 

Das zur Fähre ausgebaute Lastenrad war zur Eröffnung des Wochenmarkts vor Anker am  Bönischplatz, um aufzusammeln, was die Johannstadt erzählt Foto: Anja Hilgert

 

Zudem wird es Comicstationen und eine Fahnenchoreografie geben. Das Programm setzt auf Beteiligung: “Alles ist zum Mitmachen gedacht. Wir sind auf die Teilnahme von Interessierten angewiesen.” Weitergabe und Austausch sind das Grundthema von “Moving Borders”.

Kunst zum Mitmachen

Es sei erstaunlich, die Parallelen zwischen den Menschen festzustellen, die mit der Wende einen Bruch ihrer Biografie erlebt haben und denen, die aufgrund von Krieg oder Not aus ihren Heimatländern fliehen mussten.

Die täglich verschiedenen künstlerischen Formate stellen Fragen: Was ist verschütt gegangen? Was ist wichtig? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? “Wir wollen Menschen zusammenbringen, die häufig im Alltag nichts miteinander zu tun haben”, sagt Paula Oevermann.

Moving Borders vom 9. bis 12. Juli

  • auf der Fähre & am Fähranleger Neustadt
  • Freitag: 18 bis 21 Uhr, mit einem Bühnen-Höhepunkt am Ende
  • Samstag: 15 bis 21 Uhr
  • Sonntag: 15 bis 21 Uhr
  • Montag: Kochen und Lagerfeuer mit dem Montagscafé von 17 bis 22 Uhr
  • alle Informationen auf www.moving-borders.de

Interkultureller Tag der StadtNatur: Spazieren durch Johannstadt

eingestellt am 02.06.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Die Wiesenflockenblume (Centaurea jacea) leuchtet noch spät im Jahr und setzt einen Akzent für den Schutz von Insekten aller Art, Hummeln, Schmetterlinge, Falter und Bienen, die in dieser Wiese eine Weide haben.  Foto: Anja Hilgert

Am Sonnabend und Sonntag feiert der BUND auch in Dresden den interkulturellen Tag der StadtNatur. Gemeinsam mit Wir sind Paten veranstaltet der Verein Willkommen in Johannstadt einen Spaziergang mit Natur-Kunst und Picknick – auch in Arabisch und Farsi. 

Stadt, das steht für viele Menschen, hohe Häuser, belebte Straßen, aktives Kulturleben, einkaufen und kurze Wege. Kurzum: Für Lebendigkeit und Vielfalt. Aber was wäre die Stadt ohne ihre Natur? Parks, Grünflächen, Wiesen, Wälder und Brachen bedeuten Erholung, Rückzugsort und Artenschutz. Niemand weiß das besser als die Johannstädter*innen, die mit den Elbwiesen ihre Oase direkt vor der Haustür genießen.

Ein Feiertag für die Natur in der Stadt

Der Tag der StadtNatur feiert mit vielen kleinen Einzelveranstaltungen im Stadtgebiet die wertvolle Flora und Fauna, die die Stadt grün und lebendig machen. In Dresden findet er seit 2015 statt. Er wurde nach dem Vorbild der Langen Nacht der Museen angelegt. Seinen Ursprung fand er 2007 in Berlin und entwickelt sich seitdem zusehends weiter. Workshops, Kräuterwanderungen, Vogelerkundungen: Die Palette der Veranstaltungen ist breit gefächert.

“Durch das Programm ‘RefLAct’ begegneten sich viele junge Menschen aus unterschiedlichen Kulturen indem sie sich gemeinsam für unsere Umwelt einsetzten. Wir hoffen, dass auch Familien beim Interkulturellen Tag der StadtNatur dabei sind, in denen nicht hauptsächlich deutsch gesprochen wird,” so Hannes Herrmann, Projektreferent beim BUND. Die Veranstaltung ist der Abschluss des Projekts “Refugees Lead Action”, bei dem interkulturelle Begegnung durch Umweltbildungsseminare ermöglicht wurde. Gefördert wurde es durch die Aktion Mensch und die GLS Treuhand.

Kulturelle Vielfalt in Dresden trifft also auf die Artenvielfalt der Dresdner Natur. “Wir freuen uns über die vielen Partner, die zum Programm beitragen,” so Herrmann.

Ein vielsprachiger Spaziergang

In Johannstadt veranstaltet der Verein Willkommen in Johannstadt gemeinsam mit Wir sind Paten am Sonnabend und Sonntag einen Familienspaziergang durch’s Viertel, bei dem aus Naturmaterialien ein Kunstwerk gestaltet wird. Zum Abschluss winkt ein gemeinsames Picknick. “Die Tour kann man mit Hilfe einer App auch alleine absolvieren”, erklärt Marie-Charlotte Lukas. “Sowohl die digitale als auch die geführte Tour werden auf Arabisch und Farsi angeboten. Samstag mit einer arabischen Dolmetscherin, Sonntag dann auf Farsi.”

Familien-Spaziergang zum Interkulturellen Tag der StadtNatur

  • am 5. und 6. Juni je von 11 bis 13 Uhr
  • Treffpunkt: Haltestelle Permoser Straße, vor der Post
    Mitzubringen: gute Laune, Kreativität, wetterfeste Kleidung & eine Kleinigkeit zum Essen
  • Link zur Veranstaltung mit allen Informationen
  • Zur Anmeldung

Birgit Kretzschmar: Reisevermittlung ins Reich der Fantasie

eingestellt am 15.12.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Birgit Kretzschmar mit Meister Joda und Mäxl. Foto: Philine Schlick

Von Traumreisen kann man derzeit nur träumen. Birgit Kretzschmar führt das Reisebüro “Art of Travel TMT” am Stephanienplatz und ist trotz Lockdown täglich in ihrem Büro. Sie stellt sich dem allgemeinen Stillstand mit Gedichten, Sinnsprüchen und kecken Weisheiten des Maskottchens Theo Retisch. Ihr Geschäft wird zum Atelier und ihr Schaufenster ist jede Reise wert.

“Was die Menschen brauchen”, sagt Birgit Kretzschmar, “ist Humor.” Sie sitzt an Ihrem Schreibtisch hinter der obligatorischen Plexiglasscheibe. Auf ihrem rechten Arm sitzt Mäxl, auf ihrer linken Schulter Meister Joda, ihre zwei Senegalpapageien, und unterhalten sich mit schief gelegtem Kopf. Um sie beim Herumturnen nicht zu stören, bewegt sich Birgit Kretzschmar in Zeitlupe, was ihren Gesten die bedächtige Würde einer Hohepriesterin verleiht.

Hintersinniges Rätsel im Schaufenster von Art of Travel TMT. Foto: Philine Schlick
Hintersinniges Rätsel im Schaufenster von Art of Travel TMT. Foto: Philine Schlick

Ein Schaufenster muntert auf

Die Reisekataloge in den Regalen ihres Büros sind seit März den Sinnsprüchen und Wortspielereien von Theo Retisch gewichen. Das ist eine vorwitzige Puppe aus geknotetem Packpapier, die mittlerweile ebenso zu “Art of Travel TMT Reisen” gehört wie die beiden Papageien und Birgit Kretzschmar selbst.

Theo Retisch schaut verschmitzt aus Regalen, von Postkarten und Platzdeckchen. Er kneift ein Auge zu und kommentiert: “Theoretisch ist der Kunde König. Praktisch wurde die Monarchie (hierzulande) abgeschafft!” Seit Reisevermittlung durch Corona nicht mehr möglich ist, hat sich Birgit Kretzschmar auf ihre kreative Ader verlegt.

Maskottchen Theo Retisch. Foto: Philine Schlick
Maskottchen Theo Retisch. Foto: Philine Schlick

Gedichte schrieb sie schon als Kind. “Aber die habe ich nicht aufgehoben …” Alljährlich zu Weihnachten legte sie ihren Stammkund*innen ein Poem mit ins Weihnachtsgeschenk. “Irgendwann war es so, dass die Leute richtig drauf warteten. Die klebten sie sich in Alben oder gaben sie an Verwandte weiter.” Aus dem Weihnachtsgedicht wurde ein Gedichtband. Es folgten bald Frühlings- und Sommereditionen.

“Dein Reisebüro lässt dich nicht im Regen stehen”, verkündet Theo Retisch im Schaufenster und es stimmt: Seine Schöpferin Birgit Kretzschmar sendet trotz geschlossenen Türen positive Signale in die Welt. Auf der Internetseite “Gedichtezauber” veröffentlicht sie gemeinsam mit Christel Hasse und Christian Lothar-Ludwig eigene Gedichte, bietet aber auch eine Plattform für Einsendungen. Besonders ältere Menschen nehmen die Möglichkeit zum kreativen Ausdruck gerne an, sagt Birgit Kretzschmar. Die rege Beteiligung spreche für das “Land der Dichter und Denker”.

Ein Kühlschrank ist auch nur ein Mensch

Ganz aktuell ist ihr Gedichtband “Poesie eines gestohlenen Jahres” im Selbstverlag erschienen, der entgegen ihrer Erwartungen besonders in der höherpreisigen Variante in Farbe gekauft wird. Für die Fotos aus ihrem 150-Seiten starken Bildband über eine Wanderung in der herbstlichen Sächsischen Schweiz gibt es bereits Interesse an einer gemeinsamen Ausstellung mit Aquarell-Künstler Waldemar Neubert, der derzeit im DRK-Begegnungstreff “Johann” ausstellt.

Birgit Kretzschmar im Dialog mit ihrem Papagei. Foto: Philine Schlick
Birgit Kretzschmar im Dialog mit ihrem Papagei. Foto: Philine Schlick

“Ich habe auch schon die Idee für zwei Romane”, sagt Birgit Kretzschmar. Aber nicht immer wollen Schreibfluss und Muse so, wie sie gern möchte. Fertig gedruckt im Regal dagegen steht ihre Sammlung von Kurzgeschichten “Ein Kühlschrank ist auch nur ein Mensch”.

“Ich habe mir überlegt, was wohl wäre, wenn alle unsere Haushalts-Gegenstände reden könnten.” Die animistischen Fantasiegeschichten hat sie ebenso zu Papier gebracht wie das Märchen von der kleinen Tanne, die unbedingt Weihnachtsbaum werden will und es sich dann doch anders überlegt.

“Ich bin jetzt da!”

“Das mit Corona wird noch eine Weile gehen”, ist Birgit Kretzschmar überzeugt. “Solange mache ich mein Hobby zum Beruf.” Und so wird aus dem Reisebüro peu á peu eine Mischung aus Schreibstube und Galerie. “Es ist mein eigener Laden. Ich genieße es, ihn zu gestalten, wie ich möchte.” Auch die zwei großen Volieren von Meister Joda und Mäxl finden darin Platz. Ein wenig wirkt das Büro auf diese Weise selbst wie ein Urlaubsort.

In der Tourismusbranche zu arbeiten war schon immer ein Traum, dessen Auslebung Birgit Kretzschmar in der DDR nur begrenzt möglich war. Es war zu Beginn der 90er Jahre, als sie in Familie eine Busreise nach Paris unternahm und mit der Reisebegleiterin ins Gespräch kam. Die meinte: “Wir wollen bald eine Filiale in Dresden aufmachen. Kommen Sie nächste Woche zum Fresswürfel, dort steht ein Verkaufswagen.”

Reisen um den Globus und literarische Auflüge. Foto: Philine Schlick
Reisen um den Globus und literarische Auflüge. Foto: Philine Schlick

Birgit Kretzschmar packte die Gelegenheit beim Schopf. Sie fand den Wagen und stellte sich mit den Worten vor: “Sie können aufhören zu suchen. Ich bin jetzt da!” Ihr Selbstbewusstsein zahlte sich aus. So war bald sie es, die aus dem Wagen heraus als Selbstständige Reisen vermittelte. “Da war noch nichts mit Internet und Telefon. Das ging alles über Karteikarten!”

Kreative Exkurse vom Gedicht bis zum Hörbuch

Doch als sie eines Tages aus ihrem Urlaub in Monte Carlo kam und ihren Wagen aufschließen wollte, war dieser nicht mehr da. “Jemand hatte ihn zu Himmelfahrt angezündet”, so Birgit Kretzschmar. Ihr erstes eigenes Reisebüro eröffnete sie anschließend in der Webergasse. Dort musste sie der Altmarktgalerie weichen, bezog zwischen 1997 und 2002 ein Quartier am Fetscherplatz und landete schließlich am Stephanienplatz. Sie blickt auf 30 Jahre Berufserfahrung zurück.

Die Reisekataloge 2020 werden von Meister Joda fachmännisch zerlegt. Foto: Philine Schlick
Die Reisekataloge 2020 werden von Meister Joda fachmännisch zerlegt. Foto: Philine Schlick

Inzwischen kommen die Enkel ihrer Stammkundschaft zu ihr, um Reisen zu buchen. Die Digitalisierung sei deutlich zu spüren, berichtet Birgit Kretzschmar. “Ein klassischer Laden zieht nicht mehr”. Also geht sie mit der Zeit und macht ihre Schaufenster anderweitig sehenswert. Auch in ihrem künstlerischen Schaffen probiert sie sich in neuen Techniken aus – interaktive Hörspiele zum Beispiel, auch wenn ihr die artifiziellen Stimmen nicht umfassend gefallen. Einer Einrichtung für Menschen mit Handicap vermachte sie kürzlich ihre Podcast-Sammlung zur Freizeitgestaltung in der Krise.

Mit raschelndem Gefieder landet Meister Joda auf einem dicken Reisekatalog in einem Ständer. Eifrig schnipselt er die Kanten mit seinem Schnabel in Fetzen. Birgit Kretzschmar sieht in liebevoll an. “Den Papierberg kann ich dann versteigern. Alles selbst geschnabelt!”, scherzt sie. Als der Briefträger klopft, eilt sie schnell zur Tür. “Vielleicht ist es die Lieferung aus der Druckerei! Meine Kunden warten schon!”

Birgit Kretzschmar – Reisevermittlung und Kleinkunst

  • Dinglingerstraße 14, 01307 Dresden, am Stephanienplatz
  • www.reisebuero-tmt.de
  • www.gedichtezauber.de
  • Erreichbar auch auf Facebook unter Kunst des Reisens, AutorinBK, Theoretischistespraktisch
  • Alle Bücher gibt es bei Epubli oder unter Angabe der ISBN-Nummer im Buchhandel, T-Shirts von Theo Retisch gibt es bei Spreadshirt

Vorschläge für Kunst- und Förderpreise 2021 gesucht

eingestellt am 28.10.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Inspiration und Eingebung in der Johannstadt gesucht Foto: Anja Hilgert

Passend dazu, dass die Landschaft sämtlicher Freien Künste enorm unter Mitleidenschaft gezogen ist, wo Kontakt-,  Ausgangs- und Veranstaltungssperren das kulturelle Leben bis unters Daseinsminimum reduziert halten, ergeht jetzt der Aufruf vom Amt für Kultur und Denkmalschutz an die Dresdner Bevölkerung, mitzuwirken, hinzuweisen und publik zu machen, wo in der Stadt frische, helle, wache, engagierte Talente an Kunstschaffenden tätig und verborgen sind. Die Landeshauptstadt vergibt insgesamt drei dotierte Preise für Kunstschaffende, die in Dresden produktiv künstlerisch tätig sind und will wissen, wer gilt bei den Dresdnern und Dresdnerinnen als wirklich schöpferischer Kopf oder kreativ begabte Truppe? 

Dresdner*innen können Kulturschaffende empfehlen

Sei es Theater, Film, Tanz, Performance, Installation und Musikkonzert oder was die Bühne und das Ausstellungswesen lebendig hält – gesucht sind Hinweise auf Künstler und Künstlerinnen vor allem der Off-Szene, die sich in den Kreisen von Dresdner Bevölkerungsschichten einen Ruf und Namen erworben haben. Wen würdest Du vorschlagen für einen Kunstpreis oder Förderpreis der Landeshauptstadt? Wer hat es endlich oder längst verdient, gewürdigt zu werden?

Mit dem Kunstpreis würdigt die Landeshauptstadt Dresden jährlich Kreative, Kulturschaffende oder Ensembles, die in der Landeshauptstadt einen Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit hatten oder haben, deren Werk von großer Bedeutung für die Stadt ist und überregionale Anerkennung findet. Bis zu zwei Förderpreise können an Dresdner Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffende oder Ensembles vergeben werden, die nach ihrer Persönlichkeit und ihren künstlerischen Leistungen eine herausragende Entwicklung erwarten lassen.

Jetzt gilt’s

Dresdnerinnen und Dresdner können bis Sonnabend, 31. Oktober 2020, Künstler*innen für den Kunstpreis und zwei Förderpreise der Landeshauptstadt Dresden für das Jahr 2021 vorschlagen.

Die Beigeordnete für Kultur und Tourismus Annekatrin Klepsch unterstützt das Forschen nach Mitbürgern und Mitbürgerinnen, die Kunst schaffen und mit ihren Werken künstlerisch in der Gesellschaft wirksam sind: „Ob Tanz, Literatur, Musik, Videoinstallation oder Fotografie, Dresden hat enormes kreatives Potenzial. Die Dresdnerinnen und Dresdner haben die Möglichkeit, Vorschläge für die einzelnen Preiskategorien einzureichen und dadurch den Fokus auf versteckte Diamanten in der Dresdner Kunst- und Kulturlandschaft zu lenken.“ 

Womöglich unter uns in der Johannstadt?!

Auch in der Johannstadt arbeiten Künstler*innen verschiedenster Genres in ihren  Werkräumen und Ateliers. Wer förderlich beitragen mag, Menschen, die ihre Lebensaufgabe der Kunst widmen, zu honorieren, und zu fördern, dass sie auch in Zukunft ihrer Arbeit produktiv nachgehen können, hat noch bis Sonnabend 31.10 Zeit für Vorschläge.

Vorschläge können bis Sonnabend, 31. Oktober eingeschickt werden an:

  • per Post  :

Landeshauptstadt Dresden
Amt für Kultur und Denkmalschutz
Postfach 12 00 20
01001 Dresden 

  • per E-Mail  :
    skontos@dresden.de

Für die Vorschläge bitte unbedingt das Formblatt nutzen, das unter www.dresden.de/kunstpreis heruntergeladen werden kann. 

Eine Ausstellung öffnete den kurzen Blick in eine andere Welt

eingestellt am 09.07.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Kunterbunte Ausstellungsfläche für Bilder am Spielplatzzaun

Für kurze Zeit den Blick in eine andere Welt aufleuchten zu lassen, ist in einer Sonntagsausstellung einer kleinen Gruppe ganz junger Künstler*innen geglückt, die ihre Kunstwerke entlang eines Spielplatzzauns für die Öffentlichkeit in der Johannstadt ausstellten.

Temporäre Ausstellung des Malwettbewerbs “Deine Welt”

Die Bildwerke der Kinder – Zeichnungen und Malereien –  sind in der Zeit entstanden, als Schulen und Kindertageseinrichtungen ihre Türen geschlossen hatten aufgrund der Corona-Pandemie. Und immer noch ist der schulische Rahmen zeitlich eingegrenzt und nach Hygienevorschriften streng bemessen. Der Spielraum frei und unbefangen aktiv zeigen zu können, was sie beschäftigt, ist für Kinder klein.

In der brisanten Zeit im Frühjahr hatte das ESF-Projekt der Städtischen Bibliotheken Dresden „Kulturlots*innen – Brücken zwischen Kulturen“ die Initiative ergriffen und mit einem Malwettbewerb Kinder im Stadtteil aufgerufen, „ihre Welt“ zu malen. Das Team der vier Kulturlots*innen baut Brücken in kulturelle Beteiligung und soziale Interaktion auf englisch, arabisch, russisch und rumänisch. Begegnungen und gegenseitiges Kennenlernen der unterschiedlichen Johannstädter*innen werden gefördert und das nachbarschaftliche Zusammenleben gestärkt.

Der Malwettbewerb verstand sich als ein Angebot, Weite in die entstandene Enge zu bringen und auf Fragen zu antworten, die nach Begleitung verlangen und bestenfalls Momente von Orientierung zu stiften, wenn die Ausrichtung fehlt. Fast 30 Kinder sind dieser Einladung zum Malwettbewerb gefolgt.

Puppenspielerin Sonja Grußer mischt sich mit Kasperle unter die Künstler*innen der Ausstellung Foto: Christian Steinert

In einer Ausstellung wurden jetzt am Sonntag 5. Juli 2020 alle Einsendungen präsentiert. Für das Projekt war es ein Glücksfall, dass die Vonovia kooperierte, kurzerhand das Spielplatzgelände Florian-Geyer-Straße 48 zur Verfügung stellte und die Erlaubnis erteilte, dort eine Ausstellung unter den besonderen Vorsichtsmaßnahmen durchzuführen.

Entlang des Spielplatzzauns war reichlich Ausstellungsfläche, dass die Kinder und ihre Eltern und Gäste die entstandenen Bilder vieler möglicher Welten bewundern konnten.
Die kleinen Künstler*innen erhielten ein Dankeschön in Form eines Buches und konnten eine Puppentheater-Aufführung mit Sonja Grußers Kasperle und seinen Puppenfreunden genießen.

 

Weiterführende Informationen

  • Rückfragen beantworten die Veranstalter per E-Mail unter kulturlotsen.johannstadt@gmail.com
  • Das Projekt Kulturlots*innen lädt für Sonntag, den 2. August 2020 von 10 und 12 Uhr in den Garten des Johannstädter Kulturtreffs, Elisenstraße 35 zu einem „Familientreffen“ ein mit Spaß und Spiel, Überraschungen und Aktivitäten für die ganze Familie. Anmeldung ist nicht notwendig.

Die Irdene – Die Keramik-Künstlerin Sigrid H.-Artes

eingestellt am 21.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Sigrid Claude Hilpert-Artes arbeitet und lebt in der Dresdner Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Die Künstlerin Sigrid Claude Hilpert-Artes erlernte Zeichnen und Malen schon früh von ihrer gleichnamigen Mutter. Sie blieb dem Pinsel treu, allerdings auf Keramik. Künstlerisch betrachtet einer Mischform aus Bildhauerei und Malerei. Ein Atelier-Gespräch.

Noch bevor mir das Schaufenster des Ateliers von Sigrid H.-Artes ins Auge fiel, tat es der Hinterkopf der Künstlerin vor einigen Jahren. Die Brille auf der Nase, das Haar korallig-rot, saß Frau H.-Artes nicht selten noch zur nachtschlafenen Stunde unter weißem Licht an einem Arbeitstisch, betätigte sich an etwas, das offensichtlich höchste Konzentration erforderte und inspirierte mich dazu, mich auch noch an den Schreibtisch zu setzen.

Sigrid H.-Artes trägt denselben Namen wie ihre Mutter, die – bekannt als Dresdner Malerin – im Jahr 2016 verstarb. Foto: Philine Schlick

Sigrid H.-Artes “vor die Linse zu bekommen” brauchte Zeit, denn sie führt derzeit ein teilnomadisches Leben. Der Grund ist ein erfreulicher: Die Liebe. Indem sie ihr Weg wieder nach Brandenburg führt, schließt er einen Kreis. Denn hier verbrachte Sigrid C. Artes nach dem Studium an der Burg Giebichenstein ein Dutzend Jahre ihres (Künstler-)Lebens und trifft wieder auf die Künstler Ursula Zänker und Karl Fulle, mit denen sie zusammen lebte und arbeitete.

Sigrid H.-Artes wohnt und arbeitet in der Blumenstraße in der Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Wir sitzen bei einer großen Kanne süßem Schwarztee mit Milch im Atelier. Sigrid H.-Artes zieht an einer Zigarette. Das Koralllenrot der Haare ist Silberfuchsweiß gewichen – es leuchtet aber noch auf Lippen und Wangen.

Herrscherinnen, weise Frauen, Tänzerinnen? Die Identität der mythischen Geschöpfe zu erkennen, bleibt jedem selbst überlassen. Foto: Philine Schlick

Eine gewisse Ähnlichkeit mit den von ihr geschaffenen Nixen, Göttinnen und Sphinxen ist nicht zu übersehen. Prächtig, prunkvoll, üppig an Farbigkeit und Details sind die Werke der Künstlerin. Echte Erbstücke.

Fayence heißt die Technik, nach der Sigrid H.-Artes ihre Gefäße und Figuren gestaltet. Sie wurde schon immer genutzt, um chinesische Porzellanmalerei zu imitieren. Dazu werden die Stücke nach dem ersten, dem Schrühbrand, in eine weiße Glasur aus Zinnoxid getaucht. Er wird später beim zweiten Brand schmelzen, die Oberfläche versiegeln und die aufgetragenen Oxid-Farben zum Leuchten bringen.

Malen wie auf Löschpapier

Die Farben werden aus Farbkörpern angerührt und nach dem Glasurbad aufgetragen. Das geschieht mit einem speziellen Pinsel, aus dem einige Borsten – ähnlich einem Zeigefinger aus der Faust –  weiter hervorstehen. So speichert der Pinsel genug Wasser, gibt aber wie bei einer Feder nicht zu viel Flüssigkeit auf einmal ab.

“Ich male wie auf Löschpapier”, beschreibt es Sigrid H.-Artes. Jeder Strich muss sitzen. Sonst sickert die Farbe in die saugfähige, trocknete Glasur und diese müsste nach einem Fehler komplett abgetragen werden. Je nach Objekt nimmt die aufwendige Bemalung bis zu einen kompletten Tag in Anspruch. Dann folgt der zweite Brand. “Ich bin immer noch jedes Mal aufgeregt”, sagt Sigrid C. Artes.

Ein fertig bemalter und gebrannter Deckel auf noch einer geschrühten Urne. Foto: Philine Schlick

Für die Keramik entschied sich Sigrid C. Artes auf den Rat ihrer Mutter hin. Als Malerin hatte sie stets um ihr Fortkommen zu kämpfen. Sie riet der Tochter, Kunst und Handwerk zu kombinieren.

C als Unterscheidungsmerkmal

Geboren im Thüringischen Melkers, absolvierte Sigrid H.-Artes ihr Abitur in Dresden. Mit Malen und Zeichnen beschäftigte sie sich von Kindheit an, angeregt durch ihre Mutter und befreundete Künstler*innen.

Aus übergroßer Liebe zu ihrer Mutter, erzählt sie, ließ ihr Vater kurz nach der Entbindung für sie ebenfalls den Namen “Sigrid” eintragen. Ihre Mutter war darüber empört, aber ändern ließ es sich nicht mehr. Deshalb gab ihr ihre Mutter den zusätzlichen Namen “Claude”. “Es entzog sich der Kenntnis meiner Mutter, dass es sich um einen männlichen französischen Vornamen handelt”, sagt Sigrid H.-Artes lächelnd. Das “C” wurde in der Konversation zum nützlichen Unterscheidungsmerkmal.

“Das sind Erbstücke”, sagt Sigrid C. Artes über ihre Kunst. Foto: Philine Schlick

An der Burg Giebichenstein übertrug Sigrid C. Artes ihr zeichnerisches Können auf das irdene Material. In einem Zusatzstudium widmete sie sich anschließend der Bildhauerei. “Wir bauten lebensgroße Figuren auf”, berichtet sie. Die erlernten Fähigkeiten kommen ihr beim Aufbau ihrer Figuren bis heute zugute.

Kunst in der Roßschlächterei

“Natürlich wollten viele Studenten nach dem Studium an der Burg in Halle bleiben”, erinnert sich Sigrid H.-Artes. “Hier war der Lebensmittelpunkt, Freunde und Kontakte.” Aus Wohnungsmangel war das schlicht nicht möglich und die Künstler*innen wurden ersucht, sich ein Plätzchen über Land zu suchen. Im Kollektiv wurden Sigrid Artes, Ursula Zänker und Karl Fulle in Neuruppin fündig.

In einer ehemaligen Roßschlächterei wurde das Atelier eingerichtet. Über zwölf Jahre arbeitete und lebte das Trio gemeinsam. “So eine Zeit schafften nicht alle”, sagt Sigrid H.-Artes. Für die friedliche Koexistenz brauchte es “das ein oder andere freundliche Gespräch”, aber es gelang. Und das fruchtbar. Es wäre wohl weiter gegangen, wäre die Wende nicht gekommen.

Wenden und Enden

Mit der Wende wollte sich die Gemeinde das sanierungsbedürftige Gebäude, in dem sich die Werkstatt befand, entledigen und legte dem Trio den Kauf nahe. Nach langem Zaudern wurde dafür privates Geld zusammen gekratzt. “Wir hatten keinen Pfennig mehr”, entsinnt sich Sigrid H.-Artes. Das Haus war gekauft – da stand der rechtmäßige Besitzer plötzlich vor der Tür. Sigrid H.-Artes: “Er sagte: ‘Ihr habt ohnehin keine Chance, weil ihr nicht im Grundbuch steht.'” So wurde der Kauf rückabgewickelt.

Zeichnung der Mutter Sigrid Artes. Ihre Tochter verwaltet deren umfangreichen Nachlass. Foto: Philine Schlick

Das Kollektiv wurde auseinander gerissen. Jeder suchte sein Obdach woanders. Ursula Zänker baute sich ein Wochenendgrundstück aus, Karl zog Fulle zu einem Freund. Sigrid H.-Artes zu ihrer Mutter nach Dresden zurück. Diese war beteiligt an den Rekonstruktionsarbeiten in der zerstörten Stadt, auch in der Sempergalerie Alte Meister. Damals, so Sigrid Artes, beteiligten sich zahlreiche Künstler*innen in diesem Bereich. Hilfe war nötig und eine eigene Ausbildung für die rekonstruktiven Arbeiten nicht erforderlich.

Sigrid H.-Artes bekam schnell eigene Aufträge. Sie restaurierte unter anderem in der Therese-Malten-Villa, dem Dinglinger Schloss, Ballhaus Watzke und Pfund’s Molkerei. Sie schloss sich mit einem Restaurator zusammen. Für zehn Jahre lebte und arbeiten beide gemeinsam in Loschwitz. Dann folgte eine private Wende, die Sigrid Artes in die Johannstadt führte.

Der Rythmus der Erde

Sigrid H.-Artes verlagerte sich wieder auf das eigene Schaffen mit Ton. An der Blumenstraße fand sie einen dafür geeigneten Raum, den sie allerdings mit aufwendigen Umbauten nutzbar machen musste. “Hier sollte eigentlich eine Bäckerei aus Pirna einziehen”, erzählt sie. Atelier und die heutigen Wohnräume dahinter waren eine große Fläche. Sigrid H.-Artes zog mit der Hilfe von Freunden Wände hoch und richtete sich ein.

Auf die saugfähige Glasurschicht werden haarfeine Linien aufgetragen. Nach dem Brand leuchten die Oxid-Farben. Foto: Philine Schlick

Im vorderen “Ladenteil” der Werkstatt stehen wie Fabelwesen ihre Keramiken dicht an dicht. Hier können im Winter Minustemperaturen herrschen. Im Sommer dient der Raum gelegentlich als Gästezimmer. Über allem liegt eine feine Schicht aus Erd-Staub. Im Ton kommen alle Elemente zusammen: Erde, Wasser, Luft, Feuer. Die Arbeit geht auf die Knochen: Das Sitzen an der Drehscheibe, die gebeugte Haltung beim hochkonzentrierten Bemalen.

Blick in den Laden an der Blumenstraße. Foto: Philine Schlick

Man müsste ja so viel mehr für den Körper machen, kommen wir im Gespräch überein. Aber die Regelmäßigkeit ist so eine Sache. Dazwischen funken stets die Arbeit und das Leben. Und so viele neue Dinge zum Ausprobieren. Oder eben die Liebe, die unerwartete Spagate erfordert.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.