Ausgangssperre bis einschließlich 4. April – Hilfsangebote in der Krisenlage

eingestellt am 22.03.2020 von Philine Schlick

Die Stadt Dresden bittet in der aktuellen Lage um Verständnis und Zusammenhalt unter den Bürger*innen. Es ist essentiell, sich an die hygienischen Regeln zu halten, um Mitbürger*innen vor Infektionen zu schützen. Das Haus zu verlassen ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Dazu zählen (kurze) Gassirunden mit dem Hund, Gänge zu Arzt, Bank und Tankstelle, nötige Einkäufe, Familienzusammenführungen, Fahrten zur Arbeit und Sport im Freien (nur allein). Via Telefon werden Hilfsdienste und Vermittlungen besonders für ältere Menschen angeboten.

Fast 300 Anrufe gingen beim Bürgertelefon am vergangenen Sonnabend bis zum späten Nachmittag ein. Und nicht nur dort. Seit gestern Abend beantwortete das Facebook-Team über 3000 Anfragen per Post und Messenger. Die Bürger fragen neben medizinischen Belangen nach konkreter Umsetzung der aktuellen Allgemeinverfügung.

So haben die Mitarbeiter*innen zahlreiche Umzüge gerettet, die ein oder andere Trauung ermöglicht, Fernbeziehungen geregelt und hoffentlich neue Grüppchen unterbunden.  Und auch um die Nachbarschaftshilfe geht es immer wieder. Ausdrücklich ist es gewünscht zu helfen, wo es geht. Wichtig dabei: halten Sie den Abstand und die hygienischen Regeln ein.

Hilfen für ältere Menschen

Während der aktuellen Einschränkungen, die durch das Corona-Virus eingetreten sind, soll „Nachbarschaftshilfe für Dresden“ eine Schnittstelle zur Vermittlung von Bedarf für ältere Menschen sowie von Hilfsangeboten von Unterstützern sein.

Nicht alle älteren Menschen in der Stadt verfügen über ein gut funktionierendes Hilfenetzwerk aus Familie und Freunden beziehungsweise Bekannten in der Nachbarschaft. Aus diesem Grund sind viele ältere Mitmenschen auf die Unterstützung und Hilfe von fremden Menschen angewiesen. Es geht nunmehr darum, für Nachbarn und Menschen, die helfen möchten, Kontakte zu älteren Menschen, die Hilfe benötigen, zu vermitteln.

Seniorentelefon

Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann ruft die Bürgerinnen und Bürger auf: „Bitte scheuen Sie sich nicht, sowohl Hilfe zu geben als auch Unterstützung anzunehmen. Wir sind eine solidarische Gesellschaft!“ Hilfesuchende und freiwillige Helfer*innen werden über 4885322 oder gesundheitsamt-corona@dresden.de zueinander vermittelt. Ältere Menschen, die darüber hinaus Unterstützung im Alltag oder Beratung benötigen, wenden sich bitte an das Seniorentelefon unter 4884800.

Zutrittsverbote in Pflegeheimen

In den Wohn- und Pflegeeinrichtungen der städtischen Cultus gGmbH wurde unterdessen das Besuchsverbot zu einem Zutrittsverbot ausgeweitet. Der Zutritt wird nur noch Mitarbeitern und Versorgungsdienstleistern unter Beachtung besonderer Schutzmaßnahmen gewährt.

Angehörige werden um Verständnis gebeten, dass diese harte Maßnahme dem Schutz der Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen dient. Die Pflege- und Sozialberatung der Cultus gGmbH ist nur noch telefonisch sowie per E-Mail zu den üblichen Öffnungszeiten für Ratsuchende erreichbar:

Telefon: 3138555

Mail: service@cultus-dresden.de

Hilfe für besonders Bedürftige

Auch in diesen Zeiten gilt es in besonderer Weise, die Obdachlosen nicht aus dem Blick zu verlieren. Für den Fall einer Quarantäne in einem Übergangswohnheim wird eine enge Abstimmung zwischen Sozialamt und Gesundheitsamt erfolgen. Über alle weiteren notwendigen Maßnahmen zur Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner wird das Sozialamt gemeinsam mit dem Gesundheitsamt entscheiden.

Den Betreibern der Unterbringungseinrichtungen wurden Maßnahmen zur Prävention und zum Umgang beim Auftreten von Corona-Infektionen mitgeteilt. Auch die Heilsarmee hält ihre Essenausgabe und die Ausgabe von Bekleidung weiterhin aufrecht hält und versorgt auch Bürgerinnen und Bürger mit Hilfebedarf in deren Wohnungen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Maßnahmen der 101. Oberschule in der Corona-Krise – Infos auch in Arabisch

eingestellt am 21.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Dass die Schule geschlossen bleibt, heißt nicht, dass man nichts lernen kann. Foto: Juliana Dressel-Zagatowski

Dresden fährt seinen Betrieb in der Corona-Krise herunter. Kitas und Schulen bleiben geschlossen, um Ansteckungen zu vermeiden. Die 101. Oberschule stellt Unterrichtsaufgaben digital zur Verfügung. Schulleitung und Schulsozialarbeit sind per Telefon erreichbar.

Der Corona-Virus hat Dresden fest im Griff. Es gilt, mit möglichst wenig Menschen in Kontakt zu kommen, um eine Ausbreitung einzudämmen. Die Oberschule “Johannes Gutenberg” bleibt bis voraussichtlich 17. April geschlossen. Die Schulspeisung wird in dieser Zeit abgesagt. Die Schule stellt Aufgaben im Internet bereit.

Lernzeitaufgaben sind über die Homepage abrufbar. Unter der jeweiligen Klasse sind jede Woche neue Aufgaben eingestellt. Die Schulleitung ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr telefonisch unter der Nummer 440 39190 erreichbar.

Alle Lehrer*innen sind über Mailadressen erreichbar, veröffentlicht auf der Homepage unter der Rubrik „Unsere Lehrer“.

Die Schulsozialarbeit berät auch in der unterrichtsfreien Zeit zwischen 8.30 und 13.30 Uhr unter der Telefonnummer 4598271 oder über die E-Mail schuso101os@vsp-dresden.de.

Im Folgenden sind Informationen in arabischer Sprache als Bild eingefügt.

Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg
Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg
Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Die Irdene – Die Keramik-Künstlerin Sigrid H.-Artes

eingestellt am 21.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Sigrid Claude Hilpert-Artes arbeitet und lebt in der Dresdner Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Die Künstlerin Sigrid Claude Hilpert-Artes erlernte Zeichnen und Malen schon früh von ihrer gleichnamigen Mutter. Sie blieb dem Pinsel treu, allerdings auf Keramik. Künstlerisch betrachtet einer Mischform aus Bildhauerei und Malerei. Ein Atelier-Gespräch.

Noch bevor mir das Schaufenster des Ateliers von Sigrid H.-Artes ins Auge fiel, tat es der Hinterkopf der Künstlerin vor einigen Jahren. Die Brille auf der Nase, das Haar korallig-rot, saß Frau H.-Artes nicht selten noch zur nachtschlafenen Stunde unter weißem Licht an einem Arbeitstisch, betätigte sich an etwas, das offensichtlich höchste Konzentration erforderte und inspirierte mich dazu, mich auch noch an den Schreibtisch zu setzen.

Sigrid H.-Artes trägt denselben Namen wie ihre Mutter, die – bekannt als Dresdner Malerin – im Jahr 2016 verstarb. Foto: Philine Schlick

Sigrid H.-Artes “vor die Linse zu bekommen” brauchte Zeit, denn sie führt derzeit ein teilnomadisches Leben. Der Grund ist ein erfreulicher: Die Liebe. Indem sie ihr Weg wieder nach Brandenburg führt, schließt er einen Kreis. Denn hier verbrachte Sigrid C. Artes nach dem Studium an der Burg Giebichenstein ein Dutzend Jahre ihres (Künstler-)Lebens und trifft wieder auf die Künstler Ursula Zänker und Karl Fulle, mit denen sie zusammen lebte und arbeitete.

Sigrid H.-Artes wohnt und arbeitet in der Blumenstraße in der Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Wir sitzen bei einer großen Kanne süßem Schwarztee mit Milch im Atelier. Sigrid H.-Artes zieht an einer Zigarette. Das Koralllenrot der Haare ist Silberfuchsweiß gewichen – es leuchtet aber noch auf Lippen und Wangen.

Herrscherinnen, weise Frauen, Tänzerinnen? Die Identität der mythischen Geschöpfe zu erkennen, bleibt jedem selbst überlassen. Foto: Philine Schlick

Eine gewisse Ähnlichkeit mit den von ihr geschaffenen Nixen, Göttinnen und Sphinxen ist nicht zu übersehen. Prächtig, prunkvoll, üppig an Farbigkeit und Details sind die Werke der Künstlerin. Echte Erbstücke.

Fayence heißt die Technik, nach der Sigrid H.-Artes ihre Gefäße und Figuren gestaltet. Sie wurde schon immer genutzt, um chinesische Porzellanmalerei zu imitieren. Dazu werden die Stücke nach dem ersten, dem Schrühbrand, in eine weiße Glasur aus Zinnoxid getaucht. Er wird später beim zweiten Brand schmelzen, die Oberfläche versiegeln und die aufgetragenen Oxid-Farben zum Leuchten bringen.

Malen wie auf Löschpapier

Die Farben werden aus Farbkörpern angerührt und nach dem Glasurbad aufgetragen. Das geschieht mit einem speziellen Pinsel, aus dem einige Borsten – ähnlich einem Zeigefinger aus der Faust –  weiter hervorstehen. So speichert der Pinsel genug Wasser, gibt aber wie bei einer Feder nicht zu viel Flüssigkeit auf einmal ab.

“Ich male wie auf Löschpapier”, beschreibt es Sigrid H.-Artes. Jeder Strich muss sitzen. Sonst sickert die Farbe in die saugfähige, trocknete Glasur und diese müsste nach einem Fehler komplett abgetragen werden. Je nach Objekt nimmt die aufwendige Bemalung bis zu einen kompletten Tag in Anspruch. Dann folgt der zweite Brand. “Ich bin immer noch jedes Mal aufgeregt”, sagt Sigrid C. Artes.

Ein fertig bemalter und gebrannter Deckel auf noch einer geschrühten Urne. Foto: Philine Schlick

Für die Keramik entschied sich Sigrid C. Artes auf den Rat ihrer Mutter hin. Als Malerin hatte sie stets um ihr Fortkommen zu kämpfen. Sie riet der Tochter, Kunst und Handwerk zu kombinieren.

C als Unterscheidungsmerkmal

Geboren im Thüringischen Melkers, absolvierte Sigrid H.-Artes ihr Abitur in Dresden. Mit Malen und Zeichnen beschäftigte sie sich von Kindheit an, angeregt durch ihre Mutter und befreundete Künstler*innen.

Aus übergroßer Liebe zu ihrer Mutter, erzählt sie, ließ ihr Vater kurz nach der Entbindung für sie ebenfalls den Namen “Sigrid” eintragen. Ihre Mutter war darüber empört, aber ändern ließ es sich nicht mehr. Deshalb gab ihr ihre Mutter den zusätzlichen Namen “Claude”. “Es entzog sich der Kenntnis meiner Mutter, dass es sich um einen männlichen französischen Vornamen handelt”, sagt Sigrid H.-Artes lächelnd. Das “C” wurde in der Konversation zum nützlichen Unterscheidungsmerkmal.

“Das sind Erbstücke”, sagt Sigrid C. Artes über ihre Kunst. Foto: Philine Schlick

An der Burg Giebichenstein übertrug Sigrid C. Artes ihr zeichnerisches Können auf das irdene Material. In einem Zusatzstudium widmete sie sich anschließend der Bildhauerei. “Wir bauten lebensgroße Figuren auf”, berichtet sie. Die erlernten Fähigkeiten kommen ihr beim Aufbau ihrer Figuren bis heute zugute.

Kunst in der Roßschlächterei

“Natürlich wollten viele Studenten nach dem Studium an der Burg in Halle bleiben”, erinnert sich Sigrid H.-Artes. “Hier war der Lebensmittelpunkt, Freunde und Kontakte.” Aus Wohnungsmangel war das schlicht nicht möglich und die Künstler*innen wurden ersucht, sich ein Plätzchen über Land zu suchen. Im Kollektiv wurden Sigrid Artes, Ursula Zänker und Karl Fulle in Neuruppin fündig.

In einer ehemaligen Roßschlächterei wurde das Atelier eingerichtet. Über zwölf Jahre arbeitete und lebte das Trio gemeinsam. “So eine Zeit schafften nicht alle”, sagt Sigrid H.-Artes. Für die friedliche Koexistenz brauchte es “das ein oder andere freundliche Gespräch”, aber es gelang. Und das fruchtbar. Es wäre wohl weiter gegangen, wäre die Wende nicht gekommen.

Wenden und Enden

Mit der Wende wollte sich die Gemeinde das sanierungsbedürftige Gebäude, in dem sich die Werkstatt befand, entledigen und legte dem Trio den Kauf nahe. Nach langem Zaudern wurde dafür privates Geld zusammen gekratzt. “Wir hatten keinen Pfennig mehr”, entsinnt sich Sigrid H.-Artes. Das Haus war gekauft – da stand der rechtmäßige Besitzer plötzlich vor der Tür. Sigrid H.-Artes: “Er sagte: ‘Ihr habt ohnehin keine Chance, weil ihr nicht im Grundbuch steht.'” So wurde der Kauf rückabgewickelt.

Zeichnung der Mutter Sigrid Artes. Ihre Tochter verwaltet deren umfangreichen Nachlass. Foto: Philine Schlick

Das Kollektiv wurde auseinander gerissen. Jeder suchte sein Obdach woanders. Ursula Zänker baute sich ein Wochenendgrundstück aus, Karl zog Fulle zu einem Freund. Sigrid H.-Artes zu ihrer Mutter nach Dresden zurück. Diese war beteiligt an den Rekonstruktionsarbeiten in der zerstörten Stadt, auch in der Sempergalerie Alte Meister. Damals, so Sigrid Artes, beteiligten sich zahlreiche Künstler*innen in diesem Bereich. Hilfe war nötig und eine eigene Ausbildung für die rekonstruktiven Arbeiten nicht erforderlich.

Sigrid H.-Artes bekam schnell eigene Aufträge. Sie restaurierte unter anderem in der Therese-Malten-Villa, dem Dinglinger Schloss, Ballhaus Watzke und Pfund’s Molkerei. Sie schloss sich mit einem Restaurator zusammen. Für zehn Jahre lebte und arbeiten beide gemeinsam in Loschwitz. Dann folgte eine private Wende, die Sigrid Artes in die Johannstadt führte.

Der Rythmus der Erde

Sigrid H.-Artes verlagerte sich wieder auf das eigene Schaffen mit Ton. An der Blumenstraße fand sie einen dafür geeigneten Raum, den sie allerdings mit aufwendigen Umbauten nutzbar machen musste. “Hier sollte eigentlich eine Bäckerei aus Pirna einziehen”, erzählt sie. Atelier und die heutigen Wohnräume dahinter waren eine große Fläche. Sigrid H.-Artes zog mit der Hilfe von Freunden Wände hoch und richtete sich ein.

Auf die saugfähige Glasurschicht werden haarfeine Linien aufgetragen. Nach dem Brand leuchten die Oxid-Farben. Foto: Philine Schlick

Im vorderen “Ladenteil” der Werkstatt stehen wie Fabelwesen ihre Keramiken dicht an dicht. Hier können im Winter Minustemperaturen herrschen. Im Sommer dient der Raum gelegentlich als Gästezimmer. Über allem liegt eine feine Schicht aus Erd-Staub. Im Ton kommen alle Elemente zusammen: Erde, Wasser, Luft, Feuer. Die Arbeit geht auf die Knochen: Das Sitzen an der Drehscheibe, die gebeugte Haltung beim hochkonzentrierten Bemalen.

Blick in den Laden an der Blumenstraße. Foto: Philine Schlick

Man müsste ja so viel mehr für den Körper machen, kommen wir im Gespräch überein. Aber die Regelmäßigkeit ist so eine Sache. Dazwischen funken stets die Arbeit und das Leben. Und so viele neue Dinge zum Ausprobieren. Oder eben die Liebe, die unerwartete Spagate erfordert.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Trost bei Urgroßmutter Weide – Ein Weidenlied

eingestellt am 14.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin: Die betagte Weide am Johannstädter Elbufer. Foto: Philine Schlick

Jeder Mensch hat in schwierigen Zeiten seine Trostpflaster. Etwas, das Hoffnungen wach kitzelt und genug Raum für Klagen bietet. Das kann ein Lied sein, ein Genussmittel, eine Person, ein Ort. Ich habe einen Baum. Er steht am Johannstädter Elbufer, ist eine Weide und zwischen 80 und 120 Jahren alt. Mit viel Glück bleiben uns noch zehn gemeinsame Jahre. 

Wenn alle anderen Bäume noch schlafen, kündet die Weide mit einer Ahnung von Grün vom Frühling. Foto: Philine Schlick

Wenn die Elbwiesen noch zerzaust und ausgeblichen daliegen, alle Baumkronen blattlos und monochrom braun sind, leuchtet oberhalb des Elbstrandes zwischen Bootshaus und Waldschlösschenbrücke ein ockergelber Fleck am Käthe-Kollwitz-Ufer. Das ist das Haar von Urgroßmutter Weide. Ihr Haupt kündet vor allen anderen vom Gelb der Osterglocken, vom klebrigen Puder der Kätzchen, von platzenden Knospen, vom neuen Frühling.

Die Weide hat so einige Vögel im Oberstübchen. Foto: Philine Schlick

Die Weide steht wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin. Je nach Perspektive ändert sie ihre Dramatik. Von Weitem aus betrachtet ist sie ein mächtiger, kraftstrotzender Baum. Bei näherer Betrachtung offenbart sie ihre Verletzlichkeit: Sie ist innen hohl. So leer, dass sich ein Mensch ganz hineinstellen kann. Die Energie, mit der sie ihre tausenden grünen Blättchen entfaltet, erscheint wie ein Wunder.

Die mächtige Weide ist innen hohl. Wenn niemand mehr zündelt, bringt sie es noch auf zehn Lebensjahre, schätzt das Umweltamt. Foto: Philine Schlick

Zweimal fühlten sich im vergangenen Jahr Menschen bemüßigt, in ihrem Kern Feuer zu entfachen. Seitdem ist ihr Inneres schwarz verkohlt und riecht nach Brand. Bäume, so haben Forscher*innen herausgefunden, senden bei Schmerz akustische Signale aus. Ich wünsche den Menschen, die einen lebenden Baum anzünden, einen nächtlichen Tinnitus mit diesen Schmerzensschreien.

Das Umweltamt sagt: Ohne Pflege bleiben der Hängeweide noch zehn Jahre – wenn sich wieder jemand an ihr vergreift, noch nicht einmal das. Mit einer regelmäßigen Sicherungspflege wären es zwanzig.

Blick durch die brüchige Borke in Richtung Elbe. Foto: Philine Schlick

Namen stehen in ihre Rinde geritzt, Beschimpfungen, Liebesbekundungen. Zerknüllte Verpackungen liegen in ihrem Schoß und Scherben. Abgeworfener Ballast. Die Weide steht und schweigt. Sie trotzt Sabrina, Xaver, Eberhard, Mortimer und wie sie alle heißen, die schneidenden Stürme, ihr bleibt ja nichts anderes übrig.

Sie steht in den Bruchstücken ihrer eigenen Borke und hält ihr Haupt den Meisen zugeneigt, die zwischen den Blattknospen Käferchen picken. Sie steht, als lausche sie dem Fluss. Als habe sie Sehnsucht nach anderen Orten. Der Wind spielt mit ihren Ästen wie mit seidigem Haar. Zu ihren Füßen knabbert der Biber nachstrebendes Holz. Das ihre ist zu morsch, zu trocken – sie bleibt verschont.

Die Hängeweide entstand 1815 in Frankreich – dieses Exemplar wurde gepflanzt oder aber angespült. Foto: Philine Schlick

Und sie hält auch meine Klagen noch aus, macht sie klein, steckt sie in die Tiefen ihrer Runzeln und Risse, schwitzt sie durch die Wurzeln. Ich muss lange sitzen, damit sie mich überhaupt bemerkt. Gemessen an ihren Jahren sind meine Minuten flüchtig, so wie meine Sorgen.

Die Weide lehrt mich etwas – ich kann nicht sagen, was. Eine Mischung aus Geduld, Ertragen, Widersetzen, Träumen. In zehn Jahren wird die Weide 90 sein, oder 100, möglicherweise auch 130 Jahre alt. Die Differenz ihrer geschätzten Jahre entspricht meiner derzeitigen Lebensdauer. Ich kann mich nicht in sie hineinver-, nur daneben setzen und staunen. Und meine Sorgen zu Käfern werden lassen, die die Meisen picken.

Schräg steht sie, doch sie steht: Die Weide am Johannstädter Ufer. Foto: Philine Schlick

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Coronavirus: Seit Freitag sind alle Veranstaltungen über 100 Personen anzumelden

eingestellt am 13.03.2020 von Philine Schlick

Dresden reagiert auf die steigende Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus. Es gilt, die Ausbreitung der Krankheit, die von der Weltgesundheitsorganisation als Pandemie eingestuft wurde, möglichst zu verlangsamen. In Dresden liegt die Zahl der Infizierten bei zwölf.

Gesundheitsamt informieren!

Um die Ausbreitung einzudämmen, sind Großveranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von über 1.000 Personen deshalb untersagt worden (siehe Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Dresden (PDF) und Erlass des Freistaates Sachsen vom 11. März 2020 (PDF)).

Bei einer Teilnehmerzahl von 100 bis maximal 1.000 Personen sind die Organisatoren dazu aufgerufen, die Veranstaltung unter der E-Mail: gesundheitsamt-verwaltung@dresden.de anzuzeigen.

Dazu sollte der Bogen zur Risikoeinschätzung für Veranstalter (PDF) genutzt werden. Zusätzlich ist eine Kurzbeschreibung der Veranstaltung und eine Aufzählung der angedachten Hygienemaßnahmen mindestens 72 Stunden vor Beginn einzureichen. Veranstaltungen, die bis einschließlich 15. März 2020 durchgeführt werden sollen, sind sofort zu melden.

Jede*r kann etwas tun

Um Neuinfektionen möglichst zu vermeiden, ist ein Sicherheitsabstand von etwa 1,5 Metern zwischen Personen zu beachten, um Kontakt mit Körpersekreten vorzubeugen. Berührungen wie Händeschütteln oder Wangenküsse sollten ebenso vermieden werden, wie das unreflektierte Anfassen von Klinken, Griffen, Lichtschaltern etc. in Räumen, die von zahlreichen Personen genutzt werden.

Risikoflächen sind auch Handydisplays und PC-Tastaturen. Wie US-amerikanische Forscher kürzlich herausfanden, hält sich das Virus auf Stahl und Kunststoff mit 72 Stunden länger als auf Materialien wie Holz und Pappe (24 Stunden).

Als effektivstes Mittel gegen die Ausbreitung hat sich bislang das regelmäßige, gründliche Waschen der Hände mit warmen Wasser und Seife erwiesen. Einfache Vorsichtsmaßnahmen dieser Art sollten auch aus Rücksichtnahme auf andere Personen mindestens ergriffen werden.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

“Frauentag – wann ist der denn?” – Auf Stimmenfang in der Johannstadt

eingestellt am 09.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Der internationale Frauentag ist am 8. März - es geht dabei nicht nur um Blumen ... Foto: Philine Schlick

Beitrag von Anja Hilgert und Philine Schlick

Am 8. März ist Frauentag. Wir wollten wissen, was Frauen im Stadtteil an diesem Tag bewegt, sind auf die Straße gegangen und haben an Knotenpunkten des Stadtviertels Passant*innen gefragt: Was machen Sie am Frauentag? Und: Was bedeutet Ihnen der Frauentag?

„Frauentag?“, sagt eine Gruppe Tagesmütter erstaunt. „Das hätte ich nicht gewusst. Wir würden den nicht begehen. Das ist anders beim Männertag, der ist etablierter. Aber der Frauentag geht an uns vorüber.“ Also heißt das allein für sich betrachtet ohne Wert, wenig auffällig, lautlos leise sogar, nicht wahrgenommen und nur der Logik nach existent, im Vergleich zum männlichen Namensvettertag? Auch eine junge Frau mit bunt geflochtenen Rastas muss gestehen: „Ich denke nicht darüber nach. Ich weiß nicht, was das ist.“

Kein schlechter Anfang, denken wir uns, nach über 100 Jahren Tradition des als Frauenkampftag in die Kalender eingegangenen Datums. Immer am 8.März ist das, alljährlich seit über einem Jahrhundert: Zum Internationalen Frauentag, auch Weltfrauentag, demonstrieren und zeigen sich Frauen über den ganzen Globus mit Veranstaltungen, Aktionen und Bündnissen für Frauenrechte, rufen Frauenorganisationen weltweit Missstände in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Frauentag an nur einem Tag im Jahr?

In seiner Bedingungslosigkeit, Überzeugungskraft und Wirksamkeit und damit in seiner Freude ist ein sich selbst frei setzender Wille zu selbstbestimmtem Leben unvergleichlich und nicht zu bremsen. Davon zeugen Frauenrechtlerinnen auf der ganzen Welt mit beispiellosem Einsatz.

Vielleicht können Menschen, die in den angeprangerten Strukturen feststecken und den angestammten Pol unbewegt lassen, davon wirklich nichts ahnen. Also sei mit Nachsicht betrachtet, wenn selbst junge 30jährige irritationslos an der Bewusstlosigkeit alter patriarchaler Muster festhalten.

Überraschend dennoch, dem an diesem Johannstädter Morgen live vor Ort zu begegnen. Ein junger Mann führt aus: „Frauentag – wann ist der denn? Wahrscheinlich gab es zuerst den Männertag und dann dachten die Frauen, das ist ja ungerecht, wir wollen auch einen Tag. Wenn sie sich mit Schnittblumen zufrieden geben … Zum Männertag betrinken sich alle gemeinsam – so ein kollektiver Rausch in der Natur ist schöner als Schnittblumen. Sie könnten ja ihren eigenen Tag gestalten. Schön raus mit Sekt und Selters und einem Cabrio. Männer sollten ausgeladen werden. Das gäbe ein selbstbewusstes Bild. Aber es bleibt den Frauen überlassen, sich das zu erkämpfen.“

Da stehen wir verblüfft auf der Straße.

Was denken Menschen in der Johannstadt über den Frauentage, haben wir uns gefragt. Foto: Philine Schlick

Der Blick in die Arbeitswelt genügt

Ein Blick in die heutige Arbeitswelt genügt, um sich zu überzeugen: Kennt sie hier keiner, die Forderung nach Chancengleichheit, gleichem Lohn für gleiche Arbeit, Anerkennung der Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten, nach besserer Bezahlung und mehr Personal in der Care-Arbeit und nach einem Ende von verletzenden Witzen, Kommentaren, Übergriffen, sexualisierter Unterdrückung und körperlicher Gewalt an Frauen und Mädchen?

Drei junge Frauen, die an der Hauswand stehen, vor der Arbeit noch eine zusammen rauchen, fragen wir auch. Eine, die für alle spricht, fasst schnell zusammen, was der Frauentag bedeutet für sie alle drei: „Bringing flowers, chocolate or going to a restaurant. With girlfriends or boyfriends. We celebrate our day together.“ Die anderen beiden nicken bekräftigend.

Wir wollten doch wissen, was ist lebendig unter Frauen, was kümmert Frauen, wofür stehen sie ein in der Johannstadt? Wissen Sie, was ihre Stimme zählt? Singen sie, schreien, rufen sie, melden sie sich zu Wort? Was sagen sie?

Eine Frau mit blitzenden Augen, die gerade die Straße überquert hat, ist direkt und gerade heraus entschlossen: „Frauentag ist schön! Aber die Frauen sollten jeden Tag Frauentag haben. Frauen haben so viel zu tun. So viele Schwierigkeiten…“

Ursprünge in der Arbeiter*innenschaft

Arbeiterinnen aus den USA hatten den Frauenkampftag ausgelöst, als sie wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken 1908 die Arbeit niederlegten und für Ihre Rechte eintraten. Dem Beispiel der amerikanischen Arbeiterinnen folgend, beschlossen dann zur zweiten sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen 98 Frauen aus 17 Nationen, sich zu solidarisieren und den Frauentag weltweit abzuhalten. Vor 100 Jahren bewegten Frauen die Öffentlichkeit, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte, um für die Einführung eines Frauenwahlrechtes zu kämpfen und die volle politische Mündigkeit von Frauen zu erwirken.

Von uns auf der Straße einfach angesprochen, wollten viele nicht mit uns sprechen oder wichen direkt aus. „Was wollen Sie? Ach nee- ich habe keine Zeit, ich muss weiter“, war die häufigste Antwort. Ernüchterung. Trostlosigkeit. Kein Durchkommen. Leer auf der Straße stehen, warten, einmal noch um die nächste Ecke gehen. Dann Unkenntnis, durchwachsene Antworten und alte Klischees. Kommt die öffentliche Diskussion an in der Johannstadt?

Frau und Ehre

Unter den Nazis war der Frauentag von 1933 bis 1945 verboten. Indem sie Frausein auf biologische Reproduktion und sorgende Mutterschaft verkürzten, schnitten sie den Frauen per Ideologie ihr Begehren nach freiheitlichen Rechten ab. Der Muttertag wurde über den Frauentag gestülpt. Die Umdeutung trägt bis heute Blüten: „Muttertag? Schöne Sache von der DDR ist das! Meine Frau kriegt eine Blume und einen dicken Schmatz!“

Bevor noch alles durcheinander gerät, fädeln wir weiter Stimmen auf und gelangen allmählich in ein einsichtiges Fahrwasser: „Mir bedeutet der Frauentag gar nichts. Ich habe keinen Mann, keine Kinder. Ich werde von niemandem gefeiert. Früher auf Arbeit war das anders, in den Betrieben.“ Eine junge Frau mit Kinderwagen steht kurz still, sagt dann: „Ich halte vom Frauentag nicht viel. Ich komme ursprünglich aus Tschechien, da war das sehr ans Regime gebunden. Das wird oft als etwas Altes weggeschoben. In Deutschland habe ich den Frauentag nicht thematisiert.“

Von wem wurde der Tag nun wie zum Thema gemacht? Eine Rentnerin, die als Witwe durch das Gehalt ihres Mannes mitversorgt ist, merkt an: „Ich feiere, aber nicht so wie früher. Die Kinder schenken mir manchmal was. Als Berufstätige wurde der Frauentag gefeiert. Das lag sicher an der ideologischen Prägung. Die Frauen haben es immer nötig, gefeiert zu werden. Eigentlich haben wir alles. Solange man gut abgesichert ist, ist man nicht in Not.“

Ohne Pfiffe nicht möglich

Da, endlich, kommen wir der Sache näher. Eine Frau stellt die Einkaufstasche ab, lässt sich etwas ruhiger ein, schaut, besinnt sich wie rückwärtig lächelnd und führt mit Leuchten auf dem fröhlichen Gesicht aus: „Frauentag! Ich bin ehemalige DDR-Bürgerin, da wurde das in den Betrieben groß gefeiert. Die Kinder haben in der Schule oder im Kindergarten was gebastelt und dann hieß es: ‚Mutti, wir gratulieren dir zum Frauentag!‘ Früher gab es in den Abteilungen Kaffee und Kuchen oder eine Veranstaltung im großen Speisesaal. Die Frauen haben sich zu DDR-Zeiten viel erkämpft und durchgesetzt.

Ich habe auch studiert. Ein Frauen-Sonderstudium. Ich bin Tiefbauingenieurin, Bereich Abwasser. Ich musste mir meine Anerkennung erkämpfen und musste als einzige Frau meinen Standpunkt in einer Gruppe von Männern verteidigen. Ein Gang über den Hof war ohne Pfiffe nicht möglich.

Es hat sich schon gelohnt zu kämpfen. Was mir wichtig ist, dass man selbstständig ist und eigenes Geld verdient. Ich habe eine Freundin aus Braunschweig, die durfte nicht arbeiten wegen ihrem Mann. Der sagte: ‚Ich werde ja wohl noch meine Familie ernähren dürfen.‘ Das muss man sich mal vorstellen.“

Frauenfeierstunde in der DDR

In der DDR wurden zum ‚Internationalen Kampf- und Ehrentag aller Frauen’ in aller Festlichkeit die Frauen als Leistungsträger der sozialistischen Gesellschaft gewürdigt. Ihnen wurden Fleiß, Tüchtigkeit und allseitiges Zupacken mit großen, lange vorbereiteten Feierlichkeiten in Festsälen, Festakten und an blumengeschmückten Festtafeln gedankt. Die Frauen wurden für diesen Tag in den Mittelpunkt der Gesellschaft gehoben und für besondere Verdienste vor allen Versammelten mit der Clara-Zetkin-Medaille ausgezeichnet.

Erinnerungen an Ehrung und Würdigung sind geblieben, doch nun liegt das weit zurück und zeitigt für den Frauentag, der hier ins Haus steht, gar keine Spuren?: „Mein Mann und ich feiern den Frauentag nicht, aber wir denken dran, da wir ja aus dem Osten sind. Früher wurde das ja staatlich gefeiert, jetzt ist das eher privat. Ich denke schon, dass Frauen früher mehr geehrt wurden. Es ist Nächstenliebe, Wärme, Nachbarschaftsliebe im Haus verloren gegangen. Man hofft, dass man da noch was erreichen kann. Man muss es den jungen Leuten weiter erzählen.“

Mit der Wiedervereinigung trugen Bedenken gegen die Übernahme des DDR-Feiertages zur Verschleppung der Bedeutung des Frauentags bei. Es dauerte bis 1994, bis der Weltfrauentag auch im vereinigten Deutschland wieder eine größere Aufmerksamkeit bekam.

Im Johannstädter Straßenbild erinnern offensichtlich nur die Blumengeschäfte an den Frauentag. Foto: Philine Schlick

Wir müssen wieder kämpfen

Es hilft, weiter auf der Suche und im Gespräch zu bleiben, kurz vor dem Konsum, als wir schon fast einpacken, äußert sich auf Nachfragen eine Frau mittleren Alters, mit heller sommersprossiger Haut doch noch ausführlicher: „Also, jetzt halte ich sehr viel vom Frauentag, weil man kämpfen muss. Wir haben ja gedacht, wir hätten das hinter uns. Aber dass das nun so ausschlägt mit fortlaufender Zeit … Da bin ich jetzt für den Frauentag. Zu sozialistischen Zeiten haben wir das überhaupt nicht ästimiert. Wir waren nicht so erzogen. Frauentag, Kommunismus, Sozialismus – waren wir nicht.

Jetzt müssen wir Frauen wieder kämpfen. Wir waren ja im Sozialismus weiter – da war das automatisch. Das schon. Aber mittlerweile … wenn man so grob über die Nachrichten guckt, ist das wieder ganz aktuell. Erst heute früh auf Deutschlandfunk: Frauenmorde in Südamerika … Finde ich schon erschreckend. Entweder man hat es früher nicht so gehört … Und auch die Rechten und was es so für Grüppchen gibt. Frauen, Kranke, Alte, Kinder – geht alles den Bach runter. Finde ich. Muss man kämpfen.“

In der Nachkriegs-Bundesrepublik lag der Frauentag in Vergessenheit. Erst mit den 68ern rief die Forderung nach Selbstbestimmung der Frauen über ihren Körper in der Debatte um §218 und das Recht auf Abtreibung den emanzipatorischen Charakter des Frauentags wieder wach.

Na klar zum Frauentag!

Seit 1977 gilt der 8. März durch die UN-Generalversammlung als „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ und verheißt die Rechte auf Würde und Gleichberechtigung der Frauen in aller Welt.

Der globale Ruf geht an Frauen, gegen alle Widerstände sich selbst zu behaupten und mit der feministischen Forderung nach Gleichbehandlung, Gleichberechtigung, Gleichstellung gesellschaftlich Friedensarbeit zu leisten. 2020 lautet das Thema der Vereinten Nationen zum Internationalen Frauentag “Each for Equal“, d.h. „Jede*r für Gleichberechtigung”.

Auf dem Nachhauseweg sehe ich vor mir eine Frau den Gehweg entlang laufen, die ein rotes Paket in der Hand trägt, eine Pralinenpackung und auch einen Bund Osterglocken dazu. An der Haustür, an der sie klingelt, hole ich sie ein und frage nur: „Ist das zum Frauentag?!“ Sie lacht zurück: „Ja, na klar, zum Frauentag!“

25. Elbwiesenreinigung feiert sauberes Jubiläum (Update 24.3.)

eingestellt am 06.03.2020 von Philine Schlick

 

Update: Die Elbwiesenreinigung wurde wegen des Corona-Virus abgesagt

 

Die Landeshauptstadt Dresden ruft am 4. April 2020 von 9 bis 12 Uhr zur traditionellen Elbwiesenreinigung auf. Dazu werden wieder zahlreiche Helferinnen und Helfer gesucht, die die Elbwiesen von liegengebliebenen Abfällen reinigen. An 14 Treffpunkten gibt es Abfallsäcke und Arbeitshandschuhe sowie einen Imbiss für alle Helfer*innen. In der Johannstadt trifft man sich am Sportplatz. Gruppen ab zehn Personen werden gebeten, sich beim Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft anzumelden. So können überall ausreichend Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt werden.

25. Jubiläum – jeder kann was tun

Da die Elbwiesenreinigung in diesem Jahr bereits zum 25. Mal stattfindet, wird es am Treffpunkt Albertbrücke/Rosengarten nahe des Bogenschützens eine Jubiläumsveranstaltung geben. Die Stadt sowie Partner der Elbwiesenreinigung bieten Wissen, Spiele und Unterhaltung für Groß und Klein zu den Themen Sauberkeit und Umweltschutz.

„Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es den Dresdnern wichtig ist, eine saubere Stadt mit intakter Umwelt zu haben. Daher möchten wir bei unserer Jubiläumsveranstaltung zeigen, wie jeder auch nach der Elbwiesenreinigung in seinem Alltag ein Stück dazu beitragen kann. Neugierig geworden? Dann kommen Sie vorbei!“, lädt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen ein.

Dresdner Frühlingsputz endet Ende März

Die Elbwiesenreinigung bildet den Abschluss des am 28. März startenden Dresdner Frühjahrsputzes „Sauber ist schöner!“, bei dem sich Ehrenamtliche gemeinsam für eine saubere Stadt einsetzen und ein Zeichen gegen das achtlose Liegenlassen von Müll setzen. Zahlreiche Partner, wie die Stadtentwässerung Dresden GmbH, die DAS Environmental Expert GmbH, die Stadtreinigung Dresden GmbH und die Stadtbezirksämter, unterstützen die Aktion.

Anmeldungen mit Angabe der Teilnehmeranzahl sowie des gewählten Treffpunktes unter:

elbwiesenreinigung@dresden.de oder am Abfalltelefon 0351 4889633

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Mitteilung der Landeshauptstadt Dresden: Infotelefon zum Corona-Virus

eingestellt am 03.03.2020 von Philine Schlick

Das Infotelefon des Gesundheitsamtes ist unter der Nummer 0351-4885322 von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr erreichbar. Unter der Telefonnummer sind Ansprechpartner zu erreichen, die Auskunft für Bürgerinnen und Bürger, Institutionen und Einrichtungen sowie für Fachleute zum Thema Corona-Virus geben oder weitervermitteln.

Momentan gibt es in Dresden keinen bestätigten Coronavirusfall. In Sachsen, im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist eine erste Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 aufgetreten. Die Kontaktpersonen werden durch das zuständige Gesundheitsamt ermittelt.

Inkubationszeit und Symptome

Die Inkubationszeit des Virus SARS-CoV-2 beträgt nach derzeitigem Stand bis zu 14 Tage. Der Nachweis über eine Ansteckung erfolgt durch einen Rachen- und Nasenabstrich. Die Ergebnisse des Tests liegen laut Sächsischem Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt nach drei bis fünf Stunden vor. Ein Test wird nur bei Personen durchgeführt, die nachweislich Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde oder die in einem vom RKI-definierten Risikogebiet waren und Symptome zeigen. Krankheitssymptome sind ähnlich einer Erkältung wie Frösteln und Halsschmerzen oder grippeähnlich wie Fieber, Husten, Atemprobleme sowie Kopfschmerzen.

Zuständigkeit des Gesundheitsamtes

Das Gesundheitsamt ist Ansprechpartner für Menschen, die sich in einem vom RKI definierten Risikogebiet aufgehalten haben und für Personen, die Kontakt zu einem Coronavirus-Erkrankten hatten. Bei Symptomen ohne Aufenthalt in einem Risikogebiet kann der Hausarzt kontaktiert werden. Vor einem Besuch sollte eine telefonische Anmeldung erfolgen. Dem Arzt ist es möglich, nach Abschluss der eigenen Diagnostik, einen Abstrich durchzuführen und im Labor untersuchen zu lassen.

Wie in der Grippesaison allgemein üblich, ist die Einhaltung der gängigen Hygieneregeln ein guter Ratgeber. Gründliches Händewaschen mit Seife von mindestens 20 Sekunden – für Kinder: zwei Mal „Happy Birthday“ singen – , das Unterlassen von Händeschütteln, das Husten in die Armbeuge, das Abstandhalten sowie häufiges Lüften.

Informationen sind auf der Seite des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, der Seite des Robert-Koch Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zusammengetragen.

Informationen:

www.dresden.de/gesundheit

www. sms.sachsen.de/coronavirus.html

www.rki.de

www.infektionsschutz.de/coronavirus.html

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Konzert in Hausschuhen – Die Hochhausmelodien verzücken mit Weitblick und Intimität

eingestellt am 03.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Begängnis in der "Platte". Die Hochhausmelodien lockten zahlreiche Besucher*innen. Foto: Philine Schlick

Der Andrang war groß bei den zweiten Hochhausmelodien des Kunsthaus Dresden im Mehrgeschosser Florian-Geyer-Straße 15. Kulturradio und Lokalzeitungen hatten sie fleißig beworben, die Hausbegehung der besonderen Art, und so pilgerten zahlreich Menschen zu Fahrstuhlmusik und Couch-Konzert. Zwischen den Inszenierungen fand sich so manche reale Begebenheit, die im Kontext skurril anmutete …

Die Organisation war eine logistische Meisterleistung. Foto: Philine Schlick

“Das fühlt sich an wie vierhundert”, sagt Frieder Zimmermann. Gemeinsam mit Caterina Other und Jessica Jäckel bildet er die Band Tworna, die gerade nach ihrem Auftritt im Wohnzimmer von Frau Thielemann im vierten Stock zwischen Wohnküche und Schrankwand ihren Applaus entgegennimmt. Tatsächlich brandet dieser ähnlich gewältig wie die Wogen unter dem Schiff auf dem Bild an der Wand. Etwa zehn Zuschauer*innen sind in große Filzlatschen geschlüpft und haben sich auf Sofas und Stühlen breit gemacht. Eine halbe Stunde lang durften sie lauschen, dann wartete schon die nächste Besatzung.

Die Bühne: Ein Wohnzimmer im vierten Stock. Foto: Philine Schlick

Lohnende Hürden

Bis zum ersten Konzert galt es für die Gäste, etliche Hürden zu nehmen: Anmeldung im Vorfeld für je nur eine Veranstaltung pro Person, rechtzeitige Abholung der reservierten Karten vor Ort (mit persönlicher Unterschrift!), Eintragung in die Warteliste bei weiteren Konzertwünschen. Dann das Warten auf den goldenen Gong und Abfahrt mit dem Fahrstuhl in die entsprechende Etage pünktlich zehn Minuten vor Konzertbeginn. Puh, geschafft! Der meisterhaften Logistik war es letztendlich zu verdanken, dass der “Sturm aufs Wohnheim” gesittet und reibungslos verlief.

Blick durch ein Guckloch in der verfinsterten Flurscheibe. So abwechslungsreich kann der Fußweg bis in den 15. Stock sein. Foto: Philine Schlick

Doch, Moment mal, warum dürfen diese zwei Herren hier eigentlich ohne Ticket vorbei? Ach so, ein Umzug. Höflich aneinander vorbei gedrängelt konnte sogar noch dieser inmitten des Ausnahmezustands gemeistert werden. Und dann war da noch die Dame, die im ungewöhnlichen Getümmel ihre Wohnung nicht wiederfand und bei ihrer Suche durch alle Stockwerke von allen Seiten eskortiert wurde …

“War das jetzt echt?”

Und der Ruf “Können Sie mal ein bisschen leiser machen im sechsten Stock!” – gehörte der jetzt zur Inszenierung oder war er echt? Vorsichtshalber auf leisesten Sohlen erklimmen wir den 15. Stock, um auf der Fahrt nach unten die angepriesene Fahrstuhlmusik zu genießen. Nur zwei Personen auf einmal sind erlaubt bei diesem intimen Konzert.

Tigernde Sängerin im installierten Flur. Foto: Philine Schlick

Die Geige von Emily Yabe fiedelt sich in höchste Höhen, aber die Fahrt geht abwärts – die Sinne geraten durcheinander. Die Fahrstuhl- wird zur Raumfahrt. Siehe da, ein Stück Himmel zittert auf dem Bauch der Violonistin. Die Musik steigert sich zu einem nervenzerfetzenden Crescendo – die Türen öffnen sich. Wie ertappt sitzt man da – im falschen Stockwerk. Die Türen schließen sich wieder und beim nächsten Halt ist die wohl kurzweiligste Fahrstuhlfahrt der Welt schon vorüber.

Das Café für Alle versorgte mit Getränken und Kuchen. Lecker Thai-Gemüse mit Reis gab es nebenan. Foto: Philine Schlick

Draußen vor dem Café für Alle ist das Gitarristen-Duo von verträumter Lounge- zu süffiger Blues-Musik übergegangen. Das mag mit dem rauer gewordenen Wind zusammenhängen. Die Musikusse spielen tapfer weiter. Auf dem Kuchenbuffet lockt schon wieder eine neue Kreation und “frischer Kaffee ist fertig!”

Im Hochhausflur gab es akustische und optische Abwechslungen. Foto: Philine Schlick

Die Wartezeit lässt sich angenehm vertreiben. Ein paar Meter weiter scheint sogar die Sonne. Blinzelnd und mit in den Nacken gelegtem Kopf klettert der Blick am Hochhaus hinauf, auf dessen Balkonen Menschen ins Land zeigen auf ihrer Pause von der Wanderung durch das Hochhaus.

Sie haben dieselbe Veranstaltung besucht und alle etwas anderes gesehen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

“Keine Angst, wir heißen nur so” – Der Copyshop Sauer

eingestellt am 03.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Siegrid und Bernd Sauer vor dem Copyshop, den sie als Chefin betreibt und er nunmehr als Angestellter unterstützt. Foto: Philine Schlick

Für das Presse-Rendezvous mit johannstadt.de haben Siegrid und Bernd Sauer die späte Mittagszeit gewählt –  in der Hoffnung auf eine ruhige Gesprächsminute. Dennoch muss die Chefin des Hauses öfter mal hochspringen und vorne im Laden nach dem Rechten sehen. Seit  vielen Jahren heißt es für die Sauers: Selbst&ständig. Und nach Feierabend ist noch lange nicht Feierabend.

Seit 44 Jahren sind die Diplom-Chemikerin Siegrid Sauer und der Diplom-Physiker Bernd Sauer ein Paar. Nicht nur privat, auch geschäftlich sind sie Partner. Er startete vor 22 Jahren seine Selbstständigkeit mit dem kleinen Foto-Geschäft auf der Arnoldstraße, das es seit 2019 nun nicht mehr gibt. Sie eröffnete 2006 den Call- und Copy-Shop an der Ecke Gutenberg-/Pfotenhauerstraße. Bewegte Zeiten liegen hinter den Lokalmatadoren.

Selbstständig per “Zufall”

Die Eröffnung des lange ansässigen Fotogeschäfts in der Netto-Passage beschreibt Bernd Sauer als glücklichen Zufall. Seine Frau Siegrid hatte “eine richtige Stelle”, wie sie es nennt, bei dem Fotopapierhersteller “Fotopapierwerk” und späterem Fotolabor Intercolor/Foto Porst inne, der zu DDR-Zeiten auf der Bärensteiner Straße ansässig war und nach der Wende und seiner Vergrößerung nach Klipphausen wechselte. Ein Arbeitskollege von ihr wollte sein Foto-Geschäft in der Johannstadt übergeben – Bernd Sauer schlug zu.

Blick auf das bekannte Eckgeschäft von Siegrid Sauer. Foto: Philine Schlick

Mitte der 90er, erzählt er, ging es los mit Preisdrückerei und Konkurrenz. Sein Geschäft wandelte sich insofern, als dass er Zeitungen und Zeitschriften mit ins Sortiment nahm. Zuvor hatte er als klassisches Fotogeschäft Kameras der Marke Praktica (“So viel Lokalpatriotismus darf sein”), Filme aller Marken und Bilderrahmen angeboten. Zu kämpfen hatte er schon damals, auch gegen die Angebote der Drogeriemärkte, die mit günstigen Services den Markt veränderten.

Wir sind keine Däumchendreher

Drei Jahre nach dem Millenium schloss die Firma, in der seine Frau gearbeitet hatte. Kodak kaufte das Unternehmen auf – und machte dann dicht. “So schafft man sich Konkurrenz vom Hals”, sagt Herr Sauer. “Im Januar 2003 hatten sie noch alle Maschinen modernisiert, im Februar waren die Türen zu.” Es stellte sich die Frage, was zu tun sein. Das Ersparte aufbrauchen und danach Sozialamt – oder etwas Neues wagen. “Wir sind keine, die ihre Hände in den Schoß legen und Däumchen drehen”, stand für beide fest.

Also suchte das Paar nach einem passenden Ladengeschäft, wurde mit dem Eckladen fündig und bezog 2006 die Räume des ehemaligen Solariums. Die Telefonkabinen im hinteren Ladenbereich erinnern noch an Zeiten, da Auslandsgespräche hier getätigt wurden. Sie dienen jetzt als Lager. Die zwölf Internetplätze haben sich halbiert, sind jedoch noch gut besucht. Die vorhandene Technik wie Kopierer, Drucker und Plotter werden bedarfsmäßig erweitert und angepasst.

Dreizehn Stunden täglich hinterm Tresen

“Das Klientel ist bunt gemischt”, sagt Siegrid Sauer über ihr Geschäft, in dem ihr Mann seit November 2019 als Angestellter mitwirkt. Das Fotogeschäft-Sortiment hatte er mit Tabak, Lotto und Post aufgestockt – den Garaus machte ihm schließlich die bescheidene Parksituation, wie Bernd Sauer erzählt. Alle Parkplätze vor dem Laden seien für Anwohner, Seniorenresidenz und medizinische Lieferungen reserviert gewesen. Trotz Bemühungen habe er kein Entgegenkommen erfahren, sagt er frustriert. Auch drei Einbrüche innerhalb eines Jahres machten ihm wirtschaftlich zu schaffen. Er sah sich gezwungen, das Geschäft Ende Oktober 2019 aufzugeben.

Der Copyshop hat mit zahlreichen Baustellen und dadurch bedingten Kundeneinbrüchen, Praktikant*innen und Azubis ebenfalls bewegte Zeiten hinter sich. Das Aufgabenfeld ist breit gefächert – die Wünsche der Kund*innen abwechslungsreich. “Der Hermes-Paketshop rettet uns öfter mal”, so Siegrid Sauer. Dreizehn Stunden steht sie täglich hinter dem Tresen. Zusätzlich gilt es, Papierkram und Einkäufe zu erledigen. Unterstützt werden sie seit gut zwei Jahren von ihrer Angestellten Frau Steinberg.

Von einer anderen langjährigen Kollegin musste man sich mit der Schließung des Fotogeschäfts trennen. Sie kam aber als Kinderbetreuerin gut in einer anderen Branche unter, berichtet Herr Sauer. Der Abschied sei nach den gemeinsamen Jahren für beide Seiten schwer gewesen.

Es ist kein leichtes Pflaster, sagt Siegrid Sauer. Was jedoch entlohnt, ist die Bekanntheit im Viertel und der freundliche Kontakt zur Kundschaft, räumt Bernd Sauer ein. Und die Flinte ins Korn werfen, das kommt nicht in Frage. Auch wenn natürlich am Horizont immer verheißungsvoll ein wohlverdienter Ruhestand winkt und die Öffnungszeiten eingekürzt wurden – die Sauers halten die Stellung als einziger Copyshop im Viertel. Schon klingelt wieder das Türglöckchen.

Call- Copyshop Sauer

  • Pfotenhauerstraße 43, 01307 Dresden
  • www.copy-sauer.de
  • Montag bis Freitag 9 bis 21 Uhr, Sonnabend 9 bis 18 Uhr

Ein Jahr Grundeinkommen. Das Märchen von Sterntaler – …. real erzählt in der Johannstadt

eingestellt am 02.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Ein bedingungsloses Grundeinkommen bietet neue Perspektiven. In der Johannstadt wohnt ein glücklicher Gewinner. Foto: Anja Hilgert

Gastbeitrag von Anja Hilgert

Eine durchs Gespräch gestriffene Mitteilung löst wie eine Zündschnur diesen Beitrag aus fürs Stadtteilmagazin: Da wird erzählt von einem, der – nur einen Straßenzug von meiner Wohnstatt – das Grundeinkommen gewonnen hat! Solch eine Konstellation des Zufalls im kleinen Carré der Nördlichen Johannstadt! Was tut einer, der 1000 Euro pro Monat frei Haus erhält?

Einer in der Dresdner Johannstadt zieht das Glückslos und erhält gemäß der Idee des bedingungslosen Grundeinkommmens zwölf Monate lang ohne Gegenleistung 1000 Euro auf sein Konto überwiesen. Auf der anderen Seite stehe ich, ein sogenanntes „Crowdhörnchen“, das wie derzeit 171.589 andere Bundesbürger*innen mit seinem Dauerauftrag aufs Grundeinkommen-Konto jenen Geldbetrag zusammensammelt, der frei vergeben werden kann.

Jedes Mal, wenn 12.000 Euro beieinander sind, erhält ein*e Teilnehmer*in per Los dieses Gemeinschafts-Geld. Ohne viel Aufhebens stellte dieses Glück sich direkt hier vor den Haustüren ein. Die Frage stellt sich: Welcher Johannstädter ist das? Wie lebt einer, der gewinnt? Ist ihm etwas anzusehen? Was macht er mit dem Geld? Oder – was macht das Geld mit ihm?

Plötzlich eine andere Perspektive: Ein Jahr Grundeinkommen in der Johannstadt. Foto: Anja Hilgert

Grundeinkommen – was ist das?

Bedingungsloses Grundeinkommen?! Das ist als Bürger*innen-Geld und somit grundlegend allen zugedacht. Zur Zeit wird es in Deutschland von einem Verein in die Tat umgesetzt. Ein Experiment, das bereits seit fünf Jahren stattfindet: Über die Vereinsadresse www.mein-grundeinkommen.de kommen jeden Monat durchschnittlich an die 150.000 Euro Spendengelder zusammen, also im Jahr zwölf mal zwölf Grundeinkommen, die verlost werden – eine Märchenglückszahl, ganz real.

Die Gewinner*innen können ein Jahr lang die Erfahrung machen, die eigene Existenz bedingungslos durch die Gemeinschaft abgesichert zu bekommen, minimal angesetzt mit 1.000 Euro monatlich. Mit anderen Worten: Kein Mensch soll sich sein Dasein erst durch seine Arbeit verdienen müssen. Die Lohnabhängigkeit wird mit dem Grundeinkommen außer Kraft gesetzt. Reich wird man nicht. Ob es genügt, alle Lebenshaltungskosten zu decken, ist sehr vom Lebensstil abhängig, doch vielleicht geht es im Ganzen weniger um die Summe Geld, als vielmehr um die Wirkung, die Geld ausübt, wenn das Leben daran hängt.

Testlauf aus der Mitte der Gesellschaft

2014 kam aus der Mitte der Gesellschaft das Bedürfnis, ausprobieren zu wollen was passiert, wenn menschliche Arbeitskraft bzw schöpferisches Potential nicht an Broterwerb gekoppelt wäre. Wozu wäre der Mensch dann fähig? Das zu untersuchen, wurde der Verein Mein Grundeinkommen e.V. gegründet: Was geschieht individuell und gesellschaftlich, wenn der Raum für selbstwirksames Tun frei gelassen wird?

… mit 1000 Euro frei Haus im Monat? Foto Anja Hilgert

 

Die Idee vom Menschsein wird anders betrachtet: Leben, als Geschenk begriffen, muss sich nicht erst rüsten und beweisen, um wertgeschätzt zu sein. Es kann in seiner Lebendigkeit einfach damit beginnen, die innewohnenden Kräfte zu erproben und Fähigkeiten zu entfalten. Mit bedingungslosem Grundeinkommen würde kein Mensch um sein Überleben kämpfen und für Zeitarbeit und Lohnauszahlung arbeiten müssen. 526 Grundeinkommen sind bislang vergeben worden. So oft schon wurde die Frage: „Was würdest du tun, wenn du plötzlich Grundeinkommen hättest?“ mit konkreter Erfahrung beantwortet.

Kritiker sind schnell zugegen, dem Ganzen den Hahn abzudrehen, witternd, dass bei so viel Freiheit schnell nur noch das weiche Sofa, faule Haut, Nichtstun und der dauernde Strand warteten. Möglicherweise – so die Ahnung bei dieser Märchengeschichte – , könnte die Begegnung mit dem unbekannten Gewinner im Quartier die Frage nach dem lebenslenkenden menschlichen Antrieb irgendwie unmittelbar und niedrigschwellig erhellen.

Was traut oder was mutet das Grundeinkommen seinen Gewinner*innen also zu? Es ist eine heikle Forschung. Ergründet wird das Feld von denen, die es betreten. Also dann… Versuchen wir’s mit dem ‚Reallabor’ hier im gemeinsamen bekannten und unbekannten Johannstädter Lebensumfeld.

Lukas* im Glück?

Als wir uns treffen, kenne ich Lukas* nicht. Es ist ein arrangiertes Treffen, über jemanden, der kennt einen, der mit Lukas befreundet ist. Lukas ist überrascht, aber gern bereit, sich Fragen stellen zu lassen und Auskunft zu geben. Etwas suspekt ist ihm der Bericht.

In jedem Fall will er anonym bleiben. Will nicht, dass mit ihm mehr verbunden wird als tatsächlich ist, will sein ganz normales Leben unbehelligt weiterleben, keine Vorstellungen einer Besonderheit. Dass er Grundeinkommen bezieht, braucht keine*r zu wissen, der ihn nicht kennt. Schließlich, so wird im Gespräch bald klar, ist das sein Experimentierraum. Das wiederum bestätigt unser Vorhaben, mit ihm Kontakt aufnehmen zu wollen, um indirekt Einblick zu erhalten, was da, in diesem Erfahrungsfreiraum passiert.

Mich treiben Fragen um. Wie ist das, wenn Du gewinnst? Ist es das große Los? Verändert es Dich, Dein Leben? Und ich frage mich auch, was bei mir ist? Enttäuschung? Neid? Lieber auch gewonnen zu haben? Kann ich es dem Anderen gönnen? Was würde denn ich tun mit den 1.000 Euro? Geht da auch etwas falsch zu machen?

Foto: Anja Hilgert

Lukas ist Plattenbewohner, 4.Etage eines typischen Johannstädter Wohnblocks, Zweiraumwohnung mit Balkon, Südseite, Sonne und Straße. Durchschnittliches Wohnen in der Nördlichen Johannstadt, trotzdem war es schwierig, den Betrag für die Kaution aufzubringen, die hinterlegt werden musste. Den Altersdurchschnitt sprengt er gewaltig, die meisten um ihn herum sind Rentner*innen.

Lukas ist Student, wohnt hier zusammen mit seiner Freundin, die die Abendschule macht. Vor drei Jahren sind sie in die Johannstadt gezogen, wegen der Mieten, die sind relativ günstiger.

Sein Leben war nicht immer so harmonisch wie jetzt. Der Start ins Studium nicht leicht, viele große Themen, drängende Fragen ans Leben, wenig Orientierung im breiten Spektrum. Eine Beziehung war auseinander gegangen, nach der Trennung ein Sohn geboren, es besteht kaum Kontakt. Lukas studiert Geschichte und Philosophie, auch wegen der Fragen. Anfangs war er noch ahnungslos, wo es hingehen soll.

Achterbahnfahrt Studium

Er ist neu an der Universität, jung in Dresden. Zunächst ist wichtig, wie man hier Freunde findet, Zugehörigkeit, einen Rhythmus und Struktur für die Tage. Und Tag für Tag für sein Auskommen sorgen – manchmal reicht es, manchmal haut gar nichts hin. Das Studium ist durch BaföG finanziert, zusätzlich mit verschiedenen Jobs. Studieren und Lernen kommen durch das Jobben in Bedrängnis, die Zeit wird knapp.

Klausuren, Abschlüsse, Prüfungen, die Kraft reicht nicht für alles. Existenzsorgen, Zukunftsängste mischen das Fahrwasser, Alkohol verschwemmt die Saat. Wie viele strudelt Lukas ohne Halt durch die offenen, anonymen akademischen Strukturen. Die Herkunft aus ländlichem Dresdner Umraum, aus schlichten Verhältnissen ist dabei wenig hilfreich, kollidiert.

Foto: Anja Hilgert

 

Lukas ist anspruchslos, das Holzfällerhemd hat er seit seiner Jugend, seine Klamotten kauft er Second Hand. Beim Essen ist er erfinderisch, die Wohnungsausstattung ist wohnlich improvisiert und das meiste irgendwie zusammengetragen. Von Grund auf eine nachhaltige Lebensweise. Viel braucht er nicht zum Leben. Den Kaffee in der Mensa knausert er sich ab, ernährt sich nach eigener Einschätzung insgesamt eher schlecht als recht. Er ist es nicht anders gewöhnt, musste immer schauen, finanziell über die Runden zu kommen, bemerkt Lukas.

Weil er arbeitet, klappt es nicht mit dem Studieren, er schafft das Pensum nicht in der vorgegebenen Zeit, das BaföG ist schließlich aufgebraucht. Also muss er weiter arbeiten, der Kreis wird enger, das Studienziel schwindet in vernebelte Ferne. Lukas zweifelt. Die gesamte Lage ist ziemlich im Keller.

Als die Fragen also um Einiges größer geworden sind, kommt genau zur richtigen Zeit wie er sagt, aus heiterem Himmel, diese Nachricht vom Gewinn des Grundeinkommens: Seine Freundin hatte die Verlosung wie jedes Mal mitverfolgt. Sie war schon Crowdhörnchen und durch sie war auch Lukas auf den Gedanken gekommen, bei der Spendenaktion zum bedingungslosen Grundeinkommen mitzumachen. Er hatte generell etwas spenden, irgendwo einen Teil leisten wollen und diese Sache konnte er gut vertreten. Gleichzeitig, fügt Lukas lapidar an, war er sofort sicher, dass er da nicht gewinnt bei so was.

Foto: Anja Hilgert

Plötzlich ist alles anders

Und dann kommt der glückliche Moment trotzdem, trifft mitten in sein Leben: Ein großartiger Moment sei das, da frage man sich, womit habe ich das Glück verdient?!

Damit gerechnet hat er nicht. Vor allem, wenn der Dauerauftrag einfach läuft, ein, zwei Jahre lang, da ist kein Gedanke, das Los zu ziehen. Glauben kann er es erst, als die Überweisung eingeht. Der erste Monat mit 1000 Euro bedingungslosem Grundeinkommen. Er bekommt sie und keiner verlangt etwas dafür, keiner fragt nach, es ist einfach nur da, das Geld.

Wer aus sparsamen Verhältnissen komme wie er, sagt Lukas mit dieser Klarheit im Blick, dem entstehe der Eindruck, alles sei jetzt möglich. Durch die Straßen ziehen, an Geschäften vorbei, im Laden stehen mit Geld in der Tasche. Und keiner sieht es Dir an. Immer ans Geld zu denken und zu rechnen, wenn Du Dir einen Kaffee unterwegs gönnst. Riskieren, dass es dann anderswo fehlt. Das kannte er schon, den Neid auf das Geld anderer, führt Lukas aus, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Er läuft weiter in alten Klamotten, aber er weiß, er könnte anders. Unangreifbar zu sein, so nennt er das, sich gleichwertig fühlen, weil am Ende das Geld da ist.

Ein 5er am Tag ist erst einmal nicht viel. Anfangs hat sich Lukas einiges geleistet, vor allem zwischendurch, das kleine Luxusgefühl, im Unterwegssein. Doch dass auch mit 2,50 Euro für den Kaffee das Geld so wegflutscht, nimmt dem Konsumieren bald seinen Reiz. Er erkennt die Wahlmöglichkeit für sich. Nein sagen können, die eigene Wahl treffen können, steigert den Selbstwert noch einmal mehr, behauptet Lukas und entscheidet sich, trotzdem sparsam zu leben – zugleich eigene Gefühle und Bedürfnisse besser zu steuern.

Er gibt das Geld nur für wenig Materielles aus, ein Paar gute Trekking-Wanderschuhe, die lange halten, für sich und seine Freundin, um noch lange gemeinsam unterwegs zu sein.

Grundsätzlich im Vertrauensüberschuss

Lukas überlegt. Dass ihm das Geld einfach so blanko überwiesen wird, fasst er als absoluten Vertrauensvorschuss auf. Es appelliert ans Verantwortungsgefühl: Das Geld gut einzusetzen – für sein Leben. Jetzt, wo Geld da ist, geht es endlich, an etwas Anderes denken zu können, sagt Lukas. Keine Sorge zu haben, dass es schlecht läuft auf Arbeit oder jemand etwas von ihm zurückfordert. Das Grundeinkommen ist wie ein Freistoß aus dem vielen Ärger, der ihn in seiner ganzen Mühlenhaftigkeit gedrückt hatte.

Hier ist wieder der Gedanke: Etwas zu machen aus dem Geschenk, sich für die Großzügigkeit, die er erfahren hat, revangieren wollen, selber einen Teil dazu beitragen zum Ganzen, das ist Lukas wichtig.

Und spendabel zu sein: Mit als Erstes besorgt Lukas Konzertkarten, das Stück zu 75 Euro, und lädt seine Familie ein zum gemeinsamen Abend. Alle haben für ihn gejubelt, als er zuhause von seinem Grundeinkommen-Gewinn erzählt. Für Lukas ist selbstverständlich, dass er nun auch für Andere was macht, denn jetzt ist ihm das endlich einmal möglich: Einem Freund das Startkapital leihen, das er braucht, 400 Euro auf die Hand.

Ungewöhnlich beschrittener Weg in der Johannstadt. Foto: Anja Hilgert

Lukas gibt die unverbindlichen Nebenjobs auf, konzentriert sich auf einen, der nötig bleibt und setzt ansonsten den Fokus voll aufs Studium.

Höhenflüge, Niederlagen und das ganz normale Leben

Fast: Dazwischen schiebt sich noch aus längerer, tieferer Verbindung ein Traum, der wieder auflebt: Als Musiker sein Geld zu verdienen. Lukas ist begabt, spielt aus Freude an Musik mehrere Instrumente. Jetzt merkt er, dass Möglichkeiten plötzlich wieder offenstehen, die schon als abgehakt galten. Er sieht die Chance, ergreift den Moment und nimmt professionellen Instrumentalunterricht. 3.000 Euro investiert er insgesamt in die Musikstunden, die ihn vorbereiten für die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule. Er riskiert seinen Traum, stellt sich vor, lässt sich bewerten und erhält glasklar eine deutliche Einschätzung: Es reicht nicht, genommen zu werden. Noch nicht.

Die Absage ist bitter. Für ein weiteres Jahr Vorbereitungen und Stunden reicht das Geld nicht und es besteht keine Garantie, dass es dann klappt. Dann wäre das Ganze womöglich verpulvert. War jetzt bereits diese Summe umsonst und herausgeworfenes Geld? Lukas gesteht sich ein, mit seinen Plänen scheitern zu können. Und es probiert zu haben. Was ihm bleibt ist die Fähigkeit, Musik nicht nur selbst zu machen, sondern an verschiedenen Instrumenten auch vermitteln zu können, vielleicht dann einmal in einem Jugendprojekt.

In diesem Jahr, in dem so viel aufs Lernen ankommt, kaufen er und seine Freundin mehr Bio- und Fair-Trade-Produkte, achten auf ihre Ernährung. Lukas leistet sich eine Jahreskarte im Sportverein.

Und er reißt das Ruder ins Fahrwasser des Studiums zurück, investiert das Geld, um in Ruhe, befreit von existentiellen Sorgen, zu Ende zu studieren, seine Bachelor-Arbeiten zu schreiben. Das ist die Zeit, als ich ihn treffe. Einen Termin auszumachen ist nur abends möglich, wenn er von seinem Tagespensum an der Uni nach Hause kommt.

Es läuft viel besser jetzt. Er ist fokussiert dabei, bringt seine Fragen und Betrachtungen ein, schreibt sehr gute Ergebnisse. Alkohol spielt keine Rolle mehr. Lukas wird klar, dass er gerade die Chance ergreift, in seine Bildung zu investieren. Er baut jetzt am Fundament, auf dem er dann, wenn seine Freundin auch fertig abgeschlossen hat, aufsatteln will, in einen weiteren neuen Anfang: Wegziehen aus Dresden, noch ein Lehramt-Studium dranhängen und mit allem Erlernten Lehrer werden.

Für die Zeit, die noch kommt, bewahrt er Rücklagen auf, spart vom Grundeinkommen einen Betrag, der Sicherheit gibt: Ein Monat nach Ablauf des Jahres liegen noch 3.000 Euro auf dem Konto. Für den Umzug, für die erste Zeit in der neuen Stadt, bis er dort einen Job gefunden haben wird.

Ein Jahr mit einer gewissen Dosis Glück

Es war ein Glücksfall. Das steht außer Frage. Absolut dankbar ist Lukas für dieses Los. Lukas hat, wie er sagt, nicht viel gemacht mit dem Geld, und doch hat sich viel verändert. Hat das Geld etwas für ihn gemacht? Er korrigiert, eigentlich habe sich nichts wirklich verändert, aber verbessert. Dass er finanziell entspannt sein konnte, hat sich positiv auf seine Beziehungen ausgewirkt, zu sich selbst, seiner Familie, seinen Freunden, seiner Freundin, für die er mehr Zeit hat. Er ist gelöster, traut sich einiges zu.

Das Limit des Grundeinkommens hatte eine wichtige Wirkung: Zu begreifen, dass es ausläuft und sich einen Puffer zu schaffen. Denn Lukas ist schnell und nüchtern klar, dass er nach dem Jahr erst einmal wieder arm sein wird. Nur dass er es diesmal nicht so empfinden muss.

Also investiert er noch in einen ideellen Wert, freut sich über die Möglichkeit, der Liebe den Ausdruck zu verleihen, den er ihr geben will, ein Zeichen zu setzen, auch wenn klar ist, dass das Leben, das er bieten kann, erst einmal ein bescheidenes ist. Lukas schenkt seiner Freundin und sich Eheringe, die sie bedingungslos für sich auswählen.

Lukas strahlt beim Sprechen, besinnt sich, wirklich zu sagen, worauf es ihm ankommt, lehnt sich zurück, bedächtig, um dann kraftvoll und direkt nach vorne heraus zu sprechen, und in die Zukunft zu blicken, der Umzug, der gemeinsame Anfang mit seiner Freundin, die Ausbildung, Lehrer zu werden, und vielleicht wird eben doch noch eine Reise wahr, zwei Monate, zu Fuß oder per Rad, zusammen mit ihr.

*Auf Wunsch des Betroffenen ist der Name allein der Autorin bekannt und von der Redaktion geändert. Mit herzlichem Dank an Lukas für das Teilen seiner Geschichte.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Sprung in die Lebendigkeit – Zum International Mother Language Day im Johannstädter Kulturtreff

eingestellt am 29.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Vielfalt an Angeboten und Ansprechpartner*innen Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Beitrag von Anja Hilgert

Die Vorstellung, dass die Sprache, die die Mutter spricht, nicht nur in ihre Umgebung nach außen tönt, sondern auch nach innen, in den eigenen Körper und zu dem Kind, das sie darin trägt – ist ein gefühlvoller Nachklang des begegnungsreichen Nachmittags am 21.Februar im Johannstädter Kulturtreff anlässlich des International Mother Language Day.

Muttersprache zu pflegen, was bedeutet das? Warum ist es von Bedeutung, in der eigenen Sprache sprechen, denken und träumen zu können? Und wie gelingt Verständigung?

Das Gefühl von Heimat

Die Muttersprache bindet in die eigene familiäre, verwandtschaftliche, die regionale, kulturelle und im weitesten Sinne irdische Herkunft. Die Identität wurzelt in ihr. Sie hat schon vor dem körperlichen Eintritt in den Erdenraum das Dasein ummantelt wie eine Klangglocke. Die Sprache ist Mittlerin in unsere Herkunft. In der Sprache fühlen wir uns zuhause. Und sie nehmen wir überall hin mit, wenn wir unser Heimatland verlassen. Dann trägt wie mütterlich die Sprache im fremdklingenden Raum dieses Gefühl von Heimat.

Den Faden finden und im Kreis bewegen, Mandalakunst am Anfang. Foto: Anja Hilgert

Ein Gewimmel von bestaunenswerten Menschen füllte den Veranstaltungssaal. Manche waren in schillernder Kleidung gekommen, paillettenbesetzt, aufwändig bestickt oder farblich überleuchtend, die Frisuren gesteckt, der Scheitel gezogen, Lippen bemalt inmitten einer weniger auffälligen Menge und doch markanten Vielfalt auch derer, die in Alltagskleidung als Gäste der Veranstaltung gekommen waren.

Jedes Alter war vertreten. Dort saßen die Frauen höheren Alters, die Hände in den Schoß gelegt, wohnten mit und ohne Kopfbedeckung dem Treiben wohlwollend lächelnd  bei, an den Pfeilern lehnten Männer, standen locker verteilt in den hinteren Reihen, ein paar Teenager drückten sich an der Wand entlang und auf Matten verteilt und in voluminösen Sitzsäcken versunken gruppierten sich die vielen Kinder jeglichen Alters.

Der International Mother Language Day war die Auftaktveranstaltung einer Reihe, die unter dem Titel „Platte im Wandel – Kreatives Stadtlabor“ das Johannstädter Stadtteilleben in künstlerischen Ansätzen bewegen, anregen, erlebbar machen will.

Mitmachen, ausprobieren, kennenlernen

Im Rahmen des Projektes PLATTENWECHSEL – Wir in Aktion fand er in Kooperation mit dem ESF-Projekt Kulturlotsen – Brücken zwischen den Kulturen der Zentralbibliothek im Vereinshaus des Johannstädter Kulturtreffs so zum ersten Mal statt. Der veränderten, noch ungeübten sprachlichen und kulturellen Vielfalt im Stadtteil war ein Ort geöffnet für Ausdruck und Austausch.

Vielfalt an Angeboten und Ansprechpartner*innen
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Bewohner*innen der Johannstadt waren Akteur*innen und Ansprechpartner*innen und boten Workshops zum Mitmachen, Ausprobieren und Kennenlernen unterschiedlichster kultureller Techniken und Fähigkeiten. Mitteilungsdrang und die Freude, sich zu zeigen, schufen eine erwartungsfrohe Stimmung. Aus jeder Richtung der Welt kam ein Puzzlestück ins vibrierende Ganze.

Ein stolzer Tanz aus Bangladesch, von Mutter und Tochter dargeboten, eroberte eingangs das Parkett. Dann ein Duo aus Mann und Frau, er aus Indien, sie aus Griechenland, kein Paar, sondern Interessenverwandte, turnten verbal durch griechische Zahlenreihen, mit denen humorvoll und bunt der Satz des Pythagoras erklärt war wie in noch keiner Schule.

Wortschatz: BH und Odol

Eine asiatisch anmutende Portugiesin wies an sich selbst darauf hin, mit ihrem Aussehen keinem Klischeebild zu entsprechen und nahm, während sie den Gesang des Fado vorstellte, allen unausgesprochenen Irritationen den Wind aus den Segeln. Damit brachte sie geschickt die Themen von Bikulturalität, Muttersprache und Mehrsprachlichkeit, Diversität und Migrationshintergrund ins Spiel, der an diesem Nachmittag hoch im Kurs stand.

Ein indonesischer Student mit „Vatermörderkragen“ hatte lustigen Sinn für solche Vokabeln und auch fürs Phänomen viktorianischer Kolonialherrenkleidung. Mit seiner Ko-Referentin, die in bewusster Lust das Indonesische vortrug, klärten sie auf, dass aus Dresden der BH und Odol fest in den indonesischen Sprachschatz aufgegangen sind. Dann knallte, schnalzte und zischte der Raum von Lauten eines südafrikanischen Dialekts – welcher es war von den zwölf oder 300?, oder wie in Indonesien 700 gelebten Sprachen, das war nicht mehr zu ermitteln.

in-, Zwei-, Vielsprachigkeit und die Nachbarschaft der Kulturen in Aktion
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Mitten hindurch zog der Kasperle eine lange Kette von Kindern hinter sich her und verschwand gemeinsam mit Zauberern und Oma Sonja zum Spielen im Nebenzimmer. Weit entfernt von den Straßen im Süden ihres Landes, hatte eine Inderin den Sinn der Mandalas neu entdeckt und leitete steif gewordene Hände und Hirnwindungen an, in geschickter Handhabe mit mehrfarbigen Fäden das kunstvolle Geheimnis um Stäbchen zu wickeln.

Im Anschluss an die Präsentationen und das Singen teilten sich die Teilnehmenden auf verschiedene Workshops auf und machten in kleinen Gruppen Erfahrungen z.B. mit der Chinesischen Teezeremonie, mit Kalligraphie, Henna-Tattoos oder betätigten sich ganzkörperlich beim Bollywood-Dance und einem Bellydance-Workshop. Für die Kinder gab es einen Malwettbewerb, der am Ende ausgewertet wurde.

Es wurde viel gelacht im Vielsprachengewirr. Die Erdkugel drehte nicht schnell genug, um mit dem begeisterten Tempo der Darbietungen Schritt zu halten.

Kaleidoskop der Interkulturalität

Der Ablauf von vier Stunden Festprogramm war glücklich geordnet angeschrieben, denn tatsächlich hätte man verloren gehen können in der dicht aufeinanderfolgenden Fülle tänzerischer, musikalischer, landeskundlicher und insgesamt kultureller Beiträge: Aus Bangladesch, Indien, Rumänien, Südafrika, Singapur, Arabien, Portugal, Griechenland, Indonesien, Deutschland, China und vielleicht noch weiteren unentdeckt gebliebenen Ländern wurden kunstreich, ambitioniert oder humorvoll vielverzweigte Aspekte kultureller Herkunft ergründet.

Von den Veranstalterinnen moderierend verknüpft, ergab sich ein kühnes Kaleidoskop von Interkulturalität. So ist es also, und das kann entstehen, wenn unterschiedliche Kulturen frei aufeinandertreffen können und sich gegenseitig den Raum schenken, im Sprechen, im Lauschen und Zuhören, im Genießen, Staunen und Erkennen.

Expert*innen für magische Kreisformen
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Das Publikum sprang mit seiner Aufmerksamkeit mit auf die Bühne, nahm regen Anteil und erhielt schließlich die unwiderstehliche Aufforderung, mitzusingen in einem sich gerade aufbauenden Lied. Kaum ein*r widerstand. In riesengroßem, gemeinsamem Kreis, der sie alle mit einschloss, die da waren, wurden mit Ellen und Karo Lieder gesungen, die kultur- und sprach- und identitätsübergreifend einfach sehr, sehr viel Spaß machten. Danach war der Wärmepegel erheblich gestiegen, fand Auswege in glühende Wangen und leuchtende Augen. Kleine Wortwechsel entstanden hier und da, manche schüchtern, mit stärker wechselnden Blicken und einem Lächeln, manchmal wurde ein ganzes Gespräch daraus.

Emotional erreichte die Veranstaltung ihren Höhepunkt mit dem Auftritt von Sani, der mit seiner Gitarre innig verbunden ein mehrstrophiges Lied sang, mit dem Titel Ami Banglay Gaan Gay. Dieses Lied war ergreifend schön. Die Kinder wurden alle still und lauschten, die Schultern der Erwachsenen sanken tiefer und im Laufe der Strophen entspannte der ganze Saal, wurde ruhig und war hingegeben. Mit diesem Lied, das nur dargeboten und nicht näher erläutert worden war, erklärt sich ohne weitere Worte der Beweggrund eines International Mother Language Day. Auch der stolze Impetus der Tanzaufführung zum Eingang des Festes versteht sich von hier aus besser.

Mandala in Vollendung. Foto: Anja Hilgert

Bangla ist die Muttersprache der Bengalen. In schon zwanzigjähriger Tradition wird der International Mother Language Day rund um den Globus immer am 21.Februar gefeiert. Dieses Datum legte die UNESCO Konferenz 1999 in Bangladesch fest im Gedenken an die vier Studenten, die nach der Kolonialzeit für das Recht der Bengalen auf ihre Muttersprache im damaligen Ost-Pakistan protestiert und ihr Leben gelassen hatten. Heute ist jener Teil Ostpakistans der unabhängige südostasiatische Staat Bangladesch, dessen Name sich zusammensetzt aus bangla ‚bengalisch‘ und desch ‚Land‘.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Ärger um gefällte Bäume im Innenhof Pfeifferhanns-/Florian-Geyer-Straße

eingestellt am 26.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick in den betreffenden Innenhof am Mittwoch. Die Arbeiten laufen. Foto: Philine Schlick

Im Innenhof Pfeifferhanns-/Florian-Geyer-Straße sorgen Baumfällarbeiten für Aufregung. Da die WGJ das anliegende Wohngebäude barrierefrei gestaltet und breitere Feuerwehrzufahrten schafft, müssen zehn Bäume weichen. Anwohner*innen sehen den schattigen Spielplatz in Gefahr. Eine kurzfristig eingereichte Petition erhielt zahlreiche Unterschriften. Die WGJ zeigt sich verwundert.

Es war am Montag, als der Sohn von Angela Schubert nicht wie gewohnt auf seinem Kletterbaum spielen konnte, denn dieser war nicht mehr da. Von den Arbeitern, die im Innenhof zugange waren, erfuhr die erschrockene Anwohnerin, dass für die laufende Woche Baumfällarbeiten geplant seien. Angela Schubert startete umgehend die Petition “Rettet den Spielplatz und die Bäume”, die innerhalb von 24 Stunden über 200 Unterschriften zählte.

Gefällte Bäume im Innenhof des WGJ-Wohnhauses. Foto: Philine Schlick

Sorge um den schattigen Spielplatz

Traurig und machtlos habe sie sich gefühlt, erzählt Angela Schubert am Telefon. Sie ist keine direkte WGJ-Anwohnerin, sondern Anrainerin des Innenhofes. Wie viele nutzte sie den hügeligen Spielplatz mit ihrer Familie. “In der Johannstadt gibt es wenige schattige Spielplätze”, beklagt sie. Bei sommerlichen Temperaturen sei es nicht möglich, den “Piratenspielplatz” an der Elbe zu nutzen. Er liegt in der prallen Sonne. “Familien aus der ganzen Johannstadt nutzten den Spielplatz im Innenhof als Alternative”, weiß sie zu berichten. Die Fällung der Bäume schmerzt sie.

Auch die Nadelbäume auf der dem Spielplatz gegenüberliegenden Gebäudeseite wurden gefällt. Foto: Philine Schlick

Die WGJ indessen zeigt sich erstaunt über die Petition. Bereits 2018 seien die Modernisierungsmaßnahmen am Wohnblock Pfeifferhannsstraße 22 bis 24 angekündigt gewesen, so Pressesprecherin Julia Grotjahn. Das Wohnhaus soll, besonders für ältere Bewohner oder Bewohner mit Behinderung, barrierearm umgebaut werden. Dazu wird eine größere Feuerwehrzufahrt- und Aufstellfläche benötigt, was die Baumfällungen bedinge.

WGJ sichert Erhalt des Spielplatzes zu

Persönliche Gespräche im Innenhof vor Ort mit dem WGJ-Vorstand und verantwortlichen Mitarbeitern im Jahr 2018, Begehungen jeder einzelnen Wohnung und Beantwortung individueller Fragen im Jahr 2019 hätten stattgefunden, heißt es von Seiten der WGJ. Eine offizielle Modernisierungsankündigung mit detaillierter Beschreibung der Baumaßnahmen im Jahr 2019 und eine Mieterinformationsveranstaltung im Januar 2020 hätten zusätzlich auf das Vorhaben aufmerksam gemacht.

Am 26. Februar wurden Bäume gefällt und entkront. Foto: Philine Schlick

Für die zehn gefällten Bäume sichert die WGJ in Absprache mit dem Umweltamt Ersatzpflanzungen zu. “Wir als Genossenschaft haben den Anspruch, möglichst nachhaltig und umweltfreundlich zu agieren. So pflanzen wir jedes Jahr mehr Bäume und Sträucher, als notwendig. Zu weiteren, umweltfreundlichen Maßnahmen der WGJ zählen z.B. der Erhalt von Schmetterlingen und Wildbienen in Form von Schmetterlingswiesen und das Aufstellen einer Skulptur, die Wildbienen ein Zuhause bietet”, argumentiert Grotjahn.

Der Spielplatz und die dazugehörigen Bäume blieben erhalten und seien nach den Baumaßnahmen wieder zugänglich, so die WGJ. Ein genaues Datum wurde allerdings nicht genannt.

Angela Schubert zeigte Verständnis für Baumfällungen in Fassadennähe, kritisiert aber, dass auch mindestens zwei Bäume weiter im Innenhof weichen mussten. “Wenn man gewollt hätte, hätte man das anders gestalten können”, ist sie überzeugt.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Der Funke Anarchie – Die Schulclowns der “Johanna”

eingestellt am 25.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Den Clowns machen die Auftritte mindestens so viel Spaß wie den Kindern. Foto: Philine Schlick

Nichts ist für die bestehende Ordnung so wichtig wie ein Funken Anarchie. Monatlich beweisen das die Auftritte der Schulclowns Elisabeth Gröschel und Hendrik Müller an der 102. Grundschule “Johanna”. Ihre unerwarteten Auftritte platzen in den Schulalltag und sorgen für helle Begeisterung. Und siehe da: Plötzlich verwandeln sich Kinder in ziemlich strenge Erwachsene.

“Papierverschwendung!”, ruft es aus der ersten Reihe. “Teamarbeit!”, fordert der Kinderchor. “Aufräumen!”, pflichten die Schüler*innen der Klasse 2c ihrer Lehrerin bei. Was ist passiert? Vor der Klasse stehen, in weiten karierten Hosen, “Herr und Frau Clown”. So heißen die Lehrerin Elisabeth Gröschel und der Schulsozialarbeiter Hendrik Müller, wenn sie sich ihre Gesichter weiß schminken und die rote Kugelnase aufsetzen. Manchmal aber auch “in Zivil” auf den Gängen.

“Prima, Herr Clown!”

Gerade ist das Clowns-Duo in das Klassenzimmer gestolpert. “Hallo! Salam Aleikum”, kräht die Klasse begeistert. Nicht fehlen darf die mit Sternen verzierte Kiste. Nicht nur Lachen provozieren die beiden Clowns bei ihren Auftritten, sondern auch erhobene Zeigefinger. Die Kinder beobachten peinlich genau, was schief läuft und posaunen ihre Kritik laut heraus. Papier auf den Boden geworfen? Den anderen geschubst? Etwas einfach weggenommen? Die Klasse legt ihr Veto ein. Wenn die Clowns artig sind, gibt es auch mal ein Lob: “Prima, Herr Clown!”

Warmmachen für große Faxen: Hendrik Müller und Elisabeth Gröschel. Foto: Philine Schlick

Am heutigen Donnerstagmorgen absolvieren die Schulclowns drei Auftritte hintereinander. Eine schweißtreibende Angelegenheit – trotz winterlicher Temperaturen und einer “eher bewegungsarmen Nummer”. An manchen Tagen sind es sechs hintereinander. Elisabeth Gröschel und Hendrik Müller haben sich im Sozialarbeits-Büro umgezogen und geschminkt. Sich gegenseitig knuffend und schnatternd eilen sie zum ersten Klassenraum. “Wir müssen jetzt noch ganz viel reden”, erklärt Elisabeth. Denn als Clowns agieren sie stumm. Die Vorfreude ist ihnen deutlich anzumerken. Elisabeth hebt die Faust und klopft polternd an die Tür.

Die Schulclowns – geschafft nach dem Auftritt. Foto: Philine Schlick

Für die Kinder kommt das Klopfen an der Tür unerwartet. Die Lehrerin schmunzelt schon. Sie wurde lange im Vorfeld über den Besuch der Clowns unterrichtet und weiß, dass sie im Anschluss die ungestüme Klasse bändigen muss. Aber der Spaß, die Abwechslung und das Lachen sind es wert.

“Alleine schafft man das nicht”

“Der Schulalltag ist geprägt von Regeln und Struktur”, sagt Elisabeth Gröschel im Anschluss an die Auftritte. “Deshalb wollten wir für etwas Leichtigkeit sorgen.” Seit 2018 tut sie das mit ihrem Kollegen Hendrik Müller. Lehrstunden nahmen sie beim Baba-Jaga-Darsteller Rainer König . Die Schneiderei der Staatsoperette war so freundlich, die weiten Clownshosen passgerecht anzufertigen – die Kosten trug der Förderverein der Grundschule. “Wir haben vier Punkte festgelegt”, erklärt Hendrik Müller. “Erstens: Alle lachen gemeinsam. Zweitens: Die Kinder sollen kulturell gebildet werden. Drittens: Ein soziales Thema wird angesprochen. Viertens: Die Clowns sollen zu Identifikationsfiguren der Schule werden.”

Mit Schminke nicht immer ein Herz und eine Seele: Die Schulclowns. Foto: Philine Schlick

Zurück im Klassenzimmer: “Die Clowns!” Mit diesem Ruf reißt es nahezu alle Schüler*innen von den Sitzen. Während der Darbietung fällt es schwer, die Kinder auf Distanz zu halten. “Aber das ist etwas, dass sie lernen sollen”, erklärt Elisabeth Gröschel. “Dass man einem Künstler mit Respekt begegnet. Deshalb fordern wir am Ende auch einen Applaus ein.” Bewusst spielen die Clowns miteinander im Duo – die Kinder bleiben Zuschauer. “Alleine schafft man das nicht”, sagt Elisabeth Gröschel und meint damit die Mammutaufgabe, mit einer ganzen Klasse zu interagieren.

Nicht nur bei Kindern wirken die Clowns als lebendige Stimmungsaufheller: Auch die Weihnachtsfeier des Lehrerkollektivs lockerte das Clowns-Duo auf. Zwei Jahre ist das Projekt knapp alt und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Hendrik Müller möchte deshalb im zweiten Schulhalbjahr mit Fragebögen Schüler, Eltern und Lehrer um eine Bewertung der Schulclownerie bitten, um das Projekt auszubauen oder anzupassen. Ziel ist es, die Schulclowns auch an anderen Schulen auftreten zu lassen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Gymnasium Dresden-Johannstadt: Anmeldung am 24. und 25.2.2020

eingestellt am 23.02.2020 von Philine Schlick

Die Johannstadt bekommt ein Gymnasium am Standort der 101. Oberschule Johannes Gutenberg an der Pfotenhauerstraße 42. Bis 2025 wird das Gebäude doppelt genutzt sein – danach zieht die 101. Oberschule auf die Cockerwiese. Am Montag und Dienstag können Schüler*innen für das Gymnasium angemeldet werden.

Um dem Bedarf an Gymnasien in Dresden zu begegnen, beschloss der Stadtrat im Juli 2019 die Einrichtung eines Gymnasiums in der Johannstadt am derzeitigen Standort der 101. Oberschule Johannes Gutenberg. Dem Gymnasium wird das zweite Obergeschoss des Hauses A zur Verfügung stehen. Hier stehen vier Klassenräume sowie ein PC-Kabinett zur Verfügung. Die Fachkabinette werden gemeinsam mit der 101. Oberschule genutzt. Die Verwaltung und der Lehrerbereich befindet sich in unmittelbarer Nähe der Klassenräume. Jährlich können vorerst drei fünfte Klassen aufgenommen werden.

Nach und nach sollen Klassenräume ergänzt werden. Die vorhandene 3-Feld-Sporthalle biete “ausreichend Kapazitäten für eine gemeinschaftliche Nutzung von Gymnasium und Oberschule. Ein entsprechendes GTA- Angebot legt die Schule fest”, so das Schulverwaltungsamt.

Pünktlich zum Schulstart 2020/21 wird das Gymnasium Dresden-Johannstadt im Schulgebäude Pfotenhauerstraße 42 erstmals seine Türen öffnen. Die Anmeldung für das Gymnasium ist am Montag und Dienstag in der 101. Oberschule Johannes Gutenberg möglich.

Anmeldung für das Gymnasium Dresden-Johannstadt

Montag, 24. Februar 2020 von 8:00 bis 16:00 Uhr / Dienstag, 25. Februar 2020 von 14:00 bis 18:00 Uhr

Mitzubringen sind:

  • Original der Bildungsempfehlung (wird von der Grundschule ausgehändigt)
  • Aufnahmeantrag (Original – wird von der Grundschule ausgehändigt). Bitte beachten Sie: Antrag ist auch bei getrennt lebenden Sorgeberechtigten von beiden zu unterschreiben!
  • Geburtsurkunde (Original nur zur Vorlage)
  • Das zuletzt erstellte Jahreszeugnis
  • Die zuletzt erteilte Halbjahresinformation der zuvor besuchten Schule.
  • Einen Schulaufnahmebescheid sollen die Eltern im Juni 2020 erhalten.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.