Menschen » Sophie Al Beiruti

eingestellt am 18.12.2019 von Matthias Kunert (QM Johannstadt), zuletzt geändert am 09.07.2020

Porträt von Mirjam Schneider, 2019

Dresdnerin sein bedeutet für mich, dass ich gesundheitlich gut versorgt bin und eine schöne zweite Heimat habe.

درسدن  بالنسبة لي مدينة الطب و هي البلد الثاني لي.

Quelle: Aleksandra Zvereva

2000 kamen mein Mann, meine drei Kinder und ich aufgrund des Krieges im Libanon nach Deutschland. Zunächst waren wir in Freiberg. Von dort aus nahmen wir den Zug nach Berlin, um dort einen Asylantrag zu stellen. Eigentlich war es unser Wunsch, in Berlin zu bleiben, weil mein Bruder damals dort gelebt hat. Nachdem wir unseren Asylantrag gestellt haben, wurden wir aber nach Chemnitz geschickt. Dort blieben wir für drei Monate. Dann wurden wir nach Dresden transferiert.

Mein Leben hier in Dresden war nicht immer einfach. Als wir kamen, gab es hier noch nicht viele Asylsuchende, die Gesetzeslage war noch anders und wir hatten oft mit Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen. Dennoch war mein Leben eigentlich ganz schön. Wir haben schon Freunde gefunden und meine Kinder gingen zur Schule und in den Kindergarten. 2006 habe ich Krebs bekommen und mein Leben hat sich grundlegend verändert. Er war nicht auf ein Organ beschränkt, ich hatte ihn im ganzen Körper. Das haben sogar die Ärzte noch nicht gesehen. Meine Wirbelsäule ist durch den Krebs gebrochen und ich habe ein großes Metallstück eingesetzt bekommen. Wenn ich mich zu viel bewege tut es richtig weh. Meine Familie hatte große Angst um mich und während meiner zweijährigen Chemotherapie, hatte meine jüngste Tochter sogar Angst vor mir, weil ich so anders aussah. Während dieser Zeit haben meine Familie und ich viel Unterstützung vom Ausländerrat und zwei Familienbegleitern erfahren. Da meine Haare auch nach der Chemotherapie nur stellenweise und dünn wiederkamen, beschloss ich, weiterhin ein Kopftuch zu tragen. Für mich war es keine religiöse Entscheidung, sondern ein Beschluss, den ich für mich und meine Familie aufgrund meiner Krankheit traf. Ohne das Kopftuch fühle ich mich nicht wohl. Mittlerweile dolmetsche ich ab und zu beim Ausländerrat Dresden e.V., begleite arabischsprachige Leute zu Terminen und arbeite ein- bis zweimal im Monat bei der Caritas in der Schwangerschaftsberatung als Dolmetscherin. Außerdem unterstütze ich meine Kinder bei den Hausaufgaben und kümmere mich oft um meine Enkelkinder.

Der Zwinger ist liebster Platz. Wir sind früher oft als Familie dorthin gegangen. Die Kinder hatten viel Spaß und wir haben viele Fotos gemacht. Aber ich mag auch den Großen Garten sehr gerne. Auch dort hatten meine Kinder immer Möglichkeiten zu spielen, wir haben früher oft dort mit anderen Familien zusammen gegrillt. Die beiden Orte erinnern mich an die Zeit mit meiner Familie.

Das Porträt entstand als Teil des Projektes “Frauen* im Dialog – Geschlechtergerechtigkeit in der Migrationsgesellschaft” des Genderkompetenzzentrums Sachsen sowie des Ausländerrats Dresden e.V. und wurde finanziert durch Aktion Mensch, LHP Dresden, die Landeshauptstadt Dresden / Amt für Kultur und Denkmalschutz und Spenden. Für den Inhalt ist die Autorin verantwortlich.